- 5 -

Wir packten unsere Sachen und suchten nach der Höhle der Trolle. Als wir sie gefunden hatten, blieben ein paar der Zwerge draußen, andere, darunter Thorin, folgten Gandalf hinein. So auch ich.

Ich verzog das Gesicht. "Hier riecht's ja schlimmer, als alle Zwerge zusammen", murmelte ich, sodass nur Gandalf neben mir, der leicht schmunzeln musste, es hörte. Einer der Zwerge rief: "Was ist das für ein Gestank?!"

"Das ist ein Trollhort", betonte Gandalf. "Passt auf, was ihr anfasst."

Die Zwerge hinter mir husteten und auch ich hielt mir angewidert die Nase zu. Unten angekommen interessierten die meisten sich für das Gold, Thorin und ich wandten uns den von Spinnweben bedeckten Waffen zu. Während er sich ein Schwert ansah, wischte ich den Dreck von einem Dolch mit schwarzem Ledergriff, an dessen Ende eine Rose eingraviert war. In ihrer Mitte prangte ein kleiner runder Rubin. Ich steckte den Dolch an meinen Gürtel und sah mich weiter um, bis mein Blick an einem Bogen hängenblieb. Er war wunderschön und mit alten Runen verziert, die dazugehörigen Pfeile hatten braunweiße Federn am Ende.

Als Gandalf erklärte, dass der Bogen und die Schwerter von Elben gemacht worden waren, wollte Thorin sie schon wieder weglegen. "Du wirst kaum ein besseres Schwert finden, Thorin", wandte ich ein.

"Sie hat recht", nickte Gandalf. Daraufhin steckte Thorin eines der Schwerter an seinen Gürtel, auch nahm eines. Ich legte mir den Bogen und Köcher um und verließ mit den anderen die Höhle.

"Was hast du da?" Kili, der ebenfalls gut mit Pfeil und Bogen umgehen konnte, besah interessiert meine neue Waffe.

"Einen Bogen, Kili", sagte ich, als wäre er ein Kleinkind, das so etwas noch nie gesehen hatte. Er öffnete den Mund, um zu einer Antwort anzusetzen, da rief jemand: "Da kommt etwas!"

Alarmiert zogen alle ihre Waffen und Gandalf rief, wir sollten zusammen bleiben. Fili und Kili traten augenblicklich an meine Seite. "Keine Sorge, Tia, wir beschützen dich!"

"Wenn du Angst hast", fügte Kili grinsend hinzu, "kannst du gern meine Hand halten."

Daraufhin zog ich ihm mit meinem Bogen die Füße weg und er wäre auf den Rücken gefallen, hätte Fili ihn nicht aufgefangen. "Danke, Jungs, aber ich komme klar", grinste ich, legte einen Pfeil an und spähte in den Wald, von wo etwas auf uns zukam.

Erleichtert steckte ich meinen Bogen wieder weg als ich sah, dass es bloß Radagast war, der aus dem Gebüsch sprang. "Radagast!", grüßte Gandalf ihn und auch ich ging auf den Braunen Zauberer zu.

"Gandalf - und Tia! Dich habe ich ja schon ewig nicht mehr gesehen", keuchte er. Er schien erschrocken von dem, was auch immer er gesehen hatte. "Ich habe dich gesucht, Gandalf. Irgendwas stimmt nicht, irgendwas stimmt ganz und gar nicht!", sprach er und bestätigte meinen Gedanken somit. "Lasst mich nur kurz überlegen..." Frustriert stöhnte er auf. "Eben hatte ich einen Gedanken, und jetzt ist er mir entfallen! Es lag mir auf der Zunge!" Er öffnete den Mund und zum Vorschein kam ein Insekt. "Oh, es war überhaupt kein Gedanke - es war eine Stabschrecke!"

"Radagast." Ungeduldig trat ich vor und sah ihn ernst an. "Was ist los?"

"Der Grünwald ist krank, meine Liebe!" Radagast und Gandalf gingen ein Stück von den Zwergen fort, um sich ungestört zu unterhalten. Derweil lehnte ich mich an einen Baum und dachte nach. Was war wohl los mit dem Grünwald?

"Hey, Tia." Kili erschien vor mir. "Nur, damit es da kein Missverständnis gibt... Das da eben - du hast mich einfach überrascht, das war alles."

Ich musste grinsen. "Keine Sorge, Kili, ich werde nicht an die große Glocke hängen, dass ich dich im Schlaf besiegen könnte." Tröstend klopfte ich ihm leicht auf die Wange und wollte schon weitergehen, da hielt er mich zurück. "Ich glaube ja, in einem Kampf würde ich gewinnen!"

Natürlich konnte ich so eine Behauptung nicht einfach auf mir sitzen lassen, darum erwiderte ich leicht abfällig: "Bitte, wenn du meinst. Sobald sich die Gelegenheit ergibt, sollten wir das testen."

