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"أحط نفسك بأولئك الذين يمنحونك السلام في كل من الأيام الجيدة والسيئة."

„Umgib dich mit denen, die dir Frieden schenken, sowohl an guten als auch an schlechten Tagen."






Es ist 22:00 Uhr, die Kinder schlafen und auch Baba. Ich sitze mit meinen Brüdern in unserem Garten, nicht alle, aber die meisten. Ich sitze auf unserem arabischen Sofa, das für den Garten geeignet ist. Links neben mir ist Yassin und rechts Ibrahim. Ich habe mich in die weiße Strickdecke eingewickelt, da es etwas kalt ist. Vorher hat Sayfullah alle kleinen Löcher in der Decke gezählt. Ich weiß nicht, warum er alles zählt, aber es beruhigt ihn. Die Kinder werden so schnell groß. Bald werden sie in den Kindergarten und dann in die richtige Schule gehen. Diese Gedanken lassen Tränen in mir aufkommen! Ich schniefe und sofort schauen alle Augen zu mir. ,,Shu fe?" fragt Yassin besorgt. Ich schaue in die Runde ,,Meine Kinder werden so schnell groß." Sofort beruhigen sich alle und fangen an zu schmunzeln. ,,Sie werden Männer", sagen sie. Nein, das dürfen sie nicht. Sie sollen meine Babys bleiben! Ich erlaube das nicht.

,,Sie gehen bald in die Schule." Ich weine diesmal wirklich. Ibrahim greift sofort ein, zieht mich in seine Arme und tätschelt meinen Kopf, um mich zu beruhigen. Meine Stimmungsschwankungen bringen mich noch um! Ich habe erst gestern meine Tage bekommen und kann jetzt schon nicht mehr. Bei mir ist es sehr schlimm. Ich habe so oft Rückenschmerzen, dass ich die ganze Zeit eine Wärmflasche an meinem Rücken habe und nur schlafen will. Allerdings ist das mit zwei Kindern schwierig. Baba und meine Brüder kümmern sich um sie, aber ich muss auch selbst eingreifen, wenn es zu viel wird. Heute war es besonders schlimm, sodass Baba und meine Brüder die Kinder übernommen haben und ich sie jetzt erst ins Bett gelegt habe. ,,Wir hoffen alle, dass sie nicht wie Neco in der Schule werden", schmunzelt Zayan. ,,Oh ja, das hoffen wir alle", nicke ich hastig, während ich immer noch in den Armen von Ibrahim bin. ,,Wisst ihr noch, wie verzweifelt Baba wegen dem Jugendamt war?", erzählt Yassin.

Das stimmt, einmal in der 9. Klasse saß Baba mit unserem Schuldirektor und dem Jugendamt und Neco. In dieser Woche wurde Baba schon 5 Mal wegen Störungen und Unhöflichkeit von Neco gegenüber Lehrern angerufen. Baba war so außer sich und verzweifelt, dass er einfach am Tisch saß und zum Jugendamt meinte: 'Bitte nehmen Sie ihn, ich will ihn nicht mehr. Ich kann es nicht mehr aushalten.' Sogar das Jugendamt fand Neco einen Extrafall.

Ich denke, es war für Baba mit uns am schwierigsten, da wir die einzigen sind, die ohne Mutter aufgewachsen sind. Baba hat selbst nie die Mutterliebe erfahren, da seine Mutter früh verstorben ist. Deshalb sind wir ihm wirklich dankbar. Er redet nicht viel oder unterhält sich viel darüber. ,,Wo warst du?'' ertönt die Stimme von Ibrahim neben mir, der sich schon aufrecht gesetzt hat. Oh, Neco ist da. Er setzt sich gegenüber von uns auf das Sofa. ,,Draußen'' , erwidert er trocken. Oh oh, das wird nicht gut mit Ibrahim, man darf nicht so mit ihm reden. ,,Hast du Hunger?'' , frage ich ihn. Er schüttelt leicht den Kopf. ,,Wo draußen?'' Es ist Djamal und ich bin mir sicher, dass es jetzt komplett schlimm laufen wird.

