13. Fluchtplan
„Geh weg von mir!", schrie ich aufgebracht, hielt das Messer zitternd in meiner rechten Hand, was so voller Blut war, dass mir übel wurde. Meine Kleidung war von dem Kampf von vorhin total zerrissen, sodass ich fröstelnd den anderen Arm um meinen Bauch legte, versuchte mich damit zu wärmen, doch es gelang mir nicht. Der Schnitt in meinem Gesicht brannte fürchterlich, ebenso die Wunde an meinem Bein.
„Ginny, sei brav und komm zu mir!", erwiderte er harsch, schritt weiter auf mich zu, ignorierte meine Aussage. Ihn schien es gar nicht angst zu machen, dass ich ein Messer in der Hand hielt. Dachte er, dass ich es nicht benutzen würde? War er so davon überzeugt, dass ich es nicht tun würde? Ich ihn damit nicht verletzen würde? Ihn umbringen würde?
„Keinen Schritt weiter!", rief ich nun erneut, zitterte unwillkürlich und schaffte es keinen klaren Gedanken mehr zu fassen. Als ich schließlich merkte, dass er immer noch keine angst hatte, richtete ich das blutige Messer nun an meinen eigenen Hals, was wirklich Wirkung bei ihm erzielte, da er geschockt stehen blieb und seine Miene sich drastisch veränderte. Er war nicht mehr überzeugt von seinem Handeln, nicht mehr aufgebracht oder wütend, sondern hilflos und so voller Sorge, was verdammt ungewohnt bei ihm war.
„Genevieve, leg das Messer weg", versuchte er es nun ruhig, kam wieder auf mich zugeschritten und ließ mich panischer denn je werden, als er in seine Tasche griff und eine längliche, große Spritze herausholte.
„Ich kann nicht wieder zurück! Bitte lass mich es tun. Bitte...", schluchzte ich mit den Nerven am Ende, sackte zusammen und ließ das Messer damit achtlos auf den Boden fallen. Von hier unten sah ich zuerst zu den Füßen des Jokers, dann schweifte mein Blick ab zu der toten Gestalt, die mit Blut nur so überströmt war. Daran zu denken, dass ich diesen Mann umgebracht hatte, war beängstigend. Der Schwarzhaarige hatte auf mich nicht so schlimm gewirkt, wie die anderen Arbeiter des Jokers, weswegen er mir tatsächlich etwas leidtat.
„Beruhige dich! Bald bist du wieder bei mir, dann wird alles gut." Ich schluchzte nur wieder, weinte so doll, dass meine Augen zu brennen anfingen und zitterte fast so sehr, wie Alfred vor ein paar Jahren, als er einen Krampfanfall gehabt hatte.
„Shhhh, alles ist gut. Ich bin jetzt da, alles ist gut", meinte J nun ganz ruhig, kniete sich neben mich hin und legte meinen Kopf auf seinen Schoß ab, damit ich nicht mehr in der ekelhaften Pfütze der Seitengasse liegen musste. Bevor er mich jedoch weiter hätte beruhigen können, mich an sich hätte ziehen können oder mich gar hätte küssen können, wurde er auf einmal mit voller Kraft von mir gerissen, sodass mein Kopf wieder auf den Asphalt aufprallte, ich nur noch Sternchen sah und Probleme damit hatte, Luft zu bekommen.
„Ungünstiger Zeitpunkt, Batman", hörte ich den Joker abfällig sagen, was mich aufhorchen ließ.
Bruce war hier.
Er wollte mich holen kommen.
Er würde mitbekommen, dass ich den Mann umgebracht hatte, viele Menschen getötet hatte.
Daran zu denken, wie mein Bruder das alles mitbekommen würde, ließ mich so unruhig werden, dass ich nach dem Messer griff und ich ohne weiter darüber nachzudenken mir damit die Kehle durchschnitt und hoffte nie wieder aufwachen zu müssen.
18 Stunden zuvor
„Warum ich?", fragte ich verwirrt nach, verstand nicht so ganz, was das alles mit mir zu tun haben sollte.
„Weil du die Freundin des Jokers bist und du die Schwester der Person bist, die ich umbringen soll."