"Wie wäre es mit jetzt gleich?", grinste der Zwerg.

Bevor ich etwas erwidern konnte, heulte plötzlich ein Tier laut auf.

"War das ein Wolf?", fragte Bilbo ängstlich. "Gibt es Wölfe hier draußen?"

"Wölfe? Nein, das ist kein Wolf", antwortete Bofur und spähte wachsam ins Dickicht des Waldes.

Ich hörte ein leises Knurren und fuhr herum. "Achtung!", rief ich, da sprang ein großer Warg bereits den Abhang hinunter und versuchte, uns zu Boden zu reißen. Ein weiterer folgte, welchen Kili jedoch sofort mit einem Pfeil abschoss.

Als beide Warge tot waren, sagte Thorin: "Wargspäher! Dann kann die Orkmeute auch nicht mehr weit sein."

"Wem außer deiner Sippe hast du von deinem Vorhaben erzählt?", fragte ich eindringlich.

"Niemandem", behauptete Thorin.

Gandalf, der ihm nicht zu glauben schien, rief: "Wer weiß davon?"

"Niemand, ich schwöre es! Was in Durins Namen geht hier vor sich?"

"Man macht Jagd auf euch", antwortete der Graue Zauberer.

Wir wollten weg so schnell es ging, doch die Ponys waren ohne uns durchgegangen. Radagast schlug vor, die Orks mit seinen... Rosenkohl-was-auch-immer-Kaninchen abzulenken. Uns blieb nichts anderes übrig.

Während Radagast die Orks und ihre Warge mit seinen Kaninchen von uns wegführte, wies Gandalf uns den Weg über eine offene Wiese. Wir hatten, bis auf ein paar wenige kleine Felsen, keine Möglichkeit, uns zu verstecken. Es wurde oft recht knapp und wir wurden beinahe entdeckt.

"Wohin führst du uns?", wollte Thorin von Gandalf wissen. Dieser sah kurz von dem Zwerg zu mir, worauf ich kaum merklich den Kopf schüttelte. Wenn die Zwerge wüssten, dass Gandalf vorhatte, uns zu Meister Elrond zu bringen, würden sie nicht mehr mitkommen. Darum liefen wir einfach weiter.

Ein Warg hatte uns gewittert. Wir versteckten uns hinter einem Fels, auf den er sprang, und Thorin nickte Kili und mir kurz zu. Wir sahen einander an, dann sprangen wir vor und schossen je einen Pfeil auf den Warg und einen auf den Ork. Leider tötete es sie nicht, sondern brachte sie bloß zu Fall, weshalb die Zwerge nun mit Äxten und Schwertern auf die beiden einschlugen. Das lockte die anderen Orks an und wir mussten weiterrennen.

Wenn ich ehrlich sein soll, hatte ich Angst. Diese Viecher hatten uns umzingelt, und als Kili rief: "Da kommen noch mehr!", dachte ich, mein Herz würde mir gleich aus der Brust springen.

Das komische dabei war... Ich hatte dabei weniger Angst um mich als darum, dass die Warge einen der Zwerge oder Bilbo, oder, am aller schlimmsten, Gandalf erwischen konnten!

"Kili, Tia, erschießt sie!", brüllte Thorin, was Kili und ich auch sofort taten. Wir stellten uns Rücken an Rücken und schossen so viele Warge ab, wie wir konnten. Ich sah dabei nicht, was Kili machte, war aber zufrieden, als keiner meiner Pfeile sein Ziel verfehlte.

"Wo ist Gandalf?", riefen die Zwerge da.

"Er hat uns im Stich gelassen", behauptete Dwalin.

"Das würde er nicht tun!", verteidigte ich ihn.

"Ach ja?" Dwalin stellte sich mir gegenüber und sah mir in die Augen. "Und wo ist er dann?"

"Haltet Stand!", rief Thorin hinter mir. Ich öffnete den Mund, um Dwalin zu antworten, da ertönte Gandalfs Stimme: "Hierher, ihr Narren!" Und im nächsten Moment verschwand er in einem Loch im Boden zwischen zwei Felsen. Ich warf Dwalin einen kurzen Blick zu, wie um zu sagen: "Siehst du?"

"Beeilt euch!", rief Thorin und wartete, bis alle Zwerge Gandalf gefolgt waren. Ich rannte ebenfalls auf das Loch zu, als ich jedoch einen Blick über die Schulter warf, sah ich, dass Kili immer noch Pfeile auf die Warge schoss. Ich blieb stehen. "Kili!", rief ich, worauf er zu mir nach hinten sah. "Beweg dich, du Narr!" Für eine Sekunde zögerte er, rannte dann aber auf mich zu, nahm meine Hand und zog mich mit sich unter die Erde, wo ich auf den staubigen Boden fiel.

