fifteen - jemand, der versteht
JULIET
,,Ich kann immer noch nicht glauben, dass du mit diesem Schnuckelchen von einem Jackson zusammen auf Slughorns Party gehst!" Marlene lag auf ihrem Bett, den Kopf über der Kante hängend und grinste ihr übliches vielsagendes Grinsen.
,,Ich gehe nicht mit ihm auf die Party... Also doch, irgendwie schon, aber nicht auf die Art, die du meinst! Zum letzten Mal, Marley, wir sind nur Freunde!" Aufgebracht sah ich zu ihr hinüber, doch sie kicherte nur.
,,Rede dir das ruhig weiter ein, Süße!"
Ich verdrehte die Augen und wandte mich wieder dem Spiegel vor mir zu.
In einer halben Stunde würde die Halloween-Feier Slughorns beginnen und ich hatte Lily versprochen, dieses Mal pünktlich fertig zu werden.
Sie selbst war schon längst bereit und wirbelte seitdem durch unser unordentliches Zimmer, auf der Suche nach ihrer Tasche.
,,Lass sie doch in Ruhe, Marls! Juliet wird schon wissen, was sie tut.
Und lenk sie bloß nicht ab!", versuchte nun Lily mich vor Marlenes endlosen Kommentaren zur Wahl meiner Party-Begleitung zu retten.
Tatsächlich hatte ich Theo gefragt, ob er mitkommen wollte.
Ich genoss die Zeit, die ich mit ihm verbrachte.
Wir lachten viel miteinander und ich fühlte mich seltsam wohl in seiner Gegenwart.
Dieses Gefühl der Vertrautheit hatte ich seit dem Tod meiner Eltern nur noch in Remus' Gesellschaft gefühlt.
Dieser war leider nie zu Slughorns Treffen eingeladen.
Bisher hatte ich ihn einige Male als meine Begleitung mitgenommen, doch das war für gewöhnlich nur bei den etwas größeren Partys erlaubt.
Auch heute musste ich auf Remus' Anwesenheit verzichten, denn vor wenigen Tagen war Vollmond und er war noch immer geschwächt von seiner Verwandlung.
So machte ich mich schließlich zehn Minuten später gemeinsam mit Lily auf in die Eingangshalle, wo ich mich mit Theo verabredet hatte.
,,Und du bist dir sicher, dass es eine gute Idee war, deinen Nachhilfeschüler auf die Party einzuladen?", fragte Lily, während wir den Gemeinschaftsraum durchquerten.
Verwirrt sah ich sie an. ,,Wieso sollte das denn eine schlechte Idee sein?"
,,Na wegen Sirius..."
Bei seinem Namen zog sich mein Magen zusammen.
Seit unserem Streit vor drei Tagen, hatten wir kaum ein Wort miteinander gesprochen.
Das war seltsam, denn wir stritten uns häufig, aber dies dauerte nie lange an und nach wenigen Minuten war alles wieder vorbei.
Diese kleinen Streitereien machten einfach einen wesentlichen Teil unserer Freundschaft aus.
Aber diesmal war es anders.
Diesmal konnten wir es nicht einfach vergessen.
Ich zumindest war noch immer wütend auf Sirius.
Klar, es war nicht das erste Mal, dass wir einander näher kamen, aber diesmal hatte er es doch übertrieben.
Auch wenn das Problem nicht die Nähe zu ihm an sich war, sondern viel mehr seine Weise, mit dieser Nähe umzugehen.
Ich verlangte ja garnicht, dass er daraus eine ernste Sache machte. Merlin, nein!
Ich wollte einfach nur, dass er mir das ganze erklärte.
Denn eins war sicher.
Irgendetwas hatte sich verändert.
Etwas zwischen uns war dieses Mal anders.
,,Juliet?", riss mich Lily aus meinen Gedanken.
,,Mh?" Ertappt blickte ich sie an.
,,Merlin, es steht ja schlimmer um dich, als ich dachte...", schmunzelte Lily überrascht.
Ich schnaubte entrüstet. ,,Es steht überhaupt nicht schlimm um mich! Und Sirius geht es einen Dreck an, mit wem ich wohin gehe!"
