❝𝐒𝐚𝐧𝐜𝐭𝐮𝐚𝐫𝐲❞

𝑇ief atmete Jungkook die frische, vom Regen scheinbar erst so kürzlich gereinigte Luft ein, füllte seine Lungen damit. Seine tiefbraunen, recht groß wirkenden Augen waren geschlossen, dabei stand er vor der noch offenen Tür seiner pompösen Kutsche, gezogen von prachtvollen, starken Apfelschimmeln. War er gerade erst nach Tagen der Fahrt aus ihr gestiegen. Seine Kleidung wirkte höchst edel, war angefertigt mit dunkelgrünen Elementen von den besten Schneidern seines Königreiches, verziert mit purem Gold.

Seine etwas jüngere Gattin Marie-Luise trat nun ebenfalls begleitet von einem leisen Ächzen mit Hilfe eines der mitgebrachten Dieners aus der Kutsche. Stützte sie sich an seiner Hand ab, während sie aus der Karosse stieg, ehe sie sich wie es sich gehörte neben ihren Mann stellte, sich bei ihm einhackte. Die blutjunge Frau trug ein wahrlich schönes und aufwändig verziertes, dunkelgrünes Kleid. Erkannte man dem ungehindert trotz dessen ihren angeschwollenen Bauch unter dem teuren Stoff.

Doch nagte dies nicht störend wie ein spitzer Dorn im Auge nein, Jungkook erfüllte viel mehr die kesse Fühlung des Stolzes. So sollte doch alle Welt sehen, dass Marie-Luise ein königliches Kind, seinen Erben, in sich trug.

Kurz, wahrlich nur ganz rasch sah die junge Königin ihren Gatten an, musterte von der Seite sein wahrhaft hübsches Angesicht. Spürte dabei ihre teuren, dunkelgrünen Ohrringe, wie sie zart hin und her schwangen. Ließ sie ihren Blick dann aber beeindruckt über die eindrucksvollen Ländereien schweifen - ein wahrer Augenschmaus-, erkannte so auch einen Diener, wie er mit schnellen Schritten auf das Königspaar zueilte.

»Euer Majestät sind früher angekommen, wie erwartet.«, wurde Jungkook schließlich angesprochen, öffnete seine so herzig warm funkelnden Augen eilends bei diesen etwas abgehetzten Worten. »Ja, die Wege nach Yutaka waren unerwartet frei.«, antwortete Jungkook dem nun schon etwas in die Jahre gekommenen, dicklichen Diener mit erhabener Stimme, ließ sich von ihm seinen Handrücken seicht küssen. »Ihr müsst erschöpft von der Reise sein.«, ergriff dieser abermalig das Wort, nachdem er auch den Handrücken der Königin mit einem Kuss benetzt hatte. »Ich werde Euch in Eure Gemächer bringen, damit Ihr Euch ausruhen könnt.«, fügte er noch mit kniefälliger Stimme bei. Lief er indes gefolgt von König Jungkook, seiner jungen, mit ihren langen, weißblonden Haaren und den stechend blauen Augen so wunderhübschen Frau, ihrer Zofe und vier Bediensteten über den steinernen Boden des wahrhaft prachtvoll protzigen Hofes des Hauptpalastes. Sie liefen vorbei an riesigen Wasserbecken mit großen Springbrunnen, eindrucksvoll geschnittenen, saftig grünen Hecken und lebensfroh bunten, vollen Blumenbeeten, durch ein großes goldenes Tor direkt zur ebenfalls goldenen Doppeltür des Schlosses.

»Ich möchte das Ihr erstmal nur meine Frau in ein Gemach bringt.«, wies Jungkook an, nachdem sie alle den wahrhaft riesigen Palast betreten hatten, in der edel dekorierten, durch all die bodentiefen Fenster so hell wirkenden Eingangshalle zum Stehen gekommen waren. Schon allein diese Vorhalle wirkte so schön, so protzig, erinnerte sie an das Gemunkel, welches über den berühmten berüchtigten Spiegelsaal Versailles's in aller Munde war.

»Ich selbst möchte erst den König sprechen.«

»Natürlich, wie Ihr wünscht, Euer Majestät.«, antwortete der dickliche Diener untergeben, verbeugte sich leicht, nickte dabei zwei weiteren, älteren Bediensteten zu, welche die Königin in eines der erst kürzlich fertiggestellten Gemächer bringen wurden. »Ruh dich aus, Marie.«, sagte Jungkook nun zu seiner Frau, strich ihr hauchzart über die blasse Wange. »Eine Frau in deinem Zustand sollte nämlich eigentlich gar nicht auf Reisen gehen.«

Eine Hochschwangere sollte wahrhaft nicht auf Reisen gehen und das schon gar nicht, wenn ihr Mann sie eigentlich auch überhaupt nicht dabei haben wollte.

»Gesellst du dich bald wieder zu mir?«, wollte die Angesprochene leise wissen, schloss bei der sanften Berührung ihres Mannes ihre tiefblauen Augen. »Ja, bald.«, gab Jungkook beinahe schon hauchend zur Antwort, drückte der er Jüngeren einen kurzen Kuss auf, ehe er sich von ihr löste, dem dicklichen Diener die breite Mamor-Treppen hinauf folgte.

Nie hätte Marie gedacht, sich irgendwann einmal so in Jungkook zu verlieben - so unendlich, wie sie es vor wenigen Monaten schlussendlich doch getan hatte. Die Jugendliche erinnerte sich, wie sie vor knapp einem Jahr nicht weg aus Deutschland wollte, wie sie unter keinen Umständen einen so fremden Mann heiraten wollte. Sie wusste gewiss das es als Prinzessin der Pfalz ihre Aufgabe - ja sogar ihre unumstößliche Pflicht war den Mann zu heiraten, den ihr Vater für sie ausgesucht hatte. Aber hatte sie damals in so einer fürchterlich bitteren Angst davor gelebt, in dieses weit entfernte Land zu reisen, diese fremde Sprache sprechen zu müssen, die so ganz anders war als ihre eigene, sowie den unbekannten Sitten und Bräuchen zu folgen.

