36 || 𝙩𝙖𝙩𝙩𝙤𝙤𝙚𝙙 𝙝𝙚𝙖𝙧𝙩 ☽


6 Jahre später

Kim Taehyung PoV

Der Geruch von Desinfektionsmittel und kaltem Beton lag in der Luft, vermischt mit dem bitteren Rauch meiner Zigarette. Ich spürte die drückende Präsenz hinter mir, noch bevor sie ein Wort sprach.

„Vielleicht solltest du endlich darüber nachdenken, mit dem Rauchen aufzuhören. Hier wäre doch ein guter Anfang," erklang die vertraute Stimme meiner Schwester Mina.

Ich brauchte sie nicht anzusehen, um ihren ernsten Blick zu kennen. Es war derselbe Blick, der stets zwischen Enttäuschung und Hoffnung schwankte. Doch ich war müde von ihren Erwartungen.

Ohne Eile nahm ich einen tiefen Zug von meiner Zigarette, ließ den Rauch genüsslich entweichen und erwiderte trocken: „Mina, mach dir keine Illusionen. Wenn ich hier rauskomme, werde ich immer noch derselbe sein. Alkoholabhängig. Rauchend. Sadistisch. Kein Aufenthalt in irgendeiner Klinik wird das ändern."

Meine Worte schnitten die Luft wie ein Messer, aber ich sprach nur die Wahrheit. Es gibt Dinge, die man nicht reparieren kann. Und ich war eines dieser Dinge.

„Das kannst du dir einreden, solange du willst, aber die Realität sieht anders aus. Du bist hier nicht, weil ich es wollte, sondern weil du einer Frau beim Sex die Nase gebrochen hast."

Ihre Worte waren scharf, ein Stich in alte Wunden, die längst vernarbt sein sollten. Doch mein Gesicht blieb ausdruckslos, meine Stimme kalt: „Sie hat es verdient. Sie hat versucht, mich zu küssen."

Ein Moment der Stille folgte, in dem Mina mich einfach ansah. Schließlich sprach sie, ihre Stimme leiser, fast flehend: „Die Leute denken, du bist ein Frauenschläger."

Ich ließ ein trockenes Lachen entweichen, ohne den Blick von meiner Zigarette abzuwenden. „Vielleicht bin ich das ja auch."

„Yah!" Ihre scharfe Ermahnung ließ mich innehalten, und ehe ich mich versah, hatte sie mein Kinn in ihren schmalen Händen gepackt und zwang mich, ihr in die Augen zu sehen.

„Ich könnte dich hier und jetzt schlagen, Taehyung, und du würdest mir keinen Finger krümmen. Weißt du, warum? Weil du nicht der Mensch bist, der du vorgibst zu sein. Du bist kein gewalttätiges Monster, hörst du mich? Ich kenne dich, und ich weiß, dass du anders bist."

Ihr Glaube an mich – so unerschütterlich, so naiv – brachte mich fast zum Lächeln. Stattdessen entzog ich mich ihrem Griff und warf die Zigarette zu Boden, zertrat sie langsam mit dem Absatz.

„Das liegt daran, dass du meine Schwester bist, Mina," sagte ich schließlich, meine Stimme leise und doch schneidend. „Aber bei jedem anderen Menschen? Da bin ich genau das Monster, für das sie mich halten."

Ich sah ihr in die Augen, sah das Zögern, den Schmerz, den sie nicht verbergen konnte. Sie wollte widersprechen, mich retten, aber sie hatte keine Ahnung. Sie kannte mich nicht wirklich – nicht den wahren Taehyung, der unter der Oberfläche lauerte.

„Taehyung-" begann sie erneut, doch bevor sie weitersprechen konnte, erklang eine fremde Stimme hinter uns.

„Mr. Kim, wir sind bereit für Ihre Einweisung."

Die Krankenschwester stand geduldig im Hintergrund, die Hände vor ihrem Bauch gefaltet, ihr Blick professionell und doch distanziert.

Ich wandte mich Mina noch einmal zu, beugte mich leicht zu ihr hinunter und flüsterte leise, aber bestimmt: „Unterschätz meine Dämonen nicht."

Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und folgte der Schwester Richtung Gebäude. Als ich die Schwelle fast erreicht hatte, rief ich über die Schulter zurück: „Sorg dafür, dass mich niemand besuchen kommt."

Mina blieb stehen, die Hände zu Fäusten geballt. „Du weißt, dass Jin, Hoseok und all deine anderen Freunde trotzdem kommen werden. Egal, was ich sage."

Sie hatte recht. Sie würden kommen. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte nicht, dass sie mich in diesem Zustand sahen.

„Dann sorg dafür, dass sie es nicht tun."

Ich betrat die kühle, sterile Lobby, und der schwere Schlag der Türen hinter mir fühlte sich an wie das endgültige Urteil. Doch bevor ich ganz verschwand, hörte ich Mina ein letztes Mal rufen:

„Bitte, Taehyung! Nutze die Chance! Ich glaube an dich, egal was passiert!"

Ihre Stimme hallte in meinen Gedanken wider, doch ich wusste, dass ihr Glaube an mich fehl am Platz war. Ich war längst verloren – und Mina musste das irgendwann akzeptieren.

Wie kann sie nur noch an mich glau-ben? Wie schafft sie es, in mir etwas zu sehen, was längst in Rauch und Dunkelheit aufgegangen ist?

Ich habe jede Hoffnung auf mich selbst langst begraben, doch Mina klammert sich daran, als könnte ihr Glaube allein mich retten. Es ist fast lächerlich. Sie hat ein Herz, das zu gut für diese Welt ist - ein Herz, das sich weigert, die Wahrheit zu sehen.

Sie will nicht erkennen, wie verdorben ich bin. Wie schlecht Menschen sein können. Wie schlecht ich bin.

Unzählige Male habe ich ihr gesagt, sie soll den Kontakt abbrechen. Ich habe ihr ins Gesicht gesagt, dass es für sie sicherer wäre, wenn ich nicht mehr in ihrem Leben wäre. Aber Mina hört nie auf mich. Sie würde mich nicht fallen lassen, selbst wenn ich sie darum anbetteln würde.

Ich bin mir sicher, ich könnte jemanden töten, und sie wäre diejenige, die vor Gericht steht und mich verteidigt. Sie würde den Raum mit Tränen in den Augen betreten, jedes Argument gegen mich widerlegen, obwohl sie wüsste, dass ich schuldig bin.

Und das ist es, was mich qualt. Mina ist junger als ich, doch sie hat ihr Leben im Griff, während ich meines zerstöre.
Sie arbeitet als Sekretärin in einer der erfolgreichsten Firmen in Korea - eine Position, die Respekt und Disziplin erfordert. Ich wünschte, ich könnte auch nur einen Funken ihres Ehrgeizes und ihrer Stabilitat besitzen, aber die Wahrheit ist, ich bin ein Schandfleck in ihrem Leben.

Es ist peinlich, das zuzugeben, aber sie ist diejenige, die diese Entzugsklinik bezahlt. Mina trägt die Verantwortung, die ich längst von mir geworfen habe.
Während ich hier sitze und Zigaretten rauche, kampft sie mit meinem Chaos und versucht, es zu ordnen.

Die Wahrheit ist, wäre ich nicht hier, säße ich vermutlich schon längst im Gefängnis. Wegen schwerer Körper-verletzung. Oder schlimmerem. Sie hat mich vor dem Knast bewahrt, doch was nützt es? Diese Mauern werden mich nicht ändern.

Mina glaubt an mich. Aber ich frage mich, ob sie jemals versteht, dass ich nicht der Mensch bin, den sie in mir sieht. Ich bin nicht der Bruder, den sie verdient.

„Mr. Kim?"

Die Stimme der Krankenschwester riss mich abrupt aus meinen Gedanken. Erst jetzt bemerkte ich, dass wir bereits in einem kleinen, sterilen Umkleideraum angekommen waren. Die kahlen Wände und die grelle Neonbeleuchtung trugen kaum dazu bei, den Raum einladend zu gestalten.

„Ich würde Sie bitten, sich nun umzuziehen," sagte sie sachlich und hielt mir ein Bündel Kleidung entgegen: ein schlichtes weißes T-Shirt, eine weiße Hose und ein Paar weiße Schuhe.

