twenty two - Theo ist ein Softie, Sirius nicht

JULIET

,,Er ist weg!"

Dies waren die Worte, mit denen Theo mich nach einer unruhigen Nacht am Weihnachtsmorgen weckte.

Einige Sekunden starrte ich meinen Bruder übermüdet und völlig verständnislos an, dann saß ich plötzlich kerzengrade in meinem Bett, nur um wenige Augenblicke später völlig überstürzt die Treppe ins Wohnzimmer hinunter zu stolpern.
Doch vergebens. So verzweifelt ich meinen Blick auch durch den Raum huschen ließ, er war leer.

Sirius war weg.

Gegangen ohne ein Wort des Abschieds. Hatte mich hier zurückgelassen mit meinem Bruder, dessen Identität niemand kennen durfte, und dem leeren Haus, dessen Stille sich nun drückend auf meine Seele hinab senkte.

Verzweifelt sank ich auf die Knie, den Kopf noch immer voll von Emotionen, die mich langsam zu überrennen drohten.
Warum war er einfach gegangen?
Es war doch alles gerade so gut gelaufen!
Wir hatten uns vertragen, uns ein mal nicht nur gestritten...

Aber jetzt war er fort.
Ohne mir überhaupt irgendeine Chance zu geben, irgendwas zu erklären!
Das war nicht fair!

Langsam begannen sich Sorge und Verzweiflung in blanke Wut zu wandeln.
Frustriert schlug ich mit meinen geballten Fäuste auf den Boden.

Eine Hand legte sich von hinten beruhigend auf meine Schulter. ,,Tut mir leid, Julie... Tut mir leid, dass ich das zwischen euch schon wieder kaputt gemacht habe..." Theo holte tief Luft und ich spürte seine Hand zittern. ,,Es tut mir leid, dass ich so viel Chaos in dein Leben gebracht habe... dass ich dein Leben so durcheinander gebracht habe..."

Langsam stand ich auf und drehte mich zu meinem Bruder, um ihm in die Augen zu sehen. Ich sah die Tränen in seinen Augen blitzen.

Meinen Bruder so emotional zu sehen traf mich mitten ins Herz und eilig zog ich ihn in eine innige Umarmung. ,,Hey... ist schon gut... Ich bin froh dass du mein Leben durcheinander bringst! Du bist mein Bruder!" Ich löste mich wieder von ihm.
,,Und dieser Typ ist nur Sirius." Ich schnaubte. ,,Ist ja nicht das erste Mal, dass wie uns so streiten... Dieses Arschloch!" Erneut sammelte sich die Wut in mir.

...

,,Kommst du, Juls?"

Remus wartete vor der Tür zum Potter-Manor und sah leicht besorgt zu mir.
Ich stand noch immer unentschlossen einige Schritte hinter ihm, unsicher, ob ich wirklich in dieses Haus gehen wollte.

Seitdem Sirius am Weihnachtsabend so unerwartet aufgetaucht war, nur um dann am folgenden Morgen genauso schnell wieder zu verschwinden, waren drei Tage vergangen und inzwischen wussten sowohl ich als auch Remus, dass Sirius bei James' Familie untergekommen war.
Wäre er doch nur gleich zu James gegangen...

Ermutigend streckte mein bester Freund die Hand nach mir aus und bereitwillig ließ ich mich von ihm bis zur Tür ziehen. ,,Sirius wird sich schon wieder einkriegen, wäre bei euch beiden ja nicht das erste Mal." Vielsagend zog er die Brauen hoch und wie immer durchbohrte mich das schlechte Gewissen Remus gegenüber, da ich ihm noch immer nichts von der Sache zwischen uns erzählt hatte und das um ehrlich zu sein auch nicht unbedingt vorhatte.

Remus wusste inzwischen, dass Sirius an Heiligabend damals erst zu mir gekommen war, bei Theos Anblick dann aber wieder einmal vollkommen aus der Haut gefahren war und schließlich am nächsten Morgen ohne Chance zur Erklärung abgehauen war.

Ich senkte den Kopf.

,,Juls, versucht euch einfach wieder zu vertragen... Dann wird alles wieder wie früher."
Ich blickte auf und sah die Sorge in seinen Augen.

