𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟕 - 𝐁𝐫ü𝐝𝐞𝐫𝐥𝐢𝐜𝐡𝐞 𝐆𝐞𝐬𝐩𝐫ä𝐜𝐡𝐞

„Warum lässt du nach mir schicken?", ertönte die friedfertige, von Neugier gefüllte Stimme Jiro Nakamuras in dem protzigen Gemach, garniert von einem zarten, rötlichen Licht. Der Königsspross trat ein, dicht gefolgt von seinem Leibsklaven Ren Kimura. Er musste etwa im selbigen alter wie sein Herr sein. Überdies konnte ich in aller Heimlichkeit beobachten, wie sie sich unter vier Augen wohl lieber wie gute Freunde verhielten, anstatt wie es für einen Prinz und seinen Leibsklaven üblich war.

Und, entgegen all meinen anfänglichen Erwartungen, vermochten selbst die aberhunderten Bediensteten hier bei Hofe vornehme Kleidung zu tragen. (Alles andere wäre wohl eine Beleidigung für den Palast, gar für das Königspaar selbst.) Konnten diese Gewänder zwar gewiss nicht mit denen der edlen Damen und Herren mithalten, doch vornehm waren sie alle Male. Auch die Frisuren jener Diener waren ordentlich zusammengesteckt, mit kleinem Dekor garniert.

„Ozai sei Dank bist du endlich da!", gab Jintao erfreut, ja auch hitzig zurück. Erhob er sich darin aber nicht von seiner hölzernen Chaiselounge, auch wenn ich dies als wohl mehr als nur uncharmant empfunden hatte. „Ja, die Spiele hatten sich heute etwas in die Länge gezogen.", schwadronierte Prinz Jiro, ließ sich indessen auf dem mit edlen Stoffen bezogenen Sofa nebst seinem großen Bruder nieder. Seine Haarpracht war wie die seiner Hoheit Jintao üppig, indes seine jedoch eine Spur aufwendiger zusammengebunden, mit güldenen Schmuckstücken verziert waren.

Vermutlich, weil der 19-Jährige am heutigen Tage in der Stadt zu Gange gewesen war.

»Gladiatorenmeister Kaito Shibuya hatte seine neuesten Krieger vorgestellt, von denen einige außerordentlich glänzen konnten. Ja, vor allen Dingen dieser Ri-«, plapperte der Königsspross putzmunter darauf los, wollte freudig von den heutigen spannenden, wieder einfach so schön blutrünstigen Spielen, den mutigen, tapferen Gladiatoren erzählen. Aber fiel ihm sein Bruder zur Gänze keck, mit stumpfsinniger Stimme ins Wort: „Erzähl das doch Yangyang, Jiro.", und jenes ohne viele Gedanken daran zu verschwenden. Sein Cousin mochte diese Wettkämpfe doch, sollte Jiro also mit ihm darüber reden. „Ich habe dich wegen etwas weitaus Wichtigerem zu mir schicken lassen."

Zunächst jagte ein herber Schreck durch Prinz Jiros athletischen Körper, ehe er vor Empörung, nur Feuerdrache Ozai weiß ob auch vor Verwirrung, ganz große Augen bekam.

Warum sollte er Yangyang Liu denn davon erzählen, der Jüngere war doch dabei gewesen?

Hiernach verließ ein niedergeschlagenes, seufzendes „Und das wäre?" seine Kehle, alsdann er eine edle Teeschale des teuren Grün-Tees von seinem Leibsklaven entgegennahm. Sein Bruder Jintao zeigte nie großes Interesse an anderen Menschen, ausgenommen er brauchte etwas von ihnen. Der Thronfolger war mit die wichtigste Person des gesamten Königreichs. Warum also sollte er den geliebten Gladiatorenkämpfen seines kleinen Bruders Beachtung schenken, wenn es doch etwas gab, was er allen erzählen wollte?

„Ich habe einen dieser Wasserbändiger gekauft.", ließ Jintao stolz verlauten, ein breites Grinsen zierte seine vollen Lippen indes - was für eine tolle Ausbeute er doch gemacht hatte. „Sein Name ist mir bereits entfallen, doch er ist ein ehemaliger Prinz.", Ersteres vermochte natürlich eine schamlose Lüge zu sein, jenes lag klar auf der Hand. Den außergewöhnlichen Namen zu einem solch wundervollen Angesicht vergaß man gewiss nicht so leicht. Doch vermochte sich wohl in ihm alles dagegen zu sträuben, zuzugeben, dass er irgendeine Art von Interesse hegte. Und ganz vielleicht, so versuchte er sich jenes auch selbst einzureden.

„Ist das so?", hakte Prinz Jiro nach, alsdann er das Porzellan seiner Tasse von den vollen Lippen genommen hatte. Ein wenig neidisch war er ja schon, hätte er schließlich auch gerne einer dieser exotischen Bändiger unter seinen Dienern. Sollen sie, hatte man ihm erzählt, sanftmütige Charaktere haben, die sicher einfach zu handhaben waren. Ganz anders also, als die versklavten Feuerbändiger, denen man erst mit glühender Gewalt Untergebenheit einprügeln musste.

„War er ein Thronfolger so wie du?", wollte er hernach neugierig wissen, lehnte sich einen Gran nach vorn. Mit einem erwartungsvollen Funkeln in den Iridien blickte er seinem großen Bruder entgegen, setzte das edle Porzellan darin an die Lippen, um erneut einen Schluck daraus zu trinken.

