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Taehyung ✜

Eine kühle Briese durchzog die Straßen und ich begann irgendwann mit den Fußballen zu wippen, legte die Stirn kraus und drehte das Gesicht von einer Seite zur nächsten.

"Justin, was machen wir hier? Das hier ist ein fremdes Gelände.. was wenn uns jemand erwischt?" fragte ich hörbar nervös und suchte die fremde Gegend nach irgendwelchen Leuten ab, die uns gleich womöglich noch davonjagten, sobald sie sahen was wir hier verbotenes taten.

"Keine Sorge. Hab alles im Griff." kommentierte Justin absolut unbesorgt und hatte tatsächlich mit nur wenigen Handgriffen das große Gittertor aufgebrochen.

"Wie hast du-?" ich war viel zu geschockt und meine Verwirrung verwirrte mich inzwischen selbst viel zu heftig.

Erst tauchte Justin hier so völlig.. anders auf. Zerrissene Jeans und Lederjacke? Wo waren den plötzlich die Fliederfarbenden Hemden geblieben und die gebügelt Faltenhose? Aber nein - dann rauchte er auch noch? Doch als würde das an Ominöse Verkettung nicht schon reichen, bewies er mir hier allen ernsten gerade seine tolle Einbrecher-Fähigkeiten?

Er hatte mich mit bravour überrumpelt, denn ansonsten hätte ich im Leben kein Fuß in dieses leer stehende Gebäude gesetzt. Es war düster, alt und einfach nur viel zu gruselig!

"Keine Zeit zum Däumchen drehen, Hyung. Komm, bevor uns noch Jemand sieht." meinte er schmunzelnd und lieferte mir somit die Bestätigung für diese nicht ganz so legale Aktion.

"Warte, was wenn-" Justin packte meinen Arm und zog mich einfach mit sich, ohne mich auch nur zu Ende sprechen zu lassen und lachte leise.

"Ich kenne diesen Ort hier wie meine Westentasche. Du brauchst dich also wirklich vor nichts zu fürchten."

Ich hatte keine andere Wahl als ihm zu folgen und als wir das renovierfällige heruntergekomme Gebäude betraten, fühlte ich mich in Justins Nähe tatsächlich nicht ganz so ängstlich.

"Und du willst mir auch wirklich nicht sagen was wir hier machen?"

"Nope." wieder grinste er und wieder keimte das gewisse Gefühl in mir auf, hier eine völlig andere Person vor mir stehen zu haben und nicht Justin. Ich konnte es nicht so richtig greifen und beschreiben, es war vielmehr ein Gefühl - wie eine versteckte Intuition aber es beschäftigte mich im Grunde genommen seit ich ihm das erste Mal begegnet war.

Denn diese Begegnung auf der Straße, als ich ausversehen in ihn hineingelaufen war konnte ich einfach nicht vergessen, sowie die Begegnung am Kiosk. Beide Male wirkte er anders. Ungezwungen - irgendwie provokanter. Auf der Arbeit hingegen schien er immer so angespannt zu sein, obwohl er immer so viel lächelte und auch stets höflich war.

Eine ganz schön verzwickte Lage. War Justin vielleicht bipolar?!

Er führte mich zu einem alten Aufzug, für den man das Gitter selbst aufdrücken musste. Es knirschte und quietschte laut, es machte nur deutlicher wie lange der Aufzug schon nicht mehr in Benutzung war, weshalb ich wie versteinert stehen blieb, als ich sah wie Justin mich genau dort hineinziehen wollte.

"Hyung, was bleibst du stehen?"

"Ist das überhaupt sicher? Was wenn wir mit diesem alten Ding irgendwo stecken bleiben? Oder noch schlimmer... hinab stürzen?!"

Justin grinste wieder so schalkhaft, als er sich dann zu mir umdrehte. "Wird nicht passieren." versicherte er mir und zog mich kurzerhand einfach so in den Fahrstuhl. Überrumpelt stolperte ich hinein und suchte sogleich irgendwo halt, als das verostete Ding sich quietschend in Bewegung setzte.

