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Widmung: @Eisstachel

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Nach einer Weile des Umherirrens stießen wir auf Dwalin und Bilbo. "Habt ihr Thorin gesehen?", fragte ich, keuchend von der ganzen Rennerei. Synchron schüttelten sie die Köpfe.

"Wir sollten uns aufteilen", fand Dwalin.

"Ich halte das für keine gute Idee", wandte Bilbo ein und ich nickte zustimmend. "Ich auch nicht."

Kili unterbrach uns und zeigte gen Himmel. "Seht nur - die Adler!"

Mehrere Riesenadler flogen über den Platz hinweg, und sie waren nicht allein: Auf ihren Rücken saßen Radagast und Beorn. Der Hautwechsler ließ sich fallen und verwandelte sich dabei in seine Bärengestalt. Brüllend schlug er einige Orks nieder, die Adler stürzten sich ebenfalls auf unsere Gegner.

"Gut, okay, teilen wir uns auf", sagte ich, konzentrierte mich wieder auf Thorin. Die Jungs hielten die Orks offenbar vorerst in Schach. "Ich gehe zum See."

"Ich komme mit dir", sagte Bilbo sofort. Kili zögerte, offensichtlich wäre er gern mit mir gegangen. Ich lächelte ihm kurz zu, um ihn zu beruhigen, und er erwiderte es, bevor er Dwalin, der bereits vorausgegangen war, nachlief, in die entgegengesetzte Richtung.

Ich wandte mich ebenfalls zum Gehen, hielt dann aber inne und rannte zurück. "Kili!", rief ich. "Kili!"

Als er mich hörte, drehte er sich irritiert zu mir um. Vor ihm hielt ich an, packte seinen Kragen und zog ihn an mich, presste meine Lippen auf seine. Zunächst war er überrumpelt, erwiderte den Kuss dann aber mit einem leichten Lächeln.

Viel zu früh musste ich von ihm ablassen, zum Einen wegen Thorin, zum Anderen, weil ich keine Luft mehr bekam.
"Wir sehen uns später wieder, verstanden?", knurrte ich, versuchte, meine Sorge um Kili zu verstecken. Dieser nahm meine Hände in seine und drückte sie leicht. "Versprochen..."

Ich erinnerte mich daran, wie Kili mich gebeten hatte, ihn nicht zu verlassen, und ich geantwortet hatte, ich würde nirgendwo lieber sein als bei ihm. Es stimmte, denn ich liebte ihn. Ich liebe ihn... Und weil ich jetzt gerade die Chance hatte - wer weiß, wann und ob ich es überhaupt jemals wieder zu ihm sagen konnte - sprach ich es auch aus, ehe ich weiter darüber nachdenken konnte.

"Ich liebe dich, Kili."

Erstaunt öffnete er die Augen, da rief Dwalin nach ihm. "Komm endlich!" Entschuldigend sah Kili mich an, drückte meine Hand ein letztes Mal. Dann ließ er mich los und rannte dem älteren Zwerg hinterher, ich ging zu Bilbo. Dieser grinste. "Was ist?", fragte ich, hob eine Braue.

"Gar nichts." Er grinste immer noch.

"Bilbo-"

"Du hast keine Ahnung, wie lange wir anderen darauf gewartet haben, dass das endlich passiert."

Ich stutzte bei seinen Worten, lachte dann aber. Unsere Freunde hatten es die ganze Zeit gewusst. Was wir für einander empfanden, meine ich. Jeder hatte es gesehen, außer uns. Wir waren blind für die Gefühle des anderen, ich auch für meine eigenen. Doch jetzt war ich mir sicher: Was ich für Kili empfand, war echt. Und es war das Stärkste, was ich je gefühlt hatte. Es war nicht nur ein Gefühl, es war so viel in einem, ich konnte es gar nicht richtig beschreiben.

Wir erreichten den See nach kurzer Zeit, sahen von einem Hügel auf ihn hinunter. Er war nach wie vor zugefroren, allerdings war das Eis an einigen Stellen gebrochen. Das war wohl während eines Kampfes passiert. Meine Vermutung bestätigte sich, als ich Thorin, blutend und mit seinem Schwert in der Hand, auf dem See stehen sah. Erleichtert wollte ich zu ihm gehen, da schrie er plötzlich auf. Etwas hatte sich in seinen Fuß gebohrt. Das Eis unter Thorin brach und Azog sprang heraus. Er stürzte sich auf den nun am Boden liegenden Zwerg und ließ seine Prothese auf ihn niedersausen. Schrill schrie ich kurz erschrocken auf, Bilbo neben mir keuchte und spannte sich an. Glücklicherweise konnte Thorin mit seinem Schwert Azogs Angriff abfangen, aber eines war klar: Lange würde er das nicht aushalten.

