9. Chaos

Es waren weitere quälende Tage vergangen und so langsam hielt ich es hier nicht mehr aus. Dass ich Jemanden umgebracht hatte, war eine Sache, doch dass ich nicht wusste, was mit mir passierte, was der Joker geplant hatte und ob ich hier jemals wieder lebend rauskommen würde, war eine Andere. Er oder einer seiner Männer könnte mich jederzeit umbringen, sich an mir vergreifen oder mich foltern. Ich hatte tägliche Panikattacken, bildete mir immer wieder ein, dass mich jemand in der Nacht beobachtete und schlief deshalb auch schlechter denn je. Mein einziger Ausweg aus dieser Sache war vermutlich mir das Leben zu nehmen, doch dafür war ich noch nicht bereit. In mir drin schlummerte immer noch der Optimismus hier irgendwann rauszukommen, Gotham hinter mir zu lassen und die Welt zu sehen.

„Vermisst du eigentlich dein zu Hause? Deine Familie? Naja, das was davon übrig geblieben ist", fragte mich Martin, als wir wie üblich auf der Gartenterrasse saßen und unser Frühstück aßen. Ich sah schmunzelnd zu, wie sich der Franzose nach und nach sein Essen in den Mund stopfte, dabei genüsslich seufzte und noch mehr aß. Ich hingegen sah eher zaghaft mein Rührei und meinen Speck an, der neben zwei Toastscheiben lag. Meinen Appetit hatte ich hier ebenfalls verloren und bald vermutlich noch völlig meinen Verstand. Ich war hier eingesperrt, war es zwar gewohnt nicht raus zu dürfen, dennoch war es etwas anderes. In meinem zu Hause war ich, seit ich ein Baby war, aufgewachsen und das hier war neu, trist und einsam, obwohl hier viel mehr Leute umherweilten, als in dem für vier Leute viel zu großem Anwesen, welches ich mein zu Hause nennen durfte.

„Wie könnte ich nicht? Jedoch habe ich meinen Bruder nur selten zu Gesicht bekommen und Alfred, unser Butler, bedeutet mir zwar viel, jedoch kenne ich ihn kaum, genauso wenig wie meine Zofe Mariah", antwortete ich ihm, dachte an die beiden Angestellten, die sich vermutlich schreckliche Sorgen um mich machten, doch soweit ging es mir ja ganz gut. Ich war zwar eine Gefangene und die Männer hier waren wiederwertig, jedoch bekam ich Essen und Trinken, hatte ein eigenes Zimmer, sowie ein eigenes Badezimmer und hatte eben Martin. Ohne ihn wäre es vermutlich alles zehn mal so schlimm.

„Und sonst so? Hast du keine Freundinnen, mit denen du dir Kleider anziehst und dich schminkst?" Ich lachte über die absurde Vorstellung, die er von Frauen hatte, dass er dachte, dass Frauen nur auf ihr Äußeres achten würden und nicht normale Dinge unternahmen, wie zusammen ins Kino zu gehen oder Spaziergänge in der Natur zu machen.

„Wenn ich so darüber nachdenke, bist du mein erster Freund. Da ich zu Hause unterrichtet werde und kaum nach draußen darf, habe ich nie so wirklich Freundschaften schließen können. Bei Events oder Galas sind nur ältere Leute, die mich keineswegs interessieren", gab ich ehrlich zu, war etwas deprimiert über die Wahrheit, doch anlügen wollte ich Martin gewiss nicht. Er war, soweit ich wusste, auch immer ehrlich zu mir, also war es nur fair, dass ich es ebenso war.

„Warum durftest du nicht in die Schule?", hakte er weiter nach.

„Bruce meinte, dass es zu gefährlich für mich sei, da es manche böse Leute auf uns abgesehen hätten. Zu Hause sei ich sicherer und würde nicht von anderen Dingen abgelenkt werden."

„Und warum war dann dein verehrter Bruder auf einer Schule? Für ihn musste doch das Gleiche gelten, wie für dich oder nicht?"

„Darüber habe ich noch nie wirklich nachgedacht", murmelte ich, denn es ergab wirklich keinen Sinn. Warum war er zur Schule gegangen und ich nicht? Was hatte er anders gemacht? Was hatte ich verbrochen? Ich verstand es einfach nicht.

„Es wird sicherlich einen Grund haben, aber denkst du-", führte der Braunhaarige die Konversation fort, sah zu mir auf, wollte mich anscheinend irgendwas fragen, als er jedoch durch einen lauten Schuss unterbrochen wurde, woraufhin weitere folgten. Sofort sprang Martin auf und zog seine Waffe, meinte, dass ich ihm leise und unauffällig folgen solle, was ich ohne zu zögern auch tat. Was ging hier vor sich? Warum schoss hier jemand umher? Woher kamen die Schüsse? War jemand verletzt? Wo war der Joker?

