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TAEHYUNG
Nachdem ich die ersten Stunden Mathe geschwänzt hatte, da ich es beim besten Willen niemals ausgehalten hätte, für so einen langen Zeitraum neben Jungkook zu sitzen, war ich schließlich doch zur Schule gegangen.
Ich wusste einfach nicht, wie ich mich zu verhalten oder was ich fühlen sollte. Einerseits existierte nach wie vor Wut und Enttäuschung ihm gegenüber und andererseits war ich mir darüber bewusst, dass ich zu weit gegangen war. Zwar hatte ich ihm alles mitteilen können, was raus musste. Doch ich schämte mich für meinen Ausraster und hatte zugleich Angst, ihn zutiefst verletzt zu haben.
Dabei sollte ich es einsehen. Er liebte mich nicht so wie ich ihn. Und trotzdem war ich so immens sauer auf ihn, da ich ihm alles über meine Schmerzen mitgeteilt hatte, ich noch nicht einmal etwas über seinen Vater wusste, und mich wie der größte, verzweifelte Idiot verhalten hatte, während er nur wollte, dass ich ihn befriedigte.
So konnte es nur sein. Wiederum war ich auch nicht erzürnt über sein Verhalten, da ich verstand, dass man mich nicht lieben konnte.
Ich wies zu viele seelische Schwächen auf. Ich war nicht gebildet und ehrgeizig wie er. Meine einzige Stärke war mein Aussehen, das bekanntlich nichts über die wirkliche Person aussagte. Es war naiv gewesen zu glauben, dass er mehr als meine attraktiven Äußerlichkeiten sehen konnte, wenn doch wirklich jeder – selbst meine Eltern, Jimin, all die Mädchen und Jungen, die für mich schwärmten – nur das eine sahen.
Vielleicht war es auch einfach so, da ich sonst nichts zu bieten hatte? Kein Geld, keine guten Beziehungen, (wenn es so weiter ging wie bisher) ebenfalls keinen Abschluss und zuletzt keine guten Charaktereigenschaften.
(...)
Ich blickte auf, als sich ein Schatten über meine Person legte und aus dem Nichts eine flinke Hand die Zigarette aus meiner Hand zog und diese mit einem Mal unter einer hochhackigen Stiefellette zerdrückt wurde.
„Was zum–?"
Mit einem Mal verstummte ich, als ich geradewegs in Jennie Kims Gesicht blickte. Wie sonst auch fielen ihr die perfekt glatten, dunkelbraunen Haare über ihre Schultern. Dazu trug sie eine hellblaue Momjeans, einen schwarzen Rollkragenpullover und einen klassischen, grauen und sehr hochwertig aussehenden Blazer. Alles in allem sah sie wieder wie eine koreanische Blair Waldorf aus, und hatte einen erwartungsvollen Gesichtsausdruck aufgesetzt.
„Ich dachte, du hättest mit dem Rauchen aufgehört?, erklang ihre dominante Stimme, die so viele Typen als attraktiv empfanden.
„Und ich dachte, du hättest aufgehört, mich zu nerven. Jetzt hast du ja bekommen, was du wolltest."
Wir hatten lange nicht mehr miteinander gesprochen. Irgendwie hatten wir uns trotz des wenigen Kontaktes immer als beste Freunde betitelt, die irgendwie vollkommen unterschiedlich und doch eigentlich sehr gleich waren. Uns begleiteten die gleichen Probleme, doch wir sprachen mit niemanden als mit der jeweils anderen Person darüber. Schlichtweg weil uns sonst niemand verstand.
Zugleich war unsere Beziehung einfach komisch. Wir trafen uns so gut wie nie, um feiern oder essen zu gehen – immer nur um zu sprechen und uns gegenseitig beizustehen.
„Ich wollte stets nur das beste für dich", sprach sie ruhig und ließ sich neben mir auf der Bank nieder, um ihre Handtasche auf ihrem Schoß zu platzieren. „Aber ich sehe nun, dass es nicht das beste für dich war."
„Und wieso nicht?", meinte ich verbittert schmunzelnd. „Ich denke eher, dass du recht hattest. Jungkook tat mir nicht gut."
„Du konntest ihm helfen, sich zu bessern. Und er hat dir geholfen... Viel besser als Jimin es je konnte oder können würde. Ihr habt es beide wohl noch nicht ganz verstanden... die ganze Situation mit euren Eltern war einfach Segen und Strafe zugleich."
