40. Wieder daheim
*Dieses Kapitel wird nicht aus James' Sicht sein, ehrlich gesagt, würde ich damit sowieso vorerst nochmal warten... ;)
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Der Pfiff des Schaffners hallte über den Bahnsteig, als ich durch die Absperrung auf das Gleis 9 3/4 getreten war. Morgen ging die Schule wieder los, die Ferien waren vorbei und ich würde wieder in den Alltag zurückkehren. Abgesehen von diesen blöden Bauchschmerzen, die ich seit Silvester hatte, davor hatte ich sie zwar auch schon hin und wieder mal gespürt, doch nun waren sie mein ständiger Begleiter.
"Lily! Huhu! Hier drüben!" Alice und Frank Longbottom standen etwas Abseits der Menschenmasse und winkten mir zu. Das mit den beiden hätte ich nie für möglich gehalten, doch laut Marlene ging das sogar schon eine ganze Weile so. Man hätte es sich bei all den Briefen denken können, doch um ehrlich zu sein, hatte mich Alice' Liebesleben nicht wirklich gekümmert. So sehr sie sich auch gerne in meins einmischte, so gerne hielt ich mich aus ihrem raus - Marlene war schon anstrengend genug.
"Hey, ihr Beiden." Ich lächelte dem Pärchen zu, das sich schon wieder in den Armen lag.
Zwischen den Köpfen der Schüler und Eltern erkannte ich Dorcas und Mary. Sie waren offenbar auf der Suche nach uns, denn als ihr Blick meinen traf, eilten sie auf uns zu.
"Lily, wir haben ein Hühnchen mit dir zu rupfen!", riefen sie unisono.
"Was?" Ich wusste nicht, was sie jetzt für ein Problem hatten, dabei fing die Schule doch erst gerade wieder an.
"Oh, ich hätte dich warnen sollen...", murmelte Alice in mein Ohr, umarmte Frank dann ein letztes Mal und stellte sich schützend vor mich.
"Mädels, lasst sie in Ruhe."
Mary ließ auch recht schnell ab, sie sah ziemlich verklemmt aus, ganz anders als sonst, doch nach einem strengen Blick von Alice wich davon jede Spur aus ihrem Gesicht.
Dorcas hingegen war noch immer wütend, sie hatte ihre Hände in die Seiten gestemmt und funkelte mich an.
"Ohne dich und Marlene war Silvester total öde!"
"Ja", stimmte Mary wenig begeistert zu. Hatte ich ihr etwas getan? Nicht dass ich wüsste...
"Ladies!" Sirius Black stolzierte an uns vorbei, den einen Arm um Marlene geschlungen, den anderen um James, der mir ein zaghaftes Lächeln zuwarf, was ich ebenso vorsichtig erwiderte. Sofort wurden diese blöden Bauchschmerzen intensiver. Merlin, womit hatte ich das verdient?
"Marls!" Dorcas und Mary umarmten sie stürmisch.
Es war ja nicht so, dass ich eifersüchtig war, aber - ach, was war denn bloß mit mir los?
"Ab in den Zug, unser guter Krone hat noch etwas zu erledigen, das hat äußerste Priorität."
James wirkte über dieses "Etwas" nicht sonderlich begeistert, sein Ausdruck war eher leidend und wäre ich zurzeit besser auf ihn zu sprechen gewesen, hätte ich ihn mit Sicherheit damit aufgezogen, doch stattdessen biss ich mir bloß auf die Lippe, schnappte mir Marlene und die anderen und stieg mit ihnen in den vordersten Wagon. Ich ließ die Jungs und Frank einfach stehen.
"Lily, Autsch! Mein Handgelenk!" Mary entzog mir ihren Arm und rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht darüber.
"Ach Mary, stell dich nicht so an!", keifte Marlene genervt. Sie schob uns in das nächstbeste, leere Abteil, bevor irgendwer widersprechen konnte.
Sie drückte uns auf die Sitze, setzte dann ein zufriedenes Lächeln auf und verkündete: " Ihr wartet hier, ich suche mal kurz Sirius."
"Du willst doch bloß rumknutschen."
"Ach Alice, halt die Klappe!"
Meine beste Freundin wuselte wieder aus dem Abteil und ließ uns in peinlichem Schweigen zurück, keiner sagte etwas - wir starrten bloß aus dem Fenster, als der Zug auf einmal ruckelte und sich nach einem weiteren Pfiff in Bewegung setzte.
Was James wohl gerade tat?
Mary und Alice begannen leise zu flüstern, Dorcas kramte aus ihren Taschen allerlei Süßigkeiten und ich... ich starrte aus dem Fenster und dachte darüber nach, dass das nun das letzte Mal sein würde, dass wir mit dem Zug nach Hogwarts fuhren. Es war ein seltsames Gefühl.
"Wir sollten unsere Umhänge anziehen", sagte Alice und riss mich somit aus meinen Träumen. Ich hatte tatsächlich die halbe Zugfahrt verschlafen. Wütend über mich selbst, grummelte ich etwas unverständliches in ihre Richtung. Meine letzte Fahrt nach Hogwarts und ich musste ausgerechnet einschlafen. Dazu war der Traum auch nicht besonders erheiternd gewesen, viel eher das komplette Gegenteil.
"Wozu denn?", fragte Marlene, die wohl, während ich geschlafen hatte, wieder aufgetaucht war. "Alice, es ist nicht der Jahresbeginn, es sind Winterferien."
"Ach stimmt ja! Das hatte ich verwechselt."
So verpeilt kannte ich Alice überhaupt nicht, sie vergaß oder verwechselte nie etwas.