Doch nun war auch sie es, die Jungkook mit einem leichten, so verträumt wirkenden Lächeln hinterher sah, wie er die prunkvollen, hellen Treppen hochstieg. Nun war sie es die sich so verliebt hatte und das schon nachdem sie nur ein paar Mal miteinander geschlafen hatten.

Und dabei ließ sie auch völlig außer Acht, ja beinahe schon verbittert, dass Jungkook sie auch nicht nur ansatzweise so sehr liebte. Gewiss, er war sehr gut zu ihr, kümmerte sich liebevoll um die 17-Jährige, so sehr, dass all ihre schon Freundinnen neidisch waren, doch liebte er Marie-Luise nunmal einfach nicht.

Nun, und König Jungkook selbst konnte in diesem Moment gar nicht verhindern, dass sein Herz auf einmal doch aufgeregt zu klopfen begann, dass die Nervosität doch seinen kräftigen Körper einnahm. Er hatte sich vor Antritt seiner Reise fest vorgenommen normal - ruhig zu bleiben, sich auf keinen Fall der Aufregung hinzugeben. Doch jetzt, als er diesen Moment wirklich erlebte, sah alles ganz anders, gewiss viel schwieriger als vorgestellt aus.

Aber wer in Gottes Namen könnte deswegen nach ihm ächten? Wer könnte es schon, schließlich würde er in wenigen Minuten das erste Mal seit einem so unendlich langen, halben Jahr König Taehyung wiedersehen.

Taehyung, seinen Taehyung.

Diese Situation schien fast schon surreal, so unwirklich.

»Hier entlang, Eure Majestät.«, sagte der Diener ruhig, mit respektvollen Ton, hatte bemerkt, wie sich Jungkook ein wenig abwesend in den mit so viel Gold verzierten, hellen Gängen umsah, wie er sein Tempo verlangsamt hatte. Jedoch gewiss nicht wissend das es die Unruhe des Königs und nicht die Begeisterung war, die dies veranlasst hatte.

Woher auch hätte er es aber wissen sollen?

So folgte Jungkook dem dicklichen Diener also weiter, betrachtete von hinten sein langes, glattes Haar, welches so einige graue Strähnen aufwies, ehe er seinen Blick aber wieder den weißen Wänden, mit den edlen Verzierungen zuwandte, beim Vorbeilaufen aus den großen Fenstern hinaus auf die prächtigen Gärten blickte. Dabei schien er nur noch aufgeregterer zu werden, je näher er den Gemächern Taehyungs kam, doch mischte sich sogleich auch unheimlich große Freude hinzu. Freude darüber, seinen Liebhaber endlich nach all der viel zu langen Zeit wieder zu sehen, in sein göttlich gesegnetes Antlitz zu blicken, ihn zu guter Letzt in seine Arme zu schließen.

Ein sanftes, äußerst attraktives Lächeln schlich sich auf seine weichen, einladenden Lippen, fiel es aber beinahe sofort, ja erlosch regelrecht, als er kurz vor dem Gemach Taehyungs zum Stehen kam. Denn vernahm nicht nur er, sondern auch der dickliche Diener und jene Bedienstete, welche die goldene Tür des Königs bewachten, kaum zu überhörbare Stöhngeräusche, ein lauteres, hohes und ein sehr tiefes, was Jungkook wohl überall wieder erkennen würde.

Schließlich hatte er es in der Vergangenheit oft genug zu hören bekommen. Ja manchmal glaubte er sogar, es hatte sich dadurch regelrecht in sein Gedächtnis eingebrannt und es würde nichts geben, was diese Erinnerung verblassen lassen könnte.

»Vielleicht solltet Ihr Euch doch erst etwas ausruhen, Euer Majestät.«, schlug der Diener vor, schien sich dabei etwas unpässlich in seiner Haut zu fühlen. »Der König scheint gerade beschäftigt zu sein.«, fügte er noch zu allem Überfluss ruhig hinzu, verpasste Jungkook so nur noch einen Stich ins Herz.

»Aber natürlich.«, antwortete Jungkook, hatte vorher kaum hörbar genervt, zugegebenermaßen aber auch ein Stück weit fassungslos aufgeschnaubt.

Es sollte nicht so weh tun, um Gottes Willen nein, das sollte es wirklich nicht. Es war in Ordnung, sie, Taehyung und er, hatten es ja so ausgemacht. Doch es nun zu hören, es nun konkret zu wissen, dass er gerade in diesem Atemzug mit seiner Frau schlief, ja dieses Wissen schien ihm völlig erbarmungslos einen spitzen Dolch in sein Herz zu rammen.

Zweifel an all dem hier, sie kamen nun schneller auf, als Jungkook wohl lieb war, doch schluckte der junge König sie runter, ignorierte sie regelrecht, als er dem Diener erneut hinterherlief, dieses Mal jedoch zu seinen Gemächern. Zurück zu seiner Frau, die ihn gewiss schon erwartete.

»Du bist schon wieder zurück?«, stellte sie verwirrt fest, saß dabei auf dem riesigen Himmelbett, geziert von einer Decke aus edelstem Stoff zusammen mit ihrer Zofe, die sich jedoch sofort erhob, als Jungkook das helle Schlafzimmer betrat. »Der König ist gerade beschäftigt, also konnte ich ihn nicht sprechen.«, antwortete er ruhig, zog sich dabei erstmal seinen Mantel aus, ehe er ihn achtlos über einen Stuhl legte.






















»Der König!«, informierte Stunden später, die Jungkook zu guter Letzt mit anderen Adligen in den Salons des Palastes verbracht, dort mit ihnen reihenweise Glücksspiele gespielt hatte, eine der Wachen. Kaum einen Atemzug später betrat schließlich König Taehyung den riesigen, wieder einmal so prachtvollen Raum. Gewiss brach sofort bewunderndes, aber auch überraschtes Gemurmel aus, die Adligen verbeugten sich ergeben, sah der König sie an, die Frauen lächelten ihm sanft, so bemüht süß zu, denn wollten sie alle einmal das Bett mit ihm teilen, sei es auch nur für eine Nacht, doch das alles interessierte Taehyung kaum.

