¹⁸|١٨
"الرائحة هي مفتاح ذكرياتنا"
,,Duft ist der Schlüssel zu unseren Erinnerungen''
,,Willst du nicht antworten?" Ich schlucke. Ich möchte einfach nur weg von hier. Er tut meiner Seele nicht gut, und ich will ihn auch nicht anschauen. Die Kinder werden unruhig. Sayfulalh gefällt die Lage überhaupt nicht. Taufiqullah schaut neutral zu ihm und bemustert jedes einzelne Detail. Ich will nicht länger stehen bleiben, also gehe ich ihm aus dem Weg auf die linke Seite. Das gefällt Eymen natürlich nicht, und er läuft uns hinterher. ,,Mami", sagt er. Ich schaue runter zu Taufiqullah. ,,Hunger", sagt er. Seine Augen werden größer. Jedes Mal, wenn er Hunger bekommt, fängt er an zu weinen, genau wie im Kaufland, wo ich ihm sogar meine Brust geben musste. Sayfullah sagt nichts, er schaut mich nur ein bisschen böse an.
Ich weiß nicht wie, aber ich bin jetzt zuhause. Die Kinder haben gegessen und liegen im Bett. Ich liege genauso mit ihnen im Bett. Heute haben meine Brüder und Baba ein geschäftliches Essen gehabt. Ich habe keine Kraft, etwas zu tun, außer im Bett zu liegen. Ich schaffe es nicht. Ich muss die ganze Zeit daran denken, dass Eymen vor 5 Jahren niemals unsere Söhne gerettet hätte. Was hat ihn dazu gebracht? Ist sein Vaterinstinkt aufgetaucht? Ich weiß es nicht. Mama hat immer gesagt, wir sollen nicht nur das Schlechte in den Menschen sehen, weil es auch Tage gab, an denen die Menschen gut zu uns waren. Ja, er war sehr gut zu mir, bis sich alles geändert hat. Ich würde immer noch gerne wissen, warum? Was habe ich getan, dass er so geworden ist?
Wie soll ich ihm erklären, dass es seine Kinder sind? Er hasst doch sowieso Lügen. Ich weiß es ganz genau, wie er früher reagiert hat, als ich ihn angelogen habe, nur weil ich ihn überraschen wollte. Das fühlt sich an, als wäre es gestern passiert. Aber ich habe nie gelogen. Er wollte mir nie zuhören, obwohl ich es so sehr versucht habe. Vielleicht habe ich es sogar zu oft versucht.
Vor 7 Jahren
,,Warum hast du mich angelogen?" Ich halte inne. ,,Freust du dich nicht über die Geburtstagsüberraschung?" Versuche ich mich zu rechtfertigen. Er läuft hin und her und fährt sich über seinen Bart. ,,Habe ich dir nicht gesagt, etwas zu planen?" Ich schüttele meinen Kopf. ,,Dann warum lügst du mich an?" ,,Aber es war doch für dich", sage ich. Er seufzt. Ich verstehe nicht. Ich habe mir doch so viel Mühe gegeben. Warum hat er sich nicht gefreut? ,,Aber du hast mir doch letztens auch eine Überraschung gemacht", sage ich. Er läuft immer noch hin und her. ,,Junge", ich runzle die Stirn. ,,Ich bin kein Junge", er seufzt. Die Ballons hängen noch oben, die Deko ist auch noch da, die Geschenke hat er nicht ausgepackt, nachdem er die Leute rausgeschmissen hat. Vielleicht sollte ich ihn fragen, ob er sie öffnen will. ,,Willst du deine Geschenke öffnen?" Er bleibt stehen und schaut mich ohne Ausdruck an. ,,Ich schreie dich an, weil du mich angelogen hast, und du redest mir hier von Geschenken?" Wird er lauter.
Aber warum schreit er mich an? Ich wollte ihm nur eine Freude bereiten! Das macht mich traurig, warum schätzt er es nicht? Aber ich habe mich doch auch letztens gefreut, als er mir eine Überraschung gemacht hat. Ich liebe Überraschungen, aber er nicht. Aber ich dachte, meine Überraschung wird er lieben. Ich schniefe und schaue auf den Boden, während ich mein Kleid zurechtmache. Ich habe extra Schwarz angezogen, weil es seine Lieblingsfarbe ist, aber er hat es nicht einmal gesehen. Es ist so eine unangenehme Stille. Sein Handy klingelt, aber er hebt nicht ab. Dann bekommt er eine Nachricht. Ich schaue ihn an ,,Ich muss weg'' Wie? ,,Wohin?'', frage ich. Er nimmt seine Weste, die auf dem Stuhl lag, und sagt ,,Ich schreib dir noch.''' Und schon ist er weg. Was habe ich bloß getan, dass er so gemein zu mir sein muss? Mir laufen Tränen über mein Gesicht. Die ganze Mühe war umsonst und jetzt ist er weg. Er hat nicht einmal mein Geschenk aufgemacht.
