Eifersüchtig

Nach dem gestrigen Abend war ich noch verwirrter, als ich es sowieso schon war. Normalerweise wusste ich immer, ob ein Ziel mich durchschaut hatte oder nicht, doch bei Charon? Immer wieder machte er Andeutungen, dass er es wusste, doch, wenn er wirklich wüsste, was mein Auftrag wäre, wieso war ich noch nicht tod? Wollte er wirklich spielen? Oder wusste er gar nicht so viel, wie ich dachte?

Als ich heute morgen ins Büro gekommen war, hatten bereits schon Berge von Akten auf mich gewartet, die alle sicherlich nicht nur von gestern waren. Wie ich dann später herausfand, war Charon es gewesen, der mir diese ganze Arbeit aufgeladen hatte. So ein Mistkerl. Wofür wollte er mich jetzt wieder bestrafen?

Arbeit über Arbeit und ich wusste nicht einmal wofür. Vielleicht aus bloßer Gehässigkeit oder einfach aus Spaß. Eigentlich war es mir auch egal, denn es gab nichts, was ihm das recht gab mir so viel Arbeit aufzuhalsen. Erst recht nicht mit meiner verletzten Hand. Zwar heilten die Verletzungen von Halbgöttern um einiges schneller, als bei normalen menschen, doch wir verspürten trotzdem Schmerz.

Kirian hatte mich gestern danach gefragt, doch ich hatte ihn angelogen. Ich hatte ihm nichts davon erzählt, dass Charon auf mich gewartet hatte und was er über Kiri gesagt hat. Ich wusste, dass er sich aufregen würde und dagegen protestieren würde, dass ich auch nur einen Fuß in Charons Unternehmen setzte. Doch das musste ich tun. Solange Charon mich noch nicht offiziell erkannt hatte, würde ich nicht aufgeben.

Nun musste ich mich aber auf meine Arbeit konzentrieren. Miss Howard hatte mir gesagt, dass Kyon und Charon einige Tage nicht im Büro wären, was im Gegenzug jedoch bedeutete, dass ich unglaublich viel Arbeit hatte. Als ich sie gefragt hatte, warum Charon mich immer seine Arbeit machen ließ, hatte sie mir erklärt, dass Charon überhaupt keine eigene Sekretärin hatte und deshalb öfter mal die von anderen ausnutzte. Kein Wunder also, dass ich die nächsten drei Tage nur damit beschäftigt war irgendwelche Dinge für die beiden zu erledigen. Abends kam ich so erschöpft zuhause an, dass ich direkt ins Bett fiel, weshalb ich für Kirian keine Zeit mehr hatte.

Am nächsten Morgen kam ich erneut müde ins Büro. Eigentlich wollte ich mich sofort an die Arbeit machen, doch plötzlich fiel mir etwas auf. Auf meinem Schreibtisch stand ein Kaffeebecher. Verwundert hob ich ihn hoch und musterte den braunen Becher. Mein Name stand drauf, doch sonst gab es keinerlei Hinweise auf die Person, die mir das hingestellt hatte. Vielleicht Miss Howards? Sie hatte mir erst gestern gesagt, wie müde ich wirkte. Sicherlich war sie es gewesen. Später würde ich bei ihr vorbeigehen und ihr danke sagen.

Das Einzige, was mich bei der Sache verwunderte war, dass es genau die Art Kaffee war, die mir schmeckte. Ich hatte zwar noch so gut wie nie Kaffee getrunken, doch das hier war definitiv der beste Kaffee, den ich jemals getrunken hatte. Woher Miss Howard das nur wusste?

Etwas wacher machte ich mich erneut an die Arbeit. Noch immer hatte ich Berge von Arbeit und mit jeder Stunde, die ich hier saß wurde ich wütender. Wütender auf Kyon und vor allem auf Charon. Wie konnten sie mir so viel Arbeit aufhalsen? Sicher, ich war ihre Sekretärin, doch um Himmels Willen, dass war zu viel. Ich war doch keine Sklavin, die sie nach belieben mit Arbeit voll laden konnten. Nein, das ging einfach zu weit.

Angefressen ging ich zum Büro von Miss Howards. Zumindest eine Person in diesem Büro, der ich gerade keine verpassen wollte. Sie saß so gut gelaunt wie immer auf ihrem Schreibtisch und begann zu lächeln als sie mich entdeckte.

