𝒦𝒶𝓅𝒾𝓉ℯ𝓁 ⁵
,,Wie war dein Tag? Hilft dein Training?", fragte mein Dad mich beim Abendbrot.
,,Ja, es hilft," antwortete ich beiläufig als ich mir noch eine Portion von der Lasagne nahm.
,,Und sonst?"
Verwirrt sah ich meinen Dad an.
Er deutet auf die Krücken und mein Bein.
,,Ganz gut, morgen gehe ich zum Arzt. Wenn ich Glück habe muss ich die Krücken in zwei Monaten nicht mehr benutzen," zuckte ich mit den Schultern.
,,Fährt Mason dich?"
,,Hm. Er wollte unbedingt mitkommen."
,,Es freut mich das ihr immer noch so eine gute Beziehung habt und euch nicht von einander entfernt habt," lachte Dad und wechselte unauffällig das Thema.
Etwas niedergeschlagen bemerkte ich, dass es mir immer noch schwer fiel über meine ,,Schwäche" zu reden, auch wenn es das nicht sollte.
Ich war nicht gerne abhängig von anderen und diese Einstellung half mir zu zeit nicht weiter, abstellen konnte ich sie aber auch nicht.
Also begrüßte ich den Themenwechsel sehr.
Lächelnd stimmte ich ihm zu.
Doch plötzlich wurde mein Dad tot ernst.
,,Evelyn, ich möchte dir etwas geben."
,,Ähm, okay.?"
Er stand auf und verschwand in der Tür zum Keller.
Meine Wenigkeit schlang das restliche Essen herunter, da ich das Gefühl hatte das es in der Situation die gleich folgen wird, nicht passen würde zu Essen.
Schade eigentlich.
Als er zurück kam, fühlte ich mich wie früher. So als wäre ich zu dem Tag zurück gekehrt an dem Dad uns erzählt hatte, das Mum es nicht geschafft hatte.
Das ihre Krankheit gesiegt hatte.
Und sie verlor.
Er sagte an diesem Tag, dass sie nun an einem besseren Ort wäre.
Dort wird sie leben, auf uns aufpassen und nie wieder verlieren.
Ich weinte an diesem Tag einerseits, weil ich Mum so unsagbar vermisste, das es mich innerlich zerriss und andererseits, weil ich wusste, dass Dad die Wahrheit sagte.
Weil ich wusste ihre Schmerzen, die sie erleiden musste, nun aufgehört hatten.
Und doch wollte ich sie bei mir haben, ich wollte nie das sie geht.
Ich hatte so lange gebraucht um zu akzeptieren das sie nicht mehr da war, doch als ich diesen Unfall hatte, hatte ich mich kurz gefragt, ob ich Mum jetzt wieder sehen werde.
Und nun war ich dabei, dafür zu sorgen, meine Situation zu akzeptieren.
,,Das wollte ich dir eigentlich zu deinem Achtzehnten Geburtstag geben, aber zu dem Zeitpunkt brauchtest du es noch nicht. Deswegen denke ich, ist jetzt der richtige Zeitpunkt," damit drückte er mir die kleine blaue Schachtel in die Hand.
Langsam und bedächtig öffnete ich den Deckel.
Zum Vorschein kam eine Kamera. Ich stutze, diese Kamera kannte ich.
Ein kleines Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.
Das war die Kamera, die meine Mutter immer überall mit hin genommen hat. Ich konnte mich noch genau an den Tag erinnern an dem ich sie das erste mal benutzen durfte.
Ein blühender Kirschbaum.
Das Bild an sich war etwas verschwommen gewesen, aber es war definitiv etwas besonderes.
Ich legte die Kamera beiseite und nahm den Brief, der in einem Weißen Briefumschlag steckte, auf dem "Für Evelyn" in einer geschwungenen Handschrift stand.
Mum's Handschrift.
Als ich den gefalteten Brief herausnahm, sagte Dad zu mir das er mich nun alleine ließ damit ich meine Ruhe hatte.
Ehrfürchtig fing ich an zu lesen.
ꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄ
Liebe Evelyn,
Erinnerst du dich noch an mich? Oder hast du mich bereits vergessen?
Ich denke diese Frage(n) würde ich deinem zwanzig Jährigen ich stellen, sollte mir die Chance dazu gegeben werden.
Doch wenn ich so darüber nachdenke, würde ich sie dir jedes Jahr stellen, jedes Mal aufs neue, nur um sicher zu gehen, dass ich wenigstens in deinem Herzen noch weiter Leben darf.
Immer wenn ich meine Augen schließe frage ich mich die selben Fragen und immer bin ich den Tränen Nahe, weil ich weiß das mir sie keiner beantworten kann.
Warum muss ich jetzt schon sterben? Wieso darf ich nicht mit erleben wie du und dein Bruder aufwachst?
Wann wirst du mich dafür Hassen, dass ich gegangen bin?