Djamal und Neco haben keine gute Bindung. Neco ist ein sehr aggressiver Mensch. Jedoch ist Djamal normalerweise ruhig, bis jemand ihn provoziert und er ausrastet. ,,Warum kommst du jeden Tag so spät?'' atmet er gereizt aus. ,,Du bist nicht mein Vater.'' Und da haben wir es, der Streit beginnt. Djamal und meine Brüder wollen Klarheit, aber Neco ist nicht der Typ für Klarheit. ,,Ich gehe jetzt hoch, Şev baş hemû'', sagt Yassin ich nicke und wünsche ihn genauso eine gute Nacht. Yassin ist jemand, der Konflikten eher aus dem Weg geht, deshalb zieht er sich jetzt auch zurück. Nicht aus Angst AstargfuruAllāh, sondern weil er ein friedliches Leben eher mag. Warum streiten, wenn man das Leben in Frieden genießen kann? Deshalb liebe und schätze ich Yassins friedliche Art so sehr. Was noch süßer ist, er zeigt diese Art auch Taufiqullah, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Und so ist er weg. Djamal setzt sich neben mich.
,,Hast du noch Schmerzen?" Oh, diese Frage lässt mich schmollen. Er macht sich Sorgen um mich! Ich schüttele meinen Kopf. ,,Warum hat sie Schmerzen?" Neco ist fast nie zuhause zurzeit, weshalb er auch nie weiß, was zuhause abgeht. ,,Wärst du zuhause, wüsstest du das." Als ob Djamal meine Gedanken lesen kann. ,,Xalaz."  reicht Ibrahim weiß, dass, wenn er nicht gleich eingreift, es schlimmer wird.


,,Immer wenn ich im Recht liege, heißt es 'reicht'." Ibrahim atmet laut aus. ,,Was hast du jetzt für ein beschissenes Problem?" ,,Nix, ich gehe rein", er steht auf. Ich tue es ihm nach. ,,Lawen?" wohin Neco hat seine Augenbrauen streng zusammengezogen. Er mag es nicht, wenn ich Djamal recht gebe. Er und Djamal haben seit Jahren nicht mehr die gleiche Bindung. Ich ignoriere Neco und laufe hinter Djamal her. Er geht unsere weißen Marmortreppen hoch. Ich tue es ihm nach. ,,Hör auf, mir zu folgen, Neyla." Ich kichere. Er weiß ganz genau, dass ich ihm trotzdem folgen werde. Im Zimmer angekommen, will er die Tür schon vor mein Gesicht zuknallen. Jedoch seufzt er kurz und lässt mich rein. Ich gehe stolz rein und setze mich auf sein Bett. Er setzt sich neben mich. Es ist am Anfang still, bis Djamal die Stille durchbricht. ,,Ich verstehe nicht, wann wird er endlich mich wieder normal behandeln?" Es ist ein Flüstern. Ich verstehe Djamal. Er vermisst seinen Bruder.



Ich zucke mit den Schultern. Neco war schon immer so, aber er ist noch verschlossener geworden, seit mir das alles passiert ist. Sie wollen wegen eines Mannes keine weitere Schwester oder weibliche Person in ihrem Leben verlieren. Ein Kloß bildet sich in meinem Hals bei dieser Erinnerung. ,,Denkst du an ihn?'' schüttle ich schnell meinen Kopf. Ich würde niemals wieder an ihn denken, das ist ayip und verboten. Djamal hat ihn als Bruder gesehen und mochte ihn am meisten von all meinen Brüdern. Die Tür wird stürmisch geöffnet und ein aufgebrachter Neco kommt herein. Djamal steht sofort auf und Neco packt ihn am Kragen. ,,Warum stehst du immer auf seiner  Seite?'' sagt Neco wütend. Djamal stößt ihn weg und sagt:
,,Benimm dich mal!'' Neco lacht spöttisch und die erste Faust fliegt auf Djamlas Gesicht. ,,Neco!'' schreie ich ihn an und gehe auf ihn zu. ,,Komm schon, schlag wieder zu, du Mann!'' Gerade als Neco wieder auf ihn losgehen will.


