FÜNF.
Der Regen klopfte sanft gegen das Fensterglas, ein leises Lied, das niemand wirklich hörte. Cho rührte mit dem Löffel in ihrer Tasse, obwohl der Tee längst erkaltet war. Die zarte Bewegung war nicht mehr als ein Vorwand, ein verzweifelter Versuch, die Leere zu füllen, die sich in ihrem Inneren ausbreitete.
Am anderen Ende des Tisches saß Taehyung, sein Blick schwer auf ihr ruhend. Er sprach nicht sofort, ließ ihr die Stille, in der sie sich so gerne verlor. Doch sie wusste, dass er sie beobachtete. Er tat das oft in letzter Zeit – mit einer geduldigen Neugier, die fast schon liebevoll war.
»Du bist oft in Gedanken.« Seine Stimme war ruhig, sanft, aber da war etwas darunter. Etwas, das sich in ihre Haut grub.
Cho hielt inne, hob kaum merklich den Blick. »Bin ich das?«
Taehyung legte sein Besteck zur Seite. Sein Gesicht war ausdruckslos, aber seine Augen waren voller unausgesprochener Fragen. »Ja.«
Sie hielt seinem Blick stand, obwohl es sie mehr Kraft kostete, als sie zugeben wollte. Er wusste, dass sie ihm nicht die ganze Wahrheit sagte. Er wusste es.
Statt eine Antwort zu geben, stand sie auf. Die Stuhlbeine kratzten leise über das Holz, ein fast unscheinbares Geräusch – und doch erschien es ihr, als hallte es durch den ganzen Raum.
»Ich bin müde. Ich gehe schlafen.«
Taehyung beobachtete, wie sie ihre Tasse in die Spüle stellte, die Hände kurz am Stoff ihres Pullovers rieb, als wolle sie etwas abschütteln, das niemand sehen konnte.
Er nickte. »Gute Nacht, Cho.«
Sie sagte nichts mehr. Drehte sich um, ging den Flur entlang, schritt leise die Treppe hinauf.
Doch ihr Herz raste.
Sie würde nicht schlafen gehen. Nicht jetzt.
Die Dunkelheit im Schlafzimmer war trügerisch beruhigend. Chos Hände glitten über die Kommode, an der ihre Jacke hing. Langsam, ganz langsam, zog sie sie über. Sie lauschte – auf das leise Klappern von Besteck aus der Küche, auf Taehyungs Schritte, die sich durch das Haus bewegten.
Ihre Finger suchten ihr Handy, umschlossen es fest. Sie wusste, dass er ihr keine Fragen stellen würde. Nicht heute.
Sie öffnete das Fenster einen Spalt. Nur ein wenig, gerade so viel, dass die kalte Nachtluft ins Zimmer strich und sich auf ihre Haut legte.
Warum fühlte es sich an, als müsste sie erst atmen, wenn sie draußen war?
Ihre Bewegungen waren lautlos, einstudiert, als sie die Tür des Schlafzimmers öffnete und durch den dunklen Flur glitt. Ein Schatten zwischen Schatten, ein Geist, der nicht hier sein wollte.
Ihr Herz schlug hart gegen ihre Rippen, als sie schließlich die Tür hinter sich zog und in die Nacht hinaustrat.
*****
Er wartete bereits.
Die Gasse war in Schatten gehüllt, das Licht der Straßenlaterne reichte kaum aus, um die Konturen seiner Gestalt zu zeichnen. Doch sie hätte ihn überall erkannt.
Namjoon lehnte an der kalten Backsteinwand, die Zigarette zwischen den Lippen, der Rauch eine fahle Spur in der feuchten Luft. Sein Haar war zerzaust vom Wind. Sein Mantel hing locker an ihm, als hätte er vergessen, ihn richtig zu schließen.
Doch seine Augen waren da. Dunkel. Ruhig. Brennend.
Sie hielt inne, spürte, wie sich die Welt um sie herum verlangsamte. Jede Faser in ihr wusste, dass sie nicht hier sein sollte. Dass jeder Schritt zu ihm sie tiefer in etwas zog, aus dem es kein Entkommen gab.
Doch sie ging weiter.
Namjoon ließ die Zigarette zwischen seinen Fingern kreisen, drehte sie, als sei sie bloß eine Nebensache. Doch sein Blick blieb auf ihr.
»Du bist spät.« Seine Stimme klang tiefer als sonst. Tiefer als am Morgen, tiefer als in ihren Erinnerungen.
Sie schnaubte leise. »Und du bist ungeduldig.«
Sie blieb vor ihm stehen. Die Distanz zwischen ihnen war schmal, aber sie war da. Ein letzter Hauch von Vernunft, den keiner von ihnen wagte zu überschreiten. Noch nicht.
»Er weiß nichts, oder?« Seine Worte waren eine Mischung aus Vorsicht und Besitzanspruch.
Cho schüttelte langsam den Kopf. »Taehyung ist nicht dumm, aber er stellt keine Fragen. Nicht die, die wirklich wehtun.«
Ein leises Lachen entkam ihm – aber es war kein fröhliches Lachen. Es war bitter, leer.
»Dann ist er entweder klüger oder dümmer, als ich dachte.« Sein Blick war scharf, schneidend, als würde er in ihre Seele sehen.
Und sie ließ es zu.
Er trat näher. Nicht viel, nur ein paar Zentimeter, gerade so, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Ihr Körper spannte sich an. Nicht aus Angst. Nicht aus Unbehagen. Sondern weil alles in ihr schrie, ihn zu berühren.
Aber sie tat es nicht.
Noch nicht.
Namjoon neigte den Kopf leicht, ließ seinen Blick über ihr Gesicht wandern. Die Art, wie ihr Haar sich im Wind bewegte. Die Art, wie ihr Brustkorb sich hob und senkte, als wäre das Atmen schwerer in seiner Nähe. Er sog die Luft ein, als wolle er sich an ihrem Duft festhalten.
»Du spielst mit Feuer, Cho.«
Ihre Lippen zuckten, ein Anflug eines Lächelns, das nie ganz entstand. „Ich weiß." Sie war sich dessen mehr als bewusst.
Sein Blick fiel auf ihre Lippen. Nur für den Bruchteil einer Sekunde.
Und dann trat er zurück.
Nicht heute.
Er rieb sich mit der Hand über den Nacken, sah zur Seite, als müsse er seine Gedanken sammeln. Als kämpfe er gegen einen inneren Drang, der ihm gefährlich werden konnte.
Seine Stimme war rau, als er sprach. »Geh nach Hause.«
Sie schluckte. »Ich kann nicht.«
Ein Muskel in seinem Kiefer zuckte. »Du musst.«
Doch sie stand noch immer da.
Und er ließ es zu.
☆ AUTHOR'S NOTE.
crazy. Das letzte update ist einfach 2 Jahre her und unfortunately ist mein laptop, wo alle wichtigen ereignisse, details und plotpunkte gelistet waren, kaputt. 😃 ich hab noch einen zettel gefunden, wo ein zwei wichtige sachen standen und ein bisschen hab ich noch was im kopf, aber den rest muss ich improvisieren.
hoffen wir, dass das nächste update keine zwei weiteren jahre braucht 🙏
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