58. Unter Schwestern

Es war wieder soweit, die Reise zurück nach Hogwarts stand bevor. Mit meiner Tasche bepackt stand ich Seite an Seite mit James im Foyer, meine Familie um mich herum, alle bis auf Petunia und Vernon, die noch gestern Abend in die Flitterwochen aufgebrochen waren.
Tuni hatte sich nicht mehr die Mühe gemacht, mit zuzuhören, sie wollte nichts mehr von mir wissen, es war ihr alles egal gewesen. Die blanke Wut hatte sie verblendet, ihr den Verstand geraubt.
"Lily, wir werden dich vermissen!", schluchzte Mum und drückte mich an ihre Brust, so fest, dass ich das Gefühl hatte, mir würden die Rippen brechen und die Lunge zerquetschen.
"Ich euch auch, viel Spaß in Italien."
Während Petunia und Vernon auf irgendeiner Insel mitten im Nirgendwo am Strand lagen, sich sonnten und dem Rauschen der Wellen lauschten, würden meine Eltern, meine Tante, Violet und Rosalie sowie meine beiden Onkels einen Trip in die Toskana machen. Tante Magnolia wollte Florenz besichtigen, während der Rest bloß keine Lust mehr auf den ständigen Regen und die kalten Temperaturen hatte. Das warme Klima in Italien sollte sie die eisige Stimmung, die bis vor kurzem noch im Haus der Evans' geherrscht hatte, vergessen.
"Benehmt euch!", sagte mein Vater streng, doch obwohl er mich in die Arme schloss, war sein Blick stur auf James gerichtet, welcher nicht sehr glücklich darüber war.
"Auf Wiedersehen, Mr. und Mrs. Evans", sagte James mit seinem charmanten Lächeln auf den Lippen. Er reichte Dad und Mum die Hand, nahm dann unsere Koffer und trug sie schon einmal nach draußen, so dass ich mich vom Rest meiner Familie verabschieden konnte.
So gerne hätte ich gestern noch Petunia in die Arme geschlossen, doch sie war erhobenen Hauptes an mir vorbeistolziert, ohne mich eines einzigen Blickes zu würdigen. Meine ganzen Versuche, ihr zu erklären, dass ich ihr nichts Stehlen, die Aufmerksamkeit nicht auf mich ziehen wollte, waren an ihr abgeprallt wie an einem gutgetimeten Protego. Es war unsere letzte Gelegenheit vor meinem Abschluss und ihrem Auszug gewesen, die letzte Chance und ich hatte sie verspielt.

"Du Freak! Immer muss es um dich gehen! Sobald sich die Erde zwei Sekunden nicht um dich dreht, bricht natürlich sofort das Chaos aus!"
Petunia stampfte frustriert auf und warf sich mit vollem Gewicht gegen die Tür ihres alten Zimmers.
"Tuni, bitte!"
"Verschwinde Lily! Ich will dich nie wieder sehen!"

"Mach's gut, Lily-Schatz." Mum platzierte einen Kuss auf meiner Stirn, ehe ich mit einem "Ciao" das Haus verließ und nicht mehr zurückblickte. Ich ergriff James ausgestreckte Hand, ging mit ihm zu unserem Garten hinter den Schuppen, von wo aus uns niemand beobachten konnte, ergriff seinen Arm und schon war es soweit. Wie drehten uns umeinander auf der Stelle, ich wurde gegen ihn gegdrückt und schon fühlte es sich an, als würden wir zusammen in einen engen Schlauch gezwängt, der jeden Moment zu platzen drohte, doch ehe ich mich an das beklemmende Gefängnis gewöhnt hatte, standen wir schon wieder mit einem geräuschvollen Plopp auf festem Stein in einer der Toilettenkabinen am Bahnhof.
Sofort stieg mir der widerliche Gestank von öffentlichen Toiletten in die Nase.
"Da drin war es ganz schön eng", maulte James, als wir aus der Kabine traten und unsere Kleider wieder richtig zogen.
"Naja, was sein muss, muss sein", scherzte ich.
"Draußen in einer Ecke wäre es auch gegangen."
"Da hätte uns jemand sehen können."
"Und hier hören", lachte James, doch sein Lachen erstarb als er den Blick von mir wandte. Ich sah ebenfalls auf und errötete augenblicklich, als ich in die verstörten Gesichter zweier älterer Damen und einem Teenagermädchen blickte.
Oh verdammt. Hatten sie mitbekommen, dass wir appariert waren? Wie viel hatten sie gehört?
Diese Sorge wurde im nächsten Augenblick jedoch völlig beiseitegewicht, als eine der Damen ihre Handtasche packte, um einmal James und dann mich zu schlagen.
"Unzucht! Dass Sie sich nicht schämen! Hier sind Kinder, Sie sind selbst noch Kinder! Gottloses Gesindel!"
James starrte sie schockiert an und rieb sich den Oberarm, sie hatte aber auch Wackersteine in ihrer Tasche.
"Unzucht und Unverheiratet!", rief die andere Frau.
Der schwarzhaarige Zauberer packte mich am Arm und zog mich schleunigst aus der Schusslinie, da die erste Lady schon wieder ausgeholt hatte, und stürzte mit mir aus dem Bad, vorbei an dem Mädchen, dass beschämt und belustigt zugleich auf ihre Füße starrte.
"Was war das denn?", fragte ich entsetzt.
"Nun", grinste James, als wir weit genug von den Toiletten entfernt standen und legte einen Arm um meine Schultern, "diese Frauen dachten wohl, wir wären uns etwas zu nah gekommen." Er wackelte anzüglich mit den Augenbrauen, was mir erneut die Röte in die Wangen trieb.
Er schnappte sich unsere beiden Koffer und trug sie - ganz der Gentleman - zu der Absperrung.
"Na, dann fahren wir jetzt mal zurück in den Alltag", sagte er belustigt.
"Oh verflucht!", rief ich entsetzt, "die Prüfungen beginnen in 64 Tagen und einundzwanzig Stunden!"
James rollte bloß mit den Augen und zog mich mit sich durch die Mauer.

