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"Hat er einen Handel vorgeschlagen?", wollte Balin wissen, sobald Thorin von seinem Gespräch mit Thranduil zurückgekommen und in seine Zelle gesperrt worden war.
"Ja. Ich habe ihm gesagt..." Er begann, etwas auf der Sprache der Zwerge zu fluchen, was dazu führte, dass Balin hoffnungslos die Augen schloss. Ich konnte mir nur denken, was es bedeutete.
"Tja, das war's dann wohl..." Balin wandte sich ab. "Ein Handel war unsere einzige Hoffnung."
"Nicht unsere einzige Hoffnung", sprach Thorin meine Gedanken aus. Bilbo. Wir beide setzten unsere Hoffnung in den Halbling, der noch immer nicht zurückgekehrt war.
Auch am Abend, als einige der Zwerge bereits schliefen, war noch nichts von Bilbo zu sehen. Fili lag mit geschlossenen Augen neben mir und atmete regelmäßig, dabei konnte ich nicht einmal an Schlaf denken. Wieso wusste ich auch nicht genau... Bis ich Tauriels Stimme vernahm. Sie war vor Kilis Zelle stehengeblieben.
"Der Stein in Eurer Hand... Was ist das?"
Der Stein seiner Mutter...
Ich biss mir auf die Wange, als Kili ihr bereitwillig erzählte, was er zu bedeuten hatte. Sie unterhielten sich noch eine Weile, es fiel mir schwer, ihre Stimmen auszublenden, ganz gleich, wie sehr ich es auch versuchte. Als ich mich auf die Seite drehte, erschrak ich beinahe zu Tode, da Filis Augen plötzlich offen waren. Er lächelte mir traurig zu als er merkte, wie sehr mich Tauriels Anwesenheit störte. Ich schluckte den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte, runter. Nie würde ich zugeben, dass ich eifersüchtig war auf- Nein. Dafür war ich zu stolz.
Aber Fili, der es sich denken konnte, legte einen Arm um mich und zog mich tröstend an sich. Ich ließ es zu. Beruhigt legte ich meinen Kopf auf seinem Oberkörper ab und schloss die Augen. Kurz darauf schliefen wir beide tief und fest.
-
Zu meinem Leidwesen wachten wir sehr bald wieder auf. Mir war langweilig, die Zeit schien hier unten nur langsam zu vergehen. Liegt wahrscheinlich daran, dass wir eingesperrt sind... Abgesehen von Schlafen gab es für uns nichts zu tun.
"Ich wette, die Sonne geht bald auf", sprach Bofur. "Der Tag bricht sicher gleich an."
"Wir werden den Berg niemals erreichen, oder?"
Bei Oris Worten sah Fili auf, als wolle er ihm widersprechen, doch er tat es nicht. Wir waren alle kurz davor, die Hoffnung aufzugeben... Bis Bilbo vor unseren Zellen erschien. "Solange ihr hier drin sitzt, sicher nicht." Er hielt etwas hoch - es waren die Schlüssel der Wache.
"Bilbo, du bist ein Genie!" Freudig stellte ich mich an das Gitter der Tür, welche Bilbo sofort aufschloss.
Als die Zwerge zu jubeln begannen, zischte Bilbo: "Sshht! Hier sind doch überall Wachen!" Er befreite einen nach dem anderen und wies uns dann an, ihm die Treppen nach unten zu folgen. Das taten wir auch, dabei bemühte ich mich, Kili nicht anzusehen. Ich hatte gerade einfach keine Lust, mich mit ihm zu unterhalten. Ihm schien es genauso zu gehen, denn er tat, als wäre ich gar nicht da.
"Das gibt's doch nicht, wir sind im Keller!", regte Kili sich auf, als wir das Ende der Treppe erreicht hatten. Allerdings im Flüsterton, denn in unserer Nähe saßen zwei schlafende Wachen an einem Tisch.
