53. Drei kleine Worte, die jeder hören will

*na kommt jemandem der Titel bekannt vor? ;)

Panisch versuchte ich mir meine Haare über den Knutschfleck am Hals zu legen, doch mittlerweile war es am ganzen Esstisch ruhig geworden und alle starrten mich an. Wenn ich nicht in den nächsten zwei Sekunden mit einer plausiblen Antwort aufwarten könnte, würden sich alle selbst ihren Teil dazu denken und das würde nur zu weiteren Fragen führen, auf die ich keine Antwort hatte oder auf die ich nicht antworten wollte.
Ich verfluchte meine Blässe, bei der man solche Makel natürlich viel schneller feststellen konnte, als auf braungebrannter Haut. Ich verfluchte James, weil er quasi Schuld an allem hatte und mich, weil ich ihn nicht eher von mir geschoben hatte. Ja, besonders mich.
"Äh, das ist bloß Dreck."
"Natürlich ist meine Schwester nicht einmal in der Lage, sich anständig zu waschen", gab Petunia von sich.
"Dreck?", sagte Eddy skeptisch.
Okay, keiner glaubte mir, was ja auch verständlich war. Ich würde mich hier nicht rausreden können, das mit mir und James würde auffliegen, es würde sich den ganzen Abend um nichts anderes mehr drehen, Petunia würde mich noch mehr hassen als jetzt, falls das überhaupt möglich war. Womöglich wäre ich nicht einmal mehr zur Hochzeit eingeladen.
James räusperte sich lautstark und zog aller Aufmerksamkeit auf sich.
Was hatte er vor?
"Ach Lily versucht mich nur in Schutz zu nehmen. Eben in der Küche ist etwas passiert..."
Entsetzt taxierte ich ihn mit meinem Blick. Sollte er unser Geheimnis ausplaudern, hätten wir hier gleich eine Leiche liegen. Mein Puls schoss in die Höhe, die Röte stieg mir in die Wangen und kleine schwarze Punkte begannen vor meinen Augen einen Tango zu tanzen. Er durfte nichts verraten, sonst läge ich hier gleich ohnmächtig auf dem Boden, um nicht zu spüren, wie mir meine Schwester einen Tritt in eine entfernte Galaxis verpasste.
"James...", knurrte ich bedrohlich, doch er ließ sich davon nicht beirren.
"Wir haben den leckeren Nachtisch geholt und Lily sagte mir, ich soll auch ein paar Schüsseln aus dem obersten Regal fischen, da ich allerdings noch den großen Löffel für den Pudding in der Hand hielt, wollte ich ihr den noch schnell reichen, habe sie aber leider am Hals erwischt."
Verblüfft sah ich zwischen James und meiner Familie hin und her. Er hatte eben einfach so eine dreiste Lüge aus dem Ärmel geschüttet, als wäre es nichts. Wie oft er mich vielleicht angelogen hatte? Ich beseitigte diesen Gedanken.
"Es hat dir aber nicht weh getan. Oder Lily?" Er grinste mich an.
Meine Mundwinkel zuckten nach oben, auch wenn ich mir große Mühe gab, sie im Zaum zu halten.
"Nein." Es hatte nicht weh getan, ganz im Gegenteil...
Unter dem Tisch griff ich nach seiner Hand und drückte sie kurz. Meine Familie schien ihm mehr oder weniger glauben zu schenken, jedoch war Eddy etwas schwieriger zu überzeugen, als er jedoch noch etwas einwerfen wollte, rief meine Oma entsetzt: "Frauenschläger!"