Ich nahm die Sachen entgegen und musterte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. „Warum ist das alles weiß?" fragte ich aus reiner Neugier.

Die Krankenschwester begegnete meinem Blick mit einer ruhigen, fast mechanischen Antwort. „Weil wir so besser sehen können, wenn Sie sich selbst verletzen."

Ein leises, sarkastisches Lachen verließ meine Lippen. „Ich mag vielleicht ein Sadist sein, aber ich bin noch lange nicht geistig labil."

„Das sagen Sie," erwiderte sie kühl, ihre Professionalität nicht eine Sekunde verlierend. „Aber wir sehen das ein bisschen anders."

Mit einem übertrieben künstlichen Lächeln drückte sie mir die Kleidung gegen die Brust. „Sie haben fünf Minuten," fügte sie hinzu, und als hätte sie einen Schalter umgelegt, verschwand das Lächeln, bevor sie den Raum ohne ein weiteres Wort verließ.

Leise murmelte ich ein kaum hörbares „Schlampe" in Richtung der geschlossenen Tür, bevor ich mich widerwillig daran machte, meine Kleidung zu wechseln.

Ich begann, meinen braunen Mantel auszuziehen, dann folgten meine schwarzen Lederschuhe, das elegante schwarze Hemd und schließlich die schwarze Stoffhose. Jede Bewegung fühlte sich schwer an, wie eine letzte Demütigung, ein Symbol für den Verlust der letzten Fetzen meiner Würde.

Als ich schließlich die neuen, unfassbar hässlichen weißen Klamotten angezogen hatte, betrachtete ich mein Spiegelbild in einem kleinen, schmutzigen Spiegel an der Wand. Das blasse Licht ließ mein Gesicht noch härter wirken, aber die Kleidung? Sie machte mich zu einer leeren Hülle.

Ich strich einmal mit der Hand über den Stoff, als müsste ich mich selbst überzeugen, dass das wirklich meine Realität war. Dann seufzte ich tief und verließ den Raum schließlich.

Die Tür fiel hinter mir ins Schloss, und ich konnte spüren, wie das Gewicht dieser neuen Welt mich umklammerte. Weiße Wände, weiße Kleidung – ein Ort, der mich verschlucken sollte, mich zu etwas machen wollte, das ich nicht war. Aber eines war sicher: Sie würden mich hier nicht brechen. Nicht so einfach.

Als ich den Umkleideraum verließ, stellte ich überrascht fest, dass die Krankenschwester nicht mehr da war. Stattdessen stand ein Mann vor mir, etwa Mitte 40, mit strengen Zügen und einem kühlen, professionellen Blick.

Ein kurzer Moment der Erleichterung durchfuhr mich. Ich wusste nicht, wie lange ich mich bei der Frau von vorhin noch hätte zurückhalten können. Menschen wie sie – mit ihrer übertriebenen Höflichkeit und herablassenden Professionalität – brachten meine Geduld an ihre Grenzen.

„Okay, Mr. Kim," begann der Mann sachlich, seine Stimme ruhig, aber bestimmend. „Wie ich sehe, haben Sie sich bereits umgezogen. Gut. Dann werde ich Ihnen nun Ihr Zimmer zeigen. Folgen Sie mir bitte."

Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um, und ich setzte mich widerwillig in Bewegung, die weißen Schuhe lautlos über den glatten Boden gleitend.

Wir liefen durch mehrere sterile Gänge, jeder so weiß und monoton wie der letzte. Der Geruch von Desinfektionsmitteln war überall, und das dumpfe Murmeln von Stimmen hallte von den Wänden wider. Auf dem Weg machte ich einige seltsame Begegnungen.

Eine davon blieb mir besonders im Gedächtnis. Eine Frau lag mitten im Flur, die Hände verzweifelt in die Luft gestreckt, während sie schrie: „Ich will zu meinem Mann!"

Der Schmerz in ihrer Stimme war unverkennbar, und etwas an ihrem Auftritt faszinierte mich. Ich beschleunigte meinen Schritt, um den Mann vor mir einzuholen.

„Kommt ihr Ehemann sie nicht besuchen?" fragte ich beiläufig, die Neugier in meiner Stimme kaum verbergend.