Abdullah kommt ins Zimmer und Fahid steht hinter ihm, was mir zeigt, dass die Sache geklärt ist. Jetzt muss sich Neco bei Djamal entschuldigen, da bin ich mir sicher. ,,Ihr seid doch keine Kinder mehr, immer dasselbe mit euch", sagt Abdullah unzufrieden. Fahid gähnt extra laut hinter seinem Vater, um Ärger zu provozieren. Ich kenne ihn und muss deshalb schmunzeln. ,,Wie lange willst du noch so bleiben, ha Neco?" Neco ignoriert ihn komplett. ,,Sei froh, dass ich Baba nichts erzähle, er würde dich nach Jordanien schicken." Das weckt Neco's Aufmerksamkeit und er nickt, senkt seinen Blick vor seinem älteren Bruder. ,,Yallah, wenn ich hier raus bin, ist hier alles geregelt." Beide nicken. ,,Neyla, Taale", komm fordert er mich auf, damit sie in Ruhe reden können.



,,Geh schlafen, Tisbahe Alaa kheir.'' Ich nicke und knutsche meinen Neffen ab. Danach wünsche ich ihm eine gute Nacht und begebe mich in mein Zimmer. Ich mache langsam die Tür auf, um die beiden nicht zu wecken, doch werde überrascht, als ich das Licht sehe und sie beide in meinem Bett sitzen und mich mit großen Augen anschauen. Warum schlafen sie nicht? Tut ihnen etwas weh? ,,Warum schlaft ihr nicht?'' Sofort schauen sie sich an und fangen an zu kichern. Ich schließe die Tür und begebe mich zum Bett und sofort kommen sie zu mir. Taufiqullah links und Sayfullah rechts. ,,Shu fe?'' frage ich die beiden, was los ist, weil sie normalerweise nie so ruhig sind. Es macht mir fast schon Angst. Ich hauche Taufiqullah einen Kuss auf den Kopf und dann gebe ich Sayfullah einen Kuss, der schon brummt. ,,Mami'', setzt Sayfullah an und seine großen Augen mustern mich genau. Ich summe ,,Baba'' und ab da schaue ich beide an. Sie wollen über ihren Baba reden. Die Sache lässt mich Tränen in den Augen bekommen. Da ist so, so, so niedlich.


Ich würde kein schlechtes Wort über Ihren Vater verlieren, weder in Ihrer Nähe noch vor anderen. Sowas gehört sich nicht für mich. ,,Ihr wollt über euren Baba reden?'', fragte ich, als ich die weiße Strickdecke von mir nehme, da es im Zimmer zu warm wird. Beide nicken und schauen mich erwartungsvoll an. ,,Was wollt ihr wissen?'', frag ich die beiden. Sie scheinen beide zu überlegen, bis Sayfullah fragt: ,,War Baba schön?'' Ich bin mir sicher, wenn sein Baba hier wäre, hätten die beiden eine sehr enge Bindung. Dieser Gedanke erwärmt mein Herz. Ich nicke und sage: '
,,Euer Baba war der schönste Mann, den ich kennenlernen durfte.'' Beide haben ihre Pyjamas an, Taufiqullah trägt einen Batman-Pyjama und Sayfullah einen Auto-Pyjama. Beide haben große Augen und schauen mich an. ,Wirklis?'', fragt Taufiqullah .

Ich muss über Taufiqullahs Frage kichern, da er das 'S' noch nicht so gut aussprechen kann. Ich nickte und antworte: ,,Warum Baba nicht hier ist?'' Diese Frage lässt mich überlegen, was ich ihnen antworten soll. Dass er mich nicht mehr liebt und eine andere Frau gefunden hat? ,,Euer Baba fand mich nicht mehr so toll und hat eine tolle Frau gefunden'', antworte ich. Es tut nach all den Jahren nicht mehr weh, es auszusprechen. Es ist die Wahrheit, es ist Realität, und ich realisiere es.


Sayfullah zieht streng die Augenbrauen zusammen, während Taufiqullah große Augen macht. ,,Wir mögen Baba nicht!", sagt er. Oh nein, das wollte ich nicht. Ich schüttele den Kopf und nehme Sayfullahs Gesicht in meine Hände. ,,Wenn Baba glücklich ist, ist das okay, tamam?" Er brummt unzufrieden. Ich küsse sein ganzes Gesicht ab und er brummt, drückt mich leicht weg. Ach, mein Bebi Taufiqullah reibt sich leicht die Augen. Ich glaube, er will wieder schlafen. ,,Kommt, lasst uns schlafen. Wir reden morgen weiter." Sayfullah schüttelt den Kopf. Taufiqullah steht wortlos auf und geht zu seinem Bett, das neben meinem steht. ,,Taal Mama", sage ich zu Sayfullah und trage ihn zu seinem Bett. ,,Nicht schlafen", brummt er, als ich ihn ins Bett lege. "Es ist schon soooo spät. Wenn du nicht schläfst, wirst du nicht so groß wie Ibrahim." Er seufzt und nickt schließlich. Er zieht mich mit seiner kleinen Hand zu sich runter und küsst mich ganz kurz auf die Wange.

