Kapitel 16
Das Schwarz Mal
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Die gesamten Ferien über hatte ich mit Remus in einem Wald nahe des Fuchsbaus trainiert. Nicht zu nah natürlich, für den Fall, dass etwas schiefgehen sollte, aber wirkliche schlimme Sachen waren nie passiert.
Um ehrlich zu sein, hatte ich etwas Angst, dass es nur deshalb so gut lief, weil ich mich bisher noch nie verwandelt hatte ohne vorher einen Wolfsbanntrank zu trinken, den Hermine, Rose, Lupin und ich jeden Monat zubereiteten. Es war ein ziemlich kompliziertes Rezept, aber gemeinsam (und dank der Hilfe von Professor Snape, welcher Rose und mir das Rezept vor den Ferien beigebracht hatte) bekamen wir es hin.
Ich war mehr als dankbar für die Hilfe meiner Freunde und unglaublich erleichtert darüber, dass Mr und Mrs Weasley mich weiterhin bei ihnen wohnen ließen. Ich hätte ihnen natürlich nicht übelnehmen können, wenn sie... nun ja, Angst gehabt hätten, aber dass alle meine Freunde ein solches Vertrauen in mich setzten, gab mir Mut und das Gefühl, endlich eine Familie zu haben.
Apropos Familie... Rose und ich waren über die Ferien unzertrennlich geworden. Sie war eine ganze Weile bei den Weasleys - und somit bei mir - geblieben, zu Ende der Ferien jedoch hatte Remus sie zu sich nach Hause geholt. Ich würde sie erst in Hogwarts wiedersehen. Natürlich freute ich mich darauf und Rose sicherlich auch, aber ich war mir ziemlich sicher, dass sie sich mindestens genauso sehr darüber freuen würde, Harry in der Schule wiederzusehen. Die beiden waren sich über die Ferien wirklich nahegekommen, was ja echt süß war und alles, aber einfach nicht meine Welt.
Ich hatte es nicht eilig damit, mich zu verlieben. Ich meine, klar, wenn es passiert, passiert's und daran kann man nichts ändern, aber wollen tat ich es nicht.
Hier sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich beinahe jeden Tag Briefe ausgetauscht habe... Und zwar mit niemand anderem als Cedric Diggory. Und nein, das erwähne ich nicht, weil ich ihn mag oder so... Allerdings sehen Hermine, Rose und Ginny das ganz anders. Sie waren total wild darauf, den "berühmten Hufflepuff namens Cedric Diggory endlich einmal kennenzulernen".
Ich konnte darüber nur die Augen verdrehen. Erstens war Cedric knapp drei Jahre älter als ich und zweitens war die Idee, dass ich ihn mehr als freundschaftlich mögen könnte, einfach bloß absurd. Geschweige denn, dass er etwas für mich empfinden sollte.
Leugnen, dass ich mich freute, ihn endlich wiederzusehen, konnte ich allerdings nicht. Hätte auch keinen Sinn gehabt, denn als wir nach einer kurzen Wanderung auf Cedric und seinen Vater, Amus Diggory, trafen, strahlte ich wie ein Honigkuchenpferd.
"Ced!" Voller Freude lief ich auf den Jungen zu, der gerade wortwörtlich vom Himmel gefallen war, und warf ihn beinahe zu Boden, als ich ihn zur Begrüßung umarmte.
Lachend erwiderte er meine Umarmung und wuschelte mir zur Begrüßung durchs Haar. "Hey, nicht so stürmisch!"
"Tschuldige." Beschämt ließ ich ihn los. Etwas widerwillig, zugegeben, aber ich tat es. "Ich freue mich nur, dich wiederzusehen."
"Ich freue mich auch, dich wiederzusehen." Er schenkte mir ein warmes Lächeln, welches ich erwiderte.
Ein Räuspern von Mr Weasley ließ uns auseinanderfahren. Vor Scham wollte ich am liebsten im Boden versinken als ich bemerkte, dass jeder - also, wirklich jeder - uns anstarrte.
"Wollen wir dann los?" Mr Weasley deutete in die Richtung, die wir scheinbar einschlagen würden.
Cedric nickte, räusperte sich und lief mit seinem Vater voraus, der Rest folgte den Diggorys. Wortlos ließ ich mich zu Hermine und Ginny zurückfallen und war froh, dass Rose nicht hier war, um einen Kommentar zu dem Ganzen abzugeben.
