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Ich ritt auf dem Pferd, welches mich so neugierig beobachtet hatte. Beorn stellte uns alles, was wir brauchten, um zum Düsterwald zu gelangen, zur Verfügung, so auch seine Ponys und zwei Pferde.
Wir erreichten den Rand des Düsterwaldes und stiegen von den Tieren ab. Wie Beorn es verlang hatte, ließen wir sie dort frei, damit sie zu ihm zurückkehren konnten.
"Dieser Wald scheint irgendwie...krank zu sein", fand Bilbo. Ich gab ihm recht. Er war dunkel und verdorrt. "Als wäre er von einem Leiden befallen", murmelte ich.
"Gibt es denn wirklich keinen Weg herum?", fragte der Hobbit an Gandalf gewandt.
"Nur, wenn wir zweihundert Meilen nordwärts gehen, oder zweimal so weit nach Süden." Er spähte in den Wald hinein und murmelte irgendetwas vor sich her.
Seufzend drehte ich mich zu meinem Pferd und entfernte mein Gepäck von seinem Sattel. Die anderen waren damit bereits fertig, Gandalf allerdings behauptete, sein Pferd noch zu brauchen.
"Gehst du etwa wieder weg?", fragte ich bestürzt.
"Ich würde es nicht tun, wenn ich nicht müsste."
"Dann lass mich mit dir kommen!"
"Nein!", sagte Gandalf sofort. Er senkte die Stimme und beugte sich zu mir vor. "Pass auf die Zwerge auf. Ihr dürft auf gar keinen Fall den Pfad verlassen, hast du gehört?"
"Aber Gandalf, du kannst doch nicht-"
"Hast du mich gehört?", widerholte er strenger.
Seufzend gab ich mich geschlagen. "Ja..."
"Gut."
Gandalf ging auf sein Pferd zu. "Ich erwarte euch am Aussichtsposten, vor den Hängen des Erebor. Bewahrt die Karte und den Schlüssel gut." Eindringlich sah er zu Thorin und mir. "Geht nicht ohne mich in den Berg hinein."
"Wir werden warten", versprach ich.
Gandalf warnte uns noch vor dem Wasser und der Luft im Wald, meinte, sie könnten uns in die Irre führen. Außerdem sagte er auch den anderen, wir sollten unter allen Umständen auf dem Pfad bleiben. Dann ritt er davon und wir machten uns daran, den Wald zu betreten. Bekanntlich lebten Elben im Düsterwald und ich hoffte, wir würden nicht auf sie stoßen, sonst würde es ohne Zweifel zum Kampf kommen.
Eine Weile lief alles gut. Wir blieben auf dem Pfad und waren sicher, alles richtig zu machen.
Bis wir die Brücke fanden. Sie war kaputt und es gab keinen Weg auf die andere Seite. Bofur schlug vor, rüberzuschwimmen.
"Nein", sagte ich. "Gandalf hat doch gesagt, wir sollen uns vor dem Wasser in Acht nehmen."
"Sie hat recht." Thorin trat an meine Seite und sah sich nach einer anderen Möglichkeit, einem weiteren Weg um. "Dieses Wasser ist verwunschen."
"Ich hab grad keinen Wunsch", meinte Bofur.
"Diese Äste sehen stark genug aus." Kili machte Anstalten, das Wasser mithilfe einiger umgestürzter Äste zu überqueren, doch Thorin stoppte ihn und sagte, wir würden den Leichtesten zuerst schicken - Bilbo.
Der Hobbit tat sich etwas schwer, schaffte es aber auf die andere Seite. Kaum, dass er dort angelangt war, begannen die Zwerge, ihm zu folgen.
"Jungs, wir sollten nicht alle auf einmal klettern", rief ich, doch sie achteten nicht auf mich. "Jungs? Hallo? Man, da könnte ich genauso gut mit einer Pflanze sprechen..." Grummelnd machte ich mich ebenfalls daran, über die Äste zu klettern.
Da fiel Bombur plötzlich mit einem lauten Klatsch ins Wasser.
"Ist er... eingeschlafen?" Fassungslos sah ich auf den rothaarigen Zwerg hinab.
"Scheint so", meinte Gloin.
Wir hievten Bombur an Land und trugen ihn den Rest des Weges. Das heißt, vier der Zwerge taten es. Ich hatte selbst genug Probleme damit, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Mir war schwindelig und ich wäre am liebsten, genau wie Bombur, einfach eingeschlafen. Gandalf hatte recht: Die Luft in diesem Wald wollte uns in die Irre führen.
An einem großen Baum machten wir Halt, um kurz zu verschnaufen. Ich schloss die Augen und atmete tief durch, haute mir selbst leicht auf die Wangen, um zur Vernunft zu kommen. "Wir müssen weiter." Ich zog an Thorins Arm, versuchte, ihn zum Aufstehen zu bringen. "Wir dürfen nicht hier bleiben..."
"Du hast recht." Ächzend stand Thorin auf. "Wir dürfen nicht verweilen..."
"Wo sollen wir langgehen?", gähnte Nori.
Bilbos Stimme zog die Aufmerksamkeit auf ihn. "Hört ihr sie auch? Diese Stimmen..."
"Ich höre nichts", murmelte Thorin. "Keinen Wind, keinen Vogelgesang... Welche Stunde haben wir?" Da bemerkte ich, wie trüb seine Augen waren. Ich drehte mich um und sah die anderen Zwerge an. Sie sahen genauso aus.
"Ich weiß es nicht", antwortete Dwalin erschöpft auf Thorins Frage. "Ich weiß nicht mal, welchen Tag wir haben..."