Wieder wurde es ganz leise und wir starrten Großmutter Olivia an.
"Mutter...", setzte meine Mum an, doch Großmutter stand für ihr Alter abrupt auf und deutete mit dem Zeigefinger auf James, der ängstlich einen Satz nach hinten machte.
"Ein Frauenschläger kommt uns nicht ins Haus!"
Wäre es nicht so furchtbar gewesen, hätte ich wahrscheinlich gelacht, doch stattdessen blickte ich nur verstört zwischen James und der Hand meiner Oma hin und her.
"Gran, nein, das... das war doch kein Absicht", versuchte ich die Situation zu retten, leider ohne Erfolg.
James, der auf seinem Stuhl immer kleiner zu werden schien, flehte mit Blicken um Hilfe, doch meine Familie sah nur dabei zu, wie Grandma ihn fertig machte. Dad beäugte die ganze Tirade mit verschränkten Armen, er rief Gran nicht wie einen Wachhund zurück, sondern musterte mich, dann James und dann den Fleck an meinem Hals. Schien er zu ahnen, dass das definitiv keine Verletzung durch einen Löffel war?
Eddy, der neben mir immer wieder meinen Hals betrachtete, sah genauso skeptisch aus. Ich wusste jedoch nicht, was es ihn anging. Er war schließlich nicht mein fester Freund.
"Können wir später kurz reden?", flüsterte er mir zu und lehnte sich dabei näher als unbedingt nötig. Ein eisiger Schauer lief mir über den Rücken.
"Nun, es war ja zu erwarten, dass Lily nicht in der Lage ist, eine angemessene Begleitung für meine Hochzeit zu finden", echauffierte sich Petunia.
"So ein Schläger kommt nicht zu unserer Hochzeit", ergänzte Vernon und kniff belustigt die kleinen Schweinsaugen zusammen.
Mir lag kurz auf der Zunge zu schreien, dass James wenigstens nicht wie ein überfressenes Walross mit Blähungen aussah, doch ich riss mich zusammen, da Großmutter Olivia noch immer dabei war, meinen Freund zur Schnecke zu machen.
"Mutter, es reicht jetzt aber", sagte Tante Magnolia und ich konnte nicht ausdrücken, wie dankbar ich ihr war.
"Und James kommt natürlich mit auf die Hochzeit", gab mein Vater zu bedenken.
Meine beiden Onkels schienen die Situation überhaupt nicht wirklich mitbekommen zu haben, jedoch unterhielten sie sich jetzt schon wieder über Sport.

Vernon hatte sich über den Pudding hergemacht, als hätte er die letzten sieben Jahre nichts gegessen, wir anderen hatten uns mit kleinen Resten begnügt und Petunia betrachtete ihren Verlobten, als hätte er gerade die Goldmedaille im Wettessen gewonnen. Es war ja nicht mitanzusehen.
James hatte den ganzen Abend eine Hand auf meinem Oberschenkel liegen lassen, wie um mir zu symbolisieren, dass er für mich da war. Eddy und die anderen hatten davon glücklicherweise nichts mitbekommen.
Nun saßen wir wieder im Wohnzimmer, Petunia berichtete gerade, wie sie die Blumenarrengements geplant hatte, Vernon verdrückte seine siebte Schüssel Pudding, ich lag halb in einem der vielen Sessel und beobachtete James, der von meinen Cousinen erneut zu dem Ratespiel aufgefordert wurde.
"Nun", lachte Rosalie, "du hast mir eine Frage noch nicht beantwortet."
"Achja?", fragte James verzweifelt. Er schien wirklich keine Lust mehr zu haben.
"Liebst du deine Freundin?"
Ich hätte beinahe mein Wasser ausgespuckt, als ich diese Frage erneut hörte. Ich wollte nicht wissen, was er antworten würde. Einerseits war ich einfach noch nicht bereit, aber ich wusste nicht, was schlimmer war. Dass er nun nein sagen würde oder ja.
James zuckte mit den Achseln, sein Blick huschte kurz zu mir herüber, glitt dann aber zurück zu meinen Cousinen.
"Ich... weiß nicht so recht", meinte er.
Okay, das tat weh. Tränen schossen mir in die Augen, er liebte mich nicht, diese unterschwellige Mitteilung war also angekommen. Verflucht, wieso war Marlene nicht mitgekommen, da wäre so etwas nie passiert.
Rosalie und Violet sahen sich schmunzelnd an und packten James dann, um ihn nach draußen an die frische Luft zu zerren. James nickte in meine Richtung und fragte, ob ich nicht auch mitkommen würde, doch ich schüttelte bloß den Kopf.
"Nein, nein. Geht ihr ruhig."

