02 | Briefe


Blair

Ich musste erst gar nicht von meinem Schreibtisch aufsehen, um zu wissen, dass Sin mit einem missbilligenden Blick mein Arbeitszimmer betrat.

,,Du hast ihn wieder nicht in Schutz genommen," ihre Stimme klang gleichgültig, auch wenn wir beide wussten, dass das Thema für sie das genaue Gegenteil war.

Ich hob kurz meinen Kopf und musterte Sin Lowell nachdenklich. Sie war eine von drei, mir untergestellten, Majoren. Und befehligte so einen Teil der Soldaten. Meine Einheit war eine der kleinsten, jedoch fehlte es meiner nicht an Erfolgen.

Seit dem Elon seinen Dienst bei mir angetreten hatte, bereitete Sin mir Kopfschmerzen. Sie wollte das ich ihn mehr unterstützte und beschützte. Aber ich würde kein Kindermädchen für jemanden spielen, der sowas schon längst nicht mehr benötigte.

Das die braunhaarige Frau vor mir, zu viel Herz besaß, wurde in in diesem Moment wieder klar.

,,Nein und das werde ich auch nie. Wenn der Junge in dieser Welt überleben will, dann muss er sich auch ohne die Hilfe von anderen durchschlagen können," entgegnete ich mit fester Stimme, dann widmete ich mich erneut dem Briefpapier vor mir.

Sie wollte mit Sicherheit noch etwas sagen, überlegte es sich aber doch anders und kam stattdessen um den schlichten Holzschreibtisch herum, um über meine Schulter schauen zu können.

,,Du schreibst den Brief also doch," stellte sie leicht überrascht fest.

Jeden anderen hätte ich Kopfüber aus dem Raum geschmissen, sollte er es wagen, ohne einen ausdrücklichen Befehl, neben mich zutreten.

,,Natürlich. Als wenn ich auch eine Wahl hätte," seufzte ich resigniert. Ich wollte diesen Brief nicht schreiben, aber es grenze an Hofverrat, es nicht zu tun.

,,Dann lass ihre Kaiserlichen Hoheiten zumindest wissen, das du das ganze für ein Ablenkungsmanöver hältst, denn so wie ich den Heiligen Rat kenne, werden sie nicht mal einen Gedanken daran verschwenden und sofort handeln," Sin tippte entschlossen auf den Brief.

Der heilige Rat, war ein Zusammenschluss aus den mächtigsten Adligen, die zusammen mit dem Kaiser, über alles wichtige entschied.

,,Das habe ich bereits getan, aber sie werden vermutlich nicht auf mich hören, das wissen wir beide," ich setzte meine geschwungene Unterschrift unter das Geschriebene.

,,Aber keine sorge, ich habe bereits vorgesorgt," während ich den Brief mit dem Siegel der Marine verschloss, schweiften meine Gedanken zu dem anderem Brief, den ich zuvor verfasst hatte.

Meine Worte waren simpel gewesen, verrieten auf den ersten Blick wenig und doch war ich mir sicher, das der Adressat die Nachricht zwischen den Zeilen verstehen würde.

,,Von was sprichst du?," fragte Sin verwirrt.

,,Ich hoffe, das wirst du nie erfahren müssen."

Denn das würde unser aller Untergang bedeuten.

⎈⎈⎈

Der Hölzerne Boden knarrte unter meinen Stiefeln, als ich auf die schmale Planke zuging. Dahinter erstreckte sich der größte Militärische Harfen Krios.

Jedes mal, wenn ich die Samanira verlassen musste, zog sich etwas in meinem inneren schmerzhaft zusammen.

Als ich nun jedoch auf dem breiten, massiven Steinboden trat, hingen all meine Gedanken bei den beiden Briefen.

Vor etwa einer Stunde hatte ich sie dem Fähigsten meiner Klafra anvertraut.

Klafra waren Raben ähnliche Tiere, die blaue, glänzende Runen auf ihrem Gefieder abgebildet hatten.

Laut einer Legende, trugen sie das Elexier -die Lebenskraft- der Drachen in sich, die auf natürlichem Wege gestorben waren.

Der Grund für die Legende war nahe liegend, da ihre Runen aus kleinen, blauen, kraft Diamanten bestanden, ihre Krallen messerscharf waren und sie mit der gleichen Sprache wie die der Drachen kommunizierten.

Eigentlich kamen Klafra nur bei der Fuß-Armee zum Einsatz um Nachrichten zu Übermitteln, da es zu riskant war, sie über dem Meer fliegen zu lassen.

Über dem Wasser war die Wahrscheinlichkeit höher, das sie von Perma angegriffen wurden. Auch wenn sie an Land oft den Katakomben zum Opfer fielen, sie gegen diese aber noch eine Chance hatten.