„W-was?", fragte ich entsetzt, verstand nicht, was er meinte. Ich meine, ich verstand, was er meinte, doch ich wollte es nicht verstehen, konnte es nicht verstehen. Wenn es stimmte, was er sagte, wenn es wirklich stimmte, dann wollte der Mann, bei dem ich wohnte und für den ich unausgesprochene Gefühle hatte, meinen Bruder umbringen. Er wollte die einzige Person umbringen, die mir noch geblieben war. Dieser Fremde sollte Bruce umbringen in seinem Auftrag, obwohl der Joker wusste, wie viel mir mein Bruder bedeutete. Er wusste es und wollte es trotzdem so. Kein Wunder, dass er es mir nicht persönlich gesagt hatte, denn er wusste, dass ich ihn dafür abgrundtief hassen würde. Was hätte er zu mir gesagt, hätte ich mitbekommen, dass Bruce gestorben war, er umgebracht worden war? Er hätte mich mit Sicherheit angelogen, sich eine Ausrede einfallen lassen und mir dann irgendwelche Flausen in den Kopf gesetzt.
„Er hat es dir nicht erzählt?", fragte er geschockt, las es an meinem Gesichtsausdruck ab.
„Nein, hat er nicht", antwortete ich ehrlich. Mein Kopf war voller Fragen, mir wurde schwindlig und nur daran zu denken, dass der Mann vor mir engagiert wurden war, um meinen Bruder, mein Fleisch und Blut umzubringen, ließ das Maß überlaufen. Ich konnte das nicht zulassen! Ich musste hier weg, ihn warnen, ihn retten und das vor dem Joker höchstpersönlich.
„Was ein Arschloch. Der wird mich sicher umbringen, wenn er mitbekommt, dass ich dir das erzählt habe." Ich musste kurz lächeln, war amüsiert über sein loses Mundwerk, doch das unwohl Gefühl in meinem Bauch ging nicht weg. Der Joker hatte mich verraten. Ich musste hier ganz schnell weg, doch ohne Hilfe würde ich das nicht hinbekommen.
„Du musst mir hier weghelfen! Ich muss Bruce warnen und du wirst mir dabei helfen. Du hast gar keine andere Wahl", sagte ich voller Überzeugung. Nun war der Fremde derjenige, der amüsiert zu sein schien.
„Und warum sollte ich dir hier raushelfen? Der Irre wird mich deswegen Köpfen lassen und darauf kann ich nun wirklich verzichten."
„Wenn du mir nicht hilfst, werde ich erzählen, dass du mir das Vorhaben des Jokers freiwillig erzählt hast. Hin und da werde ich noch einen Heulkrampf einbauen und glaube mir, wenn ich dir sage, dass er außer sich sein wird, wenn ich deinetwegen so aufgebracht sein werde. Wie du bereits gesagt hast, bin ich die Freundin des Jokers, da kannst du dir denken, was er mit dir machen wird, wenn du sein Goldmädchen verletzt hast", antwortete ich ihm, war selbst überrascht davon, dass ich zu einer Person geworden war, die Drohungen verteilte, die diese sogar mit einem festen Gesichtsausdruck verteilte.
„Oh, Kleine du bist gut", meinte er und schnalzte belustigt mit der Zunge.
„Heißt das, dass du dabei bist?", fragte ich ihn, setzte das süßeste Lächeln auf, dass ich zurzeit aufbringen konnte.
„Dir kann ich nichts abschlagen. Den Tag musst du jedoch noch durchstehen. Ich werde alles arrangieren für heute Abend. Du wirst hier rauskommen.", versicherte er mir, machte kehrt und lief den Gang entlang, vermutlich zu dem Ausgang.
„Du hast mir gar nicht deinen Namen verraten!", rief ich ihm hinterher.
„Ich heiße Floyd", sagte er, nachdem er sich noch ein letztes mal umgedreht hatte, verschwand daraufhin jedoch endgültig und ließ mich mit aufgewühltem Zustand zurück.
