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Taehyung ✜

Abwesend schwenkte ich den Kaffee in der Tasse hin und her und beobachtete es starr mit meinen Augen, als sich eine nur nervtötende Stimme erhob. Das sich die Tür von meinem ekelhaften Chef geöffnet hatte war mir entgangen, auch realisierte ich das herantreten viel zu spät. Erst als sich mir ein paar versnobte Lackschuhe in den Blickfeld schoben, kam ich zu mir und sah auf.

"Mr. Kim! Sie sitzen da ja immer noch herum, wieso machen sie sich nicht nützlich und gehen ihrer Aufgabe endlich nach?"

Dieses ständige Gemotze...meine Miene verfinsterte sich. Heute war ich nicht gut drauf, wirklich nicht. Erst der scheußliche Abend gestern, dann heute morgen das nüchterne Erwachen und das folgenschwere verschwinden meines USB Sticks, meiner einzigen Chance den Reaper zu finden. Es gab so einiges was ich am frühen Morgen nicht ertrug und mein Chef nahm da einen ganz großen festen Platz ein.

"Husch husch, nun ab mit ihnen oder wollen sie noch länger Däumchen drehen? Davon flattern die Schlagzeilen aber nicht ins Haus." er gab mir nicht einmal die Chance etwas zu erwidern, aber egal was es auch war, es war ihm nicht wichtig genug. Er drückte mir nur noch ein paar Notizen an die Brust, als er von dannen brauste und die Bürotür so kräftig hinter sich zuschlug das die Bilder an den Wänden verrutschten. Antipathie war echt noch harmlos ausgedrückt. Ich sah in diesen Mann einfach nur eine gewisse Sinnlosigkeit, es war ja nicht so als hätte er die ganze Arbeit an der Backe. Seine Aufgabe war es sich im Glanz anderer zu baden.

Widerlich. Resigniert ließ ich den unberührten Kaffee also stehen und hievte mich von meinem Platz hoch. Schon näherten sich mir Schritte und finster drifteten meine Pupillen zur Seite. Ich wusste wer es war, denn außer mein Chef und Jackson, redete kaum einer mit mir.

"Hey Taehyung, das wegen Gestern. Ich wollte mich-"

"Erspar mir deine Worte, Jackson. Ich bin jetzt echt nicht in Stimmung dafür." ich sammelte stumpf meine Sachen zusammen, ohne nochmal aufzusehen und wollte bereits an ihm vorbeigehen, als er mich zurückhielt.

"Wirklich. Es tut mir leid. Ich weiß nicht was in mich gefahren ist.. Ich wollte nur etwas herausfinden... Aber das entschuldigt natürlich nicht mein aufdringliches Verhalten."

Ich schnaubte herablassend. Mir stand heute nicht der Sinn danach, so eine Unterhaltung zu führen. "Nur damit du es weißt, ich hab keine Lust deine Erklärung zu hören und was auch immer du herausfinden wolltest, ich hoffe du hast eine Antwort darauf erhalten, denn ich gehe nicht nochmal mit dir aus." daraufhin erhob sich ein leises Seufzen. Jackson sah ja wirklich so aus, als würde er seine Taten bereuen aber ich hatte nach all den Ereignissen echt keine Lust weiter als Ping Pong Ball zu fungieren. Es reichte mir entgültig.

Ich schob mich an ihm vorbei und sah nicht mehr zurück, was mich schon ein wenig selbst überraschte. Es war nicht meine Natur so hart zu Anderen zu sein und hätte ich Jackson vermutlich nochmal angesehen, wäre ich bestimmt ins altbekannte Muster verfallen.. aber nein. Diesmal nicht. Mit einem tiefen durchatmen durchschritt ich das Büro und ließ den Hölleschlund hinter mir, als ich mit dem Aufzug nach oben fuhr.

Ich ging die Notizen durch die mir mein Chef gab und mir kam ein Gedanke auf. Wieso suchte ich nicht einfach zuerst nach den einen Mann mit dem der Cheon Sohn sich zuletzt getroffen hatte? Wenn ich herausfand wer dieser Dunkelhaarige war, hätte ich schon mal mehr in den Händen, als bei meiner letzten unüberlegten Nacht und Nebel Aktion.