Baba und meine Brüder sind zurück. Alle sitzen im Wohnzimmer, außer Neco und mir. Wir sind in der Küche und machen Tee. Baba wollte keinen Zucker. Ich nicke abgelenkt und rühre den Tee auf dem Herd mit Kohle um, so wie Mama es immer gemacht hat, wie Baba gesagt hat.
,,Neyla", sagt Neco und ich schaue zu ihm hoch. ,,Manchmal denke ich, du bist echt schlau, aber manchmal kommst du mir so dumm vor wie ein Hmar." Ich schaue ihn empört an. Hat er mich gerade wirklich als Esel bezeichnet? Ich haue ihn auf den Arm und sage: ,,Du bist hier der Hmar." Er nickt ungläubig ,,Frag mich mal, wieso."
,,Wieso?", frage ich und kratze mich am Hinterkopf. ,,Du gehst in den Laden von meinem besten Freund, isst mit einem fremden Mann und denkst, ich kriege es nicht raus?" Ich halte den Atem an. Wie konnte ich das bloß vergessen? Ich fühle mich so dumm. Ich will Neco nicht mehr antworten, sondern nur noch flüchten, so wie ich es immer tue.
,,Ich warte auf eine Erklärung", sagt er und stellt alle Tee-Gläser auf das Tablett und schaut mich an. ,,Das-also...", ich schaffe es nicht, einen Satz zu bilden. Aber was soll ich auch sagen? Ein Kunde hat mich eingeladen und ich habe ja gesagt, weil ich mich geschämt habe, nein zu sagen. Obwohl ich Mutter bin, schäme ich mich, als wäre ich 14 Jahre alt. Das würde er mir zwar glauben, aber dann dürfte ich nie wieder irgendeinen männlichen Kunden bedienen. So wie ich Neco kenne, wird er alles Ibrahim erzählen,
,,Hm?", antworte ich, als er mich fragt ,,Wer war das?"
,,Ein Kunde", antworte ich und er lacht auf. ,,Ein Kunde, mit dem man essen geht?", fragt er spöttisch. Ich zucke mit den Schultern und wende meinen Blick von ihm ab. ,,Sag" ,"also..." also setze ich an,
,,Weißt du was?", unterbricht er mich. ,,Was?", frage ich. ,,Wir reden weiter, wenn du mir die ganze Wahrheit erzählst", sagt er und verschwindet aus der Küche, nachdem er das gesagt hat.
Ich sitze neben Baba, während meine Brüder sich über die Arbeit unterhalten. Naja, fast alle. Yassin ist im Krankenhaus, wie immer, und Ibrahim hat vorhin einen Anruf bekommen und musste weg. Neco ist in seinem Zimmer. "Ich muss noch beten. Geht ihr auch beten und dann schlafen?", sagt Baba ich nicke. Ich wünsche Baba eine gute Nacht und meinen Brüdern ebenfalls. Dann gehe ich ebenfalls nach oben.
Das Ischāh-Gebet habe ich inzwischen verrichtet. Jetzt liege ich im Bett, nur das Licht von der kleinen Lampe ist an. Sayfullah und Taufiqullah schlafen beide tief und fest. Heute war wohl ein anstrengender Tag für die beiden und für mich.
Wie wäre es wohl, wenn ich wieder mit Eymen reden würde? Wäre alles besser? Sollte ich ihm jemals sagen, dass es seine Kinder sind? Ich weiß es nicht. Ich wünschte, ich hätte auf all diese Fragen eine Antwort. Auch heute war der Tag irgendwie komisch. Früher, als wir uns immer gestritten haben, sind wir immer an den selben Ort gegangen und haben uns anschließend versöhnt. Das war kein besonderer Ort für andere, aber für uns war es der schönste. Zwar war die Aussicht nur auf einen Wald und einen kleinen Fluss mit Treppen, aber er hat mir immer nach der Versöhnung Nudeln gekauft.