„Martin, was hast du vor?", fragte ich ihn über die Schüsse hinweg, blieb dicht hinter ihm und hatte angst, war geschockt und gleichzeitig unheimlich besorgt um uns beide. Er führte uns vorsichtig durch die mittlerweile mir vertrauten Gänge, doch wohin er genau ging, war mir nicht klar, da die Schüsse einfach von überall kamen. Was war nur los? Wurden wir überfallen oder hatten die Arbeiter des Jokers irgendwelche Streitereien, die ausgeartet waren?

„Dich irgendwie in Sicherheit bringen, sonst werde ich von dem Joker persönlich geköpft und wir wissen beide, dass er das tun würde." Ich schluckte schwer bei der Vorstellung, traute dem Clown dies wahrlich zu. Als hinter uns die Schüsse immer lauter wurden, fingen wir an zu rennen, was meinem Knöchel alles andere als gut tat, jedoch ging es nicht anders. Ich wollte noch nicht sterben, nicht hier, nicht jetzt!

„Wo sollen wir hin?", fragte ich Martin verzweifelt, versuchte nicht in Tränen auszubrechen von der ganzen Aufregung und dem Schmerz im meinem Fuß.

„Da rein!", rief er, zeigte auf die Tür am Ende des Ganges und zusammen liefen wir auf diese zu, als plötzlich um die Ecke weitere Schüsse zu hören waren und kurze Zeit später uns drei große und breitgebaute Männer den Weg versperrten. Jeder von ihnen war auf seine eigene Art und Weise angsteinflößend, so hatte der eine viele große Tattoos, der Andere eine große Narbe im Gesicht und der Dritte ähnelte einem Gorilla. Die drei mir fremden Männer zielten auf uns und wiesen Martin an, seine Waffe fallenzulassen, was er schließlich auch tat, da wir ganz klar in der Unterzahl waren.

„Legt ihnen Handschellen an!", wies der Gorilla die anderen zwei Männer an, die schon auf uns zugelaufen kamen, Martin und mich so hart packten, dass ich mir sehr sicher war, dass ich davon blaue Flecken morgen haben würde. Daraufhin wurden meine Hände hinter meinem Rücken in Handschellen gelegt, woraufhin ich jedoch wie wild versuchte aus ihnen herauszukommen, somit meine Handgelenke aufrieb, was höllisch wehtat, doch ich hasste es so hilflos zu sein, vor allem, wenn irgendwelche mir fremden Männer bei mir waren. Nur erneut dachte ich wieder an Alejandro.

„Die kleine Schlampe von Wayne Enterprises", sagte der Mann mit der Narbe abfällig, strich mir einfach so über mein Gesicht, weswegen ich zusammenzuckte, den Atem anhielt.

„Fass mich nicht an!", antwortete ich ihm harsch, verfluchte mich innerlich dafür, dass ich so ein großes Mundwerk hatte und als hätte ich es schon geahnt, spürte ich einen harten Schlag auf meinem Gesicht und ehe ich mich versah, schlug mein Kopf hart auf dem Boden auf, sodass sich für kurze Zeit alles drehte und mir schlecht wurde.

„Was wollt ihr von uns?", fragte Martin, schien mit der Situation auch überfordert zu sein, jedoch konnte er sich im Gegensatz zu mir deutlich besser zusammenreißen, schien sowas schon einige Male erlebt zu haben. Was wollten die von uns und dem Joker? Wer zur Hölle waren sie und wo war der Clown? Wäre er tot, was würde dann mit mir passieren?

„Eigentlich wollten wir den Kopf des verrückten Freaks, aber mit dir geben wir uns auch zu Frieden", meinte der Gorillamann und sah abfällig auf mich herab, was ich nur unscharf erkennen konnte, da meine Sicht vom Sturz und von meinen Tränen stark geschädigt war.

„I-ich habe euch doch gar nichts getan", stotterte ich, kannte diese Männer ja nicht einmal, wusste nicht, was sie von mir haben wollten. War es Geld? Wollten sie den Joker provozieren, indem sie seine Gefangene entführten oder gar töteten? Wie sollte ich aus dieser Situation wieder herauskommen?

„Ihr seid offiziell tot", murmelte Martin zu den Arschlöchern, als plötzlich keine drei Meter von mir entfernt Schüsse ertönten, ich kurz nur ein Piepen in meinen Ohren hören konnte und zwei schmerzerfüllte Schreie daraufhin ertönten. Verwirrt rappelte ich mich ein wenig auf, was zwar meinen Kopf schmerzen ließ, jedoch stellte ich erfreut fest, dass zwei von den drei Männern am Boden lagen und verbluteten. Unwillkürlich fing ich an zu Lächeln, fand es zuckersüß, wie es nun die zwei Arschlöcher waren, die vor Schmerzen schrien und sterben würden. Ein Blick nach links verriet mir, dass es Mal wieder der Joker gewesen war, der mich gerettet hatte. Dort standen außerdem noch Kol und andere Arbeiter des Clowns.

