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Am darauffolgenden Tag stehst du ausnahmsweise sogar früh auf. Du duschst dich ausgiebig, machst dir die Haare, schminkst dich und ziehst dir anschließend deine schon am vorherigen Tag zurechtgelegten Sachen an.

Die Worte und die Sorge, die mit deinem anonymen Anschreiber zusammenhängen, spuken dir immer noch im Kopf herum.
Immer mehr bekommst du es mit der Angst zu tun, da die Stimme in deinem Kopf dich davor warnt, Gefühle entwickeln zu können. Schließlich hast du das zuvor noch nie. Und zu Typen, die sich nicht so kindisch wie die Jungs in deiner Schule aufführen, erst recht.

Ungläubig schütteltest du mit dem Kopf, als du deine Doc Martens zuschnürst und deine Tasche über die Schulter schwingst.
Gefühle, für jemanden über WhatsApp? Jetzt spinnst du doch wirklich.

(...)

„Und (y/n), wie geht's?", will Jungkook gutgelaunt wissen, nachdem ihr euch in der Schule über den Weg gelaufen seid. „Mhhh", antwortest du bloß und gähnst kurz. „So lala."

„Was los?", fragt er und schultert seinen schwarzen Rucksack. Theatralisch seufzt du auf, legst deinen Kopf auf seine Schulter, und hältst ihm dann dein Handy unter die Nase: „Sieh' selbst."

Währenddessen siehst du dich um, sodass auch gar niemand mitbekommen kann, über was ihr sprechen werdet. Warum auch immer... es ist dir unangenehm, dass du so schnell angefangen hast, über deine Ängste mit einer wildfremden Person zu sprechen.

„Sag mal kennst du den? Warum schreibst du plötzlich so privat mit dem Typen, der dir eine Sexting-Anfrage geschickt hat?", fragt Jungkook ungläubig und beginnt zu lachen.
„Pssst! Nicht so laut", zischst du augenblicklich und ziehst deine Handy kurz zurück, nachdem du die Gegend um euch herum abgecheckt hast und Jungkook die meisten Nachrichten gelesen hat.

„Was ist denn? Du bist ja ganz aus dem Häuschen", erwidert er mit gedämpfter Stimme und sieht zu, wie du einige in deinen Augen peinliche Nachrichten löschst: „Hey, was machst du da?"

„Das ist unangenehm", erklärst du ihm. „Ich fühle mich so komisch... warum schreibe ich so offen mit ihm und teile ihm meine Sorgen mit? Ja, es sollte es mich ja nicht jucken, da ich es selber eingeleitet habe... also indirekt... aber... aber..."

„Du findest es komisch, jemanden dich anzuvertrauen und dir verstanden vorzukommen?"

„Naja, was ist, wenn meine Nachrichten wirken, als hätte ich doch richtiges Interesse an ihm, da ich ja immer zurückgeschrieben habe. Ich komme mir so... kindisch vor?"
Du zuckst beschämt mit den Schultern.

„(y/n)!" Jungkook hebt leicht dein Kinn an: „Du musst dich nicht eigenartig fühlen. Selbst wenn es etwas... unüblich ist, über private Themen mit einem Unbekannten zu schreiben, der dich nach wie vor vögeln will - auch wenn das auch nur Spaß sein kann natürlich -, ist das doch nicht schlimm, solange du dich trotz alledem wohl dabei fühlst... du kannst dich doch auch mal verstanden von einem Typen stehen..."

Tief atmest du durch und lässt meine Augen dann zu den seinen wandern: „Ich stehe aber doch gar nicht auf diesem Romantik-Kram!"

„Jemanden zu verstehen ist automatisch Kitsch?" Belustigt zieht er eine Augenbraue in die Höhe. „Ihr bleibt doch trotz alledem sehr sachlich. Und selbst wenn es naiv wirkt... es wird doch vorerst nichts passieren... und wenn es dir zu viel werden sollte, kannst du immer noch aufhören..."

„Was ist, wenn er mir bald immer besser gefällt und ich mich aber in ihn verliebe?", wimmerst du auf. „Weißt du, ich komme mir halt vor allem dumm vor, dass ich gleich so fasziniert von irgendeinem anonymen Typen bin, der irgendein Psycho sein könnte... ich verhalte mich wie ein verzweifeltes kleines Kind..."

Der Jüngere zieht dich plötzlich in eine liebevolle Umarmung. „Hey... hey, (y/n)... ganz ruhig. Du schreibst seit vier Tagen mit dieser Person... du kannst alles ganz normal entwickeln lassen, okay? Wenn dir 'was Spanisch vorkommt, rufst du mich an und ich trete den Typen in seinen Allerwertesten... aber vorerst kannst du doch alles ganz ruhig angehen. Vielleicht bekommst du ja auch raus, wer es ist... und ihr könnt möglicherweise glücklich werden. Ich weiß, das klingt jetzt auch wieder klischeehaft, aber du kannst ja nie wissen..."

„Du bist so lieb, Kookie", entgegnest du und schiebst glücklich schmunzelnd deine Unterlippe vor. „Wieso kannst du nicht mein Typ sein und zudem nicht mein bester Freund und vergeben?"