Das letzte Mal war ich vor 3 Jahren dort mit Sayfullah und Taufiqullah. Wie ich schon gedacht habe, hat Taufiqullah den Ort geliebt und wollte nicht mehr weg. Aber Sayfullah saß nur stumm neben mir auf der Treppe und hat immer wieder gefragt, warum wir hier sind. Ich hatte keine Antwort darauf. Vielleicht, weil es meine Sehnsucht nach ihm gestillt hat? Weil mich dort alles an ihn erinnert? Das Gute an dem Ort ist, dass er hinter Aldi liegt. Früher habe ich immer gelogen und zu Baba gesagt, dass ich zu Aldi gehe, aber ich war ja auch bei Aldi, nur ein bisschen hinter Aldi. Zwar haben wir uns nicht immer direkt versöhnt, aber der Streit wurde immer geklärt. Eymen hatte immer das Sprichwort: "Wir gehen nie schlafen, bevor wir das geklärt haben. Wir wissen nicht, ob wir wieder jemals aufwachen würden." Ihm war es immer egal, wie spät es war, er wollte es immer geklärt haben. Wir haben auch nie geschlafen, falls der Streit nicht geklärt war.
Wer weiß, ob er jetzt schläft? Ob er nach all den Jahren wieder normal schlafen kann? Vielleicht hat seine Seele genauso eine Unruhe wie meine. Manchmal dauert es Zeit, um Frieden zu finden.
Was würde passieren, wenn ich auch dort hingehen würde? Wäre er auch da? Niemals, er würde nie im Leben dort sein, oder?
Tatsächlich bin ich heimlich rausgeschlichen, wie früher, als ich Eymen sehen wollte. Ich sitze jetzt in meinem Auto, es ist inzwischen 00:36 Uhr, Eymens Glückszahl. Als ich losgefahren bin, lief automatisch das Lied "Kel El Qasaed" an, das ich vorher schon gehört hatte. Es ist so eine Nostalgie für mich, dieses Lied anzuhören und dabei mitten in der Nacht herumzufahren. Es weckt so viele schöne Emotionen in mir. Das Gute ist, dass Aldi nicht weit von uns entfernt ist, genauso wie dieser Ort. Trotzdem habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich meine Babys alleine gelassen habe. Aber ich werde nur für ein paar Minuten dort sein, was kann schon passieren? Immerhin bin ich alleine mitten in der Nacht dort, und diesen Ort kennt nicht jeder. Niemand war jemals dort.
An diesem Tag, als ich Eymen die Überraschung gemacht habe und er so gemein zu mir war und gehen musste, war ich wirklich traurig. Aber es stellt sich heraus, dass er alles geplant hatte - den Heiratsantrag genau an diesem Tag. Er hatte alles bis ins kleinste Detail geplant. Es war wirklich besonders, dass wir beide alleine waren, ohne jemanden um uns herum. Eymen hat sich vor mich hingekniet und mich zu seiner Frau machen wollen. Es gab Kerzen auf dem Boden und Blumen auf den Treppen. Und mein Ring, er war so schön und schlicht, aus Gold. Es war ein unvergesslicher Moment, trotz der anfänglichen Traurigkeit.
Ich bin jetzt hier und laufe gerade die Treppe hinunter. Ich ziehe meinen Mantel enger um mich, weil der Wind meine Haare durcheinanderwirbelt. Die letzten Stufen der Treppe laufe ich hinunter und komme an. Obwohl es dunkel ist, hilft das kleine Licht vom Aldi-Parkplatz. Die Blätter der Bäume liegen noch auf dem Boden und einige hängen noch an den Bäumen in einem orangen-braunen Ton. Ich erinnere mich gut an den Ahornbaum, der dem Ort immer einen schönen Glanz verliehen hat. Es ist schön, dass sich in den letzten Jahren nichts verändert hat.
Ich höre Schritte hinter mir und drehe mich plötzlich zu den Treppen um. Mein Atem stockt, er ist hier. Was macht er hier mitten in der Nacht? Eymen ist hier. Ich schaue ihm in die Augen, nach 5 Jahren, und er schaut genauso zurück. Ich werde unruhig und er bemerkt es. Er kommt auf mich zu und ich will hier weg. ,,Seit wann wird Neyla unruhig, wenn Eymen in ihrer Nähe ist? Huh?" Ich will antworten, dieses Mal werde ich antworten. ,,Seit langem", rede ich wieder nach 5 Jahren richtig mit ihm.
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