Der Zug setzte sich in Bewegung. Da wir ihn ganz für uns hatten, wäre es eigentlich egal gewesen, in welches Abteil wir uns gesetzt hätten, doch das Schulsprecherabteil mit den bequemeren Sitzen, lockte uns dann doch in seine Fänge.
Gedankenverloren lehnte ich meinen Kopf gegen das kalte Glas der Scheibe und beobachtete die vorbeiziehenden Ländereien.

"Petunia! Wir sind doch Schwestern!", rief ich verzweifelt durch die dunkle Holztür.
"Verzieh dich, Lily! Ich habe keine Schwester mehr! Und das seit sieben Jahren!"
Wieder hämmerte sie gegen die Tür, so als machte es ihr großen Spaß dem Holz Tritte zu verpassen.
"Wir sind keine Schwestern mehr, seit dieser Widerling in deinem Leben ist und du zu solch einer... Missgeburt wurdest!"
Ihre Stimme brach und ich konnte hören, wie sie zu schluchzen begonnen hatte, doch meine Schwester würde so etwas niemals zugeben. Es würde ihr ihre mir-ist-das-alles-egal-Maske vom Gesicht reißen, doch nach jahrelangem Tragen, hatte sie das Schauspiel perfektioniert.
"Tuni, bitte!"
"Ich habe keine Schwester mehr! Ich wünschte dich hätte es nie gegeben! Ich wünschte du würdest einfach verschwinden! Für immer!"

James stupste mich nach einer Weile gegen den Arm, seine Augenbrauen waren in die Tiefe gezogen, wodurch sich eine ausgeprägte Falte über seine Stirn zog. Wenn man nicht ganz genau hinsah und das Spiel des Schattens berücksichtigte, ähnelte es einem Blitz.
"Woran denkst du?", fragte er mit belegter Stimme.
"An nichts Bestimmtes", log ich. "Wieso?"
"Weil du weinst." Er fuhr mir mit den Daumen über die Wangen und strich die Tränen, die ich überhaupt nicht bemerkt hatte, behutsam fort.
"An Petunia", murmelte ich dann doch. Wenn ich es jemandem erzählen konnte, dann ihm. James würde immer für mich da sein.
A

nstatt mir irgendwelche blöden Grußkartensprüche um die Ohren zu pfeffern, streckte er bloß seinen rechten Arm aus, so dass ich mich gemütlich an ihn lehnen konnte und drückte mich dann fest an sich. Er hauchte mir mehrere Küsse auf den Scheitel und strich mit seinem Daumen über meinen Oberarm. Ich genoss diese Nähe zu ihm, dieses leichte Kribbeln in mir bei jedem Atemzug, sein Duft - eine Mischung aus seinem Shampoo, seinem Aftershave und diesem typischen James-Geruch, den ich nicht definieren konnte, der mir aber das Gefühl gab, gänzlich geborgen und behütet zu sein. Es war kitschig, rosa und kuschelig. Hätte Marlene ihr Beisammensein mit Sirius auf diese Art und Weise beschrieben, hätte ich ihr wohl einen Eimer Wasser über den Kopf gekippt, doch genau so fühlte ich mich nunmal. Angekommen.
"Deine Schwester ist ein komplizierter Mensch, aber auch wenn sie es nicht zugibt, liebt sie dich. Wie könnte sie auch nicht, du bist perfekt."
"Ich bin nicht perfekt", gab ich etwas pampig zurück.
"Meinst du? Wie willst du das beurteilen können? Du siehst dich nur ein paar Minuten am Tag im Spiegel, ich dich die ganze Zeit. Ich kann das besser beurteilen als du."
Er grinste frech.
"Wenn hier jemand perfekt ist, bist das du", lachte ich, während ich mich näher an ihn schmiegte.
"Bauchpinseln wir uns jetzt?" Doch ehe ich darauf erwidern konnte, dass er doch damit angefangen hatte, krabbelten seine Finger meine Seite entlang, um mich zu kitzeln, so dass ich Sekunden später mich beinahe krümmend vor Lachen auf dem Boden wälzte.
"Ja-hames!"
Schlagartig hörte er auf, half mir hoch und zog mich auf seinen Schoß.

Er hauchte mir einen Kuss in den Nacken und flüsterte: "Ich liebe dich, Lily Evans. Deine Schwester liebt dich auch, du wirst schon sehen."
Ich lachte leicht auf, schloss dann aber genüsslich die Augen.
"Womit habe ich dich nur verdient?", fragte ich rhetorisch mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
"Du musst wohl echt artig gewesen sein", gab James von sich und grinste in sich hinein.
So ein Idiot. Mein Idiot.


Leudis, dieses Kapitel sollte eigentlich gar nicht in die Endfassung mit rein, aber ich dachte mir, über ein Zusatzkapitel wärt ihr nicht böse
:D.

Hoffe euch hats gefallen! Wollt ihr eigentlich wissen, wie viele Kapitel es genau noch sind oder soll ich das für mich behalten? Wegen der SPANNUNG hahaha
Let me know in the comments below
(Wow, hat sich sogar gereimt haha)

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top