"Woha-" Es ratterte gehörig und ich spürte wie mir das Herz sofort in die Hose rutschte, nach jedem heftigeren Holpern. Meine panische Todesangst schien ihn jedoch köstlich zu amüsieren, denn er lachte immer noch. Wahrscheinlich tat er es auch nur, weil ich mir vor Angst fast in die Hosen gemacht hätte.

Ich bewies mal wieder was für ein überaus Erwachsener reifer Hyung ich doch war - nicht. ugh.

Nach einer gefühlten Ewigkeit - lass es auch nur wenige Minuten gewesen sein, kamen wir an der gewünschten Etage an. Wieder drückte Justin vorher das Gitter auf, bevor wir aussteigen konnten und ließ mich dann weiterziehen.

Wir erreichten die Treppen vom Treppenhaus und es ging dann nochmal eine Etage höher. Ich wollte bereits ein zweites mal fragen, was wir hier wollten da erreichten wir eine blecherne Tür, die dann tatsächlich aufs Dach führte.

Das Dach des Hauses war flach, relativ weitläufig und glich einer selbst errichteten chiller Lounge mit den ganzen selbst aufgestellten Laternen, den bunten Lichterketten und der bequem hergerichteten Oase aus Kissen.

Mein Mund stand vor Überraschungen offen. Hat er das alles so hergerichtet?

Der Kies knackte unter Justins Schuhen, als er zielstrebig vorging und mich mit sich winkte. Schnell schloss ich die Tür und folgte ihm kleinschrittig.

Der Wind war in dieser Höhe wesentlich stärker und wehte direkt durch meine Kleidung. In nur wenigen Sekunden war ich bereits durchgefroren, wogegen Justin alles ganz gelassen hinzunehmen schien.

Trotz allem war es eine super klare Nacht. Zu allen Seiten erschreckte sich wolkenloser Himmel und presentierte unzählige der funkelnden Sterne, welche aus dieser Höhe zum greifen nahe aussahen.

Fasziniert ließ ich dieses Bild auf mich wirken, bevor ich mein Mantel enger zog und Justin eilig folgte.

"Was ist das hier für ein Ort?" fragte ich sogleich überwältigt und scheute mich auch nicht davor meine Faszination offen zu zeigen.

"Gefällt es dir?"

"Was für eine Frage, natürlich!"

"Dann setzt dich." sagte er wieder grinsend und deutete auf die weichen Kissen neben sich. Ich war noch irgendwie viel zu überrascht und wollte noch etwas sagen, als ich von Justin schon hinunter gezwungen wurde.

"Schon besser." kommentierte er zufrieden, ehe er sich gelassen zurücklehnte und die Beine von sich ausstreckte.

Ich tat es ihm gleich und sah mich danach genauer um. Da stand einfach so eine Kiste Bier herum. Überall waren leere Dosen, sowie Zigarettenstümmel verteilt. Trotz dem sanften Licht der Lichterketten und Laternen, erlosch die zauberhafte Atmosphäre etwas und ich rümpfte leicht angewidert die Nase. Was für ein Saustall.

"Bist du wirklich Justin?" fiel ich mit der Tür gleich ins Haus aber Justin ließ sich von meinen bescheuerten Fragen nicht wirklich beirren.

"Willst du das wirklich wissen?"

Irgendwie klang seine Antwort so beängstigend. Er sprach so dunkel als würde sich dahinter eine grauenvolle Wahrheit verstecken, weshalb ich es direkt wieder zurücknahm.

"Vergiss es. Lieber nicht."

"Dachte ich mir." etwas triumphierendes blitze in seinen Augen auf aber wenn er ernsthaft gedacht hatte, daß ich mit Fragen stellen fertig war, so musste ich ihn leider enttäuschen.

"Seit wann rauchst du?"

"Schon immer."

"Wirklich? Wieso kam es das ich dich nie hab rauchen sehen?"

"Weiß nicht. Vielleicht warst du mit deinen Gedanken immer wo anders?"

Falsch lag er nicht aber trotzdem wäre es mir doch aufgefallen, wenn er geraucht hätte!

