twenty - letzte Chance

TW: Erwähnung von Gewalt und Folter, Andeutung von Mord und sehr viel Drama

SIRIUS

Fremde Lippen auf meinen.
Ihre Hände in meinem Nacken. Meine auf ihren Hüften.
Ein süßlicher Duft, der mich umgab. Der herbe Geschmack von Alkohol auf unseren Lippen, während sie einen wilden Tanz tanzten.
Dunkle Haare, die mir ins Gesicht hingen.

Dunkle Haare... Zu dunkel.
Der Duft zu süßlich und die Lippen... zu fremd.

Ohne wirklich zu wissen, was ich tat, stieß ich das dunklehaarige Mädchen von mir.

Es fühlte sich seltsam an, sie zu küssen.
Falsch...

Sie war nicht sie!

Sie war nicht Juliet!

Unruhig fuhr ich mir mit den Händen durch meine bereits mehr als zerzausten Haare.

Warum tat ich das?
Oder vielmehr, warum störte es mich so sehr, dass das Mädchen vor mir nicht Juliet war?

Es hatte mich sonst auch nie gestört!

Ich sah mich um.
In der Hast hatte ich nicht einmal wahrgenommen, wo wir überhaupt hingestolpert waren.

Es schien ein Arbeitszimmer zu sein.
Ich erinnerte mich kaum daran, wie wir hierher gekommen waren.
Zusehr vernebelte der Alkohol meinen trüben Verstand.

Ich war wohl auf einer dieser Feiern, die nur die Reinblüter von der besonders blöden Sorte abhielten und auf denen jeder, der lachte und dabei keine eigennützigen Hintergedanken hatte, eines bitteren Todes starb.

Wie jedes Jahr hatten meine sogenannten Eltern Regulus und mich auf die jährliche Weihnachtsfeier der Lestranges gezwungen.

Und nun stand ich hier.
In diesem düsteren Raum, gemeinsam mit einem dunklehaarigen Mädchen, das süßlich schmeckte, definitiv nicht Juliet Parker war und dessen richtigen Namen ich ehrlich gesagt nicht einmal wusste.

Wo wir schon dabei waren. Das Mädchen vor mir starrte mich noch immer unsicher und verwirrt an.
Was ich ihr allerdings nicht verdenken konnte, immerhin hatte ich sie vor wenigen Sekunden noch leidenschaftlich geküsst, nur um sie dann plötzlich von mit zu stoßen.

Erneut sah ich mich um, dann verließ ich mit schnellen Schritten und einer hastig gemurmelten Entschuldigung das Zimmer.

Kaum war ich draußen, empfingen mich auch schon die üblichen Geräusche einer solchen Party.
Überall falsches Gelächter, schneinbar nette Gespräche und irgendwo dudelte Musik vor sich hin.

Eilig bahnte ich mir einen Weg durch die Menge an Hexen und Zauberern in festlichen Umhängen, um wieder zurück in den großen Saal zu finden, den ich vor einer knappen halben Stunde noch geradezu fluchtartig verlassen hatte.

Das Anwesen der Lestranges war groß, sehr groß und es dauerte eine Weile, bis ich besagten Saal gefunden hatte und mich leicht außer Atem zurück an der langen Festtafel niederließ.

Kaum jemand schien meine Abwesenheit bemerkt zu haben.
Alle waren zu sehr mit ihren wichtigen Gesprächen beschäftigt.
Walburga Black sah kurz unzufrieden zu mir, ihrem ältesten Sohn, wandte sich dann allerdings schnell wieder ihrer Unterhaltung mit Mrs Lestrange zu.

Nur Regulus schien meine Abwesenheit wirklich registriert zu haben sah mich kritisch an. ,,Wenn du weniger auffallen möchtest, solltest du deine Haare vielleicht mal wieder in Ordnung bringen!", merkte er dann finster an.

Seid dem Vorfall an Halloween war unser Verhältnis noch schlechter, als es ohnehin schon immer gewesen war.
Zu Beginn der Ferien war es noch schlimmer gewesen, doch inzwischen straften wir und größtenteils mit kalter Gleichgültigkeit.

Ich wollte gerade an meinen Bruder gewandt etwas bissiges erwidern, als sich das Oberhaupt der Familie Lestrange erhob und seine Frau mit einer Gabel gegen ihren mit Gold verzierten Kelch klopfte, sodass allmählich Ruhe im Saal entstand.

