𝗥𝗨𝗡𝗡𝗜𝗡𝗚 𝗙𝗥𝗢𝗠 𝗠𝗬 𝗣𝗥𝗢𝗕𝗟𝗘𝗠𝗦
— ALS ICH ZUHAUSE ANKAM, war ich völlig erschöpft.
Ich ging auf die Veranda und genoss den warmen Wind, der mir um die Nase wehte. Der Himmel war in ein warmes Orangerot getaucht und ich konnte spüren, wie sich die Sonne langsam dem Horizont näherte.
Trotz der friedlichen Szenerie konnte ich meine Gedanken nicht abschalten. Ich war immer noch aufgewühlt von dem Überfall auf John Bs' Haus.
Das Bild von JJ, wie er dem Huhn das Genick brach, verfolgte mich.
Ich versuchte, tief durchzuatmen und mich zu beruhigen, aber die Angst und Unsicherheit ließen mich nicht los. Es fiel mir schwer, meine Gedanken zu sortieren und mich zu entspannen
Ich öffnete langsam die Haustür und hoffte, dass weder mein Bruder noch mein Vater zu Hause waren.
Der Überfall hatte mich zutiefst erschüttert und ich brauchte Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten.
Als ich die Tür hinter mir schloss, atmete ich tief durch und lauschte dem beruhigenden Klicken des Schlosses.
Schließlich lief ich in die Küche und nahm einen Kanister Orangensaft aus dem Kühlschrank.
Ich fand große Saftflaschen lächerlich, da sie meist schlecht wurden, bevor man sie komplett austrinken konnte.
Nathan schaffte es immer, große Milchkanister auszutrinken — obwohl er genau wusste, dass er laktoseintolerant war.
Einen Augenblick später öffnete ich den Saft und trank direkt aus der Flasche.
Ich schloss die Augen und genoss den frischen und süßen Geschmack. Ein Gefühl der Nostalgie überkam mich, als ich an den Spanienurlaub dachte, den ich vor ein paar Jahren mit Mom verbracht hatte.
Ich erinnerte mich an die warme Sonne, das türkisblaue Meer und den Duft von Orangenbäumen.
Doch meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als ich plötzlich die Stimme meines Vaters hörte.
Ich erschrak und verschluckte mich. Der Saft brannte in meiner Kehle.
„Was machst du denn da?", fragte er, während er in die Küche trat. Er war im Garten gewesen und trug seine Freizeithose und einen Sonnenhut.
„Sieht man doch", antwortete ich und setzte die Flasche auf der Kücheninsel ab. „Wie war dein Nachmittag?"
„Nichts Besonderes, mein Schatz. Ich habe die Rosenbüsche endlich mal gepflanzt." Mein Vater lächelte stolz und stützte sich an der Theke ab.
„Und ich habe vorhin kurz mit Ward telefoniert", fügte er hinzu.
„Es gab einen Diebstahl auf der Druthers. Einer der Tauchbehälter ist verschwunden und Ward glaubt, dass die Pogues dahinterstecken. Hast du davon gehört?"
Ich schüttelte den Kopf und spürte, wie sich ein Kloß in meinem Magen bildete. Immerhin hatten mir die Pogues erzählt, dass sie den Tank gestohlen hatten.
Meine Gedanken waren immer noch bei dem Vorfall im Chateau und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte.
Ich musste das Thema so schnell wie möglich wechseln.
„Nein, habe ich nicht. Klingt echt doof."
„Ja, er war sehr aufgebracht. Ich hoffe, sie finden heraus, wer es war", erwiderte Dad und nahm den Saftkanister. Er trank einen großen Schluck.
„Ich hasse diese großen Flaschen. Wer kauft die überhaupt?"
Ich lachte. „Dein Sohn."
„Ah, apropos. Ich muss dir noch etwas sagen." Mein Vater wischte sich über den Mund.
„Nathan ist vorhin mit den Jungs vom Basketballteam aufs Festland gefahren. Er meinte, dass Rafe hier war. Er hat dir Rosen gebracht."
Ich schluckte schwer und spürte, wie mein Herzschlag beschleunigte.
„Wann war er hier?"
Rafe und ich waren immer noch zusammen, aber ich hatte das Gefühl, dass ich ihm nicht mehr in die Augen sehen konnte, nachdem er mich vor allen beleidigt und bloßgestellt hatte.
Mein Vater schien meine Reaktion bemerkt zu haben und sah mich fragend an.
„Oh, heute Mittag. Ist alles in Ordnung zwischen euch, Schätzchen?"
