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JUNGKOOK

Heute war es soweit. Heute sollte das Gespräch mit Eomma stattfinden, bei welchem ich ihr meine Sorgen bezüglich ihrer Ehe mitteilen sollte. Am gestrigen Tag hatte ich meine Erzählung ganz genau geplant. Ja, ich hatte mich sogar so stark reingehängt, dass es nicht mehr normal war.

Diese Runterhol-Aktion hatte ich somit schnell wieder aus meinen Gedanken verbannt.

In der Schule war ich zumindest fokussiert wie sonst auch. Jedoch merkte ich ebenso kaum, dass ich immer die einstudieren Sätze vor mir hinsagte.
„Singst du irgendwas?", wollte Jin in Chemie von mir wissen und sah mich etwas besorgt von der Seite an.

„Ich sage bloß etwas auf... für... Koreanisch. Das hat sich doch nicht nach einem Song angehört...", erwiderte ich schmunzelnd und warf einen Blick auf das Periodensystem, um zu kontrollieren, dass ich bei dem vorliegenden Stoff die richtige Hauptgruppe angegeben hatte. Die Stunde war beinahe zu Ende, und ich wollte meine Ergebnisse unbedingt abgeben.

„Naja, du singst Lieder ja nie – du sprichst sie."
Bevor ich etwas auf seine Bemerkung entgegnen konnte, wurde ein Schatten auf meine Unterlagen geworfen. Da es geklingelt hatte, waren die meisten Schüler bereits dabei, sich von ihren Plätzen zu erheben und den Chemieraum zu verlassen.

Jennie Kim passierte uns. Ich blickte von meinen Unterlagen auf, als ihre hübschen Augen die Meinen trafen und aufblitzten. Sie warf mir einen abschätzigen Blick zu, bevor sie Jin hingegen ein Lächeln schenkte und anschließend mit ihren Freundinnen aus dem Raum verschwand.

„Was war das denn gerade?", meinte ich glucksend, bevor wir uns ebenso aufmachten, zu gehen. Jin schien halb in Tranche wegen der Braunhaarigen zu sein. Er seufzte selbst dann noch verliebt auf, als ich meine Ausarbeitungen bei unserem Kurslehrer abgab und wir auf den Flur traten.

„Jin... lebst du eigentlich noch?", wollte ich von ihm wissen und fuchtelte mit meiner Hand vor seinem Gesicht herum, sodass er zusammenzuckte. „Hm?"

„Ich wollte dich fragen, weshalb deine Liebste mich wie ein Insekt mustert... und dann habe ich mich gefragt, ob die Tante immer noch sauer sein könnte, da ich ihr von Taehyungs Begehren, was mich betrifft, erzählt habe."

Jin musste wirklich geschädigt durch Jennie sein, denn er stimmte nicht wie sonst in mein Gelächter ein. Dabei empfand er die Gerüchte über Taehyung und mich seit einigen Tagen als ebenso lustig.

„Kookie", sagte er bloß mit knirschenden Zähnen. „Ja, was ist de–" Just in diesem Moment war mein baldiger Stiefbruder an mir vorbeigegangen.
Ich erwartete bereits, dass er mir oder zumindest Jin einen bösen Blick zuwarf. Doch nichts von dem geschah. Obwohl er meine Bemerkung gehört haben musste, beachtete er mich nicht.

„Wie machst du das nur?", wollte Jin kopfschüttelnd wissen, nachdem wir beide dem Dunkelblonden in seiner Lederjacke nachgeschaut hatten. „Dass er nicht sauer wird?"

„Der hat 'ne gespaltene Persönlichkeit oder so", winkte ich ab. „Er hasst mich so sehr, dass er sich wahrscheinlich zu gut vorkommt, als mir auch nur eines Blickes zu würdigen. Zu guter Letzt macht er auch einen auf Mir ist alles egal, weil ich ja so selbstbewusst bin."

„Vielleicht ist er das einfach auch?", erwiderte Jin fragend und wir machten uns auf zu unserem nächsten Unterricht.

„Nein, der Typ ist nicht selbstbewusst", sagte ich bestimmt und schüttelte mit dem Kopf. Das alle so etwas immer dachten, wenn man ständig Menschen beleidigte und schlecht behandelte!

„Das sind solche Typen nie, Jin. Diese Kerle spielen mit Mädchenherzen und motzen alle grundlos an. Weil sie Fehler bei anderen suchen und diese Menschen verletzen, damit sie sich größer und besser fühlen können."

„Bei Taehyung wäre ich mir nicht so sicher", meinte Jin weiterhin; jedoch hatte ich mein Urteil bereits gefällt. Und bei diesem würde ich bleiben. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie mich jemand davon abbringen könnte, zu glauben, dass Kim Taehyung in Wirklichkeit eine schwache Person war.

Irgendetwas Undefinierbares in mir sorgte dafür, dass ich nach wie vor manchmal etwas Mitleid für ihn verspürte, bis ich mir in den Sinn rief, dass diese freundlichen Gefühle unnötig waren.
Nur weil er Probleme zuhause hatte, konnte er Menschen nicht so behandeln. Deshalb sollte ich mir diese Mileidsempfindungen wohl lieber ganz schnell abgewöhnen!

