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"Nehmt eure Waffen! Kämpft!"
Keiner der Zwerge reagierte. Zittrig stellte ich mich hin und drehte mich zu dem Zauberer um. "Kämpft!", rief dieser wieder und endlich kam Bewegung in unsere Körper. Wir schnappten uns unsere Äxte, Schwerter, Bögen und was wir sonst noch so hatten und begannen, uns gegen die Goblins zu wehren.
"Folgt mir", rief Gandalf. "Rasch!"
Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und so rannten wir alle dem Zauberer hinterher. Allerdings waren die Goblins in der Überzahl und uns dicht auf den Fersen. Auf den Brücken holten sie uns ein und wir mussten uns erneut unseren Weg erkämpfen. Sogar Balin und Gandalf schwangen ihre Schwerter, als hätten sie nie etwas anderes getan.
Ich bemerkte, wie ein Goblin von hinten auf Thorin zurannte, sprang dazwischen und rammte dem Goblin mein Schwert in die Brust.
Einer von ihnen sprang mich von der Seite an. Da ich darauf nicht gefasst war, verlor ich bei dem Aufprall mein Schwert und wir rollten über den Boden, fielen die Brücke hinunter. Gerade noch so konnte ich mich an ihr festhalten, der Goblin jedoch stürzte in die Tiefe.
Ich versuchte, mich hochzuziehen, rutschte aber immer wieder ab. Ich schnappte nach Luft, als meine Finger vom Holz glitten.
Jemand packte mein Handgelenk.
Ich öffnete meine Augen, welche ich aus Reflex geschlossen hatte, und sah Thorin über mir. "Halt dich fest", keuchte er und nahm nun auch meine andere Hand. Ich war nicht dick für mein Alter und meine Größe, eigentlich hatte ich eine gute Figur. Für einen Zwerg allerdings konnte ich etwas schwer sein, doch Thorin schaffte es und zog mich rauf.
"Danke", keuchte ich, zitternd vor Adrenalin.
"Los, weiter", sagte Thorin nur, gab mir mein Schwert und lief die Brücke entlang. Ich ging ihm nach.
Wir kämpften alle Seite an Seite und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass wir uns gegenseitig mehrmals das Leben retteten. Wir hatten es beinahe geschafft, waren fast am Ende angelangt...
Da tauchte der Goblinkönig vor uns auf. "Und was machst du jetzt, Zauberer?"
Gandalfs Antwort bestand aus einem Schlag ins Auge und einem Schwerthieb. "Das dürfte reichen", meinte der Goblin. Gandalf schlug allerdings noch einmal zu, dadurch starb der König, fiel um und brachte die Brücke zum Einsturz.
Wir fielen eine Schlucht hinunter und landeten - mal wieder - auf einem Haufen. Zum Glück war ich diesmal recht weit oben und nur mit ein wenig Holz bedeckt. Genau wie Gandalf kam ich relativ schnell auf die Beine.
"Naja, hätte schlimmer kommen können", fand Bofur. Das hätte er wohl nicht sagen sollen, denn da fiel der Goblinkönig auf sie drauf.
"Das soll wohl ein... Scherz sein!", stöhnte Dwalin.
Ich lachte leise und half ihm, aufzustehen. Als nächstes wollte ich mich Kili zuwenden, da fiel mir auf, wie dieser nach oben starrte. Ich folgte seinem Blick und erschrak: Tausende Goblins stürzten auf uns zu.
"Gandalf!", rief Kili warnend. Schnell zog ich ihn auf die Füße.
"Es sind zu viele", sagte Dwalin. "Das schaffen wir nicht!"
"Nur eins kann uns noch retten..."
"Tageslicht!", beendete ich Gandalfs Satz. Der Zauberer nickte. "Kommt!" Wir sammelten die letzten Zwerge ein und rannten weiter. Bald darauf sahen wir ein Licht und gelangten ins Freie. Allerdings hielten wir nicht an, sondern rannten weiter durch den vor uns liegenden Wald.