„Was hast du gesagt?", hört ihr eine Stimme hinter euch, woraufhin ihr erschrocken auseinander schreckt und du anschließend - obwohl einige Nachrichten schon gar nicht mehr auf deinem Handy existieren - dies in deiner Hosentasche verschwinden lässt.

„Chae, komm runter... (y/n) hat doch gesagt, dass ich nicht ihrem Typ entspreche...", beruhigt Jungkook seine Freundin seufzend. „Kein Grund zur Sorge... ich liebe doch nur dich... zwischen (y/n) und mir ist zu wenig Tension..."

„Genau, Chaeyoung", sprichst du der Lavenderhaarigen freundlich zu. „Ich könnte niemals anfangen, auf Jungkook zu stehen..."

Dein bester Freund und du schaut euch beinahe schon ekelerregt an, was dir erneut beweist, dass zwischen euch - auch wenn es zwischen zwei heterosexuellen Menschen so gut wie unmöglich erscheinen mag, dass nicht wenigstens einer in einer engen Freundschaft Gefühle entwickelt - nichts mehr als eine platonische Bindung besteht.

„Ah... ja", antwortete Chaeyoung daraufhin. Auch wenn du weißt, dass die 17-jährige einige Probleme an den Tag bringt, dich vollends aufgrund deiner engen Freundschaft zu Jungkook zu mögen, gibt sie sich zumindest Mühe, entspannt zu wirken. „Wahrscheinlich ging es auch um irgendwelche Typen von (y/n)?"

„Ja... aber nicht so wichtig", meint dein bester Freund anschließend und schenkt seiner zierlichen Freundin einen kurzen, wenn auch liebevollen Kuss.

Du räusperst dich unmittelbar, woraufhin die beiden den kleinen Liebesakt unterbrachen. „Na, dann lass' ich euch zwei mal alleine... Wir sehen uns später, Schatz."

Sie gibt Jungkook noch einen kurzen Kuss auf die Wange, bevor sie zufrieden schmunzelnd hinter der nächste Ecke verschwindet.

(...)

Nach einigen Schulstunden ist es schon wieder Vormittag. Ich hast eine Sportstunde hinter dir und ein gutes Gefühl nach deiner Volleyball-Prüfung eine einigermaßen zufriedenstellende Note abstauben zu können.

Nachdem du dir wieder deine normale Kleidung übergezogen und dir deine Haare, die von fettigen Strähnen durchzogen wurden, angeekelt zu einem Dutt gebunden hast, hast du dich vor der Sporthalle alleine auf einer Bank niedergelassen.
Zudem hast du beschlossen, wieder etwas mit dem Unbekannten zu chatten.

Du hast ja sonst keine besseren Kontakte. Ruhig öffnest du euren Chat. Zuletzt online ist der Typ vor etwas mehr als einer halben Stunde gewesen. Schließlich entscheidest du dich für ein einfaches:


MY DUMB ASS
Hey Unbekannter

HOPEFULLY NOT MY
FIRST REAL CRUSH
Hey kleine

HOPEFULLY NOT MY
FIRST REAL CRUSH
Sahst etwas müde heute auf dem
Flur aus... aber sonst natürlich
hübsch wie immer. Konntest du
nicht schlafen?

MY DUMB ASS
Wo zur Hölle siehst du mich
eigentlich immer? Also entweder
schaust du durchs Fenster oder du
gehst auf meine Schule...

MY DUMB ASS
Aber ich vermute eher letzteres

HOPEFULLY NOT MY
FIRST REAL CRUSH
Stimmt schon

MY DUMB ASS
Wow wie praktisch, dass auch nicht
total viele Personen auf meine
Schule gehen, für die du in Frage
kommen könntest

MY DUMB ASS
Gleichzeitig ist aber auch iwie niemand
hier, der du sein könntest

MY DUMB ASS
Die sind alle so weird istg

HOPEFULLY NOT MY
FIRST REAL CRUSH
Wir haben keine Kurse zusammen
und laufen uns eher selten über den
Weg soweit

MY DUMB ASS
Ah okay

MY DUMB ASS
Aber ich achte auch nicht so extrem
um die Leute um mich, das kommt
noch dazu

MY DUMB ASS
Nun aber werde ich die Augen
aufhalten T-T

HOPEFULLY NOT MY
FIRST REAL CRUSH
Du wirst mich eh nicht finden,
Kleine

MY DUMB ASS
Und was ist wenn


„(y/n), Handy weg!"

Ohne, dass du deine Nachricht zu Ende eintippen konntest, schaust du in die Richtung, aus der die strenge Stimme gekommen ist.

Herr Kim schreitet einige Meter von dir entfernt in die Richtung des B-Gebäudes. Seine Augen funkeln leicht, ansonsten wirkt er emotionslos und beinahe elegant, anhand seiner Art zu Gehen und seiner Körperhaltung. Du hast beinahe schon vergessen, dass der Mann dir ja gestern diesen eigenartigen Vorschlag gemacht hat. Inzwischen ist von seiner freundlichen Art kaum noch etwas übrig.