Er zögerte einen Moment, bevor er antwortete: „Der Ehemann dieser Frau ist tot. Sie leidet seitdem an einer schweren Alkoholsucht."

Seine Worte trafen mich unerwartet. Ein leises „Oh" entkam meinen Lippen, bevor ich den Blick wieder nach vorne richtete.

Wir setzten unseren Weg schweigend fort, und schließlich hielt er vor einer schlichten, weiß gestrichenen Tür. Ohne Eile zog er einen Schlüssel aus seiner Tasche und öffnete sie mit einem lauten Klick.

„Das ist Ihr Zimmer für die nächsten fünf Monate," verkündete er sachlich und trat zur Seite, um mir den Blick freizugeben.

Gott, ich glaub, ich bin tatsächlich in einer Klapse. Dieses Zimmer, dieses sterile, leere Etwas - das schreit förmlich danach.

„Ihre Schwester meinte, Sie kommen nicht so gut klar mit Zimmergenossen," erklärte der Mann hinter mir, während er die Tür hinter sich schloss. „Deswegen haben Sie ein Einzelzimmer."

Natürlich hat sie das. Mina, die immer versucht, mir alles irgendwie leichter zu machen. Jetzt sitze ich hier allein, aber vielleicht ist das gar nicht so schlecht.
Besser, als mich mit irgendwelchen kranken Leuten abzugeben, die noch kaputter sind als ich.

Ich ließ meinen Blick durch das Zimmer wandern - nicht, dass es viel zu sehen gab. „Sieht ja noch schrecklicher aus, als ich es mir vorgestellt habe," murmelte ich, mehr zu mir selbst, als ich einen Schritt ins Zimmer machte.

Ein schmales Bett mit weißer Bett-wäsche, ein winziger Nachttisch und ein kahler Schrank. Das war's. Kein Fenster, das man offnen konnte, keine Uhr, keine Dekoration. Es fühlte sich nicht an wie ein Ort, an dem man heilen sollte, sondern wie ein Gefängnis.

Ich ließ mich auf das Bett sinken, das unter meinem Gewicht kaum nachgab - eine Matratze, so dünn wie mein Wille, hier zu bleiben.

Der Mann räusperte sich und sprach weiter: „Jetzt haben Sie erstmal Zeit, sich auszuruhen. Morgen wird Ihre erste Therapiesitzung mit Dr. Choi stattfinden. Sie werden dafür abgeholt."

Er sprach in einem monotonen Tonfall, als würde er diese Sätze zum hundertsten Mal wiederholen. „Frühstück ist um 7 Uhr, Mittagessen um 15 Uhr und Abendessen um 18 Uhr. Dafür müssen Sie in den Speisesaal kommen. Bettruhe ist um 22 Uhr."

Ich nickte langsam, nicht wirklich interessiert. Es klang wie jeder andere Aufenthalt in irgendeiner Klinik, in der ich zuvor war. Es ist überall dasselbe:
Regeln, Zeitpläne und der unausgesprochene Wunsch, dich zu brechen.

„Das ist alles, was Sie für den Moment wissen müssen," fuhr der Mann fort. „Haben Sie noch Fragen?"

„Ist Rauchen erlaubt?" fragte ich, ohne den Blick von der Decke zu nehmen.

Der Mann schüttelte sofort den Kopf. „Nein, rauchen ist nicht erlaubt. Ebenso wenig wie Geschlechtsverkehr, Alkohol oder Drogen."

Ein breites Grinsen zog sich über mein Gesicht, und ich warf ihm einen provokanten Blick zu. „Wie schade, ich hatte eigentlich vor, die Doktorin zu ficken."

Der Mann erstarrte für einen Moment, sein Gesichtsausdruck eine Mischung aus Irritation und Unbehagen. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und verließ den Raum, die Tur schloss sich mit einem leisen Klicken hinter ihm.

Langweilig. Kein Konter, kein Versuch, mich zurechtzuweisen. Wie enttäuschend.

Ich ließ mich zurück auf die Matratze fallen, starrte zur Decke und atmete tief durch. Der Raum war still, so still, dass ich meine eigenen Gedanken lauter hörte als ich wollte.