Wo werde ich dich/euch das letzte mal sehen, bevor ich von den Engeln geholt werde?
Das absurde jedoch ist, ich habe tief in mir noch immer die Hoffnung, dass die Engel mich fallen lassen und ich mit dir, Mason und eurem Dad Leben darf. Aber es ist dumm das zu Glauben, wenn ich längst weiß das meine Zeit sich dem Ende neigt.
Dennoch habe ich das Gefühl das ich Glücklich bin dich kennen gelernt zu haben. Ihr werdet immer das größte Geschenk bleiben was mir je einer gemacht hat. Deswegen schreibe ich dir diesen Brief um dir all das zu sagen, das ich dir nie persönlich erzählen kann.:
Du lebst nur einmal, leider ist mir zu spät klar geworden, dass die Zeit die man lebt irgendwann zu Ende geht. Sei es überraschend oder vorhersehbar, Zeit ist begrenzt. Also Lebe jeden Tag so, als wäre es dein letzter, denn eines Tages wird er dies gewiss sein.
Jedoch habe ich noch eine Sache vergessen, das jeder einzelne Augenblick ein Geschenk ist, die bereits verschenkten kann man dir nicht nehmen, aber die kommenden müssen nicht verschenkt werden.
Ich will damit auf keinen Fall sagen das du jeden Tag mit Schrecken leben sollst, viel mehr möchte ich dir zeigen, dass du alles schätzen solltest, sei es noch so klein.
Akzeptiere und Respektiere jeden. Diese zwei Wörter sind so einfach auszusprechen, aber bei der Umsetzung scheitern die meisten. Auch ich merke das es nicht immer möglich ist, aber ein Versuch ist es alle mal wert. Und was wären wir alle schon ohne eine zweite Chance bekommen zu haben?
Es gibt immer jemanden der einen nicht aufgibt, vielleicht sieht man ihn nicht immer, aber er ist da. So wie Sauerstoff, auch wenn wir ihn nicht sehen können, ist er da.
Also lass mich dein Sauerstoff sein, ich werde auf ewig als Mutter an deiner Seite
bleiben.
Lebe ein erfülltes Leben, so wunderschön das du es in einer Millionen Jahren nicht vergessen würdest.
In Liebe,
Mum
ꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄꨄ
Als ich den Brief neben mich legte hatte ich Tränen in den Augen.
Ausdruckslos starrte ich die Wand an.
Doch auf einmal brach alles zusammen.
Die ganzen Tränen, die ich seit einem halben Jahr krampfhaft zurück gehalten hatte, brachen aus mir heraus, wie ein Wasserfall der einen Staudamm durchbrach und ich konnte nichts dagegen tun.
Wie hatte ich es nur geschafft, selbst mit den Tränen in meinem Herzen, zu lächeln?
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𝐃𝐢𝐞𝐬𝐦𝐚𝐥 𝐞𝐢𝐧 𝐞𝐭𝐰𝐚𝐬 𝐭𝐫𝐚𝐮𝐫𝐢𝐠𝐞𝐬 𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥, 𝐚𝐛𝐞𝐫 𝐞𝐬 𝐬𝐚𝐠𝐭 𝐝𝐞𝐧𝐤𝐞 𝐢𝐜𝐡 𝐯𝐢𝐞𝐥 𝐮̈𝐛𝐞𝐫 𝐝𝐢𝐞 𝐆𝐞𝐬𝐜𝐡𝐢𝐜𝐡𝐭𝐞 𝐯𝐨𝐧 𝐄𝐯𝐞𝐥𝐲𝐧 𝐚𝐮𝐬.
𝐖𝐢𝐞 𝐬𝐭𝐞𝐡𝐭 𝐢𝐡𝐫 𝐝𝐚𝐳𝐮?
𝐔𝐧𝐝 𝐰𝐚𝐬 𝐬𝐚𝐠𝐭 𝐢𝐡𝐫 𝐳𝐮 𝐢𝐡𝐫𝐞𝐧 𝐆𝐞𝐝𝐚𝐧k𝐞𝐧 𝐝𝐢𝐞𝐬 𝐁𝐞𝐳𝐮̈𝐠𝐥𝐢𝐜𝐡?
(𝐃𝐞𝐫 𝐁𝐫𝐢𝐞𝐟 𝐢𝐬𝐭 𝐚𝐮𝐬 𝐝𝐞𝐦 𝐏𝐫𝐨𝐥𝐨𝐠, 𝐦𝐮𝐬𝐬 𝐚𝐥𝐬𝐨 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐧𝐨𝐜𝐡 𝐞𝐢𝐧𝐦𝐚𝐥 𝐠𝐞𝐥𝐞𝐬𝐞𝐧 𝐰𝐞𝐫𝐝𝐞𝐧.)
✧ℐ𝓋𝒾𝒶𝓃𝒶 ℋ𝒶𝓇𝒹𝒾𝑔ℯ𝓃✧
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