Kapitel 15
Der erste Vollmond
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Professor Lupin würde Hogwarts verlassen. Er hatte mir jedoch versprochen, über die Ferien mit mir an meiner... neuen Lebensweise zu arbeiten, sodass ich mich im neuen Jahr einigermaßen unter Kontrolle hatte und selbst üben konnte, den Wolf zu beherrschen.
Die Ferien würden zwar bald beginnen, jedoch war es uns möglich, meine erste Vollmondnacht in der Heulenden Hütte zu verbringen.
Remus würde sich auch verwandeln. Wir hatten beide einen Wolfsbanntrank getrunken. Er würde immer noch Herr über seine Sinne sein, bei mir waren wir da nicht so sicher. Zumal wir ja noch nicht einmal die hundertprozentige Bestätigung hatten, dass ich mich verwandeln würde. Die verstärkten Sinne hatte ich allerdings schon, wie Madam Pomfrey prophezeit hatte, und es war eigentlich ziemlich cool. Manchmal lästig, da ich so gut wie alles viel lauter als die anderen hörte, allerdings lernte ich bald, auch meine Sinne unter Kontrolle zu bringen.
"Wie fühlst du dich?"
Hermine sah besorgt aus. Sie, Daphne, Rose, Harry und Ron standen mit Lupin und mir vor der peitschenden Weide (natürlich in sicherer Entfernung).
"Nervös", gab ich zu. "Ich hoffe, dass ich den Dreh mit dieser ganzen Wolfsache bald raushabe."
"Bestimmt!" Rose nickte zuversichtlich.
Professor Lupin - er bestand darauf, dass ich mir angewöhnte, ihn Remus zu nennen - klingte sich ein. "Es wird hartes Training erfordern. Wir sollten damit jetzt anfangen."
"Oh, ja, klar." Schnell verabschiedete ich mich von meinen Freunden und trat an die Seite meines Lehrers und Patenonkels. Dieser beugte sich zu mir und flüsterte zwinkernd: "Ich bin sicher, dass du das im Handumdrehen beherrscht."
"Ich hoffe es."
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"Es ist soweit", murmelte ich, als ich aus dem Fenster der Heulenden Hütte spähte und den Vollmond hinter den Wolken hervorscheinen sah.
Professor Lupin begann bereits, sich zu verwandeln. Zwar in einem anderen Raum, jedoch konnte ich es hören. Jedes Mal, wenn einer seiner Knochen sich umformte, knackte es.
So auch bei mir.
Zuerst verformten sich meine Hände und Füße, dann verlängerten sich meine Nase und mein Mund.
Es tat höllisch weh, wurde allerdings noch viel schlimmer, als meine Schulterplätter in eine andere Position umsprangen. Keuchend sackte ich zu Boden und betete mit vor Anstrengung geschlossenen Augen, die Verwandlung würde schneller vorbeigehen. Mehrere Knochen meines Körpers brachen oder verformte sich zur selben Zeit.
Als die Schmerzen langsam verebbten, öffnete ich meine Augen und fand mich auf dem Boden liegend wieder.
Meine Kleider lagen zerfetzt neben mir und mein ganzer Körper war voller weißem Fell. Entzückt wedelte ich mit dem Schwanz und drehte mich ein paar Mal um mich selbst bei dem Versuch, mich im Ganzen zu betrachten. Abgesehen davon, dass ich ein ganzes Stück größer war, sah ich viel mehr nach einem normalen Wolf aus, als Professor Lupin.
Das Licht des Mondes war stark. Es schien mich beinahe zu rufen und es war - trotz des Wolfbanntrankes - schwer, den Trieben, die meinen neuen Körper durchfluteten, zu widerstehen.
Professor Lupin... äh, ich meine, Remus, streckte die Schnauze durch die Tür. Er schien erleichtert, als ich ihn weder angriff noch feindlich knurrte.
Meine erste Vollmondnacht konnte beginnen.
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"Und, wie war's?"
"Erzähl schon!"
"Hat alles funktioniert?"