Ich zuckte mit den Schultern. Die Wahrheit war zu kompliziert, um sie zu erklären.
„Hat er dich verletzt?", fuhr er fort. Am liebsten hätte ich geweint. „Du weißt, du kannst mir alles sagen. Ich mach den Stinker fertig."
„Nein. Es ist alles gut", murmelte ich. „Aber im Moment brauche ich nur etwas Zeit für mich, Dad."
Mein Vater nickte. „Natürlich. Aber du weißt, ich bin immer da für dich."
Dann sagte er nichts mehr. Ich wusste, dass er besorgt war, aber ich konnte ihm nicht die Wahrheit sagen.
Daraufhin verließ ich die Küche.
Als ich in meinem Zimmer ankam, fiel mein Blick auf den Rosenstrauß, den mir Rafe gebracht hatte. Sie waren weiß und wirklich schön.
Ich wollte mich gerade auf mein Bett legen, als mein Handy klingelte.
Wenn man vom Teufel spricht, dachte ich.
Es war Rafe. Augenrollend drückte ich auf den grünen Hörer. Ich hatte ihn lang genug ignoriert.
„Jemma?", ertönte es und ich atmete leise aus.
„Ja, hallo. Danke für die Rosen. Das hätte echt nicht sein müssen."
„Doch, ich wollte mich entschuldigen. Du bist heute morgen so schnell verschwunden und —Es tut mir leid, was ich gesagt habe", entgegnete er daraufhin und ich konnte vor meinem inneren Auge sehen, wie er sich nervös über die Oberlippe leckte.
„Was willst du jetzt von mir? Ich habe dir gesagt, dass ich Zeit brauche."
Am anderen Ende ertönte ein Seufzer.
„Ich würde gerne mit dir reden und mich entschuldigen. Wir könnten uns heute Abend in einem Restaurant am Hafen treffen. Wie wäre das für dich?"
Ich war mir unsicher, ob ich ihn sehen wollte. Einerseits wollte ich ihm eine Chance geben, sich zu entschuldigen und unsere Beziehung zu retten, andererseits konnte ich einfach nicht vergessen, wie furchtbar er zu mir gewesen war.
„In Ordnung", sagte ich schließlich und bereute meine Entscheidung noch im selben Moment.
„Danke, Jemma. Ich werde dich nicht enttäuschen. Sei um 19 Uhr am Claws. Zieh dir was Schönes an", erwiderte Rafe. Er klang erleichtert.
Mir drehte sich der Magen um.
„Bis später", sagte ich nach einigen Sekunden der Stille. „19 Uhr im Claws."
Daraufhin legten wir auf und ich ließ mich rückwärts in meine Kissen fallen. Als ich zu meinem Wecker sah, bemerkte ich, dass mir gerade mal anderthalb Stunden bis zum Treffen blieben.
Sofort erhob ich mich von meinem Bett und eilte zum Kleiderschrank. Meine Füße taten höllisch weh. Wenn mein Vater nur wüsste, dachte ich.
Die Zeit verging wie im Flug. Es war 18:50 Uhr, als ich an der Bushaltestelle am Hafen ausstieg. Viele Touristen liefen die Straße auf und ab oder saßen in Bars und Restaurants.
Ich hatte mich für ein weißes Leinenkleid und offene Haare entschieden, die mir in seichten Beachwaves über die Schultern fielen.
Es waren nur noch 400 Meter bis zum Claws, als ich plötzlich einige Menschen aufgebracht schreien hörte.
Verwirrt drehte ich mich um und sah zu einem kleinen Fischrestaurant. Jemand hatte einen der Bistrotische vor der Ladenfront umgeworfen.
Die Gäste standen wütend auf der Straße und deuteten auf eine Person, die nun in meine Richtung gerannt kam.
Erst, als ich genauer hinsah, erkannte ich John B.
Seine Augen wurden groß, als er mich bemerkte. Er flüchtete er vor jemandem.
„John B?", rief ich, doch er antwortete nicht. Stattdessen verschwand er in eine Seitengasse.
„Hey, was ist los? Warte doch!" Ich verfluchte die weißen Riemensandalen, die ich als Last-Minute-Entscheidung angezogen hatte.
Als ich in der Gasse ankam, war der Braunhaarige gerade dabei, einen Gitterzaun mit seinen bloßen Händen einzureißen. Nervös drehte er sich zu mir um.
„Jemma?", entfuhr es ihm, während er den Zaun bearbeitete. Ich bemerkte, dass er völlig verschwitzt und dreckig war.
„Was zum Teufel ist hier los?", fragte ich und lief zu ihm. „Ist alles gut?"