12 Stunden zuvor
„Mal wieder keinen Hunger?", fragte mich Martin bekümmert, als ich die Nudeln auf meinem Teller nur anstarrte, anstatt zu essen. Es würde in knapp acht Stunden losgehen und die Aufregung stieg von Sekunde zu Sekunde. Ich hatte zuerst überlegt gehabt, ob ich Martin von meinem und Floyds Plan erzählen sollte, jedoch war die Angst zu groß, dass er loyaler zum Joker, als zu mir war. Ich war eben einfach nicht so angsteinflößend wie der Clown.
„Nicht wirklich", antwortete ich ihm ehrlich, lehnte mich nun komplett gegen die Stuhllehne und gab das Essen endgültig auf. Wir saßen in einem kleinen Raum, der nur aus einem Holztisch, drei Stühlen, einem Schrank und einer Glühbirne bestand, die von der Decke mickrig auf den Tisch leuchtete. Seitdem wir in der neuen Unterkunft lebten, hatte sich die Einrichtung und vor allem die Temperatur drastisch geändert. In einem Lagerhaus, welches seit Jahren verlassen war, gab es so gut wie keine Heizkörper und viel Dekoration ebenfalls nicht.
„Ist alles okay mit dir? Du bist so in Gedanken", fragte der Franzose besorgt, war nun fertig mit seinem Essen und lehnte sich ebenfalls zurück.
„Bin ich das nicht immer?", antwortete ich ihm belustigt.
„Da hast du recht,", sagte er belustigst, fuhr schließlich fort, „aber heute besonders. Liegt es an dem Joker? Hat er etwas schlimmes getan? Dich verletzt?"
„Nein." Natürlich hatte es was mit dem Joker zutun. Wie konnte es auch nichts mit ihm zu tun haben?
„Was ist es denn dann?", hakte er weiter nach.
„Martin, es ist nichts. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich würde gerne mein Buch weiterlesen."
„Wenn du meinst. Ich bringe dich noch auf dein Zimmer", sagte er verwirrt, stand auf und räumte die Teller zusammen. Ich stand ebenfalls auf, wollte jedoch nicht weiterhin Zeit mit ihm verbringen. Es würde zu sehr schmerzen, wenn ich nachher fliehen würde. Ihn würde ich am meisten vermissen, nach dem Joker natürlich. Wie hatte er mir nur sowas antun wollen? Ich hatte ihn vertraut, ihm meinen Körper und meine Seele offenbart und das war der Dank dafür?
„Nein, danke. Ich schaffe das schon selber", meinte ich lediglich lief zur Tür, drehte mich noch einmal zu dem Braunhaarigen um, musterte ihn intensiv, wollte ihn nicht vergessen in ein paar Monaten. Man sah ihm richtig an, wie verwirrt und geschockt er von meinem Verhalten war, sagte jedoch nichts dazu. Ein letzter Blick in seine Augen musste ausreichen, weswegen ich durch die Tür zu meinem Zimmer ging und mich dort für die nächsten Stunden versteckt hielt.
6 Stunden zuvor
Es war nun kurz vor acht und mittlerweile war die Aufregung so schlimm geworden, dass ich kurz davor war mich zu übergeben. Es könnte jede Sekunde losgehen, doch so ganz wusste ich ja selbst nicht, was mich erwarten würde. Würde Floyd persönlich mich holen kommen? Würde er jemanden schicken? Wie sollten wir hier unbemerkt herauskommen? Hier gab es unzählige treue Arbeiter des Jokers und die würden lieber tot umfallen, als mich gehen zu lassen. Sie hatten eben einfach zu viel angst vor dem Joker persönlich.
Ich entschloss mich ein Bad zu nehmen. Wenn ich Bruce, Alfred und Mariah wiedersehen sollte, wollte ich nicht zerzaust und müffelnd vor ihnen stehen, sondern gepflegt und wenigstens ein bisschen hergerichtet.
4 Stunden zuvor
Langsam machte ich mir Gedanken und hatte Zweifel, dass noch jemand kommen und mich holen würde. Es war halb elf, draußen schon lange dunkel und ich saß alleine im Schlafanzug auf dem großen Doppelbett und starrte vor Langeweile die Wand an. Warum ich einen Schlafanzug anhatte, konnte man sich fragen, doch wenn der Joker gleich kommen würde, konnte ich keine Straßenklamotten tragen. Es wäre einfach viel zu auffällig und so wie ich ihn kannte, würde er sofort misstrauisch werden.