"Trinken tust du auch? Was sagen eigentlich deine Eltern dazu?"

Justin zuckte ahnungslos mit den Schultern. "Ich seh sie nie. Weiß es also nicht."

Ich runzelte die Stirn. Fast hätte ich vergessen das er ja ein Kind eines reichen Paares war. Vermutlich vereisten sie viel?

"Was ist mit deinen Sachen?"

Er schnaufte belustigt, als er diese Frage hörte. "Was soll schon mit ihnen sein?"

"Du.. bist.. halt so anders. Ich hab das Gefühl, als würde ich mich mit einer anderen Person unterhalten..."

Justin tat so überdramatisch, als er zu mir sah, sich vorbeugte und mit gruseliger Stimme meinte. "Vielleicht bin ich das ja auch, Hyung."

Ich starrte ihn an, unwissend wie ich das auffassen sollte und sah wie er sich schmunzelnd wieder in die Kissen zurücklehnte. "Man sollte Niemanden vertrauen, außer sich selbst. Ein nett gemeinter Rat, mal so Rande."

Natürlich spielte er da auf Jackson an. Vermutlich traf es auch noch auf soviel mehr zu und da musste ich ihm leider Recht geben. Ich war viel zu leichtgläubig.

Ich blies angesäuert die Wangen auf, wollte bereits zur nächste Fragerunde übergehen, als Justin zwei Dose Bier heranzog und mir eine davon rüberreichte.

"Ich trinke nicht."

"Ach deswegen stinkst du so als wärst du in ein Fass Rum gefallen, mh?"

Ich starrte ihn empört an. Seit wann war er so Vorlaut?! Ich riss ihm das Bier aus der Hand, öffnete geschickt den Verschluss und trank in einem halben Zug fast die ganze Dose Bier aus.

Ich schnaufte hart als ich die Dose von den Lippen absetze und mir über den Mund wischte. "Zufrieden?"

"Jap." er lachte leise bevor auch er seine Dose Bier öffnete und einen schluck davon nahm. Unentschlossen musterte ich ihn dabei.

Er sah so fremd aus, gab sich so ganz anders. Ich war nach wie vor mega verwirrt aber das Gefühl, was ich ständig in seiner Nähe erhielt war das selbe. Vielleicht aber flatterte mein Herz gerade auch stärker, weil er eben so.. anders war? Ich wusste nicht wie ich es benennen sollte, es verwirrte mich alles einfach viel zu sehr.

"Was ist da in der Tüte?" fragte ich beiläufig, einfach um mich selbst von meinen Gedanken abzulenken und zeigte auf den Plastikbeutel.

"Da?" Justin hob die Tüte hoch. "Ramen. War vorhin noch beim Kiosk."

"Der Kiosk ist doch noch so weit weg. Was machst du dann in dieser Gegend mit einer vollen Tüte Ramen?"

Als ich sah wie er die Augen verdrehte, war ich erneut sprachlos. Ich schnüffelte ganz schnell an der Dose Bier. War da vielleicht etwas beigemischt worden? Oder lag es vielleicht sogar an dem Schluck Whiskey den ich vorhin genommen hatte?

"Hatte noch einige Erledigungen zu tun, Mr. neugieriger Journalist. Ich denke du solltest mir einfach dankbar sein das ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und dir aus der Patsche geholfen hab, findest du nicht?"

"Uhm.. eh.. ja natürlich. Danke nochmals dafür." ich fühlte mich immer noch wie vor den Kopf gestoßen und wusste selbst nicht mehr was ich da brabbelte.

Unter einem genussvollen Ächzen, lehnte Justin sich tiefer in die Kissen zurück und trank ganz gemütlich sein Bier weiter.

Kurzweilig herrschte Stille.

Plötzlich zog er aber eine Zigarettenschachtel hervor, warf sie dann wieder achtlos zurück auf den Kies und steckte sich tatsächlich auch noch eine Zigarette an. Ich beobachtete ihn murrend. Nochmals nahm ich einen schluck vom Bier, spürte wie erfrischend und kühl es meinen Körper durchströmte.

"Justin..."