„Wir waren beim Leuchtturm. War eine Sackgasse. Und Ward hat mich gefeuert, weil ich die Tanks gestohlen habe", entgegnete er außer Atem. „Sarah hat es ihm erzählt."
„Oh."
Der Zaun riss mit einem lauten Geräusch und fiel zu Boden.
„Nettes Kleid. Hast du ein Date?", fragte er nonchalant und deutete auf den weißen Stoff.
„Jetzt lenk nicht ab. Wieso rennst du schon wieder vor jemandem weg?" Ich kam auf ihn zu. Seine Pupillen waren riesig.
Doch noch bevor er etwas erwidern konnte, ertönte ein Schuss. Eine Kugel schlug rechts von mir in einer Backsteinmauer ein.
Ich erstarrte und sah mit weit aufgerissenen Augen zu John B. Mein Herzschlag beschleunigte und ich konnte förmlich spüren, wie sich meine Blutgefäße verengten.
„Fuck."
Einen Augenblick später packte er mich am Handgelenk und zog mich durch den Zaun. Wir begannen zu rennen.
„Das sind die Typen von heute Mittag. Sie sind hinter mir her!", rief er, während wir durch die Hintergassen von Figure Eight sprinteten.
Mir gefror das Blut in den Adern. Die zwei Männer waren kaum 20 Meter von uns entfernt.
„Wenn ich wegen dir sterbe, dann—"
„John B", ertönte es direkt neben uns. „Schön, dich zu sehen."
Abrupt drehten wir uns um. Seine Hand umklammerte noch immer meinen Arm. Es musste ein merkwürdiges Bild für Außenstehende abgeben.
„Sheriff Peterkin", sagte der junge Routledge außer Atem, während mir bewusst wurde, wie trocken mein Mund war.
„Und, wie läuft's, Junge?"Ihr Blick war stechend. Nervös drehte ich mich um. Die zwielichtigen Männer waren nirgends zu sehen.
„Es ist viel sicherer, wenn du ihn mir gibst, als irgendjemand anderem."
Für einen kurzen Moment sah die Polizistin zu mir, dann zurück zu John B. Verwirrt hob ich eine Augenbraue.
Es dauerte einige Sekunden, ehe er zögerlich den Kompass aus seiner Hosentasche hervorzog. Das war es also, was die Männer von ihm wollten. Sie hatten nicht genug.
„Gut gemacht", sagte Peterkin und ließ das silberne Stück Metall in ihrer Brusttasche verschwinden. Sie warf uns einen merkwürdigen Blick zu.
„Bis demnächst, Junge."
Daraufhin verschwand sie in Richtung eines Streifenwagens.
John B und ich standen auf einem belebten Platz. Touristen musterten uns mit interessierten Blicken. Erst jetzt bemerkte ich, dass wir wie geflüchtete Verbrecher aussahen.
Als ich an mir herabblickte, sah ich, dass mein Kleid ein Loch hatte. Ich musste am Zaun hängengeblieben sein.
„Ich stecke jetzt auch in der Sache, oder?", fragte ich nach einigen Sekunden der Stille.
Der Braunhaarige ließ meinen Arm aus seinem Griff entgleiten. Daraufhin seufzte er. Seine Unterlippe war blutig.
„Sie werden denken, dass du zu uns gehörst", entgegnete er, ohne mich anzusehen. „Es tut mir leid, Jemma."
Ich atmete tief aus. „Was machen wir jetzt?"
John B drehte sich zu mir um und blickte wehmütig auf mich herab. Ich fühlte mich plötzlich sehr klein.
„Ich muss zurück zum Chateau. Ich glaube, ich habe eine Idee", sagte er.
Er kramte sein Handy aus einer seiner Hosentaschen hervor und schrieb eine Nachricht an Pope.
„Wie spät ist es?" Ich deutete auf sein Handy. Er blickte auf den oberen Rand des Bildschirms.
„19:05 Uhr. Warum fragst du?"
Ich presste meine Lippen aufeinander.
„Weißt du was?" Ich sah ihn an. Sein Blick wanderte über mein kaputtes Leinenkleid, dann zurück zu meinem Gesicht.
„Ich komme mit dir, John B."
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Hey Leute!
Wie ihr seht, reißt die Action nicht ab. Aufmerksame Outer Banks Fans wissen, was als Nächstes passiert. Ich hoffe, euch allen geht es gut und ihr hattet genauso viel Spaß beim Lesen des Kapitels wie ich beim Schreiben. 🥰
PS: Staffel 3 hat mich auseinandergenommen. #jiaraforever
- eure Michi ❤️
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