"Miss Howards! Vielen Dank für den Kaffee. Woher wussten Sie-" fragte ich, doch, ich brach mitten im Satz ab. Sie sah mich bloß verwirrt an und schüttelte den Kopf. "Nein, ich war das nicht Miss Rivers... aber Mr. Black war heute Morgen hier. Vielleicht hat er was damit zu tun" erklärte sie mir und hatte dabei ein geheimnisvolles Lächeln auf den Lippen. Charon? Wieso sollte er sowas tun? Scheiße. Er wollte mich garantiert damit verspotten. So ein Mistkerl.

Möglicherweise war er noch im Büro. Zeit ihn zur Rede zu stellen. Zähne knirschend lief ich zum Fahrstuhl um sein Büro zu erreichen. Gott, wie mir dieser Mann doch auf die Nerven ging. Nicht nur, dass er solche dummen Spielchen mit mir trieb, nein, er musste mich auch noch bloß stellen mit sowas.

"Mr. Black!" rief ich aufgebracht, als ich in sein Büro kam. Er saß an seinem Schreibtisch und blickte etwas verwundert auf, als er meine Stimmlage bemerkte. Als wüsste er nicht, warum ich so sauer war. Natürlich wusste er es.

"Was soll dieser Mist? Seit drei Tagen muss ich ihre und Mr. Ajaxs Drecksarbeit machen, nur weil sie zwei zu faul dafür sind! Und was sollte das mit dem Kaffee? Ich weiß, dass ich müde aussehe, dass müssen sie mir nicht noch unter die Nase reiben!" warf ich ihm vor und ich konnte an seinem Gesicht erkennen, dass ihn diese plötzliche Konfrontation etwas überforderte.

Mit scharfem Blick musterte er mich und stand dann auf. Einige Sekunden sagte Charon nichts, bevor seine Mimik Eiskalt wurde. "Miss Rivers, was fällt ihnen ein so mit mir zu reden" knurrte er kalt. Was mir einfällt? Er war derjenige, der sich gemeine Dinge erlaubte.

"Ich bin doch nicht ihre Sklavin, die sie nach belieben mit Arbeit zu häufen können!" erwiderte ich und machte einige Schritte auf ihn zu. Nun waren wir nicht mehr weit voneinander entfernt und ich konnte sehen, wie seine dunklen Augen mich fixierten. Eigentlich wunderte es mich ja etwas, dass er so reagierte. Normalerweise reagierte er eher verspielt, doch jetzt war er tatsächlich wütend. Wieso?

"Was erlauben Sie sich eigentlich Miss Rivers? Wenn sie diesem Job nicht gewachsen sind, dann verlassen Sie auf der Stelle mein Büro und ich versichere ihnen, dass viel Arbeit dann nicht mehr ihr Problem sein wird" drohte Charon mir und ich erstarrte für eine Sekunde. Er hatte mir gerade gedroht mich zu feuern. Wenn er das tat... Scheiße. Wieso war ich auch immer so temperamentvoll? Das hatte ich definitiv von meiner Mutter.

Die Sekunde, in der ich erstarrt vor ihm stand, nutzte Charon und in einer geschickten Bewegung drückte er mich plötzlich gegen seinen Schreibtisch. Mein Hintern drückte gegen das dunkle Holz und ich zog scharf die Luft ein, als Charon plötzlich so nah vor mir stand. Er hatte seine Arme auf den Schreibtisch gestützt, so dass ich weder nach links, noch nach rechts ausweichen konnte.

Überrascht sah ich ihn an und musste mich beherrschen meine Kämpfer-Instinkte zurückzuhalten. Charon jedoch war plötzlich völlig ruhig. Er musterte mich einen Moment und ich fragte mich, ob er das absichtlich tat. Ob er absichtlich dafür sorgte, dass ich dachte, er wäre wütend, nur um im nächsten Moment so etwas zu tun.

"Sie sollten sich entschuldigen Miss Rivers..." raunte er plötzlich und ich konnte seine Mundwinkel zucken sehen. Ich sollte mich entschuldigen? Wie? Er wollte doch nicht etwa, dass ich als Entschuldigung... Nein. Sowas tat ich nicht. Meine Mutter war die Göttin der Jungfräulichkeit und genau wie sie, hatte ich geschworen niemals... Sex zu haben.

"Und wie Mr. Black?" fragte ich atemlos und sah ihm direkt in die Augen. ich wusste, dass ich mitspielen musste, wenn ich meinen Job behalten wollte. Gleichzeitig widerte es mich an, auch nur daran zu denken, was er vorhaben könnte.