"Komm!" Ich rannte los, ohne darauf zu achten, ob Bilbo mir folgte. Mithalten können hätte er so oder so nicht, da ich mich beim Laufen in die Löwin verwandelte und so um einiges schneller war. Das musste ich auch sein, denn zwischen Thorin und mir lag noch ein ganzes Stück und wenn ich nicht rechtzeitig ankam, würde Thorin sterben.

Das durfte ich auf keinen Fall zulassen.

Ich rief nach ihm, was sich für alle anderen natürlich nur wie ein Brüllen anhörte. Azog sah verwundert zu mir, das nutzte Thorin, um seine Prothese zur Seite zu schlagen und sich unter ihm wegzurollen. Azog schrie erbost auf, holte erneut aus. Bevor er Thorin wieder angreifen konnte, sprang ich den bleichen Ork mit einem lauten Brüllen an, verbiss mich in seiner Schulter. Azog sagte etwas auf schwarzer Sprache und schlug nach mir, traf mich aber nicht. Er taumelte und da ich auf ihm hing, verlor er das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Wir rollten über das Eis bis an den Rand des Sees, wo er eigentlich in einen Wasserfall münden würde.

Dort schaffte es Azog, der nun über mir lag, mich von sich zu stoßen und unter sich festzunageln. Mit vor Wut verzerrtem Gesicht wollte er seine Prothese in meine Brust rammen. Ich holte aus und fuhr ihm meine Krallen übers Gesicht, hinterließ blutende Kratzer quer über seiner bereits vernarbten Wange. Der Ork zischte, da wurde sein Gewicht plötzlich von mir heruntergezogen. Thorin hatte ihn gepackt und zerrte ihn von mir und somit auch von dem Wasserfall fort. "Lauf, Tia!", rief er, doch ich dachte nicht daran.

Azog schlug immer wieder auf Thorin ein, dieser wehrte jeden Angriff ab. Bei dem Versuch, einem weiteren Schlag auszuweichen, rutschte Thorin auf dem Eis aus. Dadurch traf Azogs Prothese seine Schulter.

Thorin schrie.

Nein! Ich rappelte mich auf und stürzte mich erneut auf Azog. Mein Plan war, ihn den Wasserfall hinunterzustürzen. Ich schaffte es auch, ihn immer weiter dorthin zu drängen, indem ich ihn knurrend und fauchend mit meinen Krallen bearbeitete. Allerdings durchschaute der Ork mich und verpasste mir einen kräftigen Tritt, wodurch ich nach hinten umfiel. Sofort wollte ich wieder aufspringen, doch Azog stand bereits über mir. Ehe ich's mir versah, steckte seine Klinge in meinem Bauch. Ich brüllte auf und krümmte mich zusammen.

"NEIN!" Thorins Schrei drang leise an meine Ohren, als wäre er weit entfernt. Meine Sicht wurde trüb und ich schnappte nach Luft, als der Schmerz sich immer schneller in meinem Körper ausbreitete. Nur am Rande bekam ich mit, wie ich mich ungewollt zurück in einen Menschen verwandelte. Unter Schmerzen stöhnte ich gequält, da Azog triumphierend seine Klinge in meinem Bauch drehte, bevor er sie aus dem Fleisch zog; zum Schreien fehlte mir die Kraft.

Nochmals hörte ich Thorins Stimme: "Tia!"

Nein, Moment... Das war nicht Thorin. Diese Stimme war noch weiter entfernt. Sie gehörte... Kili.

Bilbo hatte ihn und Dwalin wohl zur Hilfe geholt. Die drei rannten auf den See zu, Entsetzen, Angst, Sorge und Wut trieben sie vorwärts.

Erneut holte Azog zum Schlag aus, um mich ein für alle Mal zu töten. Kili schrie auf, ich schloss die Augen.

Keiner von uns hatte die Rechnung mit Thorin gemacht. Dieser war hinter Azog aufgetaucht und hatte dem Ork sein Schwert durch die Brust gestoßen, so weit, dass es auf der anderen Seite wieder herauskam. Das sah ich allerdings nicht mehr, denn ich lag bewusstlos vor den beiden auf dem Eis. Ich sah auch nicht, wie Azogs Augen flackerten, als er sein Leben aushauchte und zu Boden fiel. Wie Kili sich mit Tränen in den Augen neben mich warf. Wie Tauriel und Legolas zu den Zwergen rannten und betreten stehenblieben, als sie mich entdeckten. Wie Bilbo, Dwalin und Thorin mit vor Schreck und Kummer geweiteten Augen um uns herumstanden und still beobachteten, wie Kili mich in seine Arme nahm, an sich drückte und weinte. Wie er schluchzte und sein Körper immer wieder bebte, während er kontinuierlich: "Nein... Nein, nein, nein!", nuschelte.

Ich hörte nicht, wie er seinen Schmerz gen Himmel schrie.

Denn um mich herum war alles schwarz. Es war leer. Und es war kalt.

Und es war totenstill.

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