00 | Prolog

> Vor 14 Jahren <

Blair

"Lauf!"

Wie lange war es her, dass Pa seine letzten Worte mir gewidmet hatte?

Zu lange.

Wann würde ich ihm und Ma ins Jenseits folgen?

Wahrscheinlich bald.

Mit meiner letzten Kraft schleppte ich mich zu einem großen Nadelbaum und glitt an ihm hinab zu Boden.

Mein Körper krümmte sich vor Schmerzen, die ich kaum ertragen konnte.

Wer gab den Perma das Recht, Eltern und ihre Kinder zu töten?

Ich spürte, wie meine Wangen nass wurden.

Ein schwerfälliges Lächeln zierte meine Blut verschmierten Lippen.

Was eine Ironie, mein linkes Auge ließ mich nichts mehr sehen, aber das Tränen vergießen hatte es nicht verlernt.

,,Fahrt zur Hölle ihr verdammten Perma!," krächzte ich leise. Zu mehr war ich nicht fähig, da meine Lunge sich nur noch mühevoll mit Luft füllte.

Es tat unsagbar weh.

So mussten es sich anfühlen, bei lebendigem Leibe verbrannt zu werden.

Langsam hob ich meine Hand an mein Gesicht. Vorsichtig strich ich über das frische Blut, das immer noch aus der Wunde austrat.

Nur ein kleiner Schritt zur Seite hätte mein Auge retten können. Aber diese Kreaturen wussten, wo wir Menschen am empfindlichsten waren und dass vor allem ein Kind, absolut nichts gegen sie ausrichten konnte.

So wie Pa immer gesagt hatte: Sie zielen auf die Augen, die Kehle, die Schläfen und den Bauch.

Wir hatten beide gewusst, dass man auch verloren war, sollten sie dich nur an der Hand erwischen.

Das Gift drang so oder so in den Körper ein und man verbrannte von innen heraus. Es war aber eher ein Versehen, wenn man nur das Gift abbekam, da sie grundsätzlich zerfleischten.

Mit ihrem Gift im Körper kam man seinem Ende jedoch quälend langsam und Zelle um Zelle näher, bis es vorbei war.

Ich hatte also keine Chance mehr. Aber was sollte ich auch schon-

Ein röchelndes Ausatmen, ließ mich verstummen und ich fing vor Angst an zu zittern.

Hektisch ging mein Gehirn, jedes vergleichbare Geräusch durch, das es bis jetzt kann.

Ich presste meinen kleinen schwachen Körper näher an den Baum, dessen Rinde sich durch mein schlichtes, mit Blutsprenkeln übersätes, Kleid bohrte, als mir klar wurde, dass es nur genau zwei Kreaturen sein konnten.

Ein Perma oder ein Drache.

Ersterer würde mich ohne umschweife gänzlich auslöschen, aber ich hielt nicht seit Stunden diese Todesqualen aus, um am Ende dann doch zu sterben.

Ich war zwar nur ein Mädchen, das nur das über die Welt der Drachen wusste, was man ihr hatte sagen lassen, aber mein Wissen ging so weit, dass ich einen Ausweg sah.

Der Ausweg war unwahrscheinlich, entstammte einer Legende und wurde in Kinderliedern verpackt, aber es war alles, was mich jetzt noch vor dem sicheren Tod bewahren konnte.

Wie durch ein Wunder fand ich die Kraft, mich wieder aufzurappeln.

Mein Verstand klammerte sich daran, dass es ein Drache war, wie ein Baby sich an seine Mutter.

Es musste einfach einer sein, denn nur dieser konnte mich vor mein Schicksal noch ändern.

Meine zusammen gesunkene Gestalt schleppte sich durch den Moos überwachsenen Wald. Ich lauschte, wartete auf weitere Atemzüge der Kreatur, während meine immer schwächer und abgehackter wurden.

Durch die Dunkelheit viel meinem einzigen Auge, das noch funktionierte, das Sehen immer schwerer.

Plötzlich veränderte sich jedoch etwas in meiner Umgebung.

Der Boden bebte leicht, Steine verschoben sich oder verschwanden komplett und ich war über den Baum neben mir, der an Ort und Stelle blieb, mehr als Glücklich.

Ein Schnauben ließ meinen Blick nun zu der Stelle zucken, an der bis eben noch tiefster Wald war, von diesem ließ sich dort jedoch nichts mehr erahnen.

Stattdessen lag dort nun eine rot leuchtende Kreatur.

Die Kreatur.

Ein Erddrache.

Fasziniert betrachtete ich ihn genauer.

Seine riesigen Flügel breiteten sich Kraftlos zu seiner linken und rechten aus. Sie mussten einst wunderschön gewesen sein, die Löcher die in ihnen klafften ließen dies jedoch nur erahnen.

Seine Flügel waren aber nicht der Grund für seine Erschöpfung, schließlich konnten Erddrachen auch ohne diese Leben, wäre das hier ein Luftdrache, wäre sein Elexier schon längst zu einem Perma geworden.

Nein, der Ursprung musste woanders liegen. Vielleicht-

Gelbe Augen bohrten sich erbarmungslos in mein einzig offenes.

Ich wollte einen Rückzieher machen, einen anderen Weg finden, aber den gab es nicht und mein Überlebensinstinkt siegte über jeden Zweifel.

Schwankend stolperte ich hinter dem Baum hervor, der mir als Schutz hatte dienen sollen.

Benommen trat ich auf den Erddrachen zu, wobei jede Bewegung schmerzte, jeder Atemzug brannte und jeder Zipfel Angst mich beinahe zermalmte.

Ich wusste nicht genau was ich tat, als ich vor dem Drachen zum stehen kam.

Mit wachsamen Blick, hatte er mich die ganze Zeit über, beobachtet.

,,Ich....brauche...d-deine...Hilfe," jedes Wort verbrauchte Kraft, die ich beim besten willen nicht mehr besaß.

Wir sprachen nicht die selbe Sprache, aber dennoch hatte ich das Gefühl, dass der rote Drache, vielleicht noch besser als ich wusste, was ich wollte.

,,Bitte!," hauchte ich.

Ich wollte weiter reden, konnte aber nicht.

Voller Panik legte ich meine Hände über meine Brust, dort wo mein Herz schlug, dann brach alles zusammen.

Erinnerungen. Träume. Vergangenheit. Zukunft.

Und Ich.

Ich fiel in das unendlich schwarze Loch.

Ohne Halt.

Ohne Hoffnung.

Nur mit unsagbaren Schmerzen.

Ich wollte schreien. Wollte um Erbarmung flehen.

Aber kein Laut verließ meine Kehle.

Das Gift war bis zu meinem Herzen vorgedrungen und verbrannte es wie einen unbedeutenden Grashalm.

Vielleicht war ich das für die Welt auch immer gewesen.

Eine unter vielen.

Dabei wollten wir doch noch so viel zusammen machen und jetzt sind wir alle drei Tod.

Etwas nasses fiel auf meinen Mund, etwas Hartes folgte und landete dort, wo mein Herz schlagen sollte.

Was war das?

Meine Hand wurde gehoben und gegen ein glatte und kühle Oberfläche gedrückt, sanft senkte sie sich wieder.

Dann wurde es hinter meinen geschlossenen Liedern gleißend Hell.

Doch so schnell das Licht gekommen war, verschwand es auch wieder.

War ich jetzt im Himmel?

Jedoch vernahm ich eine Kratzige Stimme, die einst vor Kraft gestrotzt haben musste,

,,Kleines Menschenkind, lauf und schau niemals zurück, sonst kriegen sie dich!"

Danach versagten meine Erinnerungen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top