008. Im Jahr 1977
02. September 1977
"Boah ich tick aus! Das ist dein Dad!"
Ron sah hell auf begeistert und verwirrt zu gleich aus.
"Sind das Professor Lupin und... Sirius Black?", fragte Neville.
Hermines Gedanken rasten, doch Harry stand bloß da und starrte den vier Jungen entgegen, die den Korridor unbeschwert und vergnügt entlangspazierten. James Potter, den Arm um seinen besten Freund Sirius Black gelegt, der glücklich ein altes Lied summte. Remus Lupin hatte sich sein Schulbuch wie ein Schutzschild vor die Brust gepresst und versuchte das Grinsen zu verbergen, das sich auf seine Lippen schlich bei den Anblick, den seine Freunde boten. Neben ihnen ging Peter Pettigrew, das mausbraune Haar platt auf den runden Kopf gedrückt und ein ebenso breites Lächeln im Gesicht wie die anderen drei. Sie gehörten ohne jeden Zweifel zusammen, eine Freundschaft fürs Leben würde man wohl sagen - sie waren die besten Freunde, doch Harry konnte nicht umhin zu sehen, wie es in Wirklichkeit aussah. Sie sollten alle Tod sein - denn einer unter ihnen war ein Verräter gewesen. Wer wusste schon wie lange?
Sein Zauberstab fand den Weg in seine Hand ganz alleine und gerade als Harry sich auf Pettigrew stürzen wollte, riss Hermine ihn zusammen mit Ron an den Armen zurück hinter die nächste Ritterrüstung, versteckt vor aller Augen. Neville sprang ihnen hinterher.
"Ihr könntet damit anfangen, eure Hausaufgaben alleine zu erledigen", ertönte die Stimme des jungen Remus Lupin.
"Moony! Wo bleibt da der Spaß?!" Entsetzt fasste sich Sirius mit einer Hand an die Brust, mit der anderen fühlte er seine Stirn. "Ich glaube, ich muss sterben, wenn ich nur noch einmal etwas über die Koboldkriege lesen muss!"
Peter schnaubte. "Ich habe dich in sieben Jahren noch nie ein Buch lesen sehen."
James' Lachen entartete in ein hysterisches Luftschnappen mit kleinen Grunzern dazwischen, woraufhin auch die anderen sich nicht mehr halten konnten und wie ein gebündelndes Knäuel voller Gelächter in das Klassenzimmer stolperten.
Hinter einer Ritterrüstung verharrten vier andere Schüler. Schüler, die zu entsetzt waren, um einen weiteren Ton hervorzubringen.
Noch immer klammerte sich Harry an seinen Zauberstab, als wäre er das rettende Seil, das ihn aus dem immer stärker werdenden Treibsand ziehen würde, doch es gab kein Entkommen. Das Gelächter der vier Freunde war mit einem Knall der Tür verstummt und Harrys Gedanken schrien nun umso lauter.
Deine Eltern sind bei einem Autounfall gestorben und nun hör auf zu fragen!
SIRIUS IST TOT!
Es ist deine Schuld.
Wegen dir.
Du hast doch überhaupt keine Eltern!
Wir dachten, du wüsstest, was du tust!
Das ist allein deine Schuld!
Meine Eltern sind tot!
TOT!
Harry Potter ist tot! Er wurde getötet, als er wegrannte, als er versuchte, sich selbst zu retten, während ihr euer Leben für ihn gegeben habt.
Leise Tränen rannen ihm über die Wangen, die er erst bemerkte, als Hermine sie mit ihren Daumen fortwischte.
"Harry-", setzte sie an, doch der Auserwählte riss sich los, und rannte.
Er rannte den Korridor zurück, aus dem sie gekommen waren, rannte die Treppen hinauf, übersprang die Trickstufen, hechtete gerade noch rechtzeitig zur nächsten, bevor diese ihre Richtung änderte. Er rannte den ganzen Weg zurück und hielt vor dem steinernen Wasserspeier an.
"Ich muss zur Direktorin", keuchte er abwesend.
"Gibt keine!", krächzte der Steinklotz.
"Was?... Professor McGonagall ist-"
"In ihrem Büro, Verwandlungskorridor, die zweite Tür links neben dem Portrait von Gundhula der Grünen."
"Ich-"
Harry wusste nicht, was er davon halten sollte. McGonagall war wieder in ihrem alten Büro, er hatte Wahnvorstellungen von seinem Vater... er wurde verrückt - der Nebel, der von dem Denkarium aufgestiegen war - er musste ohnmächtig geworden sein, bestimmt lag er jetzt im Krankenflügel und hatte einen dieser Fieberträume. Oder er verlor nach all den Jahren tatsächlich seinen Verstand.
Wenn er es nicht besser wüsste, hätte er gesagt, er wäre in der Zeit gereist.
Aber das war doch Wahnsinn.