Fünf Monate, dachte ich. Fünf verdammte Monate in diesem sterilen Albtraum. Mina glaubt wirklich, dass das etwas ändern wird. Aber sie irrt sich.

Es ist überall gleich. Und ich bleibe derselbe.

•••

„Es ist schön, Sie kennenzulernen, Mr. Kim. Ich bin Dr. Choi, Ihre Therapeutin für die Zeit, in der Sie hier sein werden."

Ihre Stimme war ruhig, sachlich, aber freundlich. Sie saß mir gegenüber, eine Frau, die wahrscheinlich Mitte 40 war. Ihr kurzes, ordentliches Haar und die dezente Kleidung ließen sie wie den Inbegriff einer Therapeutin wirken. Doch diese professionelle Fassade ließ mich kalt.

Ich lehnte mich ein wenig zurück und ließ meinen Blick durch den Raum wandern. Es war sauber und schlicht – ein typischer Therapieraum. Ein Tisch trennte uns, daneben standen zwei Stühle, und hinter ihr ein schlichtes Bücherregal.

Während sie weitersprach, glitt ich gedanklich ab. Ihre Worte verschwammen, und ich stellte mir stattdessen eine andere Person vor. Eine Frau, die braune Haare und braune Augen hatte, klein, aber nicht zu klein, mit einem Lächeln, das alles erhellte. Meine Gedanken hielten sich bei ihr auf, bis Dr. Choi mich aus meiner Fantasie riss.

„Mr. Kim, hören Sie mir überhaupt zu?"

Ihr Tonfall war ruhig, aber bestimmt, als sie mich ansah. Mein Kopf schnellte nach oben, und ich erwiderte ihren Blick mit einer Mischung aus Genervtheit und Gleichgültigkeit.

„Ja, natürlich," sagte ich mit einem Hauch Sarkasmus. „Es gibt ja nichts Interessanteres hier drin. Wovon sollte ich also abgelenkt sein?"

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte mich zurück. Ihre Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln, bevor sie weitersprach.

„Verstehe. Wie gesagt, ich bin Ihre Vertrauensperson. Wenn es irgendetwas gibt, das Sie sich von der Seele reden wollen, bin ich immer da."

Ihr Ton war sanft, als ob sie mich einladen wollte, ihr Geheimnisse anzuvertrauen. Aber sie war für mich nur eine Fremde, und das würde sie auch bleiben. Meine Gedanken und Gefühle gehörten mir allein – und niemandem sonst.

„Heute möchte ich einfach nur mit Ihnen sprechen," fuhr sie fort. „Kein Druck, keine Übungen. Nur ein Kennenlernen."

Ich zuckte mit den Schultern und nickte widerwillig. Wenigstens gab es heute keine Spielchen oder Pseudo-Methoden, um mich „zu öffnen".

„Gut," sagte sie mit einem Lächeln. „Ich fange mal an. Mein Name ist Dr. Choi, mit vollem Namen Choi Sun. Ich komme ursprünglich aus Busan. Ich habe einen Ehemann und zwei Kinder. In meiner Freizeit gehe ich gerne walken, schwimmen und tanzen."

Während sie sprach, versuchte ich, interessiert zu wirken, aber ihre Worte prallten an mir ab. Ehemann, Kinder, ein geregeltes Leben – das waren Dinge, die ich niemals haben würde. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, wie sich so etwas anfühlen würde.

„Jetzt sind Sie dran, Mr. Kim."

Ich seufzte leise, schloss kurz die Augen und begann zu sprechen. „Kim Taehyung, 24 Jahre alt, geboren in Daegu."

Ich hielt inne. Das war alles, was sie über mich wissen musste, und mehr würde ich ihr auch nicht geben. Doch ihr forschender Blick verriet mir, dass sie nicht so schnell aufgeben würde.

„Haben Sie Geschwister? Freunde? Eltern? Hobbys?" fragte sie nach und stützte ihren Kopf leicht auf ihre Hand.

Ihr Ton war geduldig, aber ich spürte, wie sie versuchte, in mich hineinzublicken. Es machte mich unruhig, aber ich ließ es mir nicht anmerken.