Das übernahmen nun meine Freundinnen für sie.
Wie nett.
"Das ist also der berühmte Cedric, huh?" Ginny stieß mich grinsend mit dem Ellbogen an.
"Ja", gab ich bloß knapp zurück.
"Er ist echt süß", kommentierte Hermine wie nebenbei. "Findest du nicht, Ivy?"
"Was?" Zum Glück wurde ich nicht so schnell rot, wenn mir etwas peinlich war, sonst würde ich bereits die ganze Zeit wie eine Tomate herumlaufen. Ich bemühte mich, ein gleichgültiges Gesicht aufzusetzen, und zuckte mit den Schultern. "Er ist okay, denke ich."
Ich bemerkte zwar den Blick, den Hermine und Ginny austauschten, ignorierte die beiden jedoch.
Mithilfe eines "gammligen alten Stiefels" (wie Harry ihn beschrieb), welcher eigentlich ein Portschlüssel war, wollten wir zu einem Quidditch-Spiel reisen. Meine Freude darüber konnte nicht einmal durch die Bruchlandung, die wir hinlegten, ruiniert werden. Ich liebte Quidditch, war aber leider nicht in der Slytherin-Schulmannschaft.
Arthur, Amus und Cedric landeten ganz gemächlich und elegant vor uns auf der Wiese. Als Cedric mich von oben herab angrinste, brummte ich ein warnendes: "Sag bloß nichts" und nahm seine Hand an, welche er mir stumm - aber weiterhin grinsend - anbot.
"So schlecht war es doch gar nicht", meinte er dann doch. "Das war deine erste Reise durch einen Portschlüssel, oder?"
"Ja, und vorerst auch die letzte."
"Warte nur, bis du apparieren lernst... Apropos lernen, wie geht's mit dem Wolf voran?"
Ja, ich hatte Cedric eingeweiht. Ich vertraute ihm und abgesehen davon wollte ich so eine große Sache nicht vor meinen Freunden verheimlichen. Natürlich würde ich es nicht jedem sagen, aber bei Cedric handelte es sich ja auch nicht um irgendwen.
"Um ehrlich zu sein, ziemlich gut", berichtete ich und so kamen wir ins Gespräch. Auf dem Weg fragte Cedric mich ein wenig darüber aus, wie es war, ein Wolf zu sein. Ich erklärte ihm, dass die Verwandlung zwar schmerzhaft war, ich aber ansonsten nur Vorteile in meinen geschärften Sinnen, sowie erhöhter Schnelligkeit und Kraft sah. Von meinen Zweifeln wegen meiner Kontrolle über den Wolf erzählte ich ihm nicht.
Das hatte ich niemandem gesagt.
Als Cedric fragte, ob er mich irgendwann mal als Wolf sehen konnte, war ich erstaunt. Er schien ehrlich interessiert, aber wollte ich ihm das wirklich zeigen?
"Naja, eigentlich ist die Verwandlung ziemlich intim... Man zeigt sowas normalerweise keinem Außenstehendem. Also, keinem Nicht-Werwolf, weißt du?"
"Oh, klar, verstehe." Cedric nickte verständnisvoll. Er schien nicht wütend oder dergleichen, was mich etwas erleichterte. "Du musst natürlich auch nicht, ich war bloß neugierig. Entschuldige."
Beruhigend legte ich eine Hand auf seine Schulter. "Es muss dir nicht leidtun, ich verstehe das. Ich wäre auch neugierig." Ich verstand es tatsächlich, immerhin waren nicht viele Leute mit Werwölfen befreundet. Entweder, weil sie sich nicht trauten, dieses Risiko einzugehen, oder... weil sie gestorben waren. Doch davon wollten wir nun nicht reden.
"Wenn du dich nicht vor dem großen, bösen Wolf fürchtest", antwortete ich daher grinsend und stieß ihn neckend an der Schulter an, "denke ich darüber nach."
"Okay." Cedric lächelte und schubste leicht zurück.
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"Wahnsinn, Dad!", staunte Ron, der weit vor mir auf der Treppe stand und über die Menge an Zauberern und Hexen hinwegsah. "Wie weit oben sitzen wir denn?"
"Ich will es mal so ausdrücken..."
Oh, nein... Merlin, bewahre.
"Wenn es regnet, dann erfahrt ihr es zuerst."
