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JUNGKOOK
Ich wusste nicht wirklich, ob man bei uns beiden schon von Liebe sprechen konnte. Fest stand, dass ich süchtig nach seinem Körper, seinem Geruch, seinen Lippen und seinen Händen war. Ich liebte es, wenn er lächelte, sein boxenförmiges Lachen zeigte. Wenn er mir etwas anvertraute und ich einfach nur seiner Stimme lauschen konnte.
Trotz alledem bekam ich das Gefühl nicht los, dass Taehyung etwas bedrückte. Ich war mir sicher, dass seine Trauer darin verwurzelt war, dass seine Eltern sich getrennt hatten und kein Kontakt zu seiner Mutter mehr bestand.
Da ich mich entschlossen hatte, Olga wie immer etwas Arbeit abzunehmen und Taehyungs und mein gemeinsames Bad zu putzen, hatte er sich spontan nach der Schule entschieden, mir zu helfen.
Tausend Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum. Da waren Jin und Namjoon, die in den letzten Tagen mindestens ein Dutzend neue Freundinnen bekommen und somit mehr weibliche Aufmerksamkeit, als in ihrem ganzen Leben zusammengerechnet, erhalten hatten.
Oder Jennie, die ich heute in meiner Freistunde endlich angesprochen hatte, da sie mich ständig mit einem Todesblick ansah. Taehyungs Vermutungen hatten sich bestätigt, als sie mir auf meine Frage, was mit ihr los sei, geantwortet hatte.
„Ich möchte, dass du Taehyung zu seinem eigenen Wohl in Ruhe lässt", hatte sie mir schließlich gesagt, woraufhin ich mich nur kopfschüttelnd von ihr entfernt hatte. Ohne abgehoben zu klingen... ich machte ihn glücklich. Und er mich.
Was sollte an meiner Gegenwart denn toxisch sein? Ich hatte doch eingesehen, dass ich ihn ungerecht behandelt hatte. Aber jetzt war ich doch nicht mehr so.
„Weißt du, was ich dachte, als ich dich das erste Mal sah?", sprach er mich an, als ich begann, mit dem Toilettenreiniger unser Klo zu säubern.
Ich drehte mich überrascht zu dem Dunkelhaarigen um, der nachdenklich seinen Putzlappen in kreisenden Bewegungen über den Badezimmerspiegel fahren ließ.
„Ähm... damals beim Abendessen, wo unsere Elt– ich meine, Eomma und Dong-wook – uns sagten, dass sie heiraten wollen?", fragte ich etwas irritiert.
„Nein... ich wusste schon vorher, dass du mein Stiefbruder sein wirst...", erläuterte er mir, woraufhin ich mich nun noch verwirrter erhob und den Reiniger sinken ließ: „Wie das?"
„Appa hatte mir zufällig deinen Namen gesagt. Und seine Beschreibung wie der Vorname des perfekten, ehrgeizigen und offenen Sohnes passte genau auf den kleinen, beliebten Streberjungen, der in Mathe mein Sitznachbar geworden war...", erklärte er mir, ehe er sich zu mir wandte. „Aber ich meine nicht diesen Abend, nein. Am Anfang der Sommerferien... ich wüsste sogar das Datum. Du warst mit Namjoon und Seokjin in der Black&White Karaokebar."
„Oh... du meinst da..." Meine Wangen färbten sich knallrot. Ich konnte mich nur zu gut an diesen Abend erinnern. „D-Da war ich doch so voll..."
„Und du hast gesungen... es hörte sich einerseits schrecklich an", vermerkte er und lächelte dann sein sanftes Lächeln, welches beinahe keines war.
„Und war andererseits wie Musik in meinen Ohren, weil ich deine eigentliche Stimme so schön fand. Mir war in dem Moment egal, ob du die Töne trafst oder nicht. Sogar den Song weiß ich noch. Oder wie du kichern musstest, als du über die Bühne gestolpert bist und zu Namjoon gegangen bist, um dir anzuhören, wie scheiße du klangst."
„Das weißt du alles noch?"
Inzwischen stand ich ihm nur noch perplex gegenüber. Meine dunklen Haare waren zu einem kleinen Babypferdeschwanz auf meinem Kopf zusammengebunden und ich trug die gammeligsten Klamotten kombiniert mit Toilettenreiniger und dreckigen Lappen in der Hand.
„Ich weiß, dass ich dich anfangs nicht mochte... weil du mich zu sehr an Jimin erinnert hast. Und doch konnte ich meine Augen nicht von dir lassen... und du warst meistens so süß... zum Beispiel als du mir das erste Mal gegenüber standest, nachdem du diesen Mädchen beim Rummachen zugesehen hast und du mich Halunke genannt hast..."
Niemals hätte ich es toll gefunden, wenn mich jemand als „süß" betitelt hätte. Aber beim Taehyung war das etwas ganz anderes.
„Du warst freundlich, geduldig, niedlich und offen zu allen... manchmal warst du es sogar auch zu mir... du warst so schusselig und manchmal so extrem idiotisch. Zumindest habe ich trotz alledem irgendwann erkannt, dass du nicht so wie Jimin bist, obwohl du mich ebenfalls oft... a-angemotzt hast. Aber du hattest einfach viel durchgemacht und konntest nicht mit all deinen Gefühlen umgehen..."
