✧ 𝑡ℎ𝑖𝑟𝑡𝑦𝑒𝑖𝑔ℎ𝑡 ✧
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Jimin P.o.V.
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Warmer Sommerwind zog sanft an unseren Haaren, die Nacht wurde immer tiefer. Meine Wangen waren noch immer nach Jeongguks Geständnis erhitzt und deutlich gerötet, während sich ein stetiges Kribbeln durch meine Magengegend schlängelte. Dabei hatten sich die anfangs noch kleinen Zitronenfalter zu großen, prachtvollen Schmetterlingen entfaltet, die nun liebtrunken durch meinen Bauch torkelten.
Jeongguks Hand lag auf meiner Taille, streichelte über meine weiche Haut unter meinem Hoodie, den ich mir mittlerweile wieder übergezogen hatte, da es mit der Zeit doch etwas frischer geworden war.
Schon lange galt unsere Aufmerksamkeit nicht mehr den Sternen am Himmelszelt, sondern den Sonnen in den Augen des jeweils anderen. Jeongguks funkelten haselnussbraun, worunter sich auch vereinzelt kastanienbraune Sprenkel mischten. Und dieses Funkeln, diese Farben wurden nur nochmal intensiver, wenn er mir tief in die Augen blickte, wie als würde er nach den zahlreichen Antworten auf seine ungestellten Fragen suchen.
Hin und wieder biss sich der schwarz-weiß Haarige auf die Unterlippe oder befeuchtete ebendiese mit seiner Zunge. »Nun spuck es schon aus, was dich beschäftigt«, nahm ich ihm dann seine Überlegungen, mich zu fragen oder nicht, und sofort platzte es aus ihm heraus.
»War ich dein erster Kuss?«
Natürlich war ich mir bewusst, dass er irgendwann diese Gegenfrage stellen würde, nachdem ich so neugierig bei ihm nachgehakt hatte. Seine Antwort hatte mich allerdings aber schon etwas überrascht, immerhin trat er komplett anders auf, als aus seinen Erzählungen mit den Mädchen. Hastig blinzelte ich, erinnerte mich daran, dass er mich etwas gefragt hatte.
Ein leises »Ja...«, stahl sich über meine Lippen, und auf denen von Jeongguk bildete sich ein liebevolles Lächeln. »Ehrlich?«
»Ja«, grummelte ich nun etwas peinlich berührt zur Bestätigung noch einmal und schob wieder die Hände vor mein Gesicht, um meine geröteten Wangen zu verstecken. »Ich weiß, es ist peinlich mit siebzehn noch ungeküsst gewesen zu sein...«
»Ist es überhaupt nicht!«, protestierte der Größere aber auch schon gegen meine Aussage an und umgriff sachte meine Handgelenke, worauf er diese zur Seite schob, um mich ansehen zu können.
»Es ist nichts Peinliches daran zu warten. Vielleicht auf die richtige Person, den richtigen Moment, vielleicht darauf, dass man selbst dazu bereit ist, diesen bedeutenden Schritt zu wagen. Also bitte schäme dich nicht dafür, es aufbewahrt zu haben. Das Privileg deine Lippen zu erobern.«
Augenblicklich flutete eine Welle an Wärme meinen Brustkorb und mein Herz begann unheimlich schnell zu rasen. Wenn möglich hatte ich mich gerade eben noch ein Stückchen mehr in Jeongguk verliebt. War aber auch nur so eine Vermutung.
»Danke, dass du mich nicht verurteilst...«, wisperte ich dann nach einigen Minuten Stille, in der ich unbewusst Jeongguks Worte wieder und wieder in meinem Kopf wiederholt hatte. Das Privileg meine Lippen zu erobern - klang schon sehr poetisch. Aber das hatte er im wahrsten Sinne des Wortes - meine Lippen in jener Nacht erobert, mich erobert, mein Herz.