,,Ich weiß, dass irgendwas vorgefallen ist... Und ich weiß, dass Sirius dich... Dass da irgendwas was zwischen euch ist ist. Aber, Juls, versuch, dich diesbezüglich von Sirius fern zu halten!" Er legte mir eine Hand auf die Schulter. ,,Du kennst ihn doch! Ich will einfach nicht, dass du verletzt wirst, ok? Du hast schon so viel durchgemacht, du hast es verdient, glücklich zu sein. Ohne irgendeinen Typen der dich fallen lässt..." Remus seufzte. ,,Sirius ist mein bester Freund, aber bei diesem Thema ist er einfach unmöglich..."
Seufzend nickte ich. ,,Ich weiß."
Ich spürte noch einen letzten besorgten Blick auf mir, dann wandte mein bester Freund sich schließlich der Tür des Potter-Manors zu.

In Gedanken versunken bekam ich kaum mit, wie Remus schließlich an der großen Tür klopfte und wurde völlig unvorbereitet zurück in die Gegenwart geholt, als ein James in Hemd und ungewohnt eleganter Hose schwungvoll die Tür aufriss.
,,Na wenn das nicht meine Lieblings-Freunde sind!"

,,Hey, und was ist dann mir mir?", kam es empört von einer Person hinter James. Dieser öffnete die Tür noch weiter und zum Vorschein kam... Natürlich, wer auch sonst... Sirius. ,,Ich bin mir sehr sicher, dass ich dein Lieblings-Freund sein sollte! Immerhin bin ich-" Sirius' Blick fiel auf mich und er verstummte.

Einen Moment lang fixierten wir uns gegenseitig mit funkelnden Augen, dann bildete sich ein spöttisches Lächeln auf seinen Lippen und er beugte sich suchend zur Seite, um hinter Remus und mich zu spähen.
,,Aber, Juliet, wo hast denn deinen Lover gelassen?"
Ich hörte Remus neben mir zischend die Luft einziehen.

Ich lachte abfällig, bemüht, keine weiteren Emotionen zu zeigen. ,,Samuel ist zuhause geblieben. Er meinte er könnte dich und dein hässliches Gesicht nicht so lang ertragen und würde sich das lieber nicht antun..."
Gespielt bedauernd lächelte ich ihm ins Gesicht.

Sirius öffnete bereits den Mund um etwas zu erwidern, da unterbrach James ihn. ,,Stopp, ihr beiden! Ihr giftet euch jetzt nicht den ganzen Abend gegenseitig an! Das ist echt nicht mehr auszuhalten! Entweder ihr klärt das oder ihr seid still!" Eindringlich sah James uns nacheinander an, dann kehrte das unbeschwerte Grinsen auf sein Gesicht zurück und er zog Remus und mich in die Wohnung. ,,Kommt rein ihr beiden! Kommt rein und rettet mich vor meiner Verwandtschaft!"
Schnaubend und Sirius keines weiteren Blickes würdigend folgte ich James ins Innere des Hauses.

...

Gedankenverloren ließ ich den Feuerwhisky in meinem Glas kreisen.

Der Abend war bereits fortgeschritten und wie jedes Jahr war die große Weihnachtsfeier der Potters ein lautes und buntes Unterfangen.

Überall wuselten irgendwelche Verwandten James' herum, begleitet von sämtlichen Freunden der Potters. Aber auch einige bekannte aus Hogwarts waren gekommen. Dem gesamten Quidditchteam der Gryffindors hatte ich bereits Hallo gesagt und sogar Marlene und Lily waren gekommen, auch wenn man Lily deutlich das Missfallen ansehen konnte.

Nur Alice war nicht gekommen, da sie wie jedes Jahr über Weihnachten mit ihrer Familie in den Urlaub fuhr.

Inzwischen saß ich also mit meinen zwei Freundinnen auf einem der Sofas und starrte in mein Glas.
Marlene war vor einiger Zeit dazu übergegangen, ihrem liebsten Hobby nachzugehen und beobachtete alle möglichen Jungs im Raum.
Gleichzeitig hatte sie sich der Aufgabe gewidmet, Lily zu überreden mit James zu tanzen.

