43. Ein Berg aus Sorgen
Jetzt wo sie genügend Geld haben, um endlich ausziehen zu können, haben sie die letzten vier Wochen nur damit verbracht, sich die verschiedensten Wohnungen anzusehen.
Aber das war gar nicht so einfach.
Da gab es Wohnungen im zehnten Stock ohne Aufzug.
Wohnungen ohne Bad- und Küchenfenster.
Manche waren zu klein, manche zu groß, oder sie lagen zu nah an einer Bahnstrecke, wo Tag und Nacht Züge fahren.
Und wenn mal eine schöne Wohnung dabei war, hatten sie entweder einen Ausblick auf den örtlichen Friedhof oder war zu weit weg von öffentlichen Verkehrsmitteln.
Aber sie brauchten Bus und Bahn, weil beide kein Auto besaßen und Tae irgendwie zu seinem Job kommen musste, wo er hart daran arbeitete, ein duales Studium zu bekommen, um seiner Familie später mal mehr bieten zu können.
Also arbeitete er sich jeden Tag den Arsch ab und pendelte früh morgens zu seiner Werbeagentur, machte Überstunden und nahm teilweise seine Arbeit sogar mit nach Hause, um eine der begehrten Studienplätze im Bereich Mediendesign zu bekommen.
Selbst eine Grippe wollte Tae nicht auskurieren, weil er Angst hatte, die Stelle würde dann jemand anderes bekommen.
Leider ging die ganze Arbeitsbelastung auch zu Lasten seiner Gesundheit.
Aber Taehyung ignorierte die Warnsignale seines Körpers und machte immer so weiter und weiter, bis Jungkook ihn irgendwann voller Sorge ins Gewissen sprach:
"Tae?", sagt Kookie leise und rüttelt sanft an dessen Schulter, der mit verschränkten Armen, schlafend auf dem Tisch liegt, neben seinem unangetasteten Teller.
"Bitte leg dich ins Bett und schlaf dich aus. Du warst in letzter Zeit so fertig und du bist immer noch leicht krank."
Verschlafen hebt Tae seinen Kopf, blinzelt und sagt gähnend:
"Nein, Nein...", lehnt er ab.
"Das geht nicht", er gähnt nochmals und fährt sich durch sein schwarzes Haar, was ein durcheinander auf seinem Kopf ist.
"Wir haben gleich nochmals eine Wohnungsbesichtigung."
Kookie runzelt besorgt die Stirn.
"Ich kann das auch allein machen.
Bitte ruh dich doch aus, bevor du noch zusammenklappst."
"Es geht schon.", beschwichtigt Tae seinen Liebsten und gibt ihm einen kurzen Kuss, der Kookie besänftigen soll.
"Ich werf mir nur bisschen kaltes Wasser ins Gesicht und dann können wir los."
"Na gut." stimmt er mit einem dünnen Lächeln zu, aber ganz wohl ist ihm dabei nicht, weil er Angst hat, dass Tae bald zusammenbrechen wird, wenn er nicht endlich einen Gang runter fährt.
Zumindest sagen ihm das dessen tiefe Augenringe und die blasse Haut.
Totzdem gehen sie los.
Es ist jetzt spät am Abend und die Sonne längst untergegangen, als sie mit der Maklerin zusammen die Wohnung betreten, die sie von oben bis unten abschätzig betrachtet.
Die Dame trägt einen teuren roten Hosenanzug, hochhakige Schuhe und eine wasserstoffblonde Dauerwelle.
Kookie fühlt sich schon durch ihr dominates Auftreten zurückgestuft.
Aber Tae lässt sich nicht einschüchtern, verbeugt sich höflich vor der Frau und sagt:
"Wir freuen uns sehr, dass Sie sich Zeit genommen haben, mit uns diese wunderschöne Wohnung zu besichtigen."
Die Frau holt Luft, reckt das Kinn und antwortet kühl:
"Ich möchte ehrlich sein.
Zwei Männer, wovon einer noch minderjährig ist, plus ein Baby, unverheiratet und ohne Ausbildung, wollen eine Wohnung wie diese mieten?", sie macht mit der Hand eine Ausladende Bewegung.
"Können Sie sich das überhaupt leisten?"
Es ist frech, dreist und unverschämt, aber sie sind es schon gewöhnt.
Alle anderen haben genauso reagiert und ihnen danach eiskalt eine Absage erteilt, weswegen Kookies Euphorie sofort sinkt, obwohl die Wohnung so perfekt ist.
Es sind drei Zimmer, ganz oben,
mit einem Aufzug, einer Einbauküche und einem Bad mit Gäste WC.
Aber das absolute Highlight der Wohnung ist die kleine schnuckelige Dachterrasse, wo man die halbe Stadt überblicken kann.
Vor Kookies Augen spielt sich praktisch schon ein ganzes Szenario an romantischen Abenden ab, in denen sie fruchtige Cocktails trinken unter dem lauen Sternenhimmel, während unter ihnen die Stadt leuchtet.
Taehyung hustet kurz in seine Hand und lenkt Kookies Aufmerksamkeit wieder auf sich.
Er sieht einfach krank aus und versucht es zu verbergen, indem er seine Erschöpfung weglächelt und erklärt:
"Ich habe eine gut bezahlte Arbeit,
mein Verlobter wird in zwei Wochen volljährig und seine Eltern bürgen für zwölf Monate im voraus."
Sie hoffen beide so sehr, dass das die kühle Maklerin überzeugen kann, wenn sie die gesamte Miete ein Jahr im Voraus bezahlen, aber die Frau verbeugt sich nur, geleitet sie beide nach draußen und vertröstet sie sachlich:
"Ich melde mich bei ihnen."
Und wie oft haben Sie das schon gehört.
Aber Tae nimmt ihn in der U-Bahn tröstend in den Arm, als sie Heim fahren und sagt zuversichtlich:
"Wir finden schon was.
Scheiß auf die Frau.
Bestimmt wartet irgendwo ein Liebesschloss auf uns und dann lachen wir uns über Heute kaputt."
"Ja...", murmelt Kookie und schenkt ihm ein unsicheres Lächeln, während Puma im Kinderwagen schläft.
"Du hast recht."
Zuhause legen sie ihr Kind ins Bett, Jungkook fällt müde in sein eigenes, solange Tae duscht,
weil er morgen arbeiten will,
obwohl es Samstag ist.
Er macht sich wirklich große Sorgen um seinen Verlobten, der die Grenzen seiner Gesundheit schon längst überschritten hat und als nach fünfzehn Minuten die Dusche immer noch läuft, wird er stutzig.
Jungkook steht auf und geht Richtung Badezimmer, öffnet langsam die Tür und seine schlimmsten Befürchtungen der letzten Wochen werden wahr.
Tae sitzt bewusstlos im Duschbecken, dass Wasser prasselt auf seinen Kopf und Kookie hat nur noch das Gefühl, dass ihm gerade seine ganze Welt entgleitet.
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