Die mir nebenbei bemerkt beinahe das Leben gekostet hätte...

Ich seufzte schwer als ich von den Notizen absah und ein wenig planlos durch die Gegend sah. Ich musste nur das teure Wohnkomplex wiederfinden an dem ich den Typ zuletzt gesehen hatte.

Es formte sich auch bereits eine erste Idee in meinem Kopf zusammen, die jedoch von einem anderen Gedanken verdrängt wurde. Einer, der mir bitter aufstieß und ich bis dato noch gut verdrängen konnte, jetzt sich aber nicht abschütteln ließ.

Justin...

Ich wollte nicht an ihn denken aber was zur Hölle war das gestern überhaupt? Ich verstand ihn nicht. Es war so, als hätte ich mich mit einer komplett anderen Person unterhalten und eigentlich sollte es mich auch nicht wundern aber trotzdem spürte ich ein fieses stechendes Gefühl in meiner Brust. Natürlich tauchte er heute nicht auf und natürlich regte es mich auf.

"Aishh..." aber es brachte nichts sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Genauso wenig wie es Sinn machte nach dem USB Stick zu suchen. Er blieb einfach unauffindbar und so langsam hatte ich wirklich die Nase gestrichen voll. Wer weiß, vielleicht hatte ich mich ja wirklich in etwas verannt dem ich augenscheinlich nicht gewachsen war?

Meine Füße setzten sich mechanisch in Bewegung. Ich schüttelte den Kopf, vertrieb die Gedanken aber alles in mir sträubte sich. Dieses loslassen, aufgeben. Doch ich war müde. Müde Gedanken würden aber nicht zur Aufklärung führen. Ich durfte mir keine Schwächen mehr erlauben, wenn ich mir und den Anderen endlich etwas beweisen wollte.

Also biss ich die Zähne aufeinander und zog das Ding durch. Mit oder ohne Justin. Ich würde das auch ganz alleine schaffen. Immer noch mit lendirter Brust bewegte ich mich in der Hektik Seouls, erledigte noch vorher einige wichtigen Besorgungen bevor ich mich von einem Taxifahrer quer durch die Stradt fahren ließ. Ich analysierte, versuchte mich fiebrig an die Straßen zu erinnern und fand nach einiger Zeit auch endlich das wonach ich suchte. Ich bezahlte den Taxifahrer und stieg aus. Das die Sache von da an nicht ganz so leicht werden würde, zeigte sich als ich einen Wächter am Eingang hinter der Glasscheibe entdeckte.

Für die reicheren Viertel in Seouls nichts ungewöhnliches. Für mich aber eine reine Katastrophe.

"Verdammt. Da komme ich nicht so leicht drann vorbei." zischte ich und machte Sicherheitshalber jetzt schon einmal ein paar Fotos. Aber was jetzt? Mit so einem Hinderniss hatte ich nicht gerechnet und es war ja nicht so, daß ich den Namen des Mannes kannte den ich suchte.

"Denk nach Taehyung...." murmelte ich und studierte den Eingangsbereich aus sicherer Entfernung. "Denk nach..." überlegend knabberte ich auf meine Unterlippe, als mich plötzlich eine bekannte Stimme aus den Gedanken riss.

"Wie lang willst du dort noch stehen und den Wächter anstarren, als würde er sich dadurch in Luft auflösen, Hyung."

Ich zuckte zusammen. Wie ihn Zeitlupe hob ich den Kopf und blieb sofort wie erstarrt. Das konnte doch unmöglich sein. "Woher...?" fast stimmlos brach es aus mir heraus, als ich dort Niemand geringeres als Justin stehen sah.

"Justin?"

"Der Leibhaftige." antwortete er dumpf und schien sich aus meiner Verwirrung nichts zu machen. Er stand wieder in seiner geordneten Aufmachung vor mir. Brav in Hemd und Anzugshose, gebügelt wie es nur Jemand konnte der sehr auf akkurate Ordnung achtete. Perfekt zurecht gelegtes Haar. Die große Brille, die mir seltsamerweise immer den Blick auf seine schönen nachtschwarzen Augen verwehrte, schob er sich auf die Nase zurück. Er sah aus wie der Bilderbuch Junge aus meinen gute Nacht Geschichten. Nur war sein Verhalten von gestern nicht wirklich Bilderbuch reich.