Als hätte ich ihn gerufen, kam er keine zehn Minuten später in mein Zimmer geplatzt. Er trug einen schwarzen Anzug, seine Haare hatte er sauber zurückgekämmt, doch er wirkt genervt, kam vermutlich von irgendeinem Treffen mit Kriminellen.
„Oh, meine hübsche Ginny", raunte er, schmiss achtlos sein Jackett auf den Boden und lief auf das Bett zu, auf dem ich saß.
„Wie war dein Tag?", fragte ich ihn, beobachtete wie gebannt seine Bewegungen, merkte mir seine Art, seine Augen, seinen Körper. Alleine daran wieder zu denken, was er ohne mein Wissen geplant hatte, dass er meinen Bruder umbringen hatte wollen, vermutlich immer noch umbringen wollte, es war einfach nur grauenhaft. Ich versuchte mich wirklich zusammenzureißen, ihn nicht anzuschreien, anzufangen zu weinen oder eine Szene zu machen. Ich betete, dass in dem Moment niemand kommen würde, der mich holen sollte, da es für diese Person nicht gut ausgehen würde.
„Beschissen ohne dich", meinte er knapp, drückte mich schon unter sich auf die Matratze und schaute mir tief in meine Augen, damit auch gleichzeitig in meine Seele. Ruhig bleiben Ginny, er darf nichts merken.
„Was ist los?" Fuck.
„Nichts", antwortete ich so schnell, dass es sich überhaupt nicht ehrlich anhörte. Er verzog daraufhin sein Gesicht, verdrehte genervt seine Augen und zog ein Messer aus seiner Hosentasche, um es mir an meinen Hals zu halten. Meine Atmung wurde direkt flacher, meine Gedanken überschlugen sich förmlich und ich guckte ihn panisch aus meinen weitaufgerissenen Augen an.
„Hör auf mich anzulügen!", sagte er harsch, drückte mir das Messer tiefer an meinen Hals und kapselte mich, falls es möglich war noch mehr unter ihn ein. Was zur Hölle sollte ich jetzt sagen? Ich war sowas von am Arsch.
„I-ich lüge nicht, J...", murmelte ich ängstlich, doch er kaufte es mir nicht ab. Bevor ich mich jedoch weiter hätte rausreden können, klopfte es plötzlich an der Tür, weswegen der Joker sich schnell von mir abwandte und gereizt aufstand, um die Tür zu öffnen, die ohne, dass ich es mitbekommen hatte, abgeschlossen wurden war.
„Was ist?", fragte er harsch zu der Person, die vor der Tür stand, doch ich konnte leider nicht erkennen, wer dort stand. Schnell rappelte ich mich wieder auf, versuchte ruhiger zu werden und zu erkennen, wer vor der Tür stand.
„Ginny hat den ganzen Tag nichts gegessen, deswegen wollte ich ihr was in der Küche machen und sie abholen." Martin. Würde er Ärger bekommen, weil er uns gestört hatte? Ich hoffte nicht!
„Stimmt das?", fragte mich J nun ernst, woraufhin ich zögernd nickte, er nur noch aufgebrachter wirkte.
„Du hast uns gestört", meinte der Joker gefährlich leise.
„Tut mir leid, Boss" Ich schluckte. J sollte nichts unüberlegtes tun.
„Ginny, geh. Du musst essen und wenn ich nochmal mitbekomme, dass du dein Essen verweigerst, werde ich nicht so ruhig reagieren, verstanden?", fragte er mich harsch.
„Tut mir leid", murmelte ich, stand auf und lief schnell an dem Clown vorbei, zog Martin mit mir zur Küche und war so verdammt erleichtert aus der Situation von eben herausgekommen zu sein.
2243 Wörter
Hey :) Ich habe das Kapitel in zwei Hälften geteilt, da es sonst zu lang geworden wäre. Was haltet ihr von dem Kapitel? In den nächsten Tagen werden auch noch Aesthetics zu dem Buch und zu den einzelnen Charakteren der Fanfiction von Hannah_Michaelis kommen. Seid gespannt!
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