Kapitel 14
Der Brief
-
Unruhig tippte ich mit meinen Füßen auf dem Boden herum, kaute auf einer Haarsträhne. Das war so ein merkwürdiger Tick von mir, den ich ab und zu hatte, wenn ich nervös oder aufgeregt war.
Und gerade hatte ich allen Grund dazu, den Madam Pomfrey sprach in dieser Sekunde mit Dumbledore. Sie würden mir gleich verkünden, wie es nun um mich und meinen Platz an dieser Schule stand.
Unterbewusst hörte ich die Tür zum Krankenflügel aufgehen, kurz darauf fragte jemand: "Na, schmeckt die Strähne?"
Ich sah auf. "Daphne!"
Sie lächelte. "Wir dachten, wir leisten dir seelischen Beistand."
Mit "wir" meinte sie all meine Freunde; Hermine, Rose, Fred und George, Ron, Harry, sich selbst und sogar Draco.
"Wir würden außerdem nie zulassen", begann George und Fred fuhr fort: "... dass man dich rauswirft."
"Das werden sie nicht." Hermine sah entschlossen aus. "Dumbledore würde das nie erlauben, und McGonagall sicherlich auch nicht."
"Aber was ist mit allen anderen?", gab ich zu Bedenken. "Ihr alle wisst Bescheid... Bald weiß es womöglich die ganze Schule!"
"Na und?" Draco rümpfte die Nase. "Sollen sie doch. Dir kann das egal sein. Am Ende zählt nur, was Dumbledore entscheidet."
"Ich dachte nie, dass ich das mal sage, aber Malfoy hat recht", meldete da Harry sich zu Wort.
Ron beugte sich etwas zu mir und sagte halblaut: "Wobei vermutlich er derjenige sein wird, der es in die gesamte Zaubererwelt hinausposaunt."
"Das habe ich gehört, Weasley", zischte Draco, "und wenn du das wirklich glaubst, solltest du vielleicht mal-"
"Jungs, bitte..." Mit meinen Kopfschmerzen und überstrapazierten Nerven konnte ich gerade wirklich keine Rivalitäten zwischen meinen Freunden vertragen. Wobei man ihnen lassen musste, dass es bereits ein Wunder war, sie alle freiwillig in einem Raum miteinander zu sehen.
"Übrigens..." Rose kramte in ihrer Tasche herum und reichte mir einen Brief. "Den soll ich dir geben." Sie zwinkerte.
Fragend suchte ich nach einem Absender auf dem Umschlag. Nichts. "Von wem ist der?" Ich sah in die Runde. Außer Hermine und Harry, welche sich angrinsten, zuckten alle mit den Schultern. Rose lächelte nur. "Das siehst du, wenn du ihn geöffnet hast."
Und da ich gerade eine Ablenkung gut vertragen konnte, machte ich das auch sogleich. Die geschwungene Handschrift auf dem Pergament, welche aussah, als wäre sie in Eile aufs Papier gebracht worden, war mir fremd. Neugierig überflog ich die Zeilen.
Ivy,
Leider hatten wir nicht die Möglichkeit, uns richtig kennenzulernen. Ich würde das liebend gern nachholen, jedoch bin ich nun, da Harry und Hermine mich befreit haben, auf der Flucht und muss untertauchen. Sobald es möglich ist, werde ich dir jedoch gern die Fragen beantworten, die du womöglich noch hast.
Eins kann ich dir jetzt schon sagen: Deine Mutter war die begabteste Hexe, die ich kannte, und ich erkenne sie sowohl in dir, als auch in deiner Schwester wieder. Und glaub es, oder nicht, aber sie war auch eine Slytherin und die einzige ihres Hauses, die mit Remus, James, Peter und mir klarkam...
Als Remus und ich damals das brennende Haus vorfanden, schworen wir uns, auf Rose aufzupassen, doch wir hätten auch für dich da sein müssen. Ich hoffe, du verzeihst uns.
Und verzeih bitte auch Remus. Es war nicht seine Schuld, zu was der Mond ihn gezwungen hat. Solltest du dich jedoch nun ebenfalls verwandeln, wird es sicherlich eine Lösung geben, bei der du auf Hogwarts bleiben darfst. Ansonsten hast du - genau wie Harry und Rose - immer ein Zuhause bei mir. Natürlich kann ich verstehen, wenn du das nicht willst, aber ich schulde es deinen Eltern und besonders deiner Mutter, es dir wenigstens anzubieten.
Außerdem erinnert Harry mich so sehr an James, dass ich denke, es würde ihm guttun, jemanden wie deine Mutter um sich zu haben - jemanden, der ihm aus der Patsche hilft, wenn er sich in Schwierigkeiten gebracht hat.
Obwohl mir etwas sagst, dass du dich mit ihm in einige davon verwickeln wirst... Wie deine Mutter eben auch.