"Fünf, sechs, sieben, acht..." Im Laufen zählte Gandalf die Anwesenden durch. "Bifur, Bofur... Das macht zehn. Ah, Fili und Kili mit Tiaret, das macht dreizehn. Und Bombur, macht vierzehn."
Was? Nur vierzehn? Suchend drehte ich mich um mich selbst. "Wo ist Bilbo?"
"Wo ist unser Hobbit? Wo ist unser Hobbit?!", rief Gandalf beinahe panisch.
"Verfluchter Halbling!", schimpfte Dwalin. "Jetzt ist er weg?"
Gloin hob die Hände. "Ich hab gedacht, er wäre bei Dori!"
"Schieb's jetzt nicht auf mich!"
"Wo habt ihr ihn denn zuletzt gesehen?"
"Ich glaube, als sie uns gefangen haben, konnte er sich davonstehlen", beantwortete Nori Gandalfs Frage.
"Was ist genau passiert? Sprecht!"
"Ich sag dir, was passiert ist." Thorins Stimme war verbittert und ich konnte mir denken, was er sagen würde. "Meister Beutlin hat die Gelegenheit erkannt und sie ergriffen!"
"Das kannst du so nicht sagen!", unterbrach ich ihn und machte einen Schritt vor. Fili versuchte, mich zurückzuziehen, damit ich nicht schon wieder anfing, mit Thorin zu streiten, doch ich riss mich los und sah dem Zwergenprinzen in die Augen. "Woher wollen wir wissen, dass ihm nicht vielleicht etwas passiert ist?"
"Ach komm schon, Tia, das glaubst du ja wohl selbst nicht!", meinte Thorin abfällig und ich musste zugeben, dass auch ich merkte, wie lahm meine Entschuldigung für Bilbos Fehlen klang. Doch würde er uns wirklich einfach zurücklassen? "Seit er aus seiner Tür getreten ist, hat er nur an sein weiches Bett und seinen warmen Ofen gedacht!", sprach Thorin weiter. "Wir werden unseren Hobbit nicht wiedersehen. Er ist fort, schon längst."
"Nein", ertönte da plötzlich eine Stimme. "Ist er nicht."
Wir alle fuhren herum und da stand er; kerngesund, direkt vor uns.
"Bilbo Beutlin, in meinem ganzen Leben war ich noch nie so froh, jemanden zu sehen", behauptete Gandalf.
Ich warf Thorin einen triumphierenden Blick zu, worauf dieser bloß die Augen verdrehte. Ich wusste, Bilbo würde uns nicht im Stich lassen.
Kili lächelte breit, als er den Hobbit sah. "Bilbo! Wir hatten dich schon aufgegeben!"
"Wie bist du an den Goblins vorbeigekommen?" Fili legte den Kopf schief und Dwalin brummte: "Gute Frage."
Bevor Bilbo antworten konnte, meinte Gandalf: "Was spielt das für eine Rolle? Er ist wieder hier."
"Es spielt eine Rolle", beharrte Thorin. "Ich will es wissen. Wieso bist du wieder hier?"
Die Spannung, die in der Luft lag, konnte jeder spüren. Schweigend sahen wir zwischen dem Hobbit und dem Prinzen vor und zurück.
Bilbo antwortete: "Ich weiß, dass du an mir zweifelst, und an Tia auch. Und das schon von Anfang an. Und du hast recht, ich denke oft an Beutelsend. Ich vermisse meine Bücher. Und meinen Sessel, meinen Garten. Da gehöre ich nämlich hin. Das ist Heimat. Und deshalb bin ich zurückgekommen, weil... Ihr keine habt. Eine Heimat. Sie wurde euch genommen. Aber weißt du, Thorin, Tia wurde sie ebenfalls genommen. Sie will euch nur helfen, sie weiß vermutlich besser als jeder andere in Mittelerde, was du - was ihr alle - durchmacht. Und auch ich will euch helfen, eure Heimat zurückzuholen."
Daraufhin schwieg Thorin, sah kurz zu mir, dann auf den Boden. Auch die anderen Zwerge wussten nicht, was sie sagen sollten.
Das mussten sie auch nicht, denn da hörten wir das Jaulen der Warge in der Ferne.