Plötzlich machte der Wasserspeier einen Satz zur Seite und entblöste die steinerne Treppe, die sich schon in Bewegung gesetzt hatte, ohne das Harry einen Fuß auf die Kante setzen konnte. Noch halb in Trance schritt er vor, nur um im selben Augenblick mehrere Meter zurück zu schrecken und den Mann, der sich vor ihm erhob mit offenem Mund zu mustern.
Dort, in seinem magentafarbenen Umhang mit silbernen Stickereien von Sternenbildern über die Mondphasen, stand, hochgewachsen wie eh und je, mit seiner langen Nase, die schon mehr als einmal gebrochen schien, Albus Dumbledore.
Ohne groß darüber nachzudenken, verpasste Harry sich selbst eine saftige Ohrfeige.
Und bereute es im nächsten Moment schon wieder.
"P-pro-fessor?"
Vage nahm Harry wahr, wie Fußgetrappel ertönte, worauf ein Schrei (Hermine), ein 'Boah ich tick aus!' (Ron) und ein entsetztes Aufkeuchen (Neville) folgten.
Kleine bunte Sterne tanzten ihm vor den Augen, er wurde wirklich verrückt, das musste einer dieser Fieberträume sein. Wieso konnte er nicht aufwachen, aufwachen und alles beim Alten wissen?
"Aber aber...", sagte Dumbledore belustigt, bevor er an sich herunter sah, "Ich dachte magenta wäre eine gute Wahl, aber wenn ich nun auch schon meine Schüler verschrecke, sollte ich mir meine Kleiderfrage erneut stellen."
"W-wie ist das nur möglich?", fragte Neville.
"Kommen Sie doch bitte in mein Büro. Dieses Gespräch scheint keines zu sein, das man auf einem der Korridore führen sollte."
Dumbledore machte auf dem Absatz kehrt und setzte die Füße wieder auf die Treppe, worauf sie sich in Bewegung setzte. Mit den Ballen auf und ab wippend und fröhlich vor sich her summend, verschwand er mit den Stufen in die Höhe.
Harry, nicht im Stande so richtig zu verstehen, was hier gerade los war, stieg ihm hinterher und so taten es auch seine Freunde.
**
Das Büro sah genauso aus, wie in dem Moment, als sie es vor wenigen Minuten erst in großer Eile verlassen hatten, nachdem sich der Nebel des Denkariums gelichtet hatte. Es war so offensichtlich nicht das von McGonagall gewesen, und doch... natürlich sah es genauso aus, wie noch zu Dumbledores Zeiten, selbst Fawkes saß wieder auf seinem Platz, den Schnabel unter dem roten Gefieder verborgen.
Wie in Trance folgten die vier Schüler ihrem ehemaligen Schulleiter und ließen sich auf magisch erzeugte Stühle vor dem Schreibtisch nieder, nur Harry blieb an Fawkes Seite stehen, sah den Phönix aus großen Augen an, als könne er nicht glauben, ihn wiederzusehen - seinen alten Freund.
Zaghaft streckte er die Finger aus, um ihm über das flammendfarbene Gefieder zu fahren und murmelte: "Hallo Fawkes, lang nicht gesehen..."
Harry war sich nun eindeutig sicher, dass er entweder den Verstand verloren hatte oder sich wirklich in einem Fiebertraum befand, in einem Traum, in dem alle Menschen, die er glaubte verloren zu haben und tatsächlich verloren hatte, noch am Leben waren, glücklich und frei.
"Sie vier gehören also nicht hier her." Dumbledore sprach die Worte trocken aus, nicht wie eine Frage - mehr wie eine einfache Tatsache, über die er sich schon immer im Klaren gewesen wäre und nun bereit, sie auszusprechen.
"Wie bitte?", fragte Hermine nervös.
Sie schien als einzige so wirklich zu begreifen, was um sie herum geschehen war und in was für einem Schonmal sie sich befanden.
"Nun Miss-"
"Gr-...ey, Grey, Agnes Grey."
Dumbledore wusste, dass sie ihm nicht die Wahrheit sagte, doch er überging ihre Worte, als wäre er mit all dem schon vertraut.
"Ahja sicher, Miss Graham - nun, ich meine zu wissen, welche Schüler meine Schule besuchen und sie vier gehören nicht dazu. Wie sind also ihre Namen, wo kommen sie her und wie sind sie in dieses Schloss gedrungen?"
Kleinlaut und etwas zurückhaltend, deutete Hermine auf Neville und Ron und sagte: "Das sind Nigel Nicolson und Ronald-Ronald Welch." Sie drehte sich um, um Harry mit einem weiteren neuen Namen auszustatten, da winkte Dumbledore auch schon ab und besah sich Harry, der noch immer über das rote Gefieder des Phönix fuhr, völlig neben sich und sich an die einzige Konstante klammernd, die er finden konnte.
"Und das ist Mr. Potter", sagte Dumbledore ohne mit der Wimper zu zucken.
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