,,Wie du meinst..." Lily lächelte nur, was mich noch mehr aufregte.
Inzwischen waren wir in der Eingangshalle angekommen und ich sah mich kurz suchend um.
Noch immer empört über Lilys Kommentar, steuerte ich Theo an, der bereits am Eingang zu den Kerkern wartete.
Er trug eine dunkle Hose und ein weißes Hemd, an dessen linken Ärmel er nervös herumzupfte.
,,Hey, gut siehst du aus.", begrüßte ich den Lockenkopf, als wir ihn schließlich erreicht hatten.
Er blickte auf und musterte uns kurz.
,,Hi, und ähm... Danke, ihr zwei natürlich auch."
Lily schenkte ihm ein freundliches Lächeln und kurz entstand eine unangenehme Pause, dann zog ich Theo mit mir in Richtung der Kerker, während Lily uns bereitwillig folgte.
Wie immer, wenn Slughorn eine etwas größere Party veranstaltete, hatte sein Büro eine ungewohnte Größe angenommen.
Durch den hell erleuchteten Raum drang der Klang einer kleinen Band und ein fröhliches Stimmengewirr erfüllte die Luft.
An den Wänden hingen kleine Kürbislaternen und auf einer kleinen Fläche wurde sogar getanzt.
Durch die Menschenmenge wirbelten Hauselfen, die Essen verteilten und an allen möglichen Stellen im Raum, schwebten Tabletts mir den verschiedensten Getränken darauf.
Wie immer hatte Slughorn unglaublich viele Menschen eingeladen, wuselte geschäftig durch die Menge und blieb immer wieder stehen, um sich mit einem seiner Gäste zu unterhalten.
Auch als er uns endeckt hatte, begrüßte er uns überschwänglich.
,,Was für eine Freude, Sie drei hier zu sehen. Ich hoffe Sie werden meine kleine Feier in vollen Zügen genießen."
Bei dem Wort 'klein' , musste ich mir ein Lachen verkneifen, denn diese Party war definitiv nicht klein.
Wenn das seiner Meinung nach 'klein' war, dann war ich sehr froh darüber, noch nie auf einer seiner großen Feste gewesen zu sein.
Doch Slughorn erzählte bereits weiter und berichtete von den bekannten Persönlichkeiten, die er an diesem Abend noch erwartete.
Während Lily ihm aufmerksam zuhörte, stahl ich mich möglichst unauffällig davon, wobei ich Theo mit mir zog.
,,Ich brauche Essen, sonst überlebe ich das hier nicht...", erklärte ich ihm, während wir das Buffet auf der anderen Seite des Raumes ansteuerten.
Nachdem ich mir eine der Kürbispasteten und ein zwei Gläser Butterbier für uns gesichert hatte, verzogen wir uns in eine der Ecken.
,,Dieses Kleid..." Theo wies auf mein weinrotes, knielanges Kleid. ,,Es erinnert mich an Mum. Du hast ihr gutes Aussehen geerbt."
Ich lächelte, doch versetzte mir der Gedanke an meine Mutter einen schmerzhaften Stich.
Ich hatte nie wirklich mit jemandem darüber gesprochen.
Natürlich wäre Remus sofort zur Stelle gewesen, wenn ich mit ihm darüber reden wollen würde.
Aber es war wohl einfach meine Art, schwierige Themen tot zu schweigen.
Deshalb war es ungewohnt, plötzlich jemanden zu haben, der meine Lage komplett nachvollziehen konnte.
Ich sah zu Theo, dessen Blick gedankenverloren auf die kleine Tanzfläche vor uns gerichtet war.
Wenn ich sein Gesicht ganz genau betrachtete, konnte ich auch in seinen Zügen meine Mutter wieder erkennen. Nur seine dunklen Locken ähnelten eher denen unseres Vaters.
Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf.
,,Was ist eigentlich, wenn irgendwann mal jemand bemerkt, dass wir uns in gewisser Weise ähnlich sehen?", fragte ich Theo, welcher dann zu mir blickte.