»Ich wäre der Letzte, der dies tun würde.« Seine Stimme klang ernst, ein Hauch eines rauen Untertons schwang in dieser mit, was dem Gesagten nur noch mehr Ausdruck verlieh. Seine Augen schauten mich aus einem dunklen, ehrlichen Braun an und ich wusste, dass es so eine Art Versprechen war, welches er niemals zu brechen vermochte.
»Das bedeutet mir wirklich viel, Jeongguk. Wahrscheinlich bist du einer der Wenigen, die das so sehen...«
»Mit dem Verurteilen?«
Ich nickte. »Meine Familie ist da das komplette Gegenteil. Schon immer mussten sie alles bewerten, was ich tat. Egal, wie es mir dabei ging, wie sehr es mich verletzte, mich daran hinderte Ich zu sein.
Sie sagten dann immer so etwas wie: 'Nein Jimin, tanzen ist etwas für Mädchen, aber in der Nähe ist ein toller Fußballverein, in dem wir dich anmelden können', als ich mich bei einem Ballettkurs eintragen wollte.
'Nein Jimin, diese Kleidung ist nur für Mädchen, nur Frauen tragen Röcke und pink', meinten sie, als ich einen hübschen Rock im Schaufenster hab hängen sehen - da war ich ungefähr zehn oder so. Immer hieß es: 'Jimin tu dies nicht, tu das nicht. Zieh dich an wie ein Junge, benimm dich wie ein Junge, sei maskulin und sei doch bitte bisschen mehr wie dein Cousin Taehyung. Schreib gute Noten, geh mit Mädchen aus, wir wollen immerhin einmal Großeltern werden'. Jahrelang musste ich mir das anhören, Tag ein, Tag aus.«
Bei der Erinnerung daran atmete ich tief durch und seufzte etwas gequält auf.
»Bis zu dem Zeitpunkt, an dem es mir dann gereicht hat.«
Vorsichtig blickte ich in Jeongguks Gesicht, meinen Blick hatte ich zuvor auf einen Punkt hinter ihm fixiert gehabt. »Und was ist dann passiert?«
»Ich habe mich als schwul geoutet - das war dann der erste Schritt, um mich aus ihren 'Fängen' zu befreien. Sie haben es, also mein Schwulsein, nach einiger Zeit dann auch einigermaßen akzeptiert und von dort an habe ich mich auch getraut Röcke, kurze Oberteile, Hot Pants, hohe Schuhe und all eben diesen Kram, anzuziehen. This is me, hab ich ihnen gesagt. Ich werde nie der Mann sein, den sie vor Augen haben. Muss enttäuschend für sie gewesen sein. Sechzehn Jahre Erziehung und Aufwand, und dann ist der Sohn schwul und wird keine Nachkommen haben.
Die Distanz wurde dann zwischen meinen Eltern und mir aber irgendwie immer größer. Sie mussten dann auf einmal auch total viel arbeiten und am Ende haben sie mich dann eben auf das Internat geschickt...
Das war dann auch der letzte Kontakt mit ihnen...
Geschrieben haben sie mir seitdem nicht mehr, auf keine meiner Nachrichten haben sie geantwortet... wie, als...« Ich stockte, ein Kloß hatte sich urplötzlich in meinem Hals gebildet, der mir das Sprechen erschwerte. »Wie, als hätte es mich nie gegeben.« Und mit dem letzten Satz war die Mauer, die ich mir seit Wochen errichtet hatte - dass mir dieses ignoriert werden von meinen Eltern nicht nahegehen würde - eingerissen.
Sie bröckelte, Stein für Stein, bis das Loch zu groß war, mein Herz sich schmerzhaft zusammenzog und sich die ersten Tränen einen Weg an die Oberfläche erkämpften.
Und mit der ersten Träne, die tonnenschwer über meine Wange rannte, realisierte ich bewusst, dass meine Eltern mich tatsächlich nicht mehr in ihrem Leben haben wollten und mich deswegen auf das Internat geschickt hatten. Sie hatten mich einfach so aussortiert.
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('。_。`)
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