Ich glaube, es liegt an dem Gespräch über seinen Baba. Ich glaube, er will mir zeigen, dass er mich liebt. Und ich liebe sie beide och. Ich decke beide zu, gebe Taufiqullah einen Kuss und schalte das Licht aus. Als ich mich gerade hinlegen will, vibriert mein Handy. Ich schaue drauf in der Hoffnung, dass es Toprak ist, der mir geantwortet hat, oder Omaira, weil sie meinte, er hatte ziemlich starke Bauchschmerzen und musste in die Notaufnahme. Eigentlich wollte ich ihn besuchen, aber sie meinte, ich solle lieber zuhause bleiben, weil ich meine Tage habe und sie weiß, wie schlimm es bei mir sein kann. Es ist Neco, komm runter, schreibt er mir. Ach, Neco.

In der Küche angekommen sehe ich schon Neco, der am Esstisch auf mich wartet und zwei Tassen Kakao vorbereitet hat. Er möchte reden, es ist ernst. Es ist lange her, dass wir wirklich geredet haben. Ich setze mich gegenüber von ihm auf den beigen Stuhl. Er schiebt mir das Kakaoglas wortlos zu. Ich schaue ihn an und summe. Er versucht anzusetzen, jedoch klappt es nicht. Ich trinke einen Schluck und schon beginnt er zu reden ,,Also, ich habe wieder jemanden kennengelernt.'' Ich bekomme große Augen und nicke. Er hat endlich eine Frau kennengelernt nach dem Tod seiner Tochter. Er ist endlich wieder glücklich. ,,Wie heißt sie?'' frage ich aufgeregt. ,,Dania'', antwortet er. Ein wunderschöner Name. ,,Zeig sie mir'', bitte ich ihn. Er holt sein Handy raus und zeigt mir ein wunderschönes Mädchen mit glatten dunkelbraunen Haaren und dunkelgrünen Augen. ,,Wie habt ihr euch kennengelernt?'' frag ich. Er zieht streng seine Augenbrauen zusammen und ermahnt mich: ,,Neyla.'' Er mag solche Fragen nicht. Ich nicke.


,,Woher kommt sie?" - ,,Sie ist halb Araberin, halb Spanierin." Wow, ich bin beeindruckt von dieser wunderschönen Mischung. Es ist zwar komisch, dass mein jüngster Bruder eine Frau hat und mein älterer nicht, aber das ist okay. Ich finde es egal, wer heiratet. ,,Möchtest du es Baba erzählen?'' Baba würde sich sicher freuen zu wissen, dass er wieder jemanden hat. Es würde ihn beruhigen und er wäre glücklich für ihn. Neco nickt. ,,In Shā Allāh" - so Gott will. Ich nicke und stehe auf, um ihn abzuknutschen. Er seufzt. Ich küsse seine beiden Wangen ab. ,,Du weißt, dass es falsch war, was du vorher gemacht hast." Er nickt. Es ist gut, dass er seinen Fehler erkennt. Früher war es nicht so. Plötzlich klingelt es an der Tür. Wer würde um diese Uhrzeit bei uns klingeln? ,,Erwarten wir jemanden?" Er schnalzt mit der Zunge. ,,Ich mache auf, bleib du hier." Ich nicke.

Neco kommt zurück, jedoch mit einem Blumenstrauß voller Narzissen, oh meine Lieblingsblumen! Allerdings sieht er nicht erfreut darüber aus. Er hat eine Karte in seiner Hand und liest laut vor ,,Neylam''.Dieser Name lässt mich eine Gänsehaut am ganzen Körper bekommen.






🫣
-𝐀𝐫𝐚𝐛𝐢𝐚
Wenn ihr wissen wollt wie Dania aussieht, und der Blumenstrauß
-𝐢𝐧𝐬𝐭𝐚: 𝐚𝐫𝐚𝐛𝐢𝐚𝟎𝐚𝐧

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