,,Das habe ich mich tatsächlich auch schon gefragt. Ich denke in diesem Fall sollten wir vielleicht lieber garnicht genau darauf eingehen. Es könnte ja alles Zufall sein..."
,,Aber wenn wir uns diesbezüglich verteidigen und die Ähnlichkeit abstreiten, dann würde das sehr verdächtig aussehen. Ja, das stimmt wohl.", beendete ich seinen Gedankengang.
Wieder entstand Schweigen und ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen.
,,Willst du mir jetzt eigentlich mal erzählen, wie du es geschafft hast, dich aus den Fängen der Todesser zu befreien?" Meine Augen wieder ganz auf auf meinen Bruder gerichtet, musterte ich ihn, gespannt auf seine Reaktion.
Ich sah wie er kurz zusammen zuckte, dann sah mir tief in die Augen.
,,Hör zu Juliet. Das klingt vielleicht seltsam, aber du musst mir glauben! Ich kann es dir nicht sagen, ich darf es nicht. Es ist zu deiner eigenen Sicherheit. Bitte vertrau mir einfach!" Theo sah mich erst an.
Ich nickte nur stumm, auch wenn ich mir noch immer nicht sicher war, wie ich mit seinem Schweigen umgehen konnte.
Auch Theo schien die Stille nun unangenehm zu werden, denn nach kurzem Zögern blickte er mich wieder an. ,,Wollen wir vielleicht tanzen? Ich meine, nur hier herum zu stehen bringt ja auch nichts. Außerdem würde ich natürlich liebend gerne mit meiner reizenden Schwester tanzen." Er grinste.
,,Na von mir aus, aber auf eigene Gefahr! Ich tanze grottenschlecht..."
,,Keine Sorge, ich bin auch komplett ahnungslos, was das Tanzen betrifft. Hatte ja nicht wirklich Zeit, es zu lernen, oder?", lächelte Theo leicht traurig.
,,Na dann los."
Und gemeinsam machten wir uns auf zur Tanzfläche.
Wie erwartet waren wir beide eher talentlos, was das Tanzen betraf, auch wenn ich das Gefühl hatte, Theo würde es nach einer Weile schon etwas besser können.
Es verging etwa eine halbe Stunde, in der wir viel lachten und dem jeweils anderen immer wieder auf die Füße traten.
Irgendwann wurde es mir dann aber doch zu durcheinander und ich begab mich zu einem der Sofas am Rande der Tanzfläche.
Während Theo noch einmal etwas zu trinken holen wollte, ließ ich meinen Blick erneut durch die bunte Menge von Slughorns Gästen schweifen.
Mein Herz zog sich zusammen, als ich unerwarteter Weise Sirius entdeckte.
Er war allerdings nicht allein.
Neben ihm stand ein großes dunklehaariges Mädchen, die Kapitänin der Ravenklaw-Quidditchmannschaft, deren Namen ich vergessen hatte.
Ich wusste nicht genau warum, aber es machte mich wütend, sie so nah bei Sirius stehen zu sehen.
Erst zog er mich ständig in irgendwelche Gänge, um mich dort stürmisch zu küssen und dann schleppte er nach drei Tagen bereits ein neues Mädchen an.
Mir war durchaus bewusst, wie wenig bindungsfreudig Sirius war. Schließlich kannte ich ihn nun schon fünf Jahre und auch ich selbst war nie besonders auf Beziehungen aus gewesen.
Und doch musste ich leider zugeben, dass es wehtat, Sirius so mit einem anderen Mädchen zu sehen, als wären die vergangenen Wochen nie geschehen.
Sirius schien meinen Blick auf sich zu spüren, denn er drehte sich zu mir und sah mich dann überrascht an.
Es war schwer zu erkennen, ob er erfreut war, mich zu sehen oder nicht.
Aber nachdem er ein kurzes Wort mit der Ravenklaw an seiner Seite gewechselt hatte, begann er sich einen Weg durch die Menge zu mir zu bahnen.
Den ganzen Weg über, nahm er den Blick nicht von mir, doch als er mich schließlich erreicht hatte, blieb er unschlüssig vor mir stehen. ,,Hey...", begann er und es war ungewohnt, ihn einmal so unsicher zu sehen.