Fili hielt mir seine Hand hin, welche ich dankend ergriff. Er half mir auf und wir alle wandten uns dem Eingang zu, welchen die restlichen Warge inzwischen erreicht hatten. Da ertönte ein Horn und Kampfgeräusche, und kurz darauf rollte ein toter Ork zu uns nach unten.

Thorin riss einen Pfeil aus seinem Kopf. "Elben", spuckte er uns entgegen.

"Ich kann nicht sehen, wo der Pfad hinführt!" Dwalin war bereits weiter nach hinten gegangen. "Folgen wir ihm oder nicht?"

"Wir folgen ihm natürlich!", rief Bofur und lief los, die anderen gingen ihm nach. Ich wechselte einen Blick mit Fili, welcher bloß ermutigend nickte, und nebeneinander gingen wir ebenfalls den Pfad entlang. Nicht nur Gandalf und Bilbo, auch ich konnte die Magie an diesem Ort spüren.

Als wir die Höhle verließen, tat sich vor uns Bruchtal auf. Ein wunderschöner Ort, aus dem mehrere Wasserfälle entsprangen. Natürlich wollte Thorin nicht zu den Elben, aber Gandalf konnte ihn überreden, denn immerhin konnten die Elben viele unserer Fragen beantworten.

"Wenn wir Erfolg haben wollen", sprach Gandalf, "müssen wir mit Taktgefühl vorgehen. Und Respekt. Und einem großen Maß an Charm. Und darum wirst du das Reden mir überlassen."

Also stiegen wir ins Tal hinab, Gandalf an der Spitze. Ein Elb mit dunklem Haar kam eine Treppe hinunter - Lindir. Ich mochte ihn nicht besonders, blieb ihm gegenüber aber stets höflich. Er nickte mir kurz zu, was ich erwiderte, und wandte sich dann an Gandalf. Er sprach auf Elbisch, was die Zwerge und Bilbo nicht verstanden - ich allerdings schon. Gandalf hatte es mir beigebracht. "Wir hörten, dass ihr ins Tal gekommen seid."

"Ich muss mit Herrn Elrond sprechen", erklärte Gandalf.

"Mein Herr Elrond ist nicht hier."

"Nicht hier?", widerholte Gandalf. "Wo ist er?"

Ein Horn ertönte. Wir drehten uns um und sahen die Elben, einschließlich Herr Elrond, auf uns zureiten. "Schließt die Reihen!", befahlt Thorin. Erst da merkte ich, dass die Zwerge bereits ihre Waffen gezogen hatten und sich nun zusammendrängten. Bilbo nahmen sie in die Mitte.

Ich blieb ruhig neben Gandalf stehen und beobachtete das Ganze amüsiert.

"Gandalf!" Elrond blieb mit seinem Pferd vor ihm stehen.

"Herr Elrond!" Gandalf trat ihm entgegen, ich folgte. "Herr Elrond." Respektvoll neigte ich den Kopf. Der Elb vor mir lächelte. "Tiaret! Es ist eine Freude, dich zu sehen."

"Ich danke Euch. Es ist schön, wieder einmal hier zu sein", sagte ich auf Elbisch, worauf die meisten Zwerge mich erstaunt ansahen.

"Mellon." Gandalf ergriff das Wort und Elrond erklärte, sie hätten Orks gejagt. "Ungewöhnlich für Orks, unserer Grenze so nahe zu kommen", sagte er dann, sodass alle es verstehen konnten. "Irgendetwas oder irgendjemand hat sie wohl angelockt."

"Das könnten wir gewesen sein", gab Gandalf zu und deutete mit einer umfassenden Handbewegung auf die Zwerge und Bilbo.

"Willkommen, Thorin, Sohn des Thrain." Elrond ging auf ihn zu.

"Ich glaube nicht, dass wir uns kennen." Thorin kniff die Augen zusammen. Er war misstrauisch und vorsichtig, was ich nachvollziehen konnte, allerdings war ich sicher, Elrond würde uns helfen und Thorins Sorge wäre nicht von Nöten.

"Du hast deines Großvaters Erscheinung. Ich kannte Thror, als er König unter dem Berge war", erzählte Elrond, ohne die feindselige Haltung des Zwerges zu beachten.

"Ach ja?", knurrte dieser. "Von Euch hat er nie gesprochen."

"Thorin!", zischte ich, worauf sein Blick kurz zu mir huschte.

Elrond sprach auf Elbisch zu mir: "Ist schon in Ordnung, Tiaret." Er lud uns in derselben Sprache zum Essen ein, was die Zwerge jedoch falsch deuteten. "Was hat er gesagt?" Gloin trat vor, seine Axt in der Hand. "War das etwa eine Beleidigung?!"

"Nein, Meister Gloin", antwortete Gandalf. "Nur eine Einladung zum Essen."

Daraufhin waren die Zwerge gewillter, zuzuhören, und folgten Elrond ins Innere des Hauses.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top