Jedoch waren die Nachrichten, die ich verschicken musste, von größter Dringlichkeit, weswegen ich nach langem Abwegen der Situation zu dem Entschluss gekommen war, das ich auf einen Klafra vertrauen musste.

Das ich nun vor fünfzig, gespannt drein schauenden Soldaten stand, zeigt mir, das meine Entscheidung richtig gewesen war.

,,Bleibt in Bereitschaft. Werdet nicht unaufmerksam," erhob ich meine Stimme, damit jeder mich klar und deutlich über die Hafen Geräusche hören konnte.

Normalerweise waren die zwei Sätze alles, was ich beim Aufbruch und Anlegen zu ihnen sagte, jedoch schien mir das heute nicht genug.

,,Fangt an, jedem in dieser Einheit Respekt entgegen zu bringen, denn für kindische Holzköpfe hat keiner von euch nun noch Zeit," das ich mehr redete als sonst, viel jedem von ihnen auf, denn ihre Gesichter wurden ernst.

Sie hatten mich und meine Aufforderung also verstanden.

Das ich mit diesen Worten Sin indirekt einen Gefallen tat, ignorierte ich.

Ich wandte mich um und folgte dem, aus Stein bestehenden Steg in Richtung Stadt.

Hinter meinem Rücken salutierten die Soldaten und machten sich dann daran, zu ihrer Kaserne zu kommen, um dort ihren Schlaf nachzuholen.

Ich selbst bekam auf halben Weg Gesellschaft.

,,My Lady," kam es gleichzeitig von den beiden und sie verbeugten sich gleichzeitig.

Von Frau Oberst zu my Lady.

Tristan Demari ergriff zuerst das Wort.

,,Wir hoffen ihre Mission war Erfolgreich," lächelte er mich warm an.

Er war sowas wie meine Leibwache, wenn ich als Lady Jamin unter die Adligen ging.

Den Titel einer Adligen, hatte ich vor zwei Jahren erhalten, durch einen Militärischen Durchbruch den ich erlangt hatte. So wurde ich als Anerkennung in die Vornehme Gesellschaft gehoben.

Tristan hatte ich danach auf einem Markt beim Klauen erwischt und ihn nach drei weiteren Malen gebeten, in meinen Dienst zu treten. Wieso, war mir bis heute schleierhaft, aber er machte seine Arbeit gut und zuverlässig.

Durch ihn lernte ich seine Zwillingschwester Rora kennen. Die beiden hatten das gleiche kupferfarbene Haar und eisblauen Augen.

Während jedoch Tristan schon bei Begrüßungen wenige Worte heraus brachte und auch sonst ein relativ schüchtern war, konnte Rora nie aufhören zureden und verlor selbst bei abfälligen Bemerkung anderer, nicht ihr Gesicht.

Rora Demari hatte von selbst angefangen, mir Kleider zu empfehlen, die für wichtige zusammen Treffen der Adligen Gesellschaft gedacht waren, da ich damit absolut nichts am Hut hatte, und nun half sie mir bei allem, was mit solchen zusammentreffen einher ging.

Irgendwann beschloss ich, alle meine Bediensteten in meinem viel zu großen und schicken Haus wohnen zulassen, da sie in ärmlichen Verhältnissen leben mussten.

Und so waren die Demari Geschwister, der Koch, der Butler das Dienstmädchen und ich zu einer kleinen Familie geworden. Jedenfalls behauptete das Rora.

,,Es ist so schön sie wieder zu sehen. Ich konnte kein Auge während ihrer Abwesenheit zu machen," Rora lächelte mich breit an.

,,Dein Schnarchen hat aber etwas anderes gesagt," murmelte Tristan.

,,Wie bitte? Ich schnarche nicht!," entrüstet starrte sie ihren Bruder an.

Ich seufzte, konnte mir das klitzekleine Lächeln aber nicht verkneifen.

,,Wir sollten aufbrechen, ich habe noch etwas zu erledigen," unterbrach ich die beiden.

,,Natürlich. Die Kutsche steht bereit," erwiderte Rora und wies auf eine schlichte, nicht sonderlich auffällige Kutsche.

Ich setzte mich erneut in Bewegung und hörte hinter mir, wie sich Rora über die anstrengende Suche, nach einer nicht marode aussehenden Kutsche, beschwerte.

Ich hasste die Tatsache, das mein Titel mir mehr Spot als Anerkennung einbrachte.

Mir wurde kein Schutz bereitgestellt und erst recht keine Kutsche, was die Adligen voller Hohn mit angesehen hatten.

Ich hätte auch ohne diesen Titel viel erreicht, aber eine gute Sache hatte es, eine Lady zu sein:

Ich konnte so tun als wäre ich nicht alleine.

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