Ich hastete ins obere Bad und schlug die Tür hinter mir zu, ließ mich an der Wand hinab sinken, ehe ich bitterlich anfing zu weinen. Merlin, was hatte ich mir bloß dabei gedacht, mit James Potter auszugehen. Wenn Marlene hier wäre, könnte sie ihm gepfeffert in den Hintern treten und mich wieder aufbauen, doch Marls war mehrere hundert Meilen entfernt.
Das Fenster zum Garten stand offen, so hörte ich Violet und Rosalie mit James sprechen.
"Wenn du nicht weißt, ob du sie liebst, kannst du doch auch noch ausprobieren, oder?", fragte Violet gehässig.
"Vy, lass das", murmelte Rosalie.
"Ro, was seine Freundin nicht weiß..."
Mit zitternden Knien schlich ich zum Fenster und spähte in die dunkle Nacht hinein.
"Also ihr seid beide wirklich nett und hübsch, aber ich habe eine Freundin und das ist Fakt."
Ein Klopfen an der Badezimmertür ließ mich zusammenschrecken.
"Lily?", ertönte Eddys dumpfe Stimme hinter der Holztür.
Schnell schloss ich das Fenster, wischte mir die Tränen fort und öffnete die Tür.
"Was gibt's?"
"Oh", Eddy musterte mich verlegen, "ich wollte mit dir sprechen, wegen des 'Drecks' auf deinem Hals."
Na super, was ging es ihn bitte an, ob das nun Dreck, ein Knutschfleck oder was auch immer war.
Ich stöhnte leicht auf und lehnte mich gegen die Badewanne. "Achja?"
"Du hast keinen Freund, oder?"
Sollte das eine Unterhaltung oder ein Verhör werden?
"Eddy, worauf willst du hinaus?"
In dem Moment lehnte er sich einfach vor und drückte seine Lippen auf meine. Ich stand stocksteif da, während er wohl glaubte, mir würde gefallen, was er da versuchte, allerdings hatte ich mehr das Gefühl ein toter Fisch wäre da zu Gange. Ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte, da hatte er schon seine Hände auf meine Hüfte gelegt, um mich näher an sich zu ziehen, doch ich fand meine Kraft wieder und stieß ihn von mir.
"Verdammt, was soll das?!", rief ich entsetzt.
Eddy war gegen eine unserer Kommoden gestolpert und hatte eine von Tunis Schneekugeln zerstört. Er rieb sich den Rücken und musterte mich gehässig. "Weshalb zierst du dich so? Du musst doch auch mal unter die Haube kommen?"
"Bitte?! Ich glaub', ich hör' nicht richtig."

"Was ist hier los?", fragte auf einmal eine wunderschöne Stimme, die ich gerade am dringendsten hören wollte.
"Ach nichts", blaffte Eddy und warf James einen hasserfüllten Blick zu. Er verschwand und ließ uns allein.
"Alles okay?", fragte James und betrachtete unsere Umgebung, sein Blick blieb bei der kaputten Schneekugel hängen und mit einem Schlenker seines Zauberstabs reparierte er sie.
"Ja, alles gut." Ich wollte ihm nicht in die Augen sehen, er liebte mich nicht und ich hatte gerade zugelassen, dass Eddy mich küsste.
"Hey..." Mit seinen Fingern hob er mein Kinn an, dass ich gezwungen war, ihm in die Augen zu sehen. Diese wunderschönen haselnussbraunen Augen. In ihnen lag soviel mehr, als bloß Zuneigung, dass ich seinem Blick nicht standhalten konnte.
"Evans?"
"Ja, Potter?"
"Ich liebe dich."
Abrupt hob ich die Lider. Was hatte er da gesagt?
"Ich wollte es dir richtig sagen und nicht indirekt durch deine Cousinen auf Amelia bezogen, das war mir einfach zu verzweigt."
Meine Lippen begannen zu zittern.
"Ich liebe dich auch", hauchte ich atemlos, ohne genau zu wissen, woher diese Worte gekommen waren.
Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht und er zog mich näher zu sich heran und küsste mich innig, als sich unsere Lippen trafen, spürte ich ein Feuerwerk in meinem Bauch losgehen und verlor völlig die Kontrolle. Meine Hände fanden ganz von allein den Weg in seinen Nacken zu seinen wuscheligen Haaren und zogen ihn näher zu mir heran. Ja, ich liebte James Potter.

Ich verlor kein Wort über Eddy, hätte ich es doch getan...

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