„Nein, er wäre niemals König geworden.", wiederholte Königsspross Jintao genau jene Worte, welche Stunden zuvor die Lippen des Sklavenhändlers verlassen hatten. Die Königin des Wasserkönigreichs vermochte wohl drei Kinder gehabt zu haben, ihr Sohn Ragnar war darin der Jüngste. Zudem, hatte Jintao sich sagen lassen, wurde jenes Reich seit Anbeginn der Götter stets von einer Frau regiert. Den Stimmen ihrer männlichen Gefährten wurde darin wohl nie groß Gehör geschenkt, die Rolle des Königs hatte also nie eine große Bedeutung. Doch sie war notwendig, um von Fortbestand der Dynastie zu gewährleisten.

„Tja.", machte der Königsspross hernach, unterstrich jenen Ausdruck mit einem seichten Seufzen. „Und jetzt ist er mein Bediensteter.", ein schiefes Grinsen schlich sich auf seine vollen Lippen. „Feuerdrache Ozais Wille ist wahrlich unergründlich."

Jiro nickte zustimmend, ehe er neugierig fragte: „Und was vermagst du mit ihm vor zu haben, Tao?", sollte er womöglich zu der Bespaßung des Thronfolgers dienen? Nein, jenes wäre wohl wahrlich ein Skandal. Oder lieber in den Reihen der ungezählten Bediensteten untergehen? Der neue Leibsklave würde er wohl kaum werden, seine Hoheit erwartete in dieser Position schließlich eine Glanzleistung. Zudem wurde Hana Shikichi ihrer Aufgabe mehr als gerecht, warum also sollte sie ausgewechselt werden?

Ein kurzes, dunkles Lachen entriss sich Jintaos Kehle, ehe er ganz zum Entsetzen Prinz Jiros verlauten ließ: „Er wird mein neuer Leibsklave.", entspannt lehnte sich der Königsspross in der Sitzbank zurück, streckte beide Arme über der Lehne aus. Ein Grinsen huschte über seine Lippen: Bis gerade eben hatte er noch keinen Deut gehabt, was er mit dem kleinen Wasserbändiger vorhatte. Diese Worte entrissen sich einfach seiner Kehle - doch es fühlte sich gut, richtig an. „Er war doch selbst ein Prinz und wird wissen, wie sich man dieser Position zu verhalten hat.", fügte er noch hinzu und war selbst ganz erstaunt, wie viel Sinn diese Worte ergaben. Feuerdrache Ozai hatte ihn wahrlich mit einem klaren Verstand gesegnet.

„Dein Leibsklave?", hakte der Jüngere konfus nach. „Was ist mit Hana?", hernach einem Atemzug sprach er weiter: „Ich glaube kaum, dass Vater dir das erlauben wird.", nun, damit lag er wohl im Recht. Jintao vermochte erst keinerlei Antwort zu geben, blickte im Gegenzug an die Decke seines güldenen protzendes Gemachs, ehe er einen Schluck seines delikaten Tees nahm.

War Ozai der Gott der Kinder des Feuers, kam er einzig und allein in Gestalt eines großen, roten Drachen auf die Erde. Sonst, so munkelte man, lebte er auf der weit entfernten Sonne, wachte von dorten über die Menschen. Und um ihn, den allmächtigen Gott, zu ehren, vermochten die Feuerbändiger aufwändig bemalte Bilder von dem Ungeheuer aufzuhängen, erbauten prächtige Skulpturen und beteten zu ihm, wann immer sie auf seinen Beistand zu hofften.

So war es also auch keine Hexerei, dass sich auch in Jintaos Gemach ein solches Bildnis Ozais wiederfand. Darin war es in seinem Falle eine atemberaubende, große Deckenmalerei, direkt über dem geräumigen Wohnbereich. Wann immer der Prinz empor an die Decke blickte, sah er ihn - Drache Ozai. Wie er von oben mit feurigem, wachen Blick auf den Betrachter zugeflogen kam. Dunkler Rauch stieg aus seinem großen Maul himmelwärts. Weiße Zähne waren sichtbar, der lange, schlangenförmige Körper, auf dem helle, güldene Zacken saßen. Die großen, starken Flügel und die muskulösen, recht kurzen Beine: Ein wahrlich furchteinflößendes Bild, was den Königssohn gerade in jungen Jahren große Angst bereitet hatte, ihn dann und wann sogar noch heute unwohl fühlen.

„Das weiß ich.", erwiderte Jintao schließlich - und wie er das wusste. Sein Vater hatte Hana Shikichi selbst in den Rang einer Dienerin herabgesetzt und er würde sicher wollen, dass jenes auch weiterhin zu blieb. In der Rolle der Leibsklavin bekam sie dies wohl am besten zu spüren. Obendrein ließ sie sich dort auch am besten überwachen. „Doch das ist mir völlig gleich.", der Thronfolger mochte Hana nicht besonders und das Kinde des Wassers erschien wie der perfekte Ersatz. Wer schon, frage ich euch, könnte besser geeignet für diese Stelle sein, wie ein ehemaliger Prinz?

Des Weiteren, musste Prinz Jintao wohl unverblümt zugeben, konnte er es auch gar nicht leugnen, dass der ehemalige Prinz sein Interesse geweckt hatte - An einer Hand konnte ich abzählen, wie oft jenes in den vergangen Jahren vorgekommen war.

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Eine Verlobung im Wasserkönigreich vermochte stets groß gefeiert zu werden. So übergaben sich die Liebenden jeweils eine eng anliegende Kette, mit einem prächtig ausgeschmückten, flachen, blau strahlenden Stein. Mittels ihres einzigartigen Dekors war die Zusammengehörigkeit sofort deutlich. So zeigte der Halsschmuck mit einem weiteren, sichtlich zierlicheren Anhänger einer blau glitzernden Mondsichel an, dass man bereits in den Ehestand getreten war. Eine uralte, dennoch wundervolle Tradition, welche einst von Mondgöttin Vidår selbst ins Leben gerufen wurde.

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