𝐓𝐖𝐎

02. 𝙇𝙄𝘾𝙃𝙏𝙋𝙐𝙉𝙆𝙏




Neveah Alrakis war schon immer eine Frau, die sich nach Freude sehnte. Nach einer Familie, einer Bezugsperson auf diese sie sich verlassen konnte. Ihre frühe Kindheit versuchte sie indes zu verdrängen. Es konnte nicht einmal Kindheit genannt werden, denn was sie erlebte war unaussprechlich. Grausame Erinnerungsfetzen, aus denen ein Monster hinauskroch. Immer wenn sie ihre warmen, braunen Augen schloss, zitterte ihr ganzer Körper, als würde sie geschüttelt werden. Ein unangenehmer Anblick, aber Neveah sah es ja nicht.
Anstrengend versuchte sie sich zu konzentrieren. An Schlaf war selten zu denken. Lieber blieb sie wach und triefte in Bitterkeit. Innerlich war sie zerrissen. Sie wollte niemandem schaden, doch hatte sie es Luke versprochen. Nicht ihm direkt. Es war mehr ein eigenes Versprechen, als dass sie mit ihm darüber sprach. Er war schließlich tot.

Ein ironisches Lachen überkam ihren Lippen in der eisernen Dunkelheit. Ihre Gedanken drehten sich nur noch um ein scheußliches Thema, welches nicht in ihrem Herzen Platz finden sollte. Und doch tat es das. Es nahm eindeutig zu viel von ihr ein. Der gesamte Körper schrie nach Gerechtigkeit, obwohl es dies nicht war. Es war keine Gerechtigkeit, die sie verlangte. Die junge Frau wollte einfach, dass ihr Leiden aufhörte nach ihr zu rufen. An ihr zu zerren, bis sie unterging. Ihre Zukunft würde sie sonst garantiert nicht mehr erleben.

Tage vergingen, in denen sie mit ihrem trostlosen und kaputten Rucksack durch die Welt streifte. Nachdem sie mit ihrem Schiff eine Bruchlandung auf Jakku hinlegte, wusste sie nicht mehr weiter. Ausgelaugt verlangten ihre Fußsohlen nach Erholung. Sie blieb hartnäckig. Erholung war eine Eigenschaft der Schwachen. Sie aber, sie würde sich dem nicht hingeben. Lieber quälte sie sich zu Tode, als dass sie schwach war. Luke würde sie sonst auch im Tode nicht loslassen. Er hatte es aber verdient frei zu sein. Nicht gefangen in einer erschütternden Welt, die als Spross des Lebens galt. Sein Geist sollte hinaufziehen. Sofern er es konnte und es sein Wille war.

Schützend hielt sie sich ihren zierlichen Arm vor ihr wohlgeformtes Gesicht, damit der Sandsturm ihr kein Korn ins Auge wehen konnte. Dies half jedoch nur bedingt. Erschöpft ließ die junge Frau sich an einem großen Steinbrocken nieder. Ein Steinbrocken, der kein Brocken aus Stein war. Es entpuppte sich als Leiche eines AT-AT Walker von damaligen Kriegen. Einen Nutzen hatte dieses Metallding sogar im Verwesen.
Bis der Sturm vorüber war, hielt sich die junge Frau schützend an den großen, eisernen Kampfläufer. Halb ausgehungert, stöhnte sie frustriert auf. Seit Tagen suchte sie ein Dorf, ein Haus oder einfach nur Lebewesen. Bisher jedoch ohne Erfolg. Sie brauchte schnellstmöglich Nahrung und ein Schiff, um von diesem gottverlassenen Dünenort zu verschwinden. Und wenn sie bald kein Essen fand, war ihr, nicht gerade durchgedachter, Plan so trostlos wie die Schiffsleichen, die Neveah auf ihrer bisherigen Reise sehen durfte. Jakku war wahrlich ein mit Sand überhäufter Friedhof.

Ein weiterer Tag verging ohne jegliche Sicht von Irgendwas. Bald würde ihre Hoffnung schwinden, aber jetzt noch nicht. Nein, noch keimte ein kleines Licht in ihr. Oder war es ein dunkler Stern, welcher ihre Seele befallen hatte? Zu diesem Zeitpunkt wusste es noch niemand. Niemand außer Luke, der sie selbstverständlich auf Schritt und Tritt begleitete. Neveah war nicht allein. Niemals.
Trottend untersuchte die junge Frau mit einem scharfen Blick ihre Umgebung. Analysierte jedes Sandkorn nach Leben, nach Nahrung, nach Hoffnung. Und dort, in erreichbarere Entfernung scannten ihre Augen die ersehnte Hoffnung. Es sah aus wie ein Tafelberg, auf diesem ein Dorf ihren Platz fand. Voller Tatendrang, spürte Neveah wieder Kraft in ihren Knochen und Muskeln und eilte in einem Schnellschritt zu dem entdeckten Lichtpunkt ihrer Rache. Jedoch lag noch ein weiter Weg vor ihr.

Ein weiterer Weg, als der zum besagten Dorf.

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