Nun ja, zumindest in diesem Moment nicht.

Nein, er lief einfach durch die Masse, die sich recht schnell wieder den Spielen und Gesprächen, sowie dem Wein gewidmet hatte, hatte dabei eine ganz gewisse Person vor Augen, die sich augenscheinlich ganz prächtig mit einem Adligen eher niedrigerer Klasse unterhielt. Darin aus einem der großen Fenster hinaus in einen der wunderschönen, grünen Gärten sah.

»König Jungkook aus Yamada.«, sprach er eben diese Person mit gestelltem Respekt, aber auch bemühter Freude in der tiefen Stimme an, nunmal so, wie er jeden Mensch von Adel ansprach. »Wie schön Euch hier in Yutaka begrüßen zu dürfen.«, fügte er noch so formell hinzu, als der Angesprochene sich zu ihm umgedreht hatte, dabei zierte ein charmantes Lächeln seine vollen Lippen. »Schön das ich Euer Gast sein darf, Euer Majestät.«, gab Jungkook ebenso höflich, so gestellt zurück, erwiderte das Lächeln nur falsch. »Dann auf ein Wort, König Jungkook.«, sagte Taehyung anschließend. »Ihr entschuldigt uns, Joonkik?«, verabschiedet er sich noch mit weiterhin dem selben reizenden Lächeln von dem Adligen, dieser verbeugte sich als Antwort nur leicht, da lief Taehyung auch schon gefolgt von Jungkook an ihm vorbei, hinaus aus dem Salon in die Gänge.




















»Du bist einen Tag früher hier, als gedacht.«, stellte Taehyung ruhig, bemüht gleichgültig fest, freute sich darüber dennoch mehr, wie wohl zugeben zu vermochte. »Und Marie hast du auch mitgebracht.«, murmelte er, stand mit dem Rücken zu Jungkook vor einem dunklen Anrichtetisch in seinen eigenen Gemächern. »Einer meiner Diener hat mir gesagt, dass sie wohl noch hübscher geworden sei.«, fügte er noch beiläufig mit gedankenverlorenem Ton hinzu, schenkte er sich darin ein Glas Wein ein. »Und dir scheint der Sex mit Frauen wohl doch besser zu gefallen, wie du mir einst gesagt hast.«, pfefferte Jungkook prompt gereizt, völlig unüberlegt zurück, verschränkte die starken Arme mürrisch vor seiner Brust. Hatte er darin alle Mühe, seinen Missmut von vorhin zu verstecken. »Und was soll diese Bemerkung überhaupt?«, wollte er gleich danach brüsk mit so giftigem, ja beinahe schon zickigen Ton wissen. »Freust du dich denn so überhaupt nicht mich wiederzusehen?«

Erstmals antwortete Taehyung gar nicht nein, trank lieber ein paar Schlücke seines köstlichen Weines, blickte indes durch die großen Fenster hinaus in den Hof, beobachtete einige Adlige, wie sie über ihn liefen. So erkannte er schließlich auch seine Frau Française, die sich in Begleitung ihrer Zofe auf einer der Bänke niedergelassen hatte. »Jungkook«, seufzte er schließlich, stellte sein aufwändig garniertes, beinahe schon wieder leeres Glas weg, ehe er sich zu dem Angesprochenen umdrehte, ihn herb musterte.

Doch, natürlich freute er sich...

»Es ist viel Zeit vergangen, seit unserem letzten Treffen.«, bemerkte Taehyung fade, seine tiefe Stimme war dabei irgendwie seltsam - kaum definierbar. Er setzte erneut zum Reden an, schien noch etwas sagen zu wollen, vielleicht war es ja sogar wichtig. Doch kam ihm Jungkook aber eilends mit großem Misstrauen zuvor: »Was soll das heißen?«

»Nichts.«, antwortete Taehyung völlig ruhig. »Nur das wir uns eine ganze Weile nicht gesehen haben.«

Jungkook selbst wusste kaum, was er auf diese Worte erwidern sollte. Stand er noch immer etwas entfernt von Taehyung in mitten seines Gemaches, wirkte irgendwie unaufgeräumt, verloren, derweil waren seine Arme noch immer vor seiner Brust verschränkt.

Und er... verstand es einfach nicht. Er verstand beim besten Willen nicht, warum Taehyung so unnahbar wirkte, so auf Distanz bedacht. Warum nicht das lieblich warme Gefühl der Freude ihn empfing, als er Jungkook wieder sah - ja warum er ihn nicht in den Arm nahm, ihn wie früher so himmlisch gut küsste.

»Ist das jetzt dein Ernst?«, hakte Jungkook noch immer einen Gran überfordert mit dieser Umständen nach. »Wir sehen uns nach einem halben Jahr wieder und das ist Alles, was du mir zu sagen hast?«

Ein tiefes, geschafftes Seufzen Seiten Taehyungs erfüllte die Räumlichkeiten, stützte er sich an dem dunklen Anrichtetisch ab, sah zu Boden. »Es tut mir leid.«, gab er leise von sich. »Es ist nur so seltsam dich wiederzusehen.« - was eine Lüge.

»Ich bin immer noch derselbe, Taehyung.«, beteuerte Jungkook mit plötzlich so fröstelnd kühler Stimme. »Aber bei dir bin ich mir da gerade nicht so sicher.«, gab er hiernach zu, nun vernahm man triefende Skepsis in seinem Ton. »Ich bin auch noch derselbe.«, entgegnete der Ältere der Beiden nach einem kurzen Atemzug der Stille, hatte er vorher den Kopf wieder angehoben. »Was genau ist dann unser Problem?«, wollte Jungkook mit dem selben Argwohn ungeduldig wissen, verzog er seine dunklen Augenbrauen darin mürrisch.

