✧˚ · . 001. DER NEUE ERBE
DER DUNKLE NACHTHIMMEL war ungewöhnlich ruhig. Still und klar, funkelnde Sterne übersäten den Himmel und formten fremde Konstellationen, die nur die Zentauren der alten Zeit tatsächlich entziffern konnten. Die Bäume schwankten ein wenig in der kalten Brise, Hasen und Rehe wanderten ein Stück vom Schlosse entfernt in Ruhe über die Felder, völlig unbekümmert und glücklich.
Im Inneren des Schlosses war es jedoch eine komplett andere Geschichte. Schreie füllten die Flure seit dem späten Nachmittag, als Regent Miraz's Frau Lady Prunaprismia, seinen Erstgeborenen zur Welt brachte. Und genau deswegen musste Caspian verschwinden, fliehen und sich vor dem Tod retten. Denn sollte der Prinz im Schlosse verweilen, war er dazu gezwungen in genau jener Nacht, seinen allerletzten Atemzug zu lassen.
Als Professor Cornelius dies jedoch zu Ohren bekam, stürmte er sofort in das Schlafgemach von Prinz Caspian, um ihn mit einem Schütteln, an seiner Schulter zu wecken. „Nur noch fünf Minuten." murmelte Caspian und schmiegte seinen Kopf in sein weiches Federkissen. „Heute Nacht, werdet ihr nicht die Sterne bewundern, mein Prinz." Sagte der Professor und schüttelte Caspian noch einmal heftiger. „Kommt, wir müssen uns beeilen."
Caspian, der nun in Panik geraten war, als er die Worte seines Professors hörte, war ein wenig wacher und setzte sich nun auf, ließ sich von Professor Cornelius durch den Raum und in seinen Kleiderschrank ziehen. „Professor, was geht hier vor?" flüsterte Caspian und runzelte die Augenbrauen, als er in seinen Kleiderschrank stolperte.
„Eure Tante hat das Kind zur Welt gebracht ... es ist ein Junge." dieser einfache Satz war alles, was Caspian brauchte, um das Puzzle schließlich zusammenzusetzen. Nun, da Miraz seinen eigenen Erben hatte, war Caspian im Weg. Er holte zitternd Luft und plötzlich stürmten eine Hand voll von Miraz's Männern in sein Gemach, umringten das Bett, in dem er noch vor wenigen Augenblicken friedlich geschlafen hatte. Ohne zu zögern schossen sie mit ihren spitzen Pfeilen dorthin, wo er eigentlich hätte sein sollen, was Caspian dazu brachte, zusammenzuzucken, als er durch den schmalen Spalt in der Schranktür zusah.
Es dauerte nicht lange, bis die Soldaten erkannten, das Caspian nicht in seinem Gemach war und deshalb verschwanden sie genauso schnell auch wieder, in Eile, in der Hoffnung, ihn bei seiner Flucht zu erwischen und aufzuhalten.
... ihn zu töten.
Dann aber erschrak Caspian erneut, als er auf einmal seine engste Freundin am Ende des stockdunklen Geheimgangs vorfand. Auch sie sah völlig müde und verängstigt zugleich aus, aber er konnte ihr ansehen, dass sie versuchte ihre Tränen zurückzuhalten. Sie hatte auf die beiden gewartet, aber weshalb nur?
„Star?" Fragte Caspian verwirrt und entsetzt, bevor der Professor die beiden in die Waffenkammer zog. Er wollte nicht, dass sie mit ihm kam, aber er vermutete es konnte vielleicht schlimmer sein, wenn sie in Miraz's Königreich zurückblieb. Er wusste ganz genau, dass sie seine Schwachstelle war...
Das Mädchen war bleich wie ein Laken. „Vater, ich verstehe nicht. Warum muss ich auch fliehen?" fragte sie und wandte sich an den Professor. „Es gibt keine Zeit, für Erklärungen. Vertrau mir, mein Kind." sagte er und wischte ihr mit seinem Daumen eine Träne von ihrer Wange. „Du musst stark bleiben. Und du auch, Caspian." Die zwei Kinder nickten und sammelten die Waffen und andere wichtige Sachen, die sie mitschleppen konnten – Für Caspian ein Schwert und ein leichtes Kettenhemd. Für Star ein paar Dolche, ein Kompass und ein Fernglas. Danach folgten sie ihm schnell aus dem Zimmer und eine Wendeltreppe hinunter, bis sie zu den Ställen kamen.