"Jungs..." Mit aller Kraft versuchte ich, wachzubleiben. Ich stolperte auf Kili zu, dessen Augen flatterten, und schlug ihm leicht ins Gesicht. "Ihr dürft nicht einschlafen, hört ihr?"
Thorin drängte sich an uns vorbei. "Hier entlang."
"Aber Gandalf hat gesagt-"
"Tut, was ich sage", unterbrach Thorin mich. "Folgt mir!"
"Nein."
Der Zwerg drehte sich zu mir um. "Was meinst du mit nein?", knurrte er.
Ich zeigte geradeaus. "Der Weg geht dort weiter."
"Ich sage aber, dass wir hier entlanggehen. Und jetzt bewegt euch!"
Knurrend stellte ich mich ihm in den Weg. "Wieso vertraust du mir nicht?", wollte ich wissen.
"Das tue ich doch."
"Nein, tust du nicht. Sonst würden wir geradeaus laufen."
Thorin seufzte. "Wir gehen dort entlang und damit Ende der Diskussion. Jetzt geh mir aus dem Weg." Er stieß mich zur Seite und lief weiter.
"Ich verfluche die Sturheit der Zwerge", brummte ich. Fili und Kili erschienen an je einer meiner Seiten. "Nimm's ihm nicht übel", murmelte Kili leise.
"Wie soll ich ihm das nicht übelnehmen?" Gähnend streckte ich mich, sodass mein Rücken leicht knackte. Wir mussten aus diesem Wald raus, und zwar schnell. Kili antwortete mir nicht mehr, sondern starrte schweigend vor sich her, Fili ebenso.
"Hey..." Ich nahm beide an je eine Hand. "Ihr dürft jetzt nicht schlappmachen."
"Tun wir nicht", versicherte Fili. Ich zog die Brüder mit mir, Thorin hinterher. "Gut..."
Kurz darauf hatten wir uns verirrt.
"An das alles erinnere ich mich nicht... Nichts kommt mir bekannt vor."
"Er muss aber hier sein. Er kann doch nicht einfach verschwinden."
"Außer, jemand hat ihn weggenommen."
"Hier ist er auch nirgends!"
Wir suchten stundenlang nach dem Pfad, doch wir fanden ihn nicht. Es fühlte sich an, als würden wir rennen, aber doch auf der Stelle stehen. Es war zum Verrücktwerden.
Irgendwann beschlossen wir, einfach in eine Richtung weiterzugehen. Hätte Thorin auf mich gehört, wäre das alles nicht passiert..., dachte ich grimmig, war nicht in der Lage, es auszusprechen. Zum Einen, weil ein Streit uns jetzt überhaupt nicht weiterhelfen würde (eher im Gegenteil) und zum anderen, weil ich einfach nicht die Kraft für so etwas hatte. Vermutlich wären wir schon längst aus diesem verfluchten Wald raus, hätten wir nicht den Pfad verlassen. Aber nein, Herr Thorin Eichenschild weiß ja alles besser! Gott, typisch Männer! Typisch Zwerge! Typisch-
Ich keuchte auf, als ich über eine Wurzel stolperte und nach vorn auf Kili fiel, welcher dadurch zu Boden gerissen wurde. Ich landete auf seinem Rücken.
"Entschuldige..." Peinlich berührt stand ich auf und half Kili auf die Beine.
"Schon okay", sagte er nur und spätestens da war ich endgültig sicher, dass etwas nicht stimmte, denn normalerweise hätte Kili jetzt eine anzügliche Bemerkung gemacht.
"Seht doch..." Ori hob etwas auf.
"Ein Tabaksbeutel... Es gibt Zwerge in diesem Wald!", staunte Dori.
"Zwerge aus den Blauen Bergen sogar!", fügte Bofur leicht schwankend hinzu. "Der sieht genauso aus wie meiner..."
"Weil es deiner ist, du Genie", brummte ich.
"Das stimmt." Bilbo schaute so finster drein wie noch nie. Zumindest hatte ich ihn noch nie so gesehen. "Wir laufen im Kreis, wir haben uns verirrt."
"Haben wir nicht", widersprach Thorin. "Wir gehen weiter nach Osten."
"Und wo ist Osten?", fragte Oin. "Wir haben die Sonne verloren!"
"Was nicht passiert wäre, würde man einfach mal auf mich hören", brummte ich nun doch. Nur Bilbo hörte es und stimmte mir leise zu. Da murmelte er: "Die Sonne... Wir müssen sie finden."
Ich folgte seinem Blick in Richtung Baumkronen. Wir sahen einander an und hatten offensichtlich dieselbe Idee - welche die Zwerge natürlich nicht hörten als wir versuchten, sie ihnen mitzuteilen, da sie, wie so oft, am diskutieren waren. Ich werde noch wahnsinnig!
Thorin rief sie zur Ordnung und alle verstummten. "Wir werden beobachtet", flüsterte der Prinz.
Wachsam sah ich mich um, merkte dabei, dass Bilbo nicht mehr neben mir stand. "Bilbo?" Über mir hörte ich ein Ächzen. Ich legte den Kopf in den Nacken und sah, dass Bilbo einen Baum hinaufkletterte.
Plötzlich packte mich etwas.
"Was in Durins Namen-", fing Thorin an, welcher anscheinend ebenfalls geschnappt wurde. Weiter kam er jedoch nicht, denn da wurden wir alle von riesigen Spinnen in die Luft gerissen und in ihre Netze gehüllt.
Mein letzter Gedanke, bevor ich ohnmächtig wurde, war: Und das alles wäre nicht passiert, hätten sie auf mich gehört.
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Um 9 uhr geht die Lesenacht los, da veröffentliche ich einige Kapitel :) Hoffe, ein paar aktive Leser zu 'sehen'
Habt ihr Wünsche/Verbesserungsvorschläge?
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