,,Wie jedes Jahr kann ich mit Freuden verkünden, wie sehr es mich mit Glück erfüllt, all die bekannten und geliebten Gesichter zusehen." Ich schnaubte, was mir einen tödlichen Blick von Seiten meiner Mutter einbrachte. ,,Es ist mir außerdem eine Ehre all den edlen Reinblüterfamilien in diesem Saal eine wahrhaft schöne Nachricht zu verkünden!"

Innerlich stöhnte ich genervt auf. Diese Art Sätze kannte ich nur zu gut. Meistens folgte darauf eine ganz und garnicht 'wahrhaft schöne Nachricht'.

Doch Lestrange fuhr einfach fort mit seiner herrlichen Rede. ,,Dieses Jahr kann ich wieder voller Freude bekannt geben, dass die Familie Black-" Ach du Scheiße, das konnte nicht gut enden. ,,sich zu einer Bindung unserer beiden Familie bereit erklärt hat."

Ich spannte mich in meinem Stuhl an und starrte gebannt zu Orion Black, meinem Vater, der sich erhoben hatte und nun ebenfalls feierlich in die versammelte Runde schnöseliger Reinblüter blickte. ,,Tatsächlich haben wir beschlossen, dass eine solche Bindung der Blacks und der Lestranges für alle Parteien einen vorteilhaften Schritt in der Vereinigung der Reinblüter darstellt."

Er räusperte sich und kurz sah ich, wie sein Blick einen Moment lang bei mir hängen blieb.
Und da ahnte ich, was gleich folgen würde.

,,Es erfüllt mich mit Stolz, dass wir heute die Verbindungen zwischen meinem Sohn Sirius Black" Scheiße! ,,und einer der Lestrange Töchter verkünden können!"
An dieser Stelle fuhr Mr Lestrange fort. ,,Meine Nichte Camille Lestrange, meine Damen und Herren!"

Ich stöhnte auf.
Was für eine Ironie des Schicksals es doch war, dass 'Camille Lestrange' eben jene Dunklehaarige war, mit der ich vor kurzem noch in einem dunklen Arbeitszimmer verschwunden war.

Abrupt erhob ich mich aus meinem Stuhl, welcher laut knallend hinter mir zu Boden fiel.

Ich wusste, dass mir das im Nachhinein nichts als Streit und Folter von Seiten meiner Eltern einbringen würde, aber im Moment waren meine Gedanken in der unermesslichen Wut ertränkt, die plötzlich durch meine Adern schoss.
Also verließ ich fluchend den inzwischen komplett leisen Saal.

...

,,Sirius Orion Black, wie kannst du es wagen den Namen unsrer Familie so sehr zu schänden?!"
Die Wut verzerrte Stimme von Walburga Black hallte durch die dunklen Räume des Grimmauldplatz Nr. 12.

,,Wie könnt ihr es wagen, einfach über meine Zukunft zu entscheiden?", schrie ich wutentbrannt zurück, was mir einen weiteren Schlag meiner Mutter einbrachte.
,,Wir sind deine Eltern, wir allein haben das Recht zu entscheiden, wie es mit dir weitergeht! Und eines ist sicher, so wie du es bisher getrieben hast, kann und wird es nicht weitergehen!"

Ich schnaubte abwertend. ,,Ihr seid alles, aber nicht meine Eltern!" Ich spuckte vor ihr auf den Boden.
,,So redest du nicht mit mir!" Sie hob ihren Zauberstab und wie schon so oft in dieser Nacht krümmte sich mein Körper unter den unermesslichen Schmerzen, die ihre Flüche in mir hinterließen.

,,Du wirst die Tochter der Lestranges heiraten, ob du es willst oder nicht!"

Erneut Schmerzen.

,,Ich kann deinen Ungehorsam hier nicht länger dulden!"

Mein Körper erzitterte unter den brennenden Wellen des Schmerzes, die sich in mir bereit machten und sich immer tiefer in mich fraßen.

,,Du wirst dich nicht länger widersetzen und deine kleinen rebellischen Spielchen spielen!"

Schmerzen überall.

,,Du wirst uns gehorchen und tun was wir wollen!"

Erneut mischte sich die unendliche Wut auf meine Eltern unter die allgegenwärtigen Schmerzen und wütend biss ich die Zähne zusammen.
,,Das ist das letzte, was ich tun werde! Lieber sterbe ich, als euch euren verdammten Willen zu geben!"

,,Das... ist natürlich auch eine Möglichkeit!", zischte sie.

Etwas seltsam endgültiges trat in ihren von Wut verzerrten Blick, als sie abermals ihren Zauberstab erhob und-

,,Mutter!"