"Du solltest uns hier raus führen, und nicht noch tiefer rein!", beschwerte sich auch Bofur.
"Ich weiß, was ich tue!", versicherte Bilbo uns. Ich hatte keinen Zweifel an seinen Worten; wenn er einen Weg rein gefunden hatte, würde er uns sicherlich auch wieder rausbringen können.
Als er uns jedoch anwies, in Weinfässer zu steigen, war auch ich etwas skeptisch. Letzten Endes blieb uns aber nichts anderes übrig, als Bilbo zu vertrauen, und so stiegen wir alle in ein leeres Fass.
"Und was machen wir jetzt?", fragte Bofur, als das erledigt war, und wir alle streckten fragend unsere Köpfe aus den Fässern.
"Tief Luft holen."
Tief Luft ho-? Oh nein...
Doch Bilbo hatte bereits einen Hebel betätigt, der eine Luke unter uns öffnete, wodurch wir alle hinabrollten und in kaltes Wasser fielen. Kurz darauf folgte Bilbo uns, allerdings hatte er kein Fass mehr, weswegen ich ihn packte und zu mir zog.
"Gut gemacht, Meister Beutlin", lobte Thorin.
Bilbo winkte bloß ab, versuchte, nicht zu ertrinken. Er passte nicht mehr in mein Fass, weswegen er sich bloß daran festklammern konnte. Wir paddelten durch das Wasser und kamen aus der steinernen Höhle, die unter dem Keller lag, hinaus ins Freie, wo wir erst mal einen kleinen Wasserfall hinabstürzten.
Ein Horn ertönte und wir sahen alarmiert nach vorn. "Sie schließen das Tor!", rief ich Thorin zu.
"Schneller!", befahl er daraufhin, doch wir schafften es nicht mehr rechtzeitig. Kurz, bevor Thorin am Tor ankam, schloss es sich. "Nein!", rief er frustriert und rüttelte an dem Gitter.
Plötzlich fiel ein Elb vor uns ins Wasser, ein Pfeil steckte in seinem Rücken. Über uns tauchte ein Ork auf, weitere folgten. Nicht das auch noch!
Wir verteidigten uns so gut gegen die Orks, wie es ohne Waffen nun einmal ging. Einer von ihnen sprang auf mein Fass, Bilbo tötete ihn mit seinem Schwert. Er war der Einzige, der noch eines hatte, denn er war ja nicht von den Elben erwischt worden. "Danke", nickte ich ihm zu, stieß den nächsten Ork von uns weg, der daraufhin ins Wasser stürzte. Ich schaffte es noch, ihm sein Schwert abzunehmen, und stach es ihm in die Brust als er versuchte, sich wieder an unserem Fass heraufzuziehen.
Ich hielt Inne, als jemand auf unser Fass und zum nächsten und von dort aus an Land sprang. Es war Kili. Mit einem schnellen Blick erfasste ich, was er vorhatte: Er wollte den Hebel umlegen, der das Tor öffnen würde. Ich warf ihm mein Schwert zu, wodurch er sich gegen den Ork hinter sich verteidigen konnte, doch es kamen immer mehr. Fili und ich hielten Kili so gut es ging den Rücken frei, warfen mit allem, was wir hatten, nach den Orks. Die anderen wiederum gaben uns Deckung, da diese Missgeburten weiterhin zu uns ins Wasser sprangen.
Es geschah wie in Zeitlupe. Ich sah, wie Bolg, einer der Orks, seinen Bogen spannte und auf Kili zielte, und noch während ich eine Warnung rief, wurde Kili von dem Pfeil am Bein getroffen.
"Kili!" Fili riss die Augen auf und wollte seinem Bruder zur Hilfe kommen, doch ich war schneller. Ich sprang aus dem Fass an Land, stahl einem toten Ork das Schwert und hielt so viele von ihnen von Kili fern, wie ich konnte. Dabei versuchte ich, meine wieder schmerzende Schulter so gut es ging zu ignorieren.