"Hm?" geübt zog er an der Zigarette und stieß den Rauch in die kalte Nachtluft hinaus. Es war wirklich angenehm hier zu sitzen, neben ihm - auch wenn ich umgeben war von unzähligen leeren Bierdosen und Flaschen.

"Wieso hast du mich jetzt hier her gebracht? So wie es hier aussieht, scheint es nicht so als würdest du oft Leute hier herbringen. Also wieso.. mich?"

"Hmmm..." Er ließ sich Zeit mit der Antwort und je länger diese Stille anhielt, desto hibbeliger wurde ich innerlich. Mein Herz ließ sich vor Aufregung kaum noch beruhigen.

"Nach der Aktion von diesem Bastard, sahst du einfach so aus, als könntest du eine kleine Auszeit gebrauchen."

"Oh.." sagte ich verlegen und schluckte leer. "Das ist wirklich nett von dir."

"So bin ich halt. Immer nett und freundlich." grinsend hielt Justin mir plötzlich die Zigarette vor die Lippen. "Auch mal ziehen?"

Noch sofort nahm ich eine Abwehrhaltung ein und schüttelte heftig mit dem Kopf. "Nein Danke. Das ist wirklich nichts für mich. Meine Lungen sind viel zu schwach dafür."

Dann lachte er erneut, nahm die Zigarette wieder an sich und drehte überlegend die Dose in der Hand hin und her. "Wie geht es deiner Brust eigentlich?"

Ich wandte den Blick sofort ab und starrte mit roten Kopf auf das Kies. Er hatte es gesehen? Wann? Als ich eingeschlafen war? Nachdem wir uns... geküsst hatten?

"Uhm eh.. ehh.. also..geht schon wieder." wich ich halbherzig aus und hoffte inständig das wir jetzt nicht auch noch ernsthaft über die Situation in meiner Wohnung sprachen. Ich war einfach nicht bereit dafür.

Justin nickte nur.

"Wieso verteidigst du den Reaper?" fuhr er nach einigen Minuten nachdenklich fort.

Ich blinzelte perplex. Mir fehlten die Worte, eine eine passende Erklärung dafür - denn eigentlich gab es keine.

"Er ist ein Mörder. Er richtet die Menschen auf grausame Art und Weise nieder. Wie kannst du Sympathien für so Jemanden haben?"

"Also was das betrifft..." ich bearbeitete die Unterlippe mit den Zähnen und ließ mein Blick überlegend über das Dach wandern. "Ich hab leider nicht sehr viel über ihn herausfinden können. Er ist wie ein einziges Mysterium. Niemals hat sich Jemand ernsthaft mit seinen Beweggründen beschäftigt. Jeder sieht nur was im Fernsehn gezeigt wird, wie er Leute ermordet... Also, nicht falsch verstehen, das er Leute umbringt ist falsch aber hat er jemals Kinder getötet? Oder Frauen? Die die er umgebracht hat waren teilweise Kinderschänder, selbst Mörder oder im illegalen Drogenhandel. Deswegen finde ich die bezeichnung 'Monster' zu heftig. Es muss einen Auftraggeber geben, was wäre der Reaper ohne Aufträge? Würde er vielleicht einen anderen Weg gehen? Man weiß es nicht.... "

Jetzt wo ich so meine Gedanken dazu offen bekundigt hatte, fühlte ich mich irgendwie dumm. Verteidigte Ich hier tatsächlich einen Mörder?

Ich ließ die Lider senken und räusperte mich leise. Seit meiner Begegnung mit dem Reaper, hatte sich mein Weltbild von ihm einfach verändert.

"Er.... er hätte mich auch töten können. Ich war ein Tatzeuge. Ich hab ihn gesehen. Er hätte einfach sein Messer nehmen und mir die Kehle aufschlitzen können...So wie er es bei diesem Mann getan hat..."

Ich schluckte schwer, als ich ganz leise hinzufügte. "Er hat es aber nicht getan..."

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Ich bin bisschen soft für dieses Kapitel 😜

Jk dieser Charmeur. Er weiß einfach wie man die Herzen erobert ohne sich dem bewusst zu sein 😂









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