005. Das Festessen

Die rote Dampflok stieg in die Eisen, ehe sie im Bahnhof von Hogsmead sanft zum Stehen kam. Vor den Fenstern herrschte schon eine regnerische Nacht. Ungemütlich und kalt. Keiner von ihnen wollte sich aus dem warmen Abteil begeben, aber schlussendlich blieb ihnen ja doch keine Wahl.

"Beeilen wir uns, bevor die Kutschen weg sind", sagte Ron dringlich.

Er wollte genauso wenig wie Hermine, Harry und seine Schwester den ganzen Weg hoch zum Schloss laufen. Der Regen war schon Plage genug, da mussten sie sich nicht auch noch körperlich betätigen.
Sie drängten sich mit den anderen Schülern aus dem Zug und rannten zu den Kutschen.

Die vier hatten sich zusammen mit Luna Lovegood und Neville Longbottom eine der Kutschen geteilt. Als das Schloss hinter den Baumkronen auftauchte, überfiel sie wieder dieses schwere Gefühl, dass sie schon die ganze Zeit verfolgte. Hogwarts war nicht mehr dieser heimelige Ort, an dem sie sicher waren und sich geborgen fühlten. Das war vorbei.

"Vorsicht!", warnte Luna.

Sie alle drehten sich mit gezückten Zauberstäben um die eigene Achse, doch nichts...

"Was-?", fragte Ron, doch das verträumte Mädchen schüttelte bloß mit einem seichten Lächeln den Kopf.

"Hier sind überall Schlickschlupfe. Passt bloß auf eure Ohren und Gedanken auf."

Hermine schnaubte, Ginny jedoch lachte vergnügt auf und ergriff Harrys Hand.

"Ich beschütze dich vor den bösen Schlickschlupfen."

Harry versuchte sich ebenfalls an einem Lächeln. Er strich mit seinem Daumen über ihren Handrücken und schloss die Augen, ihren wohltuenden Duft einatmend.

"Ja bitte, Gin, ich hab fürchterliche Angst."

Der schwarzhaarige Zauberer grinste.
Und für einen kurzen Augenblick kehrte das unbeschwerte Gefühl zurück und hüllte sie alle in eine rosarote Blase...
Doch auch die musste früher oder später wieder platzen.

**

Sie kamen pitschnass in der großen Halle an, nur um von Peeves begrüßt zu werden, der sich mal wieder einen Spaß daraus machte, die jüngeren Schüler mit Wasserbomben zu bewerfen.

"Für die Tunichtgute!", krächzte er und beschoss gleich zwei Drittklässler auf einmal.

Die sechs eilten schnell in die große Halle, bevor Peeves sich noch umentschied, um doch noch nach ihnen zu werfen. Darauf konnten sie alle gut verzichten, obwohl... nass waren sie ohnehin schon.

Als sie alle in der Halle ankamen blickten sie sich verwirrt und gleichzeitig amüsiert um. Die vier Haustische schienen sich aufgelöst zu haben, jedenfalls saß kaum einer an seinem "richtigen" Tisch. Die Ravenclaws saßen zum Teil bei den Gryffindors und umgekehrt, einige Hufflepuffs hatten zwischen den wenigen Slytherins Platz genommen und mitten unter ihnen saß sogar Dean Thomas, ein Gryffindor aus Harrys Jahrgang. Statt der üblichen Tischregeln, saßen die Schüler nun bei ihren Freunden, plauderten fröhlich und warteten auf die Erstklässlerzeremonie, damit das Festessen beginnen konnte.
Den Freunden gegenüber am anderen Ende stand vertikal der Lehrertisch, in der Mitte Professor McGonagall, die neue Schulleiterin von Hogwarts und ihre ehemalige Hauslehrerin, von Luna abgesehen.

"Wow", sagte Hermine erstaunt.

"Müssen wir jetzt etwa zwischen Slytherins sitzen?", fragte Ron etwas pikiert, doch da hatte Hermine ihm schon den Ellenbogen in die Rippen gerammt, woraufhin er sich keuchend an die Seite fasste und Ginny beinahe vor Lachen zusammen klappte.

"Ronald, es ist doch schön so, wie es ist. Wir sind eine Schülerschaft und wir halten zusammen."

Wie aufs Stichwort kam hinter ihnen eine kleine Gruppe Slytherins in die große Halle, die genauso überrascht über das neue Konzept zu sein schienen wie sie, allen voran Draco Malfoy, der jedem ihrer Blicke auswich.

"Sag das dem da", grummelte Ron und erntete dafür einen genervten Blick seitens seiner Freundin und Schwester.

Harry hielt sich bewusst daraus, das hatte doch alles keinen Zweck. Er war Draco seit der Gerichtsverhandlung nicht mehr begegnet und gesprochen hatten sie damals auch nicht wirklich. Auch wenn Harry sich für den Slytherin und seine Mutter eingesetzt hatte, so war er es auch gewesen, der gegen Lucius Malfoy ausgesagt hatte. Ob die beiden nun gut aufeinander zu sprechen waren, stand demnach in den Sternen.