„Denkst du wirklich, dass du es schaffst, in meinem Haus meinen Gast zu entführen?", fragte der Joker mit einem feurigen Blick, schien vor Wut nur so zu beben. Er trug ein weißes Hemd, welches jedoch total zerstört und blutig war, darüber einen lilafarbenen Blazer, welcher glitzerte und eine schwarze Anzugshose. Dieser ganze aufgebrachte, dennoch dominante Look, hatte etwas anzügliches an sich.

„Der Freak höchst persönlich, was? Ich habe mich dich immer größer vorgestellt, muskulöser", meinte der letzte Überlebende provozierend, der ängstlich eine Waffe in der Hand hielt und damit auf den Clown, Kol und Martin abwechselnd zielte. Er versuchte stark und gefasst zu wirken, doch so ganz bekam er dies nicht hin, sein zitternder Körper und seine Schweißperlen auf seiner Stirn verrieten ihn dafür zu sehr.

„Oh, wie gerne ich dir gerade deine Zunge aus deinem Mund schneiden würde", zischte der Joker, blickte nun kurz zu mir und aus irgendeinem Grund setzte mein Herz einen Schlag aus. Er sah mich mit einer unlesbaren Miene an, schien richtig mich zu sehen und nicht meine reiche, eingesperrte Fassade.

„Warum tust du es nicht?", fragte ich ihn, sah ihm weiter wie gebannt in die Augen, verstand nicht was mit mir plötzlich los war, jedoch wurde ich aus meinem Starren gerissen, als der Joker laut anfing zu lachen, sich fast gar nicht mehr einkriegte, so wie es schien.

„H-hört nicht auf diese kleine Schlampe! Wenn ihr mich gehen lasst, werde ich auch nie wieder zurückkehren. Ich verspreche es!", jammerte dieser Widerling. Erbärmlich.

„Bringt ihn mir", befahl der Clown nun ernst, woraufhin er von den Männern des Jokers zu diesem persönlich gezerrt wurde, sie seine Waffe vorher entwendet hatten und er nun heulend und bettelnd vor dem Joker kniete.

„Hilf ihr hoch! Sie soll zusehen", befahl er nun Martin, der direkt ehrfürchtig nickte und mich stützte, ich kurz nur schwarze Punkte sah und mir erneut schlecht wurde, mein Fuß nach wie vor brannte und meine Nase blutete, jedoch zog mich Martin weiter neben den Joker, wo er mich schließlich losließ und ich mich nun beim Joker persönlich festkrallen musste, damit ich nicht zusammenbrach. Dieser legte plötzlich seinen Arm um meine Taille, zog mich näher zu sich heran und hielt mich an Ort und Stelle, wofür ich ihn wirklich sehr dankbar war.

„Wie wäre es, wenn ich dir zuerst einmal zeige, auf wessen Seite du hättest stehen müssen?", fragte der Joker den heulenden Bastard, der mit weit aufgerissenen Augen zu dem Messer guckte, das der Clown gerade aus seiner Hosentasche gezogen hatte. Mit einem Schnitt hatte er das Oberteil des Mannes aufgeschnitten, sodass sein Oberkörper nun komplett freigelegt war. Kurz darauf erfüllten die Flure laute, schmerzerfüllte Schreie, da der Joker wie wild etwas in die Brust und auf den Bauch ritzte, ich nicht ganz erkennen konnte, was er versuchte zu schreiben, als ich es schließlich erkannte. Dort standen nun groß und geschwollen die Buchstaben J O K E R.

„Entschuldige dich bei ihr", meinte der Joker bedrohlich ruhig, jedoch schrie der Mann einfach weiter, schien den Mafia Boss nicht gehört zu haben oder zu ignorieren, was dem Clown jedoch gar nicht zu gefallen schien, da er schon ausholte und dem Mann so fest ins Gesicht schlug, dass er wie ich zuvor auf den Boden fiel und seine Nase nun vermutlich noch schlimmer aussah als meine eigene. Der Aufprall und die Schmerzen, die er erlitt, waren anscheinend zu viel für ihn gewesen, weswegen sein ganzer Körper zusammensackte und er nun bewusstlos da lag.

„Und jetzt?", fragte ich neugierig nach, war ganz aufgeregt, war nicht so etwas spannendes und gleichzeitig grausames gewöhnt, doch das Adrenalin, welches durch meine Adern strömte, war unfassbar berauschend. Ich hatte mir immer gewünscht, dass mein Leben interessanter werden würde und nun war ich hier, entführt von dem gefährlichsten Mafia Boss der Stadt, verletzt von einem Einbrecher und ich hatte Rache an einem ekelhaften Arschloch genommen und sein Leben beendet. Natürlich wäre ich lieber in meinem sicheren Haus, jedoch... Es sollte kein jedoch geben oder? Erst jetzt bemerkte ich wie mich diese ganze Atmosphäre hier verändert hatte und es war verdammt beängstigend. Was war bloß los mit mir?

2077 Wörter

Hey :) Ein weiteres Kapitel der Joker FanFiction. Wie fandet ihr es? Lasst es mich gerne wissen. Bis bald!

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