"W-was tust du hier?" Ich achtete nicht länger auf sein Äußeres, ging es mich ja auch eigentlich nichts an. Mein Blick verdunkelte sich, bevor ich wieder auf mein eigentliches Ziel sah und so tat als würde es mich gar nicht interessieren das er überhaupt da war.

"Hier einfach so aufzukreuzen, ohne einen Plan zu haben in allen Ehren aber denkst du nicht das es vergeudete Zeit und Energie bedeutet?" er ging nicht auf meine Fragen ein, stellte sich stattdessen neben mich und folgte meinen Blick in Richtung des Wächters.

"Mir fällt schon etwas ein..." ich konnte mir nicht helfen aber ein gewisser Misstrauen haftete meiner Stimme an. Vielleicht sprach noch die Enttäuschung und Wut aus mir heraus aber er sah auch nicht so aus, als würde ihn meine abweisende Haltung in irgendeinerweise stören.

Das leichte Lächeln auf seinen Lippen verstärkte sich und ich schluckte leer bei dem aufkommenden Gefühl von Nervosität. "Außerdem hab ich einen Plan...so halbwegs zimindestens." murmelte ich trotzig hinterher und starrte auf meinen Rucksack. "Aber ich komme nicht an diesen Wächter vorbei."

"Ich kann dir helfen, Hyung."

... Hyung.

Erneut musste ich schlucken, schloss für einen ganz kleinen Moment die Augen um mein Fokus wieder zurück auf die wichtige Arbeit zu lenken. Mein törichtes Herz machte es mir dummerweise nicht leicht.

"Du bist der Praktikant. Ich will dich nicht unnötig in Schwierigkeiten bringen."

"Bringst du dich etwa in Schwierigkeiten?"

Mit einem Male schloss sich mein Mund. Ich spürte den Schweiß auf meiner Stirn, die ansteigende Anspannung und den festen Blick, mit dem er mich unentwegt durchlöcherte.

Irgendetwas war ganz und gar anders an Justin...

"N-natürlich nicht, daß ist alles Routine. Ich recherchiere nur." erklärte ich schließlich notgedrungen und spreizte die Finger, als ich bemerkte wie ich mich immer fester an die Fassade krallte.

"Warum bist du hier?" hörte ich mich nach dem Grund seines Auftauchens fragen. Ich verhielt mich nach der gestrigen Abfuhr ja echt armselig. Aber ich konnte es einfach nicht sein lassen. Konnte Gesagtes nicht verarbeiten.

Sein Seufzen ließ den Klumpen in meinem Magen schwere werden. "Dein Chef hat mir gesagt das du auf der Spur von Cheon Namjoon bist. Ich sollte dir helfen, weil er der Meinung war das du zu nichts zu gebrauchen bist."

"Oh wie überaus.. nett." Mistkerl.

"Deswegen bin ich hier."

Ach ja, nur deswegen?

"Das schaffe ich auch ganz gut allein, danke." murrte ich beleidigt und begann in meiner großen Tasche zu wühlen. Ich holte das Outfit eines Lieferanten hervor. Als Justin sah was mein Plan war verschrenkte er die Arme vor der Brust und sah mich mit großer Skepsis an. "Ich kann dir wirklich helfen, Hyung."

Aber ich lehnte ab. "Es ist besser du bleibst hier. Ich bin in wenigen Minuten wieder zurück." ich streifte mir die Klamotten einfach über die meinen, setzte mir das erfundene Logo auf die Brust und nahm meine kleine Lieferbox in der sich das vermeintlich bestellte Essen befand und stapfte mit einem festen Ziel vor Augen los.

Dabei ging mir eigentlich so richtig die Düse, was ich mir selbstverständlich vor Justin nicht anmerken ließ.

Das letzte Mal bei so einer Aktion wäre ich beinahe getötet worden. Die Sache war um einiges größer als ich es zugab. Es ging mehr als nur um ein simples Foto und ich wusste das ich mit dem Feuer spielte.