,,Sieh mal, Lils... Er sieht super aus, ist -zu meinem wiederholten Erstaunen- sehr gut in der Schule... Und vor allem: Er steht seit der zweiten Klasse auf dich und hat seit Jahren seinen Blick nicht mehr von dir genommen... um genau zu sein hat er dir sogar schon einen Heiratsantrag gemacht!"
Vielsagend sah die Blonde Lily an. Diese allerdings zog nur zweifelnd die Stirn kraus.
,,Ich sehe trotzdem keinen Grund mir von diesem Hornochsen auf die Füße treten zu lassen..."

Verzweifelt vergrub Marlene den Kopf in den Händen und sah dann hilfesuchend zu mir.
,,Juliet, du bist dran... Ich habs für heute genug versucht! Das sture rothaarige Biest neben mir will mir einfach nicht glauben, dass Potter das beste ist, was ihr je passieren wird..."
Schnaubend stieß besagtes Biest Marlene in die Seite, dann warf sie mir einen belustigten Blick zu. ,,Juls soll erstmal ihre Differenzen mit ihrem eigenen Lover in Ordnung bringen, bevor sie irgendwem Tipps im Thema Liebe gibt!"
Überrascht riss Marlene die Augen auf. ,,Der schnuckelige Hufflepuff? Wie hieß er noch gleich... Samuel, richtig?", fragte sie geradezu hoffnungsvoll.

Ich warf Lily einen finsteren Blick zu, dann ließ ich meinen Kopf stöhnend auf die Lehne des Sofas sinken.
,,Nein, nein... Wir reden hier von Sirius Black! Hast du nicht gesehen, wie die beiden sich ansehen? Es ist irgendwas vorgefallen...", antwortet Lily an bereitwillig an meiner Stelle.
,,Natürlich! Wie konnte ich Sirius nur vergessen? Aber die Frage bleibt: Was ist vorgefallen?"
Ich spürte den neugierigen Blick der beiden auf mir.

Unentschlossen sah ich zu ihnen auf. Ich hatte meinen Freundinnen im Hogwartsexpress vor den Ferien bereits beinahe alles erzählt... warum also nicht auch jetzt?
Diese Frage ließ sich eigentlich schnell beantworten. Natürlich konnte ich ihnen nicht erzählen, dass Sirius an Heiligabend zu mir gekommen war, wir irgendwann einfach haltlos auf dem Sofa herumgeknutscht hatten, nur um dann von meinem Bruder unterbrochen zu werden...

Also beschloss ich, dass ganze einfach kurz zufassen... unwichtige Details wie geheime Brüder waren ohnehin bedeutungslos, oder?
,,Wir sind am Tag vor den Ferien zusammen-... naja, sagen wir, wir haben uns vertragen. Alles war für kurze Zeit nahezu perfekt... und dann haben wir uns wieder gestritten."
,,Worüber?", fragte Lily, sobald ich die kurze Schilderung beendet hatte.
Erneut seufzte ich. ,,Über Sammy... mehr oder weniger."

,,Dann aber zurecht, oder?" Lachend sah Marlene sich um. ,,Wo ist dieser Sammy eigentlich? So viele gutaussehende Leute... er würde super hier hinein passen."
Kurz sah ich meine blonde Freundin leicht verstört an, immerhin redete sie von meinem Bruder, dann schüttelte ich den Kopf.
,,Nein, Sammy, ist nicht gekommen... ist vielleicht auch besser so. Ich glaube es würde die ganze Sache mit Sirius nur noch verschlimmern, wenn er jetzt auch noch mit mir hier auftauchen würde."

Tatsächlich hatte Theo aus genau diesem Grund nicht mitkommen wollen. ,,Bring du mal die Sache mit deinem Sirius wieder in Ordnung... Ich bleibe lieber hier und mache nicht alles noch schlimmer, als es ohnehin schon ist.", hatte er gesagt, als ich ihn gefragt hatte, ob er mit zu James' Feier wollte.
Zu meiner Erleichterung saß er nun allerdings nicht allein in dem leeren Haus, sondern war bei Hope und Lyall, die ihn erfreut für den Abend unter ihre Fittiche genommen hatten.