"Setzen wir uns einfach hin", schlug Ginny vor und schnappte sich Harrys Hand, um ihn allen voran mit ihr zu ziehen.

Trotz der neuen Aufteilung ließen sie sich an den Gryffindortisch fallen.
Lange mussten sie nicht warten, ehe die Erstklässler von dem kleinen Professor Flitwick in die Halle geführt wurden. Der Dreibeiner und der sprechende Hut standen schon bereit. Die Einteilung verlief kurz und reibungslos, nicht viele neue Schüler waren dieses Jahr dazugekommen. Vier Hufflepuffs, zwei Slytherins, eine Ravenclaw und zwei Gryffindors. Ob das an den Folgen des Krieges lag?

"Willkommen zu einem neuen Jahr in Hogwarts", begann McGonagall ihre Rede, "Dieses Jahr werden einige Umstrukturierungen vorgenommen, sowie der Aufbau einiger letzter Türme, die den jüngsten Ereignissen zum Opfer gefallen sind. Viele von Ihnen haben mir schon fest zugesichert, tatkräftig am Wiederaufbau des Schlosses zu helfen, wofür ich Ihnen unendlich dankbar bin. Zudem ist Ihnen sicherlich die neue Tischordnung aufgefallen, die auch in den nächsten Jahren so beibehalten wird. Nur zur jährlichen Hauspokalverleihung und dem Abschiedsfest bitte ich Sie, die alte Sitzordnung einzuhalten. Nach dem letzten Jahr bin ich froh darüber, sie alle wiederzusehen und nun wünsche ich Ihnen einen guten Appetit!"

Sie klatschte zweimal in die Hände und auf den Tischen erschien wie ihn all den Jahren zuvor das köstliche Festessen, das die Hauselfen von Hogwarts mit so viel Liebe zubereitet hatten.

Auf Dobby, dachte Harry und hob seinen Becher Kürbissaft an die Lippen.

**

Nach dem scheinbar alle dem Platzen nahe waren, erhob sich die Schulleiterin ein weiteres Mal und erinnerte sie alle an die Regeln, den verbotenen Wald, Spaziergänge bei Nacht und die Liste verbotener Gegenstände aus Filchs Büro.

"Nun wünsche ich Ihnen allen eine gute Nacht! Die Vertrauensschüler bringen sie in die Schlafsäle."

Neville verabschiedete sich von Luna mit einem leichten Kuss und folgte dann seinen Freunden Richtung Gryffindorturm, doch weit kamen sie nicht...

"Messrs Potter, Weasley, Longbottom und Miss Granger!", ertönte die Stimme von keiner geringeren als der Schulleiterin höchst selbst.

"Professor McGonagall." Harry nickte ihr mit einem Lächeln zu und schien auf ihre Anweisungen zu warten.

"Trommeln Sie doch bitte die Schüler zusammen, die letztes Jahr ihr siebtes Schuljahr absolviert hätten und treffen mich dann morgen früh vor der ersten Stunde in meinem Büro. Um die anderen Häuser kümmern sich deren Hauslehrer, ihr neuer Hauslehrer wird ebenfalls morgen anreisen und meine Stelle in Verwandlung übernehmen. Mehr erfahren Sie alle beim Frühstück."

"Alles klar, Professor", sagte Hermine.

Sie wollten sich schon zurück auf den Weg in ihren Schlafsaal machen, doch Harry verharrte in seiner Bewegung, ebenso McGonagall.

"Es ist schön, Sie alle wiederzusehen."

Das Lächeln auf den Lippen ihrer alten Hauslehrerin war ehrlich, so dass in ihnen ein wärmendes Gefühl aufstieg, das ihnen allen ebenfalls ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

"Sie auch, Professor", gaben Harry, Ron und Hermine unisono von sich, ehe sich alle doch auf den Weg in den Gemeinschaftsraum machten.

Sie stiegen die Treppen hinauf, versuchten auf keine der Trickstufen zu treten und schwiegen. Keiner von ihnen hatte das besondere Bedürfnis, diese angenehme Ruhe zu durchbrechen.
Doch ihren Gedanken nachzuhängen, konnte gefährlich sein, denn jede stumme Sekunde, verleitete sie daran zu denken, was noch vor wenigen Monaten genau an jenem Ort geschehen war, den sie nun wieder besuchten. Ob es wirklich eine kluge Idee gewesen war, zurückzukehren?

Neville war dann doch der erste, der wieder das Wort ergriff: "Sagt mal, weiß einer von euch das Passwort?"

Er blickte zwischen seinen Freunden hin und her, die leicht verwirrt dreinsahen, ehe sie alle in schallendes Gelächter ausbrachen.

"Hoffentlich bemerkt jemand unser Fehlen", prustete Ginny.

Mit guter Laune stiegen sie die letzten Meter hinauf, darauf hoffend, die fette Dame würde sie noch einlassen... ein Vertrauensschüler würde ihren Weg kreuzen.

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Es war mal wieder nötig für ein weiteres Kapitel :) ich weiß, es ist viel zu lange her! Tut mir echt leid!

Mich würds mal interessieren, wie ihr die Story bisher so findet und was ich noch ändern könnte!
Lg <33

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