Drogen.

Mord.

Mafia?

In was war ich das letzte Mal geraten und was hatte das alles vielleicht auch mit dem Reaper zu tun?

Es waren noch viel zu viele Fragen unbeantwortet - aber ich brauchte Antworten.

Und ich würde sie mir holen.

Die dunklen Augen die mich dabei unentwegt verfolgten, entgingen dabei völlig meiner Wahrnehmung.

Ein nervenaufreibendes Kribbeln durchzog meinen Körper als ich direkt auf den Mann hinter der Glasscheibe zusteuerte und dabei die Box zitternd vor mir hielt. Er entdeckte mich, rümpfte die Nase und setzte sich aufrecht. Erst versuchte ich einfach so hindurch zu kommen aber natürlich verhielt ich mich viel zu suspekt, als das es wirklich so einfach hätte sein können.

"Halt." dröhnte die strenge Stimme des Wächters und ich zwang mich zum Lächeln, also blieb ich stehen und wandte mich schwerenherzens um. "Lieferservice." trällerte ich und um meine guten Absichten auch wirklich zu verdeutlichen, hob ich die Lieferbox an.

"Für wen?" brummte er und ich rang kaum hörbar nach Atem. Mit ruhelosen Blick sah ich mich um, zögerte sichtlich mit der Antwort, was deutlich an meiner Glaubwürdigkeit zu rütteln schien.

"Oh das- Ich kann leider den Namen auf den Zettel nicht mehr richtig entziffern.. Ehhm.. das Fett, es hat es leider etwas verwischt...dumm sowas aber leider passiert das mal öfters.. uhm.. aber es handelt sich um die Wohnun....Die Wohnung mit der Nummer-" genau in diesem Moment fielen mir die Nummern an den Briefkästen auf, dahinter standen auch die Namen der Mieter die in diesem teuren Wohnkomplex wohnten, nur leider konnte ich sie aus dieser weiten Entfernung nicht vollständig entziffern.

"Wohnung... 08 Mr. K-kang.. Cho...?" meine Stimme war nichts mehr als ein hauchen. Ich war wirklich nicht gut darin undercover in irgendwelche Rollen zu schlüpfen und als ich glaubte meine Tarnung sei noch sofort aufgeflogen, griff der Wächter nach dem Telefonhörer und wählte ohne ein Wort der Erklärung eine Nummer. Mir stockte der Atem. Ich bemühte mich um eine aufrechte Haltung aber richtig wohl bei der Sache war mir nicht wirklich. Welchen Zweck hatte dieser Anruf?

Ich ahnte nichts gutes...

"Ah Mr Kang. Entschuldigen Sie die Störung aber hier steht irgendso ein Lieferant. Sie haben nicht zufällig etwas bestellt?"

Ich rannte.

So schnell ich nur konnte begann ich den Weg zurück zu sprinten, hörte den Wärter noch verärgert hinter mir herrufen aber ich blickte nicht mehr zurück. In völliger Panik wirbelte ich wie ein tosender Tornado um die Ecke, zurück an die Stelle wo Justin auf mich warten sollte und wurde direkt von zwei Armen in Empfang genommen.

Die Luft presste sich aus meinen Lungen als ich gegen seine Brust stieß. "Na? Lief wohl doch nicht so wie geplant."

Mein Blick wanderte hoch. Geschockt stolperte ich zwei Schritte zurück und wäre beinahe über meine eigenen zwei Beine gefallen aber Justin bewahrte mich vor einem Sturz in dem er rechtzeitig nach meiner Hand schnappte.

Ich hörte ihn genervt ausatmen.

"Du suchst ständig nur nach Problemen, kann das sein?"

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AHHHH.. ein Update! 🥳 Nach ewigkeiten hab ichs auch mal wieder geschafft aber auch nur weil ihr mir gezeigt habt, wie sehr ihr den Reaper mögt 🥹🫶
Danke dafür! Und danke auch fürs nicht aufgeben dieser Story!!

Ich hoffe einige freuen sich über das Kapitel und habt Nachsicht. Lange Pausen werfen mich so bissl raus 🥲

❤️







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