„Ich habe eine Schwester namens Mina, ein paar Freunde, und mein Vater hat mich verstoßen, nachdem ich einer Frau das Genick gebrochen habe. Beim Sex."

Die Worte kamen ruhig und kühl aus meinem Mund, als wäre es nichts Besonderes. Ihre Augenbrauen zogen sich kurz zusammen, doch sie behielt die Fassung.

„Können Sie nachvollziehen, warum Ihr Vater Sie verstoßen hat?" fragte sie nach, ihre Stimme sachlich und doch mit einer Spur Mitgefühl.

Ich atmete tief durch und zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ist mir auch egal."

„Es ist Ihnen egal, dass Ihr Vater keinen Kontakt mehr zu Ihnen haben will?"

Ich hob meinen Kopf und sah ihr direkt in die Augen. „Er war vorher auch nie wirklich da. Also interessiert es mich nicht."

Sie machte eine kurze Notiz auf ihrem Block, ohne ihren Blick zu senken. Nach einem Moment sprach sie weiter. „Hätte es Ihnen mehr wehgetan, wenn Ihre Schwester den Kontakt abgebrochen hätte, anstatt Ihr Vater?"

Ihre Frage ließ mich innehalten. Ich zögerte, bevor ich antwortete. „Ich will sogar, dass sie den Kontakt zu mir abbricht. Aber sie ist stur. Sie hört nicht auf mich. Sie sieht nicht, was für eine Gefahr ich für sie bin."

Dr. Choi nickte langsam, als würde sie versuchen, meine Worte zu verstehen. „Sind Sie froh, dass Ihre Schwester so hartnäckig ist und Sie nicht aufgibt?"

Ich öffnete den Mund, um zu antworten, doch die Worte blieben mir im Hals stecken. Stattdessen blieb ich still. Die Frage hallte in meinem Kopf nach, während ich versuchte, eine Antwort zu finden, die ich selbst akzeptieren konnte.

Aber da war nichts. Nur ein unangenehmes Schweigen.

Dr. Choi wechselte das Thema mit einer gezielten Ruhe, die ihre langjährige Erfahrung in diesem Beruf verriet. „Reden wir doch über Ihre Alkoholsucht, Mr. Kim."

Der Satz ließ mich innerlich aufstohnen, auch wenn ich äußerlich keine Regung zeigte. Schon wieder dieses Thema.
Als ob es irgendetwas bringen würde, daruber zu reden.

"Denken Sie, dass Ihre Alkoholsucht mit Ihrem sadistischen Verhalten zusammenhängt?" fragte sie mit neutralem Ton, als würde sie einen alltäglichen Sachverhalt analysieren.

Ohne zu zögern, schüttelte ich den Kopf. „Nein. Es macht es schlimmer, das stimmt. Aber es ist nicht die Ursache."

Ihre Augen musterten mich aufmerk-sam, während sie den Stift in ihrer Hand drehte. „Wovon konnte es dann kommen? Wir müssen den Ursprung finden, wenn wir Fortschritte machen wollen."

Ein kaltes, beinahe zynisches Lachen brach aus mir heraus, bevor ich es stoppen konnte. „Den Ursprung kenne ich längst. Sparen Sie sich die Suche."

Dr. Choi zog eine Augenbraue hoch und lehnte sich zurück, ohne den Augenkontakt zu unterbrechen „Ach, wirklich? Das macht die Sache ja tatsächlich einfacher. Wollen Sie mir erzählen, was es ist?"

Meine Augen verengten sich, und für einen Moment fragte ich mich, ob sie wirklich bereit war, die Wahrheit zu hören.

Sind Sie sicher, dass Sie die Wahrheit verkraften können?" fragte ich mit einem Hauch von Spott in der Stimme, meine Worte langsam und schneidend wie ein Messer.

„Glauben Sie mir, Mr. Kim," erwiderte sie ruhig, „ich habe in diesem Beruf schon Geschichten gehört, die sich jenseits Ihrer Vorstellungskraft bewegen."

Ein bitteres Lächeln zuckte über meine Lippen. Sie hatte keine Ahnung.

Ich lehnte mich nach vorne, meine Arme auf dem Tisch abgestutzt, und senkte meine Stimme zu einem dunklen, bedrohlichen Ton. „Wenn ich mit einer Frau schlafe, gibt es einen Punkt, an dem ich die Kontrolle verliere.
Es ist wie ein Schalter, der umgelegt wird. Ich sehe nur noch rot. Dann habe ich dieses unstillbare Bedürfnis, ihr Schmerz zuzufügen - bis sie schreit, bis sie mich anfleht, aufzuhören. Aber ich kann es nicht. Ich will es nicht."

Die Worte kamen langsam und prazise über meine Lippen, als würde ich jede Silbe aus meinem Inneren herausreißen.

Dr. Choi schluckte sichtlich, bewahrte aber ihre professionelle Haltung. „Was ist das Schlimmste, das Sie jemals einer Frau angetan haben?" fragte sie, ihre Stimme ruhig, aber mit einem winzigen Zittern, das sie nicht verbergen konnte.

„Ich habe sie ins Koma geschlagen," sagte ich. Meine Stimme blieb dabei emotionslos, fast mechanisch, als würde ich ein Gerichtsurteil vorlesen.

Unter dem Tisch zitterte meine Hand leicht, ein verräterisches Detail, das ich zu unterdrücken versuchte.

Dr. Choi nickte langsam, als würde sie die Schwere meiner Worte verarbeiten. „Verspüren Sie Reue?"

Ich sah ihr direkt in die Augen, kalt und unerschütterlich. „Nein. Ich spüre nichts. Keine Liebe, keine Reue. Garnichts."

Ein kurzes Schweigen entstand, bevor sie nachhakte: „Aber warum tun Sie es? Warum haben Sie dieses Bedürfnis, Schmerz zuzufügen?"

Ich schloss kurz die Augen, als würde ich mich innerlich auf die Antwort vor-bereiten. „Ich füge anderen Menschen Schmerz zu, damit ich meinen eigenen vergesse. Das ist der Grund."

Ihre Stimme wurde weicher, fast einfühlsam. „Von welchem Schmerz sprechen wir hier, Mr. Kim?"

Ich hielt inne, meine Gedanken kämpften gegen das, was ich längst vergraben glaubte. Widerwillig ließ ich ein einziges Wort fallen: „Betrug."

Das Wort hing schwer im Raum, doch ich hatte nicht vor, mehr zu sagen. Es hätte dort enden können - hätte sollen.
Doch Dr. Choi schob weiter nach.

„Wer war die Frau, die Sie betrogen hat? Wer hat Ihnen das angetan?"

Ihr Tonfall war neutral, doch ein einziges Wort durchbohrte meine Kontrolle wie ein Dolch.

„Wer war diese Schlampe, Mr. Kim?"

Das Wort explodierte in meinem Kopf wie eine Granate. Schlampe. Niemand hatte das Recht, sie so zu nennen.
Niemand außer mir.

Langsam hob ich meinen Kopf, meine
Augen kalt und bedrohlich. Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch sie war messerscharf. „Was haben Sie gerade gesagt?"

Dr. Choi, vielleicht ahnungslos oder unvorsichtig, wiederholte das Wort.

Das war der Moment, in dem etwas in mir zerbrach. Ohne nachzudenken schoss meine Hand nach vorne und umschloss ihren Hals mit einer Kraft, die mich selbst erschreckte. In einem einzigen, fließenden Bewegungsablauf schleuderte ich sie gegen die Wand hinter ihr.

Der Aufprall war laut, ein dumpfes, erschütterndes Geräusch, das den Raum erfüllte. Sie keuchte, versuchte nach Luft zu schnappen, doch mein Grift war unerbittlich.

„Sie hätten dieses Kapitel besser geschlossen gelassen," zischte ich, meine Stimme rau vor unterdrückter Wut. „Jetzt ist es vorbei mit Ihnen."

Ihre Augen weiteten sich, und für einen Moment konnte ich die Panik darin sehen. Doch es war mir egal. Der Sturm in mir hatte die Kontrolle übernommen, und niemand konnte ihn mehr stoppen.

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Sadist: Person, die sich durch Quälen der Sexualpartnerin, des Sexualpartners zu befriedigen sucht

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