Thorin riss die Augen auf. "Aus der Pfanne..."
"... ins Feuer", beendete Gandalf. "Lauft! Lauft!"
Und wieder einmal, rannten wir. Dabei drehte ich immer wieder den Kopf nach denen, die hinter mir liefen, um sicherzugehen, dass nicht nochmal jemand verloren ging. "Beeilt euch!", rief ich Kili und Fili panisch zu, welche mir mit etwas Abstand nachkamen.
Die Warge hatten uns eingeholt. Wir begangen, sie zu bekämpfen, doch weit kamen wir nicht, denn diese Viecher waren in der Überzahl und als wir weiterrannten, tat sich vor uns ein Abhang auf.
"Rauf auf die Bäume!", befahl Gandalf und zeigte auf die Tannen, die am Rande des Abhangs standen. "Sofort!"
Kili war bereits auf einen Baum geklettert und half gerade Fili hinauf. Ich rannte auf die beiden zu, sprang auf den ersten Ast und sie zogen mich hoch. Wir kletterten noch etwas weiter hinauf, doch bald wurden die Äste dünner und wir mussten bleiben, wo wir waren.
Die Warge kamen näher - und Bilbo stand noch immer auf dem Boden.
"Bilbo, beweg dich gefälligst!", rief ich. Endlich kam Bewegung in ihn und er schaffte es gerade noch so, auf den Baum zu klettern, auf dem auch Gandalf saß. Dieser hielt etwas in der Hand und flüsterte hinein. War das... eine Motte?
Ich achtete nicht weiter darauf, denn da trat gerade ein weißer Warg auf einen Felsen vor uns. Auf ihm saß ein bleicher Ork... Der Ork aus meinem Traum. Der Ork, der Thorins Großvater ermordet hatte.
Azog, der Schänder.
Ich sah in Thorins Augen, dass es niemand anderes sein konnte. Der Unglaube, die Wut, den Hass... All das spiegelte sich in seinem Blick.
Azog sprach in schwarzer Sprache zu Thorin, welcher den Ork bloß anstarrte. Dieser zeigte nun auf Thorin, brüllte einen Befehl. Daraufhin schossen die Warge nach vorn, sprangen an den Stämmen der Bäume hinauf.
Ich keuchte, als unser Baum dadurch so heftig wackelte, dass ich beinahe hinuntergefallen wäre, hätte ich mich nicht schnell genug an einem Ast festgeklammert.
"Lasst nicht los!", rief Fili uns warnend zu.
"Hatte ich nicht vor", knurrte ich zurück.
Da passierte es: Der vorderste Baum kippte um, die Wurzeln rissen aus der Erde und er fiel auf die dahinterliegenden Tannen. Sie fielen nach und nach um wie Dominosteine, weshalb jedem nur die Flucht auf den nächsten Baum blieb, bis wir alle ganz außen an der Klippe hingen. Und zwar wirklich ganz außen. Bald würde auch dieser Baum umkippen und dann war es für uns aus und vorbei.
Verzweifelt sah ich mich nach irgendetwas um, das uns helfen konnte, fand aber nur Tannenzapfen. Moment... Tannenzapfen!
Schnell riss ich einen von seinem Zweig. "Ich glaube, wir sollten diesen Viechern mal ein bisschen Feuer unterm Hintern machen!" Mit diesen Worten warf ich den ersten Tannenzapfen auf den Kopf des Wargs direkt vor uns, was allerdings nicht viel anrichtete, außer, dass er mich anknurrte.
"Du meinst so?", fragte Gandalf und warf einen brennenden Tannenzapfen nach unten.
"Angeber", grinste ich. "Aber so geht's auch."
Er ließ ein paar der Teile nach unten fallen, sodass wir sie auffangen konnten, und so bewarfen wir alle die Warge mit brennenden Tannenzapfen. Einige Male verbrannte ich mir dabei die Hände, doch im Moment spürte ich das kaum. Dafür war ich viel zu sehr aufs Überleben fokussiert.