Auf jeden Fall steht mein Angebot. Harrys Eule kann mir einen Brief schicken, wenn ihr wisst, wie es ausgehen wird. Passt auf euch auf.
- Sirius
"Dein Patenonkel scheint echt in Ordnung zu sein", lächelte ich Harry an. Dieser nickte und schien dabei wie in Gedanken versunken. "Allerdings..."
"Und, hast du über sein Angebot nachgedacht?"
"Ja, natürlich, aber vorerst wird das nicht gehen", antwortete Harry. Außer Rose, Hermine, Ron und mir verstanden alle nur Bahnhof. "Bei mir ist es genauso", schaltete mein Zwilling sich ein. "Auserdem bleibe ich lieber erst mal bei Remus. Wie steht's mit dir?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht... Sollte man mich wirklich der Schule verweisen, wird mir womöglich nichts anderes übrig bleiben."
"Hey, mal langsam!" Die Zwillinge wechselten empörte Blicke. Scheinbar verstanden sie nun, was ich zu sagen versuchte.
"Du kannst doch immer noch..."
"... bei uns wohnen, Schwesterherz", endete Fred.
Dankbar lächelte ich die Zwillinge an. Die Weasleys waren wirklich wie eine Familie für mich geworden, trotzdem war ich froh, nun jemanden zu kennen, der tatsächlich blutsverwandt mit mir war - Rose. "Danke, aber ich glaube, wenn ich wirklich ein... ihr wisst schon, bin, dann kennt Sirius sich damit besser aus. Immerhin ist er fast sein ganzes Leben mit Professor Lupin befreundet gewesen und ich denke, dort wäre ich weniger gefährlich."
Draco und Daphne verstanden nun auch und tauschten betretene Blicke.
"Ivy, du-"
Daphne unterbrach sich, als Dumbledore und Madam Pomfrey zu uns traten. Erst wollte sie die anderen verscheuchen, doch Dumbledore hinderte sie daran. Es schien ihr nicht sonderlich zu gefallen, dennoch fing sie an, zu erklären, wie es nun um mich stand.
"Miss Clover... Die Kratzspuren der Werwolfklauen sind tief", begann sie.
Ich spürte, wie jemand nach meiner zitternden Hand griff, daher wandte ich meinen Kopf leicht zur Seite.
Draco.
Er ließ sich nichts anmerken, sondern sah abwartend zu Madam Pomfrey. Ich schluckte und tat es ihm gleich.
"Wir wissen dennoch nicht, ob es ausreicht, um Sie komplett zu verwandeln."
"Moment, wie meinen Sie das, komplett?", fragte ich nach und auch die anderen schienen etwas verwirrt.
"Damit meine ich", erklärte Pomfrey weiter, "dass wir durchaus eine, sagen wir, halbe Veränderung in Betracht ziehen können. Sie würden praktisch nur ein paar der Eigenschaften eines Werwolfs annehmen."
"Zum Beispiel?", wollte Hermine wissen.
"Am naheliegendsten ist, dass sie sich jeden Vollmond verwandelt, mit dem richtigen Training jedoch die Kontrolle über ihre Sinne erhält", lautete die Antwort. Ein Hoffnungsschimmer machte sich in mir breit und ich drückte leicht Dracos Hand. "Höchstwahrscheinlich werden sich auch schon bald ihre Sinne, am meisten Geruch und Gehör, verbessern, allerdings nicht so ausgeprägt wie bei einem vollwertigen Werwolf."
"Professor McGonagall, Professor Snape, Madam Pomfrey und ich haben daher entschieden", sprach nun der Schulleiter und ich könnte schwören, dass jeder von uns in diesem Moment gespannt die Luft anhielt, "dass Miss Clover weiterhin Hogwarts besuchen darf, unter der Bedingung, dass sie mit Professor Lupin ihre neuen Eigenschaften trainiert und zu kontrollieren lernt."
Vor lauter Glücksgefühl sprang ich Draco um den Hals, welcher etwas überrascht die Umarmung erwiderte und mich an sich drückte. Die anderen umarmten mich ebenfalls. Als meinen Freunden auffiel, dass Slytherins und Gryffindors ein Gruppenkuscheln veranstalteten, stellten die beiden Häuser sich sofort einige Schritte auseinander.
Dankend wandte ich mich an Professor Dumbledore. "Ich danke Ihnen, Professor!", strahlte ich. "Ich verspreche, ich werde es unter Kontrolle bringen."
"Ich weiß, dass Sie das werden", lächelte Dumbledore, als wüsste er etwas, dass uns unbekannt war.
In diesem Moment machte ich mir jedoch keine Gedanken darüber. Ich durfte auf Hogwarts und bei meinen Freunden bleiben! Rose umarmte mich freudig und ich drückte meine Schwester an mich.
Im Moment war das alles, was zählte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top