Hope war es auch gewesen, die sich wie immer begeistert der Aufgabe gewidmet hatte, wie eine Mutter meinen Kleiderschrank zu durchwühlen und mich davon abhielt, in einem schlichten Rock zu der zugeben doch recht festlichen Veranstaltung der Potters zu gehen.
Stattdessen trug ich nun ein altes dunkelblaues Kleid meiner Mutter, dessen dünne Ärmel mir immer wieder von den Schultern rutschte. Inzwischen war ich allerdings zu dem Schluss gekommen, dass dies sowieso der eigentliche Zweck der Ärmel war. Wäre bloß praktisch gewesen, das vorher zu wissen...

,,Ach mach dir keine Sorgen, Juls. Redet nochmal miteinander, ich bin mir sicher Sirius kann deinem Charme nicht mehr lange widerstehen... Und wenn dich doch keiner von ihnen haben will..." Verschmitzt funkelte Marlene mich an. ,,Dann hast du ja immernoch mich. Ich würde dich immer nehmen!" Marlene zwinkerte mir zu und belustigt verdrehte ich die Augen.

,,Da bin ich aber beruhigt...", meinte ich ironisch und gerade wollte Marlene etwas erwidern, da wurden wir von einem dunklehaarigen Jungen unterbrochen. Vermutlich einer von James' Cousins.
,,Entschuldigung, hast du vielleicht Lust zu zu tanzen?", sprach er überraschenderweise mich an und fuhr sich verwegen durch sein Haar, eine Geste die mich ungemein an James erinnerte. Musste in der Familie liegen.

Entschuldigend schüttelte ich den Kopf. ,,Tut mir leid, ich tanze nicht... Aber vielleicht meine Freundin Marlene?"
Der Junge zuckte mit den Schultern nickte dann aber bereitwillig und erfreut ließ sich Marlene von ihm auf die Tanzfläche ziehen.

,,Du tanzt also nicht, ja?" Spöttisch zog meine rothaarige Freundin eine Augenbraue hoch.
,,Nein, ich tanze nicht!", antwortete ich ebenfalls grinsend und sah sie dann entschuldigend an. ,,Tut mir übrigens leid, dass du nicht die Ehre hattest, aber meine Prioritäten liegen gerade dabei dich mit einem anderen dunkelhaarigen Typen zu verkuppeln..."
Zum wiederholten Male rollte Lily mit den Augen.
,,Ich spüre übrigens gefährliche Funken aus dieser Richtung sprühen, seit du mit diesem durchaus attraktiven Jungen gesprochen hast..." Sie nickte in eine Richtung auf der anderen Seite der Tanzfläche. ,,Deinem Lover scheint es gar nicht zu gefallen, dass du mit anderen Typen Kontakt hast."

Ich drehte mich in die Richtung, in die sie gezeigt hatte und tatsächlich... Sirius stand an die Wand gelehnt gegenüber von uns und starrte finster zu uns. Unsere Blicke verhakten sich und wie immer fesselte mich das tiefe Sturmgrau seiner Augen.

,,Er ist nicht mein Lover!", widersprach ich trotzdem schwach.

,,Weißt du was, Juls? Du gehst jetzt zu ihm und ihr regelt das zwischen euch!"
Bei den Worten meiner besten Freundin wandte ich meinen Blick unsicher von Sirius ab und sah zu ihr. ,,Ich glaube nicht das es etwas bringt. Und selbst wenn... Remus will nicht, dass Sirius und ich... Und ich meine, dass ist ja verständlich, oder? Sirius war bisher nie besonders feinfühlig oder gefühlvoll, wenn es um Beziehungen oder sowas ging..."

,,Ach, Remus wird sich schon wieder einkriegen! Jetzt geh schon! Ich komm hier auch allein klar..." Sie lachte, sah mich dann aber auffordernd an.
Und schließlich erhob ich mich tatsächlich und machte mich noch immer etwas unentschlossen auf den Weg zu Sirius.

Wer weiß ob das gut enden würde...

༺▪︎𖠇▪︎༻
Tjaaa, das nächste Kapitel kommt schon morgen und dann werdet ihr erfahren, ob das gut endet.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top