,,Hey.", begrüßte schließlich auch ich ihn.
,,Schöne Party...", begann er dann, schien aber nicht wirklich zufrieden mit diesem Gesprächs-Beginn.
,,Ja?" Fragend sah ich ihn an.
Sirius legte frustriert den Kopf in den Nacken, dann sah er mich wieder an.
,,Hör mal, wegen dem was... wegen neulich..." Er stockte.
,,Ich wollte mich... Ich wollte dir sagen, dass...", begann Sirius dann erneut, doch wurde er von Theo unterbrochen, welcher just in diesem Moment mit den Getränken zurück gekehrt war.
Sirius sah ihm mit zusammen gepressten Kiefern dabei zu, wie er mir mein Glas reichte, sich dann neben mich auf das schwarze Sofa fallen ließ und uns beide dann verwirrt musterte. ,,Stör ich?", fragte Theo vorsichtig.
Ich wollte ihm schon antworten, doch Sirius schnitt mir das Wort ab. ,,Nein garnicht! Viel Spaß euch noch..."
Und mit diesen Worten, kehrte er uns den Rücken zu und verschwand im Gewirr der Tanzenden.
,,Sorry! Ich wusste nicht, dass ich gerade unpassend war...", entschuldigte sich Theo hastig.
Ich seufzte frustriert.
,,Tja... Es ist ja nicht deine Schuld, dass er dich nicht leiden kann..."
,,Ich rede mal mit ihm!" Entschlossen stand Theo auf.
,,Was? Warte, nein!", versuchte ich noch, ihn aufzuhalten, doch Theo war Sirius bereits gefolgt und in der Masse verschwunden.
Deprimiert ließ ich mich ins Sofa zurück fallen.
In letzter Zeit war mir einfach alles zu viel.
Erst mein Bruder, der wie aus dem Nichts auftauchte, ohne dass ich ihn überhaupt kannte.
Und dann noch Sirius, der sich so seltsam verhielt und mich damit immer mehr verwirrte.
Suchend blickte ich mich um.
Es dauerte nicht lange, dann hatte ich mir bereits eines der schwebenden Tabletts geschnappt.
Der Feuerwhisky rann brennend meinen Rachen hinunter.
Ich spürte, wie der Alkohol sich langsam in mir ausbreitete und meine Sinne betäubte.
Ein Glas nach dem anderen leerte ich, in der Hoffnung, endlich mal meine Sorgen vergessen zu können.
Ich setzte gerade ein weiteres Glas an die Lippen, da vernahm ich ein spöttisches Lachen neben mir.
,,Das ist wirklich unglaublich amüsant... Mein Bruder ist unvergleichlich eifersüchtig auf unseren lieben Theodore. Komplett grundlos wohlgemerkt, denn besagter ist natürlich niemand anderes als dein eigener Bruder. Das darf nur leider niemand wissen, auch nicht mein werter Bruder, weshalb er seine Frustration an Theodore auslässt..."
Regulus Black...
Immer ein süffisantes Lächeln auf den Lippen.
Perfektes dunkles Haar.
Stahlgraue Augen, die einen immerzu mit einem wissenden Funkeln betrachteten.
,,...Und dir fällt nichts besseres ein, als dich zu betrinken. Glaubst du nicht, dass das auf der Party eines Lehrers mehr Probleme schafft, als es beseitigt?"
Ich stellte das Glas zurück auf das inzwischen beinahe leere Tablett.
,,Du weißt es? Woher?", fragte ich beinahe flüsternd, doch Regulus lächelte nur.
,,Ich weiß einiges über deinen Bruder.
Theodore William Parker, der vergessene Sohn eurer Familie."
Er sah mich an, mit seinen grauen Augen, die Sirius' so sehr ähnelten.
Und plötzlich übermannte mich das Gefühl, ihm vertrauen zu können.
Ich wusste nicht, woher es kam.
Vielleicht lag es an dem vielen Alkohol, der meine Gedanken vernebelte.
Oder an seiner Ähnlichkeit zu Sirius, die ihn so vertraut wirken ließ.
Oder vielleicht auch einfach daran, dass er genau das ausