VIER.
Mein Blick klebte am Fenster. Der Laster mit meinen Sachen stand noch immer auf der Straße und noch immer wurde mir unter den Armen gegriffen, alles herein zu bringen. Mir wurde zuerst die Chance gegeben, mich einzurichten, da von mir als Frau erwartet wurde, die meisten Sachen in Besitz zu haben. Dass das Quatsch war, brauchte ich erst gar nicht versuchen zu Tisch zu bringen, denn jegliche Einwände meinerseits wurden am Ende sowieso immer gekonnt ignoriert und ich redete mir den Mund fusselig.
»Wieso hilfst du mir nicht mal zur Abwechslung? Ich wüsste nicht, seit wann ich einen Vertrag als Sklave bei dir unterschrieben hab, dass ich jetzt die ganzen Kisten tragen muss.« Lachend stellte Namjoon einer der großen Kisten auf den Boden ab, wo vermutlich meine Bücher und Alben drinnen war, die ich sammelte (und eher weniger hörte, weil ich am Ende immer zum Handy griff). Meine Eltern beschwerten sich immer, was für eine Geldverschwendung es sei, aber es hatte mich noch nie interessiert. Zumindest hörten Namjoon und ich manchmal die CDs im Auto auf einem unserer gemeinsamen Trips.
Langsam die Kiste öffnend, ohne auf eine Antwort oder Anweisung meinerseits abzuwarten, flog gleich der nächste Kommentar von ihm: »Ich hatte gar nicht in Erinnung, dass du doch so viele Monsta X Alben hast. Langsam fang ich an deine Eltern zu verstehen, als sie meinten, sie würden dir am liebsten das Geld streichen.« Ja, das Geld das ich mir selber verdiente. Meine braunen Augen rollten sich in meinen Schädel. »Fang nicht du auch noch damit an.« Seine vorherige Frage ließ ich in der Luft hängen und nahm ihm stattdessen The Code abnahm, um es in ein leeres Regal einzusortieren.
»Ist das hier nicht dein Lieblingsalbum?« Grinsend wedelte er mit All about love vor meiner Nase, während seine Iriden selbst kurz daran hängen blieben, ehe sie sich wieder darauf konzentrierten, meine Reaktion einzufangen. Die warmen Farben sprangen mir lieblich entgegen, als ich versuchte danach zu greifen. Hämischerweise zog Namjoon es genau dann wieder weg.
»Du Penner, gib mir das wieder!« Namjoon dachte vermutlich nicht mal im Traum daran. Warum auch? Seine Freude bäumte sich nur umso mehr auf, desto mehr der Ärger sich in meinem Gesicht abzeichnete. Er liebte es mich zu ärgern. Sein Arm streckte er höher, während ich mich bereits auf Zehenspitze stellte und nur den Hauch einer Chance um mich tänzelnd spürte.
Am Ende knickte er ein und ich nahm das Album vorsichtig an mich, während mein Blick an der Signierung hängen blieb. Das machte das ganze nur noch besonderer.
Nachdem es seinen Platz nun auch im weißen Regal gefunden hatte, lehnte ich mich gegen die noch leer wirkende Wand, verschränkte die Arme und grinste Namjoon an, der als Entschuldigung die anderen Alben einsortierte, ehe er abrupt stoppte und sein Kopf in meine Richtung rotierte.
»Was gibt's da zu Grinsen, hm?« Das Grinsen verweilte weiter auf meinen Lippen, als ich nur die Schultern zuckte. Langsam drehte er sich zu mir um, kam erneut auf mich zu. Diesmal ohne eines meiner Wertgegenstände zu kidnappen. Stattdessen stellte er sich direkt vor mir und stützte beide seiner Arme gegen die Wand, genau so dass ich eingekesselt war.
Seine Iriden hingen hungrig auf meinem Mund und auch mein Augenmerk fixierte seine plumpen Lippen. Langsam reduzierten wir die Distanz, sodass ich bereits Namjoons Atem auf meiner Haut wahrnehmen konnte. Wir waren nur noch einen Herzschlag entfernt voneinander, als uns plötzliche Schritte aus der Position rissen und wir wieder schwer mit Arbeit beschäftigt waren, während ich mir den eben geteilten Moment immer wieder vor Augen rief.
Wir wären fast erwischt worden.
*****
»Willst du nicht noch hier bleiben und mit uns zu Abend essen?« Bittend blickte ich Namjoon entgegen, der bereits auf unserer Veranda stand, bereit zum Gehen. Flüchtig glitt sein Blick zu seinem schwarzen Ford-Mustang und vermutlich wog er gerade ab, ob es sich lohnen würde.
Letztlich bekam ich eine Absage.
Kopfschüttelnd verkündete er: »Tut mir Leid Cho, aber ich muss jetzt wirklich los.« Keine Antwort entfloh meinem Mund, stattdessen nicke ich nur verstehend. Nur auf etwas Beistand hatte ich gehofft. Etwas Beistand und seine beruhigende Nähe.
»Dann komm gut Nachhause. Bis dann.« Ich machte bereits Anstalten ihn noch einmal zu umarmen (immerhin waren wir offiziell noch immer beste Freunde), da drückte er mir schon einen flüchtigen Kuss auf die Wange und ließ mein Herz rasen. Erschrocken riss ich die Augen auf und ein Grinsen wuchs auf seinem Gesicht. »Bis bald, Cho«, raunte er mir mit seiner raucherstimme entgegen.
Seufzend schloss ich die Tür, passiere den kleinen Flur und gelange in der Küche an, wo der weiße Plastiktisch bereits gedeckt war. Warum der Tisch kein Holz sein konnte, hatte ich auch meinen Vater gefragt. War billiger so. Aber die Kosten, die wir der Umwelt mit der Entsorgung von Plastik verursachten, wäre noch viel teurer als ein einfacher Holztisch.
Ich war nicht alleine. Mein Mann saß mir gegenüber, lächelte mir sanft zu und deutete auf das ganze Essen. »Ich war mir nicht ganz sicher, was du essen wolltest, also hab ich von allem ein bisschen was raus gestellt.« Ich zwang mir ein Lächeln auf, sagte brav danke, wie meine Eltern es mir eingetrichtert hatten und setzte mich.
»Ich will dir nicht zu nahe treten, aber darf ich fragen, wer das war?« Der Brünette sah unsicher zu mir, wusste nicht genau, ob er sich noch in sicheren Gewässern bewegte, wo er keine Angst haben musste, von einem plötzlichen Brecher erwischt zu werden. Wahrheitsgemäß antwortete ich, dass es sich dabei um meinen besten Freund Namjoon handelte. Ebenso konnte ich es mir nicht verkneifen hinten dran zu hängen, dass er nun öfter kommen würde und der Braunhaarige sich bereits darauf einstellen sollte. Er sagte nichts dazu, nahm es nur lächelnd und nickend zur Kenntnis.
»Kannst du mir das Salz reichen, Taehyung?«
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