Ich spielte mit dem Gedanken, mich in die Löwin zu verwandeln. Ein Pfeil zischte an mir vorbei und traf einen Ork in der Brust. Tauriel kam auf uns zu und damit war die Entscheidung getroffen. Würde sie sehen, dass ich eine Hautwechslerin war, würde sie es sicher Thranduil erzählen und wer weiß, was der dann tun würde. Ich wollte nicht so enden wie die anderen meiner Art... Ich kniff die Augen zusammen, als Tauriel weitere Orks erledigte, sah dann aber ein, dass jede Hilfe nützlich war. Auch Legolas kam mit weiteren Elben nun auf die Brücke. Derweil lief ich den Hügel hinauf, legte den Hebel um und sprang an Kilis Seite. "Du waghalsiger Vollidiot!", knurrte ich und half ihm auf. "Komm schon!"
Wir rannten zurück zur Brücke, von wo aus wir in unsere Fässer zurücksprangen, welche Fili und Bilbo für uns festgehalten hatten. Dabei brach der Pfeil an Kilis Bein und er schrie unterdrückt auf, da die Spitze sich weiter ins Fleisch bohrte. Besorgt wechselte ich einen Blick mit Fili, konnte aber nichts tun, denn die Strömung riss uns mit sich und fort von Thranduils Festung.
Die meisten Orks folgten uns. Es war schwer, sie abzuwehren, aber nicht unmöglich. Einmal ließ Bilbo unser Fass los und wäre beinahe ertrunken, hätte ich ihn nicht am Kragen gepackt und wieder raufgezogen. "Lass nicht nochmal los!"
"Sicher nicht", schlotterte der Hobbit.
Wie aus dem Nichts sprang Legolas auf die Köpfe zweier Zwerge und schoss von dort Pfeile ab. Im nächsten Moment stand er auf Filis und meinem Fass, allerdings am Rand und nicht auf unseren Köpfen. "So sieht man sich wieder", sagte er, dachte scheinbar, er könne uns bald wieder gefangen nehmen.
"Ja, leider viel zu fr- Vorsicht!", warnte ich, doch Legolas hatte den Ork aus dem Augenwinkel gesehen und ihm bereits den Kopf abgeschlagen. "Sauberer Schlag", lobte ich. Legolas wich einem Felsen aus und stand nur noch mit einem Bein auf unserem Fass, tötete aber weiter Orks, als würde er sowas täglich machen. Wahrscheinlich war das auch der Fall.
"Okay, jetzt gebt Ihr aber an", informierte ich ihn.
Er spähte zu mir runter, ich meinte, ein unterdrücktes Grinsen auf seinen Lippen zu sehen. "Ihr seid doch nur neidisch."
"Auf Euch? Hättet Ihr wohl gern."
Er hörte meine Erwiderung gar nicht mehr, da er bereits an Land gesprungen war und dort weiterkämpfte. Angeber.
Ich bemerkte, wie Bilbo von Legolas zu mir und wieder zu ihm schaute. "Was ist?", fragte ich daher mit gerunzelter Stirn.
"Gar nichts", winkte er sofort ab. "Ich dachte nur, dass du eigentlich..."
"Ja?"
"Ach, nicht so wichtig."
"Bilbo, ich schwöre dir-"
"Pass auf!", rief er da und deutete hinter mich. Ich drehte meinen Oberkörper und schlug einem Ork den Kopf ab. "Nur, damit das ein für alle mal klar ist: Ich habe absolut keine Gefühle für Kili, zumindest keine guten. Und ich flirte-" Ein weiterer Ork sprang auf uns zu, den ich allerdings auch bald beseitigt hatte. "-auch nicht mit diesem verdammten Elb!"
"Woher wusstest du, dass ich-" Bilbo kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden, da die Strömung unser Fass für einen Moment unter Wasser zog. Als wir wieder auftauchten, antwortete ich keuchend: "Ich hör das nicht zum ersten Mal."
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