Ich konnte mir gerade so ein unzufriedenes Stöhnen verkneifen, als ich die Stimme von Lucius Malfoy vernahm. Großartig, auf Dracos Vater wollte ich nun wirklich nicht treffen... Meine Vermutung, dass Draco ebenfalls hier war, bestätigte sich, als ich es endlich geschafft hatte, mich an den Menschen vor mir vorbeizudrängen und mich neben meine Freunde aus Gryffindor zu stellen. Dort konnte ich ihn sehen - sein hellblondes Haar, seinen schwarzen Anzug und die sturmgrauen Augen.
Er hatte sich über die Ferien ein wenig verändert, zumindest äußerlich. Im positiven Sinne, musste ich zugeben.
Als Draco mich sah, setzte er einen selbstgefälligen Blick auf und rief uns zu: "Vater und ich sitzen in der Minister-Lounge. Auf persönliche Einladung von Cornelius Fudge übrigens."
Ich seufzte nur. Wieso machte er sich so viel aus solchen Dingen?
Sein Vater stieß ihm den Gehstock gegen die Brust, was Draco verstummen ließ. "Hör auf zu prahlen, Draco!", zischte Mr Malfoy und sah jeden von uns abwertend an. "Das kannst du dir bei denen sparen." Sein Blick blieb an Hermine und mir hängen. "Man würde meinen, es sei bereits schlimm genug, dass Harry Potter mit Blutsverrätern befreundet ist, da lässt er sich auch noch mit Schlammblütern ein!"
Ich erwartete nicht, dass Draco Mine und mir helfen würde. Offiziell waren wir nämlich keine Freunde - Hermine und er hassten einander regelrecht - und davon abgesehen war er seinem Vater viel zu hörig, als dass er mich verteidigen würde. Zudem bezweifelte ich, dass er mich als etwas anderes ansah, als ein Schlammblut.
Mit aufgesetztem Lächeln erwiderte ich daher: "Das ist ganz schön viel Meinung für jemanden mit so wenig Ahnung und niedrigem Niveau, finden Sie nicht, Mr Malfoy?"
Fred und George hinter mir mussten sich zusammenreißen, nicht laut loszulachen. Draco riss überrasch die Augen auf.
"Respektloses Schlammblut!", wütete sein Vater erbost. "Ich werde dir-"
"Jaja, erzählen Sie es jemandem, den es interessiert. Der Mülltonne vielleicht. Viel wichtiger ist... Ist Ihr Friseur vielleicht auf Drogen?" Mit ernstem Gesicht betrachtete ich Malfoys blondes, langes Haar. "Sie wissen schon, in welchem Jahrhundert wir leben, oder?"
Nun prusteten die Zwillinge los und auch die anderen, selbst Mr Weasley, konnten nicht mehr an sich halten. Dracos Kiefer sagte gerade dem Boden Guten Tag.
Mr Malfoys Sprachlosigkeit nutzten wir aus und ergriffen die Flucht, indem wir weiter nach oben stiegen.
"Abgefahren!", lachte Ron. "Sein Gesicht werde ich nie vergessen!"
"Das will ich doch hoffen", lachte ich ebenfalls. "Das Niveau verfolgt diese Familie, aber sie sind ohne Zweifel schneller."
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"Harry?", riefen wir laut. "Harry!"
Besorgt suchte ich das zerstörte Quidditch-Feld nach unserem Freund ab, den wir während der Flucht vor den Angreifern aus den Augen verloren hatten.
Ich spitzte meine Ohren und versuchte, irgendwo einen Hinweis auf Harrys Aufenthaltsort zu finden. Ich atmete tief ein und tatsächlich gelang es mir, eine leichte Spur seines Dufts zu verfolgen. "Ron, Hermine, hier entlang! Ich habe seine, äh... Fährte?"
"Es ist so merkwürdig, wenn sie das sagt, aber irgendwie auch cool", flüsterte Ron und folgte mir. Hermine lief sorgenvoll neben mir her. "Bist du sicher, dass er das ist?" Unbeirrt lief ich weiter, der Wind wehte uns entgegen und verriet mir eindeutig, wo ich Harry finden würde. "Ja."
Tatsächlich stießen wir kurz darauf auf ihn - und wurden wenige Minuten später von Barty Crouch darüber informiert, dass die Angreifer Todesser gewesen waren...
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