„Ihr müsst in die Wälder reiten." sagte der Professor ernst, während Caspian dem Mädchen aufs Pferd half, damit sie hinter ihm saß. „Dorthin, werden sie euch nicht folgen." beide nickten, weil sie keine Zeit mit Fragen verschwenden wollten. Cornelius wandte sich erneut an seine Tochter und drückte ihr eine Art Paket in die Hände. „Es hat viele Jahre gedauert, bis ich das hier gefunden habe. Benutzt es nicht, es sei denn ihr befindet euch in größter Not." die zwei konnten nur vermuten, dass es sich um eine Art Relikt aus dem Goldenen Zeitalter handelte, über das er sie in einer seiner Lektionen unterrichtet hatte. Jetzt waren Caspian und Star an der Reihe.
„Werden wir euch je wiedersehen?" Fragte Caspian mit einem gewissen Maß an Traurigkeit in seiner Stimme. Star konnte kaum mehr den Mund aufbekommen, so viele Sorgen hatte sie. Was wenn dies wirklich das letzte mal war?
„Das hoffe ich vom Herzen, meine Lieben." antwortete er nur und legte eine Hand auf jeden ihrer Arme. „Da ist noch soviel mehr, dass ihr wissen müsst. Die Welt, wie ihr sie kennt, ist im Begriff sich zu verändern." und dann sagte er, die Worte, die keiner der beiden zu diesem Zeitpunkt verstand. „Ihr zwei seid Teil der Prophezeiung. Die Sterne, das Meer und die Sonne stehen auf eurer Seite!"
Star wollte fragen, was er meinte, doch plötzlich hörte man bereits die Wachen von Miraz in der Ferne rufen. „SCHLIEßT DIE ZUGBRÜCKE!" und damit, ließ der Professor los und schlug leicht auf den Rücken des Pferdes, um die beiden zum fliehen zu zwingen. Caspian ritt, so schnell das Pferd konnte, wie angewiesen über das Schlossgelände und auf die dunklen Wälder zu.
„Gut festhalten." bat er Star, bevor diese ihre Arme fest um seine Mitte schloss, so fest, dass er merkte, dass sie Angst hatte – am liebsten wollte sie ihre Augen schließen, hoffen dass, das Alles nur ein böser Traum war, und sie auf der Wiese eingeschlafen war. „Ich bin bei dir, hab keine Angst." sagte er knapp, während er gezwungen war zu beschleunigen. Er fühlte, wie ihr Griff enger wurde, doch das machte ihm nichts im geringsten aus. Caspian wollte nur, dass die zwei so bald wie möglich in Sicherheit waren.
Star sagte nichts, nickte einfach stattdessen, sodass Caspian es an seinem Rücken spürte. Und bevor irgendeiner von ihnen weiterreden konnte, wurde Star bewusst, dass die Soldaten der Telmarer immer näher auf sie zukamen, als die zwei sich einem Fluss näherten. Caspian schien es ebenfalls bemerkt zu haben, denn er zögerte keinen Moment und schickte das Pferd direkt ins Wasser. Star sah dabei zu, wie auch die Soldaten versuchten, die Grenze zu überschreiten, aber als einer von ihnen weggespült wurde, blieben viele von ihnen stehen und sahen zu, wie ihr Prinz davonkam. Caspian hatte sich ebenfalls umgedreht, sobald sie sich wieder auf festem Boden befanden.
„CAS!" warnte Star panisch, als sie erkannte, dass die beiden direkt gegen einen dicken Ast reiten würden, während Caspian immer noch zurückblickte. Ihre Erkenntnis kam jedoch zu spät, da beide zu Boden geworfen wurden.
Die zwei kamen ziemlich hart auf dem Waldboden auf, obwohl er mit sämtlichen Blättern bedeckt war. Das letzte das Star sehen konnte, war dass das Pferd abhaute, sie konnte hören, wie sich seine Hufschritte von ihnen entfernten.
Noch bevor Caspian seine Augen öffnete, rief er ihren Namen, nur um sich zu vergewissern, dass sie noch immer bei ihm war. Aber Star war zu geschwächt um zu antworten, sie fühlte bereits wie sie langsam abdößte.
Caspian drehte seinen Kopf zur Seite und sah sie dann neben ihm liegen. Sie hatte kleine Äste in ihrem schwarzen Haar und auch, das Hemd von ihr war mit kleinen Schnitten und Rissen verziert. Wie aus Instinkt, suchte er ihre Hand, einfach um ihr zu zeigen, dass er noch bei ihr war. Er nahm sie in seine und ließ nicht los.
Egal was, als Nächstes passierte ... würde man sie finden, dann würden sie gemeinsam sterben.
Star fühlte, wie sich ein stechender Schmerz in ihr ausbreitete, doch dann fühlte sie die Wärme in ihrer Hand. Es war das einzige, dass ihr in diesem Moment ihre Angst nahm. Sie drehte ebenfalls ihren Kopf, Caspian war neben ihr und hielt ihre Hand fest. Sie schloss ihre Augen mit diesem Gedanken und verlor genau wie Caspian auch kurz darauf ihr Bewusstsein...
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