"Natürlich hat es das, Weasley, oder hast du an ihr gezweifelt?"
"Verzeihung, dass ich mir Sorgen um sie gemacht habe, Malfoy!"
"Jungs, ehrlich, nicht jetzt!"
"Was erwartest du, wenn du uns mit diesem Idioten in einen Raum bestellst?"
"Lasst ihr mich jetzt erzählen oder nicht?"
Meine Freunde saßen wie auf glühenden Kohlen. Wir hatten ausgemacht, uns morgens, vor Dumbledores Ansprache zum Jahresende, nochmal in der Bibliothek zu treffen, damit ich ihnen erzählen konnte, wie es mit dem Training gelaufen war.
Ich war müde, aber glücklich. Der Wolf in mir war, anders als ich zu Anfang gedacht hatte, alles andere als mein Feind. Remus hatte gesagt, ich musste ihn zu aller erst als Teil von mir akzeptieren, denn sonst könnten wir den Rest des Trainings gleich vergessen.
"Es war unglaublich!" Meine Augen zeichneten tiefe Ringe, aber das müde Lächeln auf meinen Lippen wollte mein Gesicht nicht verlassen. "Es war zwar schwer, dem Mond zu widerstehen, aber ich habe es geschafft. Irgendwann haben wir uns aus der Hütte rausgetraut und ich bin durch die Wälder gerannt. Das war ein unglaubliches Gefühl! Ich bin noch nie so schnell gerannt und ganz ehrlich, es macht dem Fliegen beinahe Konkurrenz. Keine Sorge, Harry, wir werden weiterhin um die Wette fliegen", fügte ich bei seinem geschockten Gesichtsausdruck hinzu. "Remus meinte, wenn es so weitergeht, werde ich in einigen Monaten vielleicht schon ohne Wolfbanntrank zurechtkommen."
Mrs Weasley hatte darauf bestanden, dass ich in den Ferien weiterhin bei ihr und ihrer Familie wohnte. Nach einer langen Diskussion hatte ich eingewilligt und wir hatten entschieden, dass mein Training mit Remus nun in einem Wald in der Nähe des Fuchsbaus ablaufen würde, da die Heulende Hütte zu unpraktisch und zu weit weg war.
"Das sind großartige Neuigkeiten!", beglückwünschte Daphne mich.
Ich lächelte und beschloss, später auch Rose und den Zwillingen, welche gerade alle drei nicht hier waren, davon zu erzählen. Die Zwillinge wollten zum Abschluss des Jahres Filch einen Streich spielen und Rose half Remus beim Packen. Sie würde über die Ferien bei ihm wohnen.
"Wir müssen langsam los, es ist schon spät." Mit einem Blick auf ihre Armbanduhr stand Hermine auf, wir anderen taten es ihr nach, und lief voraus aus der Bibliothek und in Richtung Große Halle. Draco und ich bildeten das Schlusslicht. Eine Weile sagten wir nichts. Als wir vor der Großen Halle zum Stehen kamen, drehte ich mich zu ihm. "Schöne Ferien, du Stinkstiefel."
Er verdrehte amüsiert die Augen. "Dir auch, halbe Portion."
Warnend knurrte ich. "Vorsicht." Erschrocken wich Draco zurück. Zufrieden grinste ich, da mir seine Reaktion bestätigte, dass meine Augen wie vorgesehen gelb aufgeleuchtet hatten.
"Abgefahren", rief Ron. "Wie machst du das?"
"Diesen kleinen Trick hat mir Professor Lupin beigebracht." Stolz ließ ich meine Augen wieder normal werden. "Wenn ich das mache, während ich den Wolf unter Kontrolle habe, sind sie gelb. Bei Vollmond oder wenn ich die Kontrolle verliere, sind sie das auch, aber es gibt genügend andere Nebenwirkungen, an denen man den Unterschied erkennen kann. Nur als kleine Vorwarnung."
"Gut zu wissen", murmelte Harry, der etwas blass um die Nase geworden war.
"Einfach abgefahren!", sagte Ron wieder, worauf wir alle lachten. Alle, außer Draco.
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