Trotz alledem schmunzelnd schaltest du dein Handy aus.

~*~

„Oh tut mir leid!"
Du blickst von deinem Handy zu der Person auf, in die ich gelaufen bist.

„Alles gut", erwidert der Junge, der sich deines Erachtens ebenfalls in meiner Stufe befindet. Kurz lächelst du ihn entschuldigend an, und gehst dann um ihn herum, ohne zu bemerken, dass er dir noch etwas sagen wollte. Verwirrt sieht sich Jungkook noch einmal nach dem Jungen um: „Ich glaube, er war noch nicht fertig."

„Hm?"

„Der Junge eben. Sah übrigens ziemlich glücklich aus, als er in dich gelaufen ist. Das war doch Jimins bester Freund Hoseok, oder?"

„Ja, kann sein...", antwortest du. Dein Desinteresse ist wohl in deiner Stimmlage mitgeschwungen, weshalb Jungkook dir sanft in die Rippen stößt: „Sag mal, seit wann bist du eigentlich so unterwürfig?"

„Unterwürfig? Wegen des Jungens eben oder warum?", fragst du deinen besten Freund unschlüssig, bevor ihr den Weg nach unten einschlagt, um daraufhin endlich nach Hause zu kommen und dort euren Montag zu beenden. Herr Kims Unterricht ist gerade vorbei. Zu deiner Überraschung ist dieser gar nicht so schlimm gewesen. Du konntest einige wenige Sätze übersetzen und dein Lehrer für Klassisches Chinesisch hat sich dir gegenüber normal verhalten.

„Du hast wieder nicht mit ihm diskutiert. Und ich meine Herrn Kim, nicht Hoseok."

Du musst schmunzeln: „Und weißt du was? Heute Mittag habe ich mein Handy sogar ohne Diskussion weggesteckt, als er mich erwischt hat... Aber es ist eigentlich ganz simpel: Ich will keinen Stress mit dem Typen, da er mir schließlich mein Handy einmal schon fast abgenommen hat."

Dir kommt es etwas komisch vor, Jungkook nicht über die angebotene Hilfe von Herrn Kim berichtet zu haben. Aber inzwischen siehst du darüber sowieso als kleinen Scherz hinweg. Der Mann meinte dies sicherlich nicht ernst.

„Aha", erwidert er knapp und scheint kurz zu überlegen. „Trotzdem... irgendetwas ist anders bei dir. Wahrscheinlich hat unser Lehrer irgendeine Auswirkung auf dich. Du verhältst dich nur in seiner Nähe komisch... so nervös..."

„Vielleicht liegt es daran, dass er gut aussieht? Ich bin auch nur ein Mensch und kann es mir nicht aussuchen... eigenartig. Immer noch keine neue Nachricht."

Jungkook späht wie so oft auf meinen Bildschirm: „Das wird schon noch... wie gesagt, lass alles entspannt angehen..."

„Ich sollte mir nach wie vor Gedanken machen, dass du immer sanfter und sanfter in Herr Kims Nähe wirst... dein armer Anschreiber ist am Ende noch eifersüchtig..."

Er fasste sich übertrieben seufzend ans Herz, als wäre das der Beginn einer wundervollen Liebesgeschichte: „Als du heute Herrn Kims Schlüssel aufgehoben hast, als sie ihm runtergefallen sind... und dieses schüchterne Lächeln deine Lippen zierte... stand dein Verehrer hinter einer Ecke und sah verletzt zu..."

„Ja, so war es bestimmt...", meinst du schmunzelnd und verdrehst die Augen. „Alles nur, weil ich bloß höflich war und — oh Gott, Schlüssel! Ich habe meinen Schlüsselbund noch oben."

Du wirst langsamer und stöhnst genervt auf, da du wieder zurück in deinen Klassenraum gehen musst, um deine verlorenen Schlüssel zu holen. Jungkook beginnt dich auszulachen, doch du knuffst ihn nur in die Seite. „Maaan... Ich habe heute schon genug Sport gemacht."

„Jeder Gang macht schlank", flötet er nur, woraufhin du ihm am liebsten den Mittelfinger zeigen willst, wären deine Arme nicht belegt.

„Wartest du zumindest unten? Ich bin sofort wieder da."
Und schon beginnst du, die Stufen wieder hinauf zu hechten. Wenn du Glück hast, ist der Raum für Klassisches Chinesisch noch auf und Herr Kim noch dort.
Wenn nicht, hast du Pech, denn deine Tante ist für diesen Tag in den Süden Seouls gefahren und wird erst morgen Morgen wieder eintreffen. Somit nimmst du gleich zwei Stufen auf einmal und rennst über den Flur hoch zu eurem Raum, als du erleichtert feststellst, dass dessen Tür noch offen steht.

Völlig aus der Puste nimmst du die letzten Schritte. „Herr Kim, sind Sie noch—"

Du stockst und deine Augen drohen dir aus den Höhlen zu springen. Das kann nicht wahr sein. Deine kleine Cousine Jennie und dein Lehrer umarmen sich vor der Tafel.

Das saß.




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