~*~

Der Abend, an welchem ich das Gespräch mit meiner Mutter gesucht hatte, lag inzwischen ein paar Tage zurück. Eine ehrliche, beschwichtigende Einleitung hatte ich gewählt und war mit dem Hintergedanken, Taehyung bald schon aus dem Haus werfen zu können, vorangegangen. Selbstverständlich hatte mich das schlechte Gewissen gequält. Aber ich sah es als Hilfe für uns alle an, nicht nur für mein eigenes Wohl.

Meine Mutter war letztendlich mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck nach unserer Unterredung in ihr Büro verschwunden. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir glaubte und die Angelegenheit überdachte.

Selbstverständlich aber war noch nichts geschehen. Kein Streit, keine genervten Bemerkungen waren an unsere Ohren gekommen.
Im Gegensatz zu Taehyung, der mir gesagt hatte, dass er ebenso mit seinem Vater geredet hatte, war ich jedoch guter Hoffnung. Es musste einfach bald etwas passieren. Und dann würden wir ja sehen, wie sich unsere Eltern verhielten.

(...)

Inzwischen war es Nachmittag, ich hatte die letzten beiden Stunden frei bekommen und mich in den Garten begeben, da es nach wie vor wundervolles Wetter war. Die angenehme Sonne und der wolkenlose Himmel kombiniert mit dem leichten Lüftchen erinnerte mich an diese unbeschwerten Sommerferien vor einigen wenigen Wochen – an die Zeit vor Dong-wook und Taehyung.

Ohne Probleme, ohne einen Ersatzvater und einen miefigen Stiefbruder. Es war der erste Sommer nach Appas Tod gewesen, in dem ich mich wieder gut gefühlt hatte.

Entspannt schob ich mir meine Sonnenbrille auf die Nase und atmete die frische Luft ein. Wahrscheinlich würde ich nach diesen paar Minuten in der Sonne wieder so aussehen, als hätte ich Ausschlag, obwohl ich mich selbstverständlich eingecremt hatte.

Jedoch machte ich mir darum erstmal noch keine Sorgen. Ich hatte meinen Teil der Hausarbeiten erledigt, bereits einige Notizen für meinen Japanischkurs auswendig gelernt, und brauchte mir dadurch keine Sorgen zu machen, dass Eomma oder Dong-wook nach Hause kamen, und mich anmotzten. Gerade fragte ich mich, ob Taehyung wohl schon seine Arbeit erledigt hatte.

Als wäre es ein Zeichen, dass ich mich als vernünftige, jüngerer Bruder darum kümmern sollte, dass Taehyung ebenso seine Aufgaben hinter sich brachte, stieg es mir in die Nase: Dieser ekelhafte Zigarettengestank.

„Taehyung", stellte ich augenblicklich fest, setzte mich auf und nahm mit einem Mal meine Sonnenbrille ab, um meine Umgebung besser absuchen zu können.

Schnell hatte ich ihn gefunden. Er lag mit dem Bauch auf irgendeiner Liege etwa zehn Meter von mir entfernt in direkter Nähe des Pools.
Abgesehen davon, dass er gerade sicherlich nicht dabei war, zu staubsaugen oder die Spülmaschine ein- und auszuräumen, würde er sicherlich nicht meine Ruhe stören, indem er hier herummüffelte.

„Taehyung!", rief ich ihm mit scharfer Stimme zu und war mit einigen Schritten bei ihm angekommen. Er reagierte nicht und blieb genauso liegen wie zuvor.
„Taehyung!", wiederholte ich meine Aufforderung. „Hast du schon den Flur gestaubsaugt?"

„Wieso?", murmelte er bloß abschätzig und räkelte sich etwas, sodass er seinen Rücken anspannte und mein Blick unweigerlich darauf fiel.
Komischerweise fragte ich mich gerade unbewusst, wie viel er wohl trainierte, um so einen muskulösen Rücken zu bekommen.

Zugleich stellte ich fest, dass sein Oberkörper genau so aussah, wie ich es bevorzugte. Also nicht im Sinne davon, dass ich auf muskulöse Rücken bei Mädchen stand... eher wollte ich auch gerne mal so aussehen. Wären da nicht die Schule und das ganze leckere Essen auf diesem Planeten...

„Wieso? Eomma will, dass alles fertig ist, wenn die beiden nach Hause kommen?", erwiderte ich, nachdem ich aufgehört hatte, ihn anzustarren.

Große Güte, das musste aufhören. Mir war es egal, ob dieser Spast glaubte, dass ich Männer bevorzugte – Hauptsache, er bildete sich nicht ein, ich könnte ihn gut finden! Denn das war definitiv nicht so!

„Haben wir nicht Olga?"
Empört schnappte ich nach Luft. „Erstens", begann ich daraufhin. „Hat sie gerade frei, zweitens ist sie keine Dienstmagd und drittens wohnen wir ebenso hier, und deshalb helfe ich ihr auch!"

„Na, ist ja gut, dann kümmer' du dich", gähnte er erneut. Schweratmend schloss ich die Augen. „Taehyung... jetzt steh endlich auf oder ich werfe dich in diese Kloake von Pool!"




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Dieses Kapitel ist so lang ufff und ich musste so einen richtig ekeligen Cut setzen ihh xD

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