»Jungkook...«, seufzte Taehyung erstmal nur abermals. »Hör auf mich so zu überfallen, sondern lass mich doch erstmal richtig begreifen, dass du vor mir stehst.«

»Ich soll aufhören dich zu überfallen? Darf ich dich daran erinnern, dass du es warst, der nach nicht einmal einem Tag Beziehung Sex mit mir hatte, obwohl ich es damals überhaupt nicht wollte?«, gab Jungkook ganz aufgebracht zurück, erinnerte sich an diesen längst vergangenen Tag nur freudlos-dunkel zurück.

»Hätte es dir damals wirklich so missfallen, würdest du doch jetzt nicht hier stehen.«, sagte Taehyung wieder einmal so ruhig, so gelassen.
War all das doch schon so lange her. Es schien darüberhinaus, als würde er sich von keinen der zornigen Wörter Jungkooks aus der Ruhe bringen lassen. »Außerdem glaube ich wohl kaum, dass dich der ganze Sex damals wirklich gestört hat.«

»Es stört mich viel mehr, dass wir gerade keinen haben.«, entgegnete Jungkook trocken auf diese Worte, dabei lief er auf Taehyung zu, bis er schlussendlich direkt vor ihm stand.

Gott, Jungkook hasste es.

Fand er es unerträglich, wie er auf irgend eine Weise versuchen musste zu erklären was er wollte, dabei - dabei wusste er es doch selbst gar nicht genau.

Denn war eigentlich alles was er in diesem unbehaglichen Atemzug verlangte, dass Taehyung sich nicht mehr zu fürchterlich distanziert verhielt, dass er aufhörte, Jungkook so seltsam zu behandeln - dass einfach alles so werden würde, wie damals.

Damals, noch vor der beinahe zeitgleichen Krönung der beiden. Damals, als sie noch zusammen in einem riesigen, schrecklich luxuriösen Anwesen Jungkooks Eltern in Yamada gewohnt hatten, so viel Zweisamkeit geschenkt bekamen, wie sie nur wollten. Es gab tatsächlich zwei Jahre lang nur sie beide, Taehyung und Jungkook. Nun, ganz am Rande gesagt gewiss auch noch reichlich Diener. Waren die jungen Männer aber auch schon davor bereits ein Paar gewesen. Nie hatten ihre gutmütigen Eltern, die so gut wie es selten der Fall war miteinander befreundet waren und ihre Königreiche in Frieden nebeneinander geführt hatten, etwas gegen diese wohl zugegebenermaßen etwas ungewöhnliche Beziehung gehabt.

Warum auch, sollten ihre beiden Söhne doch glücklich sein, solange sie noch den Luxus der Freiheit besaßen. Die Realität würde sie schließlich schneller, wie ein kühler Windhauch im Sommer, einholen, als ihnen wohl lieb sein würde,

Doch änderte sich ihre ja fast schon bezaubernde, so schöne Zeit brüsk, als es zur Krönung Taehyungs kam. Zerplatzte ihre gemeinsame, rosarot schimmernde Blase  schlussendlich dann endgültig, als Jungkook ebenfalls König wurde. Und ganz plötzlich lastete nicht nur der Druck des straffen König-Seins auf den starken Schultern der beiden Männer, sondern wenig später auch noch ihre vielen, ehelichen Pflichten, die Verantwortung für ihre jungen, aus so fremden Ländern stammenden Frauen und hoffentlich doch baldige Nachkommen. Dazu schien man ihnen die gemeinsame Zeit, die alleinige Zweisamkeit zusammen einfach nicht gewähren zu wollen, denn statt jeden Tag konnten sie sich nur ein Mal im Monat sehen und plötzlich dann bekamen sie sich ein ganzes, halbes Jahr nicht mehr zu Gesicht.

Ein Schmunzeln zeigte sich auf Taehyungs vollen, so einladenden Lippen. Sodann, nur wenige Augenblicke später, beugte er sich auch schon ein Stückchen, wahrlich nur wenige, unbedeutende Zentimeter vor, legte seine verführerischen Lippen auf die weichen Jungkooks. Und nun war es der Jüngere der Beiden, der zu Schmunzeln begann, in den sanften Kuss lächelte, mit seinen großen Händen Taehyungs so hübsches Antlitz umrahmte.

Taehyung selbst packte Jungkook an den Hüften, hatte seine Hände von dem Holz des Anrichtetisches gelöst, um sich stattdessen in den schwarzen, dicken Stoff des Mantels seines Gastes zu krallen.

In den folgenden Atemzügen, da gab er einfach diesem starren Drang nach, Jungkook nahe, ja so nahe wie nur irgend möglich zu sein. Verlor er sich indes völlig in diesem atemberaubenden Gefühl, was sich in ihm so rasch entfachte.

Doch hielt ihr anfangs so zarter, so liebevoller, schließlich aber dann immer leidenschaftlich werdender Kuss nicht ewig nein, viel eher löste gerade Jungkook sich. Musterte er Taehyung fast schon abwartend, wollte seine Reaktion unbedingt mit eigenen Augen sehen, indessen seine Hände von den leicht gebräunten Wangen Taes hinunter zu seinen Schultern, über seine starke Brust hinab zu seinem Hosenbund fuhren, den er dann auch schon sattelfest öffnete. Das noch sanfte Schmunzeln des Älteren verwandelte sich daraufhin in ein schiefes Grinsen. Taehyung spürte, wie Jungkooks zugegebenermaßen etwas kühle Hand in seine Hose glitt, wie sie schließlich dann sein noch schlaffes Glied fest umschloss.

Nun ja, und dazu konnte König Taehyung doch nur schlecht nein sagen, nicht? Zwar hatte er eigentlich ganz andere Absichten mit Jungkook gehabt, doch den Sex vorher, den würde er sich gewiss mit größtem Vergnügen holen.

Was wäre er denn nur für ein Mann, würde er es nicht tun?

Und genauso kam es also, dass Jungkook und Taehyung nur wenig später zusammen im königlichen Himmelbett landeten. Ihre Klamotten verteilt im prunkenden, mit so viel Gold gezierten Gemach und all das nachzuholen zu schienen, was ihnen in dem halben, für Jungkook viel zu langem Jahr verwehrt geliebten war.