„J-Ja...", stimmte ich ihm tonlos zu. „Erst der Tod Appas... dann kam Dong-wook und Eomma schien ihre erste große Liebe schon vergessen zu haben. Dann schneitest du hinein und brachtest mich nur noch mehr durcheinander..."
Dann schob ich eine Unterlippe vor und blickte zu ihm hoch. „Wiederum war es auch nicht nett, dass du mich immer angeflirtet hast..."
„So schlimm war ich doch gar nicht." Endlich war das Lächeln auf Taehyungs Lippen zurückgekehrt. „Ich hab' wirklich kaum etwas gemacht."
„Du musstest doch nur einmal deinen ernsten Taehyung-Blick aufsetzen und meine Knie wurden weich!", maulte ich und warf die dreckigen Lappen zusammen mit meinen Handschuhen in eine Ecke, ehe ich an ihm vorbei zum Waschbecken ging, um mir die Hände zu waschen.
Taehyung stellte sich hinter mich und vergrub die Nase in meinen Haaren. „Du warst aber wirklich immer nur notgeil in meiner Nähe", nuschelte er. „Und dabei warst du doch hier der Mädchenschwarm der Schule und ein Vorzeigeschüler... ich wusste kaum, wie mir geschah."
„Du bist doch sicherlich daran gewöhnt. Wer weiß, was für Typen du noch schwul oder bi gekriegt hast", kicherte ich und biss mir dann auf die Unterlippe, ehe ich meine Hände abtrocknete und genoss, wie er seine Arme von hinten um meinen Oberkörper schlang.
„Aber noch mehr hat es mich aus der Bahn geworfen, als du immer gelächelt hast... man sah es so selten von dir..."
Ausgerechnet in diesem Moment verblasste sein Lächeln. „Naja... ich bin... seitdem meine Mutter uns verließ... nicht unbedingt mehr so wie damals... ich gebe mir für die Trennung auch etwas die Schuld dafür..."
Ich machte große Augen und sah ihn durch den Spiegel an. „Aber wieso?"
Zeitgleich pochte mir mein Herz vor Aufregung gegen die Brust. Erfuhr ich nun, was Taehyung dazu brachte, trotz unserer Beziehung so betrübt zu sein?
„Sie hat meine Sexualität nicht akzeptiert. Sie ist einfach nicht damit klargekommen, dass ihr einziger Sohn homosexuell ist und sie keine biologischen Enkelkinder erhalten würde. Zusammen mit der Enttäuschung seitens meines Vaters, der sich allgemein nicht mehr mit ihr verstand und sie meiner Meinung nach auch schon länger betrog, konnte sie es nicht mehr aushalten. Sie wollte mich schlichtweg nicht mehr. Sie wollte das Unheil nicht sehen."
„Oh, Tae..."
Mit feuchten Augen wandte ich mich zu ihm um. Unsere Blicke verbanden sich miteinander. Taehyung legte eine Hand auf meine Wange, um mich zu beruhigen.
Seine Worte lösten in mir etwas aus. Ich wusste nicht wirklich, wie ich dieses Gefühl zu beschreiben hatten. Es war nicht nur Mitleid. Es war tiefe Trauer, die ich sonst nur verspüren konnte, wenn ich selbst oder eine meiner engsten Freunde und Familienmitglieder so litt.
„D-Du bist wirklich zu gut, Jungkookie...", hauchte er, als eine Träne über meine Wange fand.
„Wieso musst du nur so leiden, Taehyung? D-Du hast doch gar nichts getan", meinte ich schniefend und warf mich vor Trauer zitternd in seine Arme.
Beschwichtigend strich mir der Dunkelblonde über den Rücken. Es war komisch, dass ihm dieser Horror widerfahren war, und ich mir die Augen ausheulte. „Deine... d-deine Eomma hat keine Ahnung..."
Ich war so überfordert von dem eben Gesagten, da ich mit einem Mal realisiert hatte, dass Taehyung niemanden mehr hatte. Niemanden, bis auf mich. Seine Freunde? Hatten ihn betrogen. Seine Eltern? Waren angeekelt von ihm.
Ein weiteres Mal wurden wir beide auf einmal unterbrochen. Die Haustür war zugefallen und ein lautes „Ich bin wieder da" ertönte durch die ganze Stadtvilla.
Augenblicklich hatten wir uns voneinander gelöst und starrten zur Badezimmertür. Was tat Dong-wook hier?
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sksksks so viel fluff und dann doch der twist am Ende :0
! Btw überlege ich, nicht nur alle zwei Tage sondern jeden Tag zu updaten, weil wir ja jetzt eh alle in Quarantäne sein werden. Aber ich weiß nicht, ob das zu viel für euch sein könnte 👉🏻👈🏻, denn für mich ginge es, da so gut wie alles bis zum Schluss vorgeschrieben ist !
— & denkt ihr, dass die sache mit seiner mutter das war, was taehyung all die zeit beschäftigte? :/
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