Charon kam mir immer näher und ich spürte, wie mein Herz immer schneller schlug. Was würde er verlangen? Seine Augen wanderten über meine Lippen, hinunter zu meinem Hals und dann über jeden Zentimeter meines Körpers. Er schien mich ganz genau zu betrachten, was dafür sorgte, dass Hitze in meine Wangen stieg und ich vermutlich aussah, wie eine Tomate. Scheiße.

"Es gibt viele Wege Neoma" hauchte er und legte eine Hand an mein Kinn. Sein Daumen strich über meine Lippen und ich zögerte innerlich. Was sollte ich bloß tun? Wie weit musste ich gehen für diesen Auftrag?

"Was willst du Charon? Was soll ich tun?" fragte ich und ergriff somit die Offensive. Ich zeigte ihm, dass ich tun würde, was er wollte, auch wenn ich es nicht gerne tat. Hauptsache ich konnte meinen Job behalten.

"Schließ die Augen und halt still" erwiderte er und mir stockte der Atem. Meine Augen schließen und still halten? Das war... Das würde mich unglaublich viel Überwindung kosten. Ich vertraute anderen nur sehr langsam und besonders bei Charon war ich misstrauisch. Die bloße Vorstellung war also bereits der Horror für mich.

"Ich tu dir schon nichts" fügte er grinsend hinzu, als er mein Zögern bemerkte. Würde er mir wirklich nichts tun? Vielleicht war es bloß ein Trick und er wollte mich damit überwältigen? Andererseits... musste ich alles riskieren für diesen Auftrag.

Ich atmete einmal tief ein und schloss meine Augen. Jeder meiner Sinne war aufs äußerste geschärft und ich konnte selbst das Geräusch des Fahrstuhls hören, der einige Stockwerke unter uns war. Schon oft hatte ich dies trainiert, doch es dauerte nicht lange, da übertönte das Geräusch meines rasenden Herzens alles andere.

Meine Nackenhaare stellten sich auf, als ich plötzlich Charons warmen Atem an meinem Hals spürte. Was tat er da? Ich war wie erstarrt und spürte, wie die Angst mich noch immer durchflutete. Gerade war ich ihm schutzlos ausgeliefert und das wusste er.

Immer stärker wurde meine Angst. Immer schneller schlug mein Herz. Immer betäubender wurde diese Hilflosigkeit bis... ich plötzlich ein warmes Gefühl in meinem ganzen Körper spürte. Seine erstaunlich weichen Lippen hatten sich auf meinen Hals gelegt und unweigerlich durchfuhr mich ein Kribbeln. Ein Gefühl, welches ich nicht kannte und was in mir tausend Gedanken auslöste.

Ich hatte jedoch keine Zeit nachzudenken, denn plötzlich griff Charon meine Hüfte und drückte mich noch näher an sich, während seine Lippen begannen über meine Haut zu streichen. Immer wieder küsste er meinen Hals, bis er plötzlich eine Stelle gefunden hatte, die eine Welle von... Erregung durch meinen Körper schickte. Scheiße. Ich wusste nicht, dass ich solch eine Stelle hatte, doch Charon hatte scheinbar sofort gemerkt, wie ich gezuckt hatte. Mist.

"Still halten Neoma" warnte er leise, bevor er begann an dem Punkt zu saugen. Sofort verspannte mein Körper sich und ich spürte, wie die Hitze in mir hochstieg. Es fühlte sich... gut an. Wieso fühlte sich das gut an? Sowas sollte nicht passieren.

Das Kribbeln in meinem Körper wurde immer stärker bis ich es nicht mehr zurückhalten konnte. Ich keuchte auf und als Antwort verstärkte Charon seinen Griff an meiner Hüfte, als müsste er sich beherrschen nicht mehr zu tun, als das hier. Verdammte Scheiße. Das hier eskalierte langsam und ich wusste nicht, wie ich es stoppen sollte.

Irgendwann hörte er auf. Seine Lippen ließen ab von meinem Hals, doch er ließ mich nicht los. Ich war ihm noch immer so nah, dass ich seinen Duft riechen konnte. Er roch nach Gefahr, doch irgendwie auch unglaublich männlich und markant.

"Damit du nicht vergisst, wessen Sekretärin du bist. Vielleicht sollte ich dich auch mal zum Essen einladen. Dann würdest du zumindest nicht mit solch dummen Eulen deine Zeit verschwenden" hauchte er mir ins Ohr und ich bekam eine Gänsehaut, als ich realisierte, was hier wirklich los war.

Charon Black

CEO einer großen Firma war...

Eifersüchtig.

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