Sie tauschten hellauf heiße Küsse aus, ihre Zungen tanzten nur so feurig, so spielerisch miteinander. Berührten sie sich, fühlten die verschwitzte Haut des jeweils anderem unter ihren Fingerspitzen - ja, so hatte Jungkook sich ihr Treffen schon eher ausgemalt.

War es eben auch er, der erst unten, auf dem himmlisch weichen, großen Bett lag, dann aber den Spieß umdrehte, Taehyung ritt wie einen wilden Stier. Er schaute hinunter auf das Gesicht des Älteren, die braunen, vor Erregung so hell funkelnden Augen fast geschlossen, die vollen, etwas geschwollenen Lippen dafür umso weiter geöffnet. Immer wieder verließen tiefe, wohlige Töne seine Kehle, darin krallte er sich fest in Jungkooks Hüfte, unterstützte Kooks Bewegungen mit tiefen, harten Stößen.

Jungkook erinnerte es an früher, als sie sowas, Sex, jeden Tag, ja manchmal sogar den ganzen Tag über gemacht hatten.

Ja, das waren Zeiten.

Auch war der Akt mit Taehyung gewiss völlig anders wie mit Marie. Viel besser, viel ergänzender, sodass dem König nur einmal mehr schmerzlichst auffiel, was ihm in der Beziehung mit seiner Frau so bitterlich, so dornig fehlte: Ein zweiter Schwanz.

Schließlich aber schien Taehyung genug von dieser Position zu haben, schubste Jungkook von sich, sodass er neben ihm auf die weiche Matratze fiel. »Auf alle Vier, komm«, wies Taehyung kaum einen Atemzug später keuchend an, richtete sich dabei auch schon auf. Schlapp nickte Jungkook. Der Arme atmete schon ganz schwer, positionierte er sich schlussendlich auf allen Vieren vor dem Älteren. Er seufzte wohlig auf, als sich Taehyung kurze Zeit später wieder tief in ihm versenkte, konnte diese Position jedoch nicht unentwegt halten. Kraftlos knickten seine trainierten Arme ein und so blieb es auch, bis die beiden Könige schließlich irgendwann dann völlig außer Atem, völlig klebrig-verschwitzt nebeneinander, Jungkook auf dem Bauch, den Kopf eingekuschelt in eines der großen Zeit Kissen, weggedreht von Taehyung, dieser selbst auf der Seite, lagen.

Gott, Tae wollte das doch gar nicht mehr.

Er wollte doch eigentlich nie mehr mit einem Mann schlafen, wusste er doch jetzt endlich, wie falsch, wie krank, wie abscheulich es war. Der junge König verstand beim besten Willen nicht wie seine Eltern diese Beziehung zu Jungkook überhaupt zulassen, dulden konnten, sie geradewegs gutheißen konnten. Warum hatten sie es ihm nicht verboten? Sie hätten es tun sollen - nein, sie hätten es tun müssen, alles andere war absolut falsch. So laut dem Priester, der heiligen Kirche und nun ja, der junge König vertraute nunmal auf diese Worte.

Gewiss völlig gleich, was Taehyungs Gefühle dazu sagten.

»Wusstest du das Française schwanger ist?«, murmelte Taehyung auf einmal völlig zusammenhangslos, Jungkook verstand erst nicht, warum er das ansprach. »Nein, aber vielleicht hätte ich das, hättest du nicht aufgehört mir Briefe zu schreiben.«, antwortete er, änderte anders als Taehyung nichts an seiner Position, blieb er einfach so liegen. Viel eher beobachtete er den Älteren, wie er nackt, so völlig ohne Schwarm, nun, den brauchte er aber auch beim besten Willen nicht haben, durch den großen Raum lief, sich bei seinem dunklen Anrichtetisch angekommen ein Glas Wein einschenkte.

»Es hat einen Grund warum ich aufgehört habe, dir zu schreiben.«, gab Taehyung wie gewohnt völlig ruhig zurück, trank einen Schluck, indes er aus einem Fenster in den noch immer von Adligen nur so wimmelnden Hof blickte. Beobachtete er sie, wie sie liefen, wie sie miteinander redeten. »Ich wollte Française nicht weiter mit dir betrügen, Jungkook.«, erklärte er, was jedoch für einen Mann wie ihn nicht heißen sollte, dass er ihr treu sein würde.

Jungkook konnte gar nicht so recht beschreiben, wie er sich in diesem Atemzug, nach diesen doch erschütternden Worten fühlte. War es zum einen die träge Fassungslosigkeit, die seinen trainierten Körper schnell einnahm, der wirre Unglaube, die meuchlerische Trauer, aber auch nur so brodelnde Wut. »Du machst doch Witze.«, gab er nach kurzer Zeit des Schweigens, des Realisierens zurück, hatte sich vorauf  in dem Bett aufgesetzt. »Nein, das ist mein voller Ernst, Jungkook.«, widersprach Taehyung prompt, musste nun doch etwas angespannt sein. Darin hatte er sich zu dem etwas Jüngeren umgedreht, kehrte der schönen, doch zugegebenermaßen langweilig gewordenen Aussicht den Rücken zu. »Ich will-«, wollte er noch hinzufügen, doch unterbrach Jungkook ihn ohne jeglichen Respekt mit triefendem Misstrauen in der Stimme: »Warum bin ich hier, Taehyung?«, wollte er wissen, richtete er sich darin auch in dem großen Himmelbett auf. »Weil ich vor allen Dingen ein neues Handelsabkommen mit dir Besprechen will.«, gab Taehyung zur Antwort, verließ darin nicht einmal eine Lüge seine vollen Lippen. Nein, er sagte die Wahrheit, denn war die Besprechung für eines neuen Abkommens, was vor allen Dingen ihm selbst zu Gute kommen würde tatsächlich ein Grund gewesen Jungkook anreißen zu lassen. (Und natürlich sich von ihm endgültig zu trennen, denn konnte Taehyung einfach nicht weiter damit leben solch ein Sündiger zu sein.)

Denn könnte ein verdammter Sündiger niemals mit der Unterstützung Gottes sein Land regieren, war verloren und hilflos.

Dass es nun so aus dem Ruder gelaufen ist, also dazu konnte er ja nun wirklich nichts.