Unter uns stand alles in Flammen, sogar das Fell mancher Warge. Die meisten Tiere ergriffen die Flucht. Ein frustriertes Brüllen von Azog ließ uns aufjubeln, doch wir verstummten, als der Baum zu beben begann. Bofur neben mir taumelte und ich fasste schnell nach seinem Handgelenk, zog ihn zurück. "Danke", keuchte er erschrocken.
"Danke mir nicht zu fr- Aaah!" Mein Satz wurde von sowohl meinen, als auch den Schreien der Zwerge unterbrochen, denn der Baum fiel nun nach hinten um und hing waagrecht über dem Abgrund; nur noch ein paar Wurzeln hinderten ihn vom Absturz.
Durch den Ruck kippte ich um und hing nur noch mit den Händen am Stamm, der Rest meines Körpers taumelte in der Luft. "Tia!", riefen Bofur und Kili gleichzeitig, Filis Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen. "Halt dich bloß gut fest!"
Ori verlor ebenfalls den Halt und fiel, konnte sich aber noch an Dori festhalten. Dieser rief verzweifelt nach Gandalf und stürzte ebenfalls hinunter. Gandalf hielt ihm seinen Zauberstab hin und Dori konnte sich festhalten, doch nun trug der Zauberer das Gewicht zweier Zwerge.
Ich versuchte, mich raufzuziehen, schaffte es aber nicht - bis Bofur, der mir am nächsten war, zu mir kletterte, mich an den Schultern packte und mir half, mich auf den Stamm zu retten. Zitternd klammerte ich mich daran fest, sah den Zwerg dankbar an. "Bist du verletzt?", fragte Bofur.
"Nein..." Ich schüttelte den Kopf, da ich sicher war, er hätte meine leise Antwort nicht gehört, und sah auf. Erschrocken stellte ich fest, dass Thorin mit gezogenem Schwert vom Baum stieg und auf Azog zulief.
Gereizt schloss ich die Augen, mein Fall vom Baum war komplett vergessen. "Was. Ein. Idiot!" Als ich meine Augen wieder öffnete, trug Thorin einen Eichenast am Arm, wie damals, als er Azog besiegt hatte. Doch der bleiche Ork schmiss Thorin diesmal einfach bei jedem Angriff zu Boden, als wäre er nichts. Und für Azog war er das auch: Ein Nichts.
"Hilfe!", rief Dori wieder, doch ich konnte den Blick nicht von Thorin abwenden, welcher erneut von Azog zu Boden gestoßen wurde, wo der weiße Warg ihn ins Maul nahm.
Er biss zu.
Qualvoll schrie Thorin auf, hiebte aber dennoch mit seinem Schwert auf Azog und seinen Warg ein, was dazu führte, dass sie ihn fortschleuderten und Thorin auf den Boden prallte.
Dort blieb er reglos vor Schmerz liegen, seine Augen flatterten und ich meinte, mein Herz würde gleich stehenbleiben.
Ich sah, wie Bilbo ihm zur Hilfe kam. "Nein, warte!", rief ich und endlich kam Bewegung in mich. Ich stand auf und balancierte den Baumstamm entlang, so schnell ich konnte. Die warnenden Rufe der Zwerge ignorierend, sprang ich auf den Boden.
Ich wusste, was ich tun musste, auch, wenn sie mich danach hassen würden. Ich hatte mir geschworen, niemals wieder diejenigen, die ich liebte, im Stich zu lassen, und Bilbo und Thorin waren meine Freunde, ganz gleich, wie misstrauisch Thorin mir gegenüber vielleicht immer noch war. Ich würde nicht tatenlos dabei zusehen, wie sie starben. Ich muss ihnen helfen.
Also rannte ich los. Ich sah, wie Bilbo einen Ork davon abhielt, Thorin den Kopf abzuschlagen, darum steuerte ich auf Azog zu. Dieser bemerkte mich erst, als ich mich bereits auf ihn stürzte, und noch im Sprung verwandelte ich mich.
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0.o Mieser Cut, ich weiß... Heute Abend gehts weiter :)
Feedback? <3
Hätte jemand Lust auf ne Lesenacht? Ich hab noch einige Kapis übrig.
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