„Wieso sprichst du so, als würdest du hier die ganze Situation analysieren können, wenn du im Endeffekt keine Ahnung hast?", entgegnete ich patzig, auch wenn ich gar nicht so unhöflich klingen wollte.
„Von Anfang an hattest du recht. Jungkook hat mich zu Beginn nur fertig gemacht und war dann freundlich zu mir, sodass ich glaubte, er würde mich lieben, obwohl ich das nicht von ihm verlangen konnte und kann. Wieso sagst du mir das ausgerechnet jetzt?"
„Ich sehe doch, wie du dich fühlst und was mit ihm passiert. Denkst du wirklich, dass er so dermaßen traurig ist, weil er einfach keinen Sex mehr mit dir haben kann? Das ergibt doch keinen Sinn, und das weißt du auch, Taehyung. Du hast mir immer gesagt, dass ich nicht so unsicher sein soll, wenn es um meinen Körper geht, und ich auch jemanden finden werde, der mich – so wie ich bin – mag und der mich vervollständigt. Wieso sollte es auf dich nicht zutreffen? Weil du keinen so guten Notenschnitt hast?"
Nun musste ich schwer schlucken. Einige ihre Aspekte klangen plausibel, doch ich durfte mir nicht schon wieder zu viele Hoffnungen machen.
„Du verstehst das nicht. Ich weiß ja... dass du es gut meinst. Aber nein..."
Ich merkte, wie sie mich von der Seite mit traurigen Augen betrachtete. Doch ich versuchte, sie auszublenden. Dann erhob ich mich und drehte mich ein letztes Mal zu ihr um, ehe ich den Kopf in den Nacken legte und in den bewölkten Himmel blickte.
„Ich muss gehen. Vielleicht kommen wir ja bald wieder dazu, miteinander zu sprechen, Jennie. Aber jetzt... jetzt geht es einfach nicht..."
(...)
Als ich in mein bald schon wieder altes Zuhause, das mir Unterschlupf für die letzten drei Monate geboten hatte, erreichte, erkannte ich, dass Yeon wohl erneut die Flucht ergriffen haben musste, da ihr Auto nicht in der Einfahrt stand.
Erneut seufzte ich leise. Zwar konnte ich sie verstehen, doch würde ich ihr nicht empfehlen, ständig vor Appa fortzulaufen. Seine Aggressionen wurden dadurch sicherlich nicht besänftigt. Er wollte sie schließlich kontrollieren, wie eine Frau seiner Meinung nach ihrem Mann zu gehorchen hatte. Anders, als es meine Mutter je getan hatte.
Meinen Haustürschlüssel, mit dem ich wohl das letzte Mal diese Tür öffnen würde, ermöglichte mir den Eintritt in die gemütliche Stadtvilla.
Ich schlurfte durch den Flur bis in die Küche, um mir etwas aus dem Kühlschrank zu nehmen. Mir war aufgefallen, dass ich heute so gut wie gar nichts gegessen hatte. Nur der Qualm der ganzen Zigarettenpackung hatte den Weg in meinen Körper gefunden, um diesen zu beruhigen.
Es war ruhig und dunkel im Erdgeschoss. Noch ehe ich jedoch mit meiner Hand den Griff des Kühlschrankes umgreifen konnte, hielt ich inne.
Ein leises Geräusch drang an mein Ohr. Ich konzentrierte mich auf dieses, und versuchte zu erkennen, um was es sich handelte. Langsam ließ ich meine Hand sinken und drehte mich in Richtung der Tür, die zum großen Wohnbereich führte.
War das ein Flüstern? Oder gar ein Wimmern?
Mit einem Mal erfasste mich die Angst. Das war ein weinerliches Wimmern. Und diese Stimme würde ich unter Millionen von Personen erkennen können.
Innerhalb von wenigen Sekunden war ich durch die Küche gesprintet, hatte die Tür aufgerissen und war in das spärlich beleuchtete Wohnzimmer gestürmt, wo sich mir ein schockierendes Bild bot.
Appa und Jungkook.
Mein Erzeuger hatte seine Hand um die Kehle des Kleineren gelegt, drückte ihn dadurch zu Boden, während sein halb bewusstloser und zusammengeschlagener Stiefsohn flehende Laute von sich gab.
✧ ✧ ✧
oh oh what's happening
mir ist auch mal aufgefallen, dass jennie und tae nie ein richtiges Gespräch miteinander hatten, dass ihr miterlebt habt xD
— und ich kann euch schonmal beruhigen: Dong-wook hat Kookie nicht vergewaltigt („nur" misshandelt, da sind wir doch alle bErUhiGt)
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