»Und weil du unsere Beziehung beenden willst.«, vollendete Jungkook nur bitter, erhob er sich darin nun endgültig von dem großen Bett, um seine Klamotten so schnell wie möglich von dem hellen, glänzenden Boden aufsammeln zu können.

Gott, er war doch so naiv, so töricht und bescheuert gewesen allen Ernstes zu glauben, dass alles so wie früher sein könnte.

»Es war nichts mehr weiter als eine Affäre und das weißt du genauso gut wie ich.«, entgegnete Taehyung ruhig diese ehrlichen Worte, stützte sich anschließend an dem Holz seines Anrichtetisches ab - schien er das wohl des Öfteren zu machen, wurde er nervös. »Unsere Liebe ist genau in dem Moment zerbrochen, als ich heiraten musste, Jungkook.«, fügte er noch völlig der Überflusses hinzu. Lag diese Lüge darin fürchterlich bitter auf seiner Zunge.

»Aber dafür liebe ich jetzt sie. Warum kannst du dich nicht für mich freuen?« - Lüge.

Ungläubig, aber auch feurig gereizt schnaubte Jungkook, schüttelte indes kaum merklich den Kopf. Das, das konnte doch jetzt nicht Taehyungs Ernst sein oder?

»Hättest du mir das alles nicht sagen können, bevor du mir deinen Schwanz in den Arsch schiebst?«, gab Jungkook ohrenfällig zornig, aber auch völlig überfordert mit diesem Umstand, mit diesen Worten und deren bitterer Bedeutung, zurück, zog sich darin eilends seine teure, dunkle Hose über.

»Du warst doch der, der Sex wollte. Nicht ich. Du hast das alles völlig falsch verstanden.« - Lüge.

»Und jetzt hau doch nicht gleich ab, ich wollte doch mit dir über ein neues Handelsabkommen sprechen.«, seufzte Taehyung einen Gran entnervt, indessen hatte er sich einen seidig dünnen, blauen Mantel mit goldenen und schwarzen Verzierungen übergezogen. Packte er Jungkook darüber hinaus am Arm, als dieser sich auf den Weg zur goldenen Tür gemacht hatte, die sorgfältig dekorierten Räumlichkeiten verlassen wollte. »Was auch immer du willst, Taehyung, ich lehne es ab.«, zischte Jungkook bissig als Antwort, entriss sich den geschmeidigen Fingern des Älteren.

Was dachte Taehyung sich eigentlich? Er, er hatte Jungkook gerade den Laufpass gegeben, ihm das ohnehin angeknackste Herz brutal auseinander gerissen. Da würde er doch wohl kaum noch hier bleiben, um etwas zu besprechen.

Nun, und Taehyung selbst sah Jungkook nur mit seltsamen, undefinierten Blick hinterher, stand in Mitten seines Gemaches. Wusste er wohl selbst nicht so Recht, wie es ihm mit diesem endgültigen Schlussstrich nun ging. Gewiss, ihre Beziehung war bereits vor gut einem Jahr zerbrochen, jenes danach war nur noch eine On-Off-Affäre gewesen, in der viel zu viele trostlos triefende Briefe geschrieben wurden. Doch liebte Tae Jungkook, nun oder zumindest die ganzen, wundervollen Erinnerungen an ihn, nunmal. Völlig gleich, wie sehr er versuchte es zu leugnen. Aber war es widrig, grauslich, ließ ihn bitter böse in Ungnade fallen. War es einfach nicht das, was Gott für seine Erdenbürger wollte.

So laut dem Priester, dem Taehyung vor einem halben Jahr alles gebeichtet hatte.

Und das alles, obwohl ihre Liebe einmal das größte Heiligtum Taehyungs und Jungkooks gewesen war.




















»Marie, wir reisen ab.«, sagte Jungkook nur wenig später mit unwirschen Ton, wirkte kühl, unnahbar, hatte dabei erst gerade einmal wenige Schritte in das Gemach gesetzt. Das Herz des jungen Königs, es pochte schmerzlichst. »Lasst die Kutschen vorbereiten.«, wies er einen Diener mit so ungewohnt erboster Stimme an, dieser nickte gewiss sofort, schien sich sogleich auf den Weg zur Tür zu machen. »Aber wir sind doch erst heute Vormittag angekommen.«, gab Marie-Luise konfus zurück, legte ihr dickes Buch beiseite, ehe sie sich aus dem wohligen, dunkelblauen Polster des Ohrensessels erhob.

Unlängst hatte sie auch einmal das Gemach verlassen, hatte in Begleitung ihrer Zofe Hyejin die vielen, herzlich schönen Salons die dieser Palast zu bieten hatte bestaunt. Mit einigen Adligen hatte sie geredet, war darin auch auf der vergeblichen Suche nach ihrem Gatten gewesen. Gefunden hatte sie ihn gewiss nicht, nein natürlich nicht. Wie auch, wenn er seine Zeit mit dem König Yutaka in dessen Gemächern verbracht hatte?

»Mag sein, aber wir reisen jetzt ab.«, zischte Jungkook scharf, beobachtete indessen seine so hübsche Frau nicht minder besänftigt, wie sie sofort auf ihn zukam. Eine besorgte Miene zierte darin ihre sanften Gesichtszüge. »Was ist denn los, Jungkook?«, wollte sie ruhelos, dennoch mit liebevoll zarter Stimme wissen, griff indes nach der großen Hand ihres Gatten. Die dunkelblauen, großen Augen funkelten dabei ganz hell voller Sorge, vor Verwirrung. Verstand sie nicht, was los war, warum Jungkook so überstürzt nachhause wollte.

Ob etwas passiert war?

Ja, Jungkook musste wahrlich etwas zugestoßen sein. Denn war alles was die junge Frau sah, ihr erzürnter, zorniger Mann, wie sich trotz seiner galligen Wut herbe Tränen in seinen braunen, sonst so warm und hell funkelnden Augen ansammelten. »Liebling...«, murmelte sie nur noch sorgenvoller, nur noch verzagter, dachte sie nicht lange nach, sondern umarmte Kook im folgenden Atemzug einfach.

Und auch wenn sie es nicht wollte, wenn sie diese schmerzenden Gedanken eigentlich in eine tiefe Ecke ihres Kopfes verbannen wollte, so kam ihr aber auch eine bitter böse, beißende Vorahnung.

Denn zur keiner Zeit hatte die Königin Yamadas Jungkook jemals weinen, ihn salzige Tränen vergießen sehen. War immer nur sie es gewesen, die geweint hatte. Es war stets Jungkook, manchmal aber auch Hyejin gewesen, der sie getröstet, sich um sie gekümmert hatte. Aber nie war es andersherum gewesen. (Nun, zumindest hatte Marie seine Tränen sonst wohl nie bemerkt.)

»Hyejin - raus!«, wies Marie ihre Zofe schließlich auffallend hart und gehetzt an, funkelte sie über Jungkooks Schulter hinweg darüber hinaus deutlich an. »Und sorg dafür das erstmal keiner hier reinkommt.«, die Dienerin verbeugte sich untergeben, verließ folgend zügig das Gemach.

»Willst du mir sagen was geschehen ist?«, hakte Marie Atemzüge später abermals nach, hatte sich indessen von ihrem noch immer herb weinenden Mann gelöst. Doch hatten ihre zarten Hände sogleich wieder die großen Jungkooks umfasst, darin versuchte sie ihm in das Tränen benetzte, gesenkte Antlitz zu blicken.

War es Jungkook selbst so verdammt unangenehm, hier so jämmerlich zu heulen, jenes auch noch vor seiner Frau. Was dachte sie denn jetzt nur von ihm? Er musste furchtbar schwach, schrecklich erbärmlich wirken, ja vor allen Dingen dann, wenn der Grund für seine bitteren Tränen ins Tageslicht rücken würde.

Sollte Jungkook ihn aussprechen, den Grund, die Wahrheit über ihren Besuch hier in Yutaka?

Sollte er - nein, konnte er das überhaupt?

»Ich will einfach nur hier weg, Marie.«, gab er erstmals nur trübselig, nur kümmerlich zurück. Sah seine so hübsche Frau darin aus großen, rot verheulten Augen an, indes noch immer salzige Tränen über seine Wangen kullerten. »Also gut«, wisperte Marie, löste ihre Hände von denen Jungkooks, um ihm die herben Tränen zart  aus seinem Angesicht zu streichen. »Dann musst du dich aber bis wir in der Kutsche sind zusammenreißen, ja?«, sagte sie nun gewichtiger wie zuvor, dennoch sanft und zart, darin huschte ein leichtes, aufmunterndes Lächeln auf ihre volle Lippen.

»Denn ein König sollte niemals vor den Untergebenen seine Tränen vergießen.«, Jungkook nickte leicht, wusste diese Weisheit gewiss schon vorher. Schon von klein auf wurde ihm dies, so wie auch noch unendlich viele andere Dinge gepredigt. Doch war er nie in einen solchen Umstand gekommen, in der er sich so zusammenreißen musste so wie in den Atemzügen, in denen er zusammen mit Marie-Luise, ihrer Zofe und zwei der Bediensteten, die ihr Gepäck schleppten, den protzigen Palast verließ.

»Ihr verlasst uns wieder, Euer Majestät?«, natürlich, ihre brüske Abreise blieb nicht lange unbemerkt. Noch bevor sie überhaupt in die Nähe der Kuschen kamen, wurden sie von mir einem ältlichen Diener mit grauem Haar angesprochen.

Schien es, als würde König Taehyung wohl auf alte Herren setzen, denn hatte Jungkook, aber auch Marie in ihrer kurzen Zeit kaum junge männliche Bedienstete ausfindig machen können.

Hübsche, junge Frauen dafür umso mehr.

»Ja, unser Besuch hier hat sich erledigt.«, entgegnete Jungkook, seine Stimme darin klang frostklirrend kühl Auch sein straffer Blick, seine braunen, großen Augen wirkten barsch, distanziert. »Ich wünsche das Ihr dem König über meine Abreise informiert.«, fügte er noch bei, vernahm er sofort das Nicken des Dieners. »Sehr wohl Euer Majestät.«, gab dieser jählings zurück. »Ich wünsche Euch und Eurer Frau eine gute Heimreise.«, sagte er noch, verbeugte sich indessen ehrerbietig.

Gewiss hatte er die roten, geschwollenen Augen des Königs Yamadas bemerkt, gesagt hatte er aber nichts. Nein, natürlich hatte er das nicht, jenes stand ihm überhaupt nicht zu.



















Ein bizarres, schwerwiegendes Schweigen lag in der edlen Kutsche und indes Marie-Luise ihren so hübschen, dennoch augenscheinlich betrübten, so niedergeschlagenen Mann immer Mal wieder prüfend, wenn nicht sogar auffordernd ansah, so sah dieser selbst nur stetig aus dem Fenster. Betrachtete die langsam vorbeiziehenden, idyllischen Ländereien. Gewiss blieben die Blicke seiner Frau, dieses stechend Auffordernde in der Luft nicht vor ihm verborgen.

Jenes hieß aber nicht, dass er nun bereit war zu reden.

Denn rang er irgendwo tief in seinem Körper mit herb sich: Sollte er Marie von Taehyung erzählen? Von seinem glücklichen, unbeschwerten Leben vor seiner Krönung, von seinem so töricht verliebten Ich von damals? Oder sollte er es lieber lassen, es weiter mit sich schwer herumschleppen? Es weiter in sich hineinfressen, irgendwann dann daran daran zerbrechen? Er wusste, er könnte es Marie sagen, sie würde vielleicht böse sein, doch das nicht ewig.

Sie würde es vielleicht nicht vergessen, aber verzeihen würde sie alle Male. (Da war Jungkook sich eigentlich relativ sicher.)

Also... also könnte er es doch wagen, oder nicht? Helfen, wenn er einfach mal jemanden davon erzählen würde, würde es ihm gewiss. Und wenn es wirklich ganz schlecht verlaufen sollte, ja dann könnte er doch noch immer die Kutsche wechseln, seiner Frau auch in seinem Palast aus dem Weg gehen.

Also eigentlich konnte doch gar nicht viel passieren.

»Ich hab dir nie von der Zeit vor deiner Ankunft in Yamadas erzählt.«, begann Jungkook schließlich mit einem schweren Seufzen, wandte seinen Blick von dem Fenster ab, sah lieber zu seiner so hübschen Frau. »Ich habe dich aber auch nie danach gefragt, Jungkook.«, gab Marie sanft zurück und es stimme, was sie sagte. Nie hatte sie Jungkook über solche Dinge ausgefragt, denn ging es sie nunmal eigentlich nichts an. Wenn er es ihr von sich aus erzählte war es gut, es war schön, zeigte Vertrauen, doch wenn er es eben nicht tat, dann war es auch völlig in Ordnung.

Sie war da nicht so.

Leer schluckte Jungkook, seine kühne Wagemut schwand so plötzlich, wie sie aufgekommen war. Denn würde er Marie nun nicht nur erzählen das er eine Affäre, wenn man das überhaupt wirklich so betiteln konnte, hatte, sondern auch, dass er mit einem anderen Mann, mit einem anderen König zusammen gewesen war.

Dass er in gottverdammter Sünde hauste.

»Lass dir Zeit.«, wähnte Marie, hätte am liebsten wohl ihre kleine, blasse Hand auf die Jungkooks gelegt, ihm stärkenden Beistand geleistet. Doch konnte sie nicht, denn saß sie gegenüber von dem Älteren, die Distanz war dafür zu umständlich. »Mach dir keinen Stress, wir haben Zeit.«, fügte sie noch hinzu, lächelte zart.

»Marie, ich hatte vor dir schon einmal eine Beziehung.«, erzählte Jungkook, war sich überhaupt nicht sicher, ob dies ein guter Einstieg war, geschweige denn wie er nun weitermachen sollte. »Und ich hab sie auch noch weiter geführt, als wir schon verheiratet waren.«, beichtete er schlussendlich leise, wich dem Blick seiner Frau dabei mürb aus, indem er seinen Kopf senkte.

Nun sagte erstmal keiner der Beiden etwas, diese Stille herrschte wieder über die Kuschte. Jäh traute Marie sich ihre sanfte Stimme zu erheben: »Ich weiß.«, sagte sie. »Ich weiß es schon länger...«, brabbelte sie gedankenverloren, deutlich leiser wie zuvor. »Woher?«, wollte Jungkook sofort alarmiert, ein wenig panisch wissen. Sein Angesicht schoss dabei nur so in die Höhe, seine braunen, so matt wirkenden Augen suchten hastig die seiner Frau. »Wenn du und König Taehyung euch schon heimlich Briefe schreibt, dann verbrenn sie doch das nächste Mal.«, kicherte Marie lieblich amüsiert. »Oder versteck sie zumindest besser.«

Dieser Leichtsinn ihres Gattens entzückt sie, denn waren die Briefe wirklich schlecht versteckt gewesen. Die junge Frau hatte nichtmal nach ihnen gesucht, sie gar suchen lassen, doch waren sie ihr trotz dessen dereinst in die Hände gefallen. Neugierig wie sie nun einmal war, hatte sie einen der vielen Briefe geöffnet, ein paar Zeilen gelesen - dachte sie  sich noch nicht einmal viel dabei. Aber hatte sie ganz schnell durchschaut, was das für Briefe waren, denn hatten sie es nach wenigen Sätze bereits schon deutlich gemacht.

Und so kam es, dass sie Jungkooks kleines „Geheimnis" nun auch schon einige Monate mit sich herumtrug, doch angesprochen hatte sie ihn nie darauf.

Warum auch, sie hatte genau gewusst, Jungkook würde es ihr schon irgendwann einmal sagen. Und wenn nicht, ja dann wäre es auch nicht schlimm gewesen. Sie fand es auch nie abträglich, dass es ein Mann, ein König war, dem Jungkook sein Herz geschenkt hatte. Marie war einfach nur froh, dass der Ältere überhaupt jemanden liebte, wenn er sie schon nicht lieben konnte.

Denn hatte ihrer Ansicht nach jeder verdient zu lieben, ganz gleich wer es war, aber auch geliebt zu werden.

Jungkook selbst sah seine Frau nur ungläubig an, konnte gar nicht glauben, wie lässig sie das alles nahm, wie ruhig sie in diesem Atemzug wirkte. Der junge König hatte absolut keine Ahnung, was er nun dazu sagen sollte, alles war so anders gelaufen, wie er es gedacht, ja erwartet hatte.

»Du hast vorhin wegen ihm geweint, hab ich recht?«, wollte Marie einen kurzen Moment später auch schon wissen, ihre Stimme darin ohrenfällig niedergeschlagener, wie zuvor. Jungkook sagte nichts dazu, senkte er nur abermals seinen Blick. Indes sich seine einladenden Lippen fest aufeinander pressten.

Marie zögerte nicht mehr, hob ihr dunkelgrünes, so schönes Kleid etwas an, stand auf, ehe sie sich direkt neben ihren Mann setzte.

»Er hat mich verlassen, Marie...«, murmelte Jungkook nur, riss sich dieses Mal aber zusammen um nicht noch einmal erbärmliche Tränen vergießen zu müssen.

»Jungkook«, verließ ganz zart  Maries Lippen. »Versuch ihn zu vergessen, denn scheint er dem Platz in deinem Herzen, genauso wie deine kostbaren Tränen nicht wert zu sein.«, sagte sie, legte die Hand ihres Mannes auf ihren geschwollenen Bauch. Dieser selbst hob seinen Blick wieder, sah der Jüngeren undefinierbar in die dunkelblauen, funkelnden Augen. »Das ist deine Zukunft, Liebling, nicht er. Er ist die Vergangenheit.«, sagte sie ihm, sprach dabei wohl die herbe Wahrheit aus.

»Und kannst du der Zukunft nunmal nicht entgehen sehen, wenn du die Vergangenheit noch nicht besiegt hast.«

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