Regulus! Er hatte sie unterbrochen, bevor...

Eilig rappelte ich mich auf und rannte ohne einen Blick zurück schwankend aus dem Salon hinaus in das dunkle Treppenhaus, die wütenden Schreie meiner Mutter noch in den Ohren.

Humpelnd und mit schmerzverzerrtem Gesicht hastete ich die vielen Stufen zu meinem Zimmer hoch und riss die Tür auf.

Mein großer Koffer stand mitten im Raum. Jemand schien in aller Eile sämtliche Sachen hineingeworfen zu haben.
Ich stürzte zu ihm, sah mich eilig im Zimmer um. Kaum etwas lag noch herum, er hatte alles eingepackt...

Ich riss meinen Zauberstab aus meinem von den verschiedenen Flüchen meiner Mutter ganz zerrissenen Umhang, schloss mit einem Schwung den Koffer und stürmte dann den Koffer hinter mir her ziehend aus dem Zimmer.

Unten konnte ich noch immer meine Mutter kreischen hören, doch die Tatsache, dass sie mir noch nicht gefolgt war, um mir den Hals umzudrehen, bedeutete, dass Regulus sie noch immer aufzuhalten schien.

Ich polterte die Treppe hinunter in der Hoffnung, weder Kreacher noch meinem Vater zu begegnen.

Der Hauself der Familie würde mich sofort an seine Herrin verraten und von meinem übel gelaunten Vater wollte ich garnicht erst reden.

Ich erreichte die Eingangshalle. Meinen Koffer noch immer hinter mir her schleifend, hastete ich am Salon vorbei, als erneut ein lauter Schrei zu vernehmen war.

Doch diesmal war es nicht meine Mutter, die schrie, es war Regulus.
Mein Bruder, der mich so oft verraten hatte und doch die einzige Person dieser Familie war, die noch immer zu mir hielt.

Es war eine Entscheidung von Sekunden.

Ich hätte einfach die Gelegenheit nutzen können, meinem Bruder den Rücken kehren, ihn  einfach mit dieser Hexe allein zurücklassen...
Doch ich tat es nicht.
Er war noch immer mein Bruder.

Das Bild, das sich mir im Salon zeigte, war grauenvoll.

Meine Mutter, dir über meinem kleinen Bruder kniete. Sein Gesicht gepflastert mit Wunden.

Ich zückte meinen Zauberstab und mit einem lauten Knall und einem Schrei krachte Walburga Black gegen die Wand des Salons.

Ich wollte zu Regulus stürzen, doch mit einem Blick hielt er mich auf.

,,Geh!", rief er.
,,Verschwinde! Lauf!"

Ein letztes Mal sah ich ihm in die Augen, nach so langer Zeit wieder ehrlich dankbar, für das was er für mich getan hatte.

Dann packte ich meinen Zauberstab fester, schoss noch einen letzten Fluch auf meine Mutter und verließ dann das Haus.

Ich irrte durch die Nacht, durch die dunklen Gassen Londons.
Es war kalt und regnete.

Nirgends waren Menschen zu sehen. Alle waren sie in ihren Häusern, bei ihren Familien, ihren Freunden. Feierten Weihnachten, aßen und lachten gemeinsam.

Ich hatte immer gedacht, dass es sich gut anfühlen würde, das Haus meiner Eltern, meiner schrecklichen Kindheit, endlich zu verlassen.

Doch statt der erwarteten Freiheit fühlte ich nur Einsamkeit und das Gefühl, völlig verloren zu sein.

Irgendwann, ich war schon längst vom kalten Dezemberregen durchnässt, ließ ich mich einfach auf einer kalten Parkbank nieder.

Ich wusste nicht, was ich tun konnte... wusste nicht wohin...

Es gab nur noch wenige Personen auf dieser Welt, denen ich noch wahrhaft vertrauen konnte, die mich noch bei sich akzeptierten.

Meine Freunde...

James, er feierte sicherlich gerade mit seiner ganzen großen Familie im Potter-Manor irgendwo auf dem Lande...

Peter, auch er wohnte zu weit weg, als dass ich zu ihm hätte gehen können...

Blieben Remus und Juliet.

Sie lebten in einem kleinen Dorf an London, so viel wusste ich.
Sie waren meine letzte Chance...

Fluchend hiefte ich mich auf meine schmerzenden Füße, packte meine Koffer und machte mich Schritt für Schritt humpelnd auf den Weg zu dieser letzten Chance.




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