"Erzähl uns etwas über Frank", forderte Mary sie auf, also begann Alice fröhlich strahlend von ihm zu erzählen. So gerne ich meine Freundin auch hatte und ihr all das Glück der Welt wünschte, konnte ich mir das nicht anhören, ohne sofort in Tränen auszubrechen. Das wäre ihr gegenüber auch nicht fair gewesen, also gab ich Marls ein Zeichen und wir verabschiedeten uns mit der Begründung, die Toilette aufzusuchen.
"Du denkst bei Alice' Worten an jemand bestimmtes?" Marlene hob wissend die Augenbrauen und musterte mich von oben bis unten, doch ich gab mich nicht so leicht geschlagen. Ich schüttelte den Kopf.
"Überhaupt nicht, nein."
"Jaja"
Wir wanderten durch den Wagon, bis nach vorne zum Lockführer am Schulsprecherabteil vorbei. Daraus waren ziemlich laute Stimmen zu vernehmen. Ich wollte ja wirklich nicht lauschen, aber ich wollte wissen, wer in meinem Abteil saß.
Ihr erhaschte einen kurzen Blick und mein Herz rutschte zehn Etagen tiefer. Was machte SIE da drinnen?!
James saß auf dem Sitz, auf dem er auch schon bei der letzten Fahrt Platz genommen hatte, er hatte die Ellenbogen auf den Tisch vor ihm aufgestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Es wirkte nicht so, als wäre er traurig, vielmehr als würde Amelias Gequatsche ihn in den Wahnsinn treiben. Amelia lief in dem etwas größeren, doch immer noch kleinem Abteil auf und ab, sie gestikulierte wild mit den Händen, wobei sie James das ein oder andere Mal beinahe eine Backpfeife verpasste. "Was macht dieses Miststück in deinem Abteil?", fragte meine beste Freundin.
"Das ist unser Abteil, er kann mitbringen, wen immer er will..."
"James, ich fasse es nicht!", schrie Amelia wieder so laut, dass man sie verstehen konnte.
Besagter Junge stieß nur ein Stöhnen aus.
"Du musst es mir erklären, ich dachte, wir hätten etwas ganz besonderes!"
"Erklären, zum 8. Mal?"
Ich fühlte mich nicht wohl dabei zu lauschen, es war eindeutig privat und sogerne ich gewusst hätte, worum es ging, zog ich Marlene hinter mir her, zurück zu unseren Freundinnen, doch da wurde die Abteiltür aufgerissen.
James rief noch: "Amelia, warte!"
Doch das Mädchen brauste an uns vorbei, drehte sich noch einmal um, als sie uns erkannte und zischte mir zu: "Ich hoffe du wirst glücklich, du Schlampe!"
"Amelia!" James, der hinter uns auch aus dem Abteil getreten war und Marlene waren entsetzt.
Sie hob das Kinn, drehte sich auf dem Absatz um und stolzierte dann den Gang entlang.
Ich starrte dem brünetten Mädchen hinterher, vollkommen perplex. Was hatte ich ihr bloß getan? Hatte sie mitbekommen, dass wir gelauscht hatten?
James räusperte sich, er war näher an uns herangetreten. Ein unsicheres Lächeln umspielte seine Lippen, doch seine Augen wirkten kalt und trüb. Dieses Gespräch hatte ihn mehr mitgenommen, als er wohl zugeben wollte.
"Lily, ich..."
"Ich geh dann mal zu den anderen." Marlene zwinkerte uns zu und verschwand dann auf dem selben Weg wie Amelia.
Unsicher trat ich von einem auf den anderen Fuß, meine Handflächen begannen zu schwitzen, meine Atmung wurde flacher. Seine haselnussbraunen Augen zogen mich in eine Art Bann, ich konnte und wollte mich nicht daraus befreien, oh Merlin, was passierte hier bloß mit mir?
"Habt ihr mitbekommen, was da drinnen...", er deutete auf das Abteil. Ich schüttelte mit dem Kopf, es ging uns nichts an und es dürfte ihm wohler sein, wenn wir es nicht gehört hätten. Zumal wir nicht viel mit angehört hatten.
"So sauer wie sie war, wirst du wohl was ziemlich dummes getan haben." Es sollte mehr wie ein Witz klingen, doch James' Lächeln erstarb binnen Millisekunden und ein kühler Ausdruck breitete sich auf meinem Gesicht aus.
"Achja? Klar, es ist ja immer alles meine Schuld, ich vergaß, Evans."
"Ach komm, so hab ich das nicht gemeint!"
Ich hatte ihn verletzt, furchtbar verletzt.
"Nein, ich verstehe schon. Egal was ich tue oder sage, für dich werde ich immer der Idiot sein, so ist es doch..."
Wollte er jetzt auch noch Mitleid?
"Dann benimm dich nicht, wie ein angeschlossenes Reh! Trag doch einfach mal Verantwortung für deine Taten!"
Halb rennend halb joggend eilte ich zu unserem Abteil, ich blickte nicht noch einmal zurück. Warum tat es nur so weh? Die Bauchschmerzen wurden nun von üblen Brustschmerzen begleitet. Was war das in mir? Hatte Marlene vielleicht Recht?
Sooooooo
Mal wieder etwas Stress im Paradies. Ich bin mal gespannt, was ihr zum nächsten Kapitel sagen werdet ;)
*wegen Muttertag eine halbe Stunde früher, damit ich meiner Mum jetzt was leckeres Kochen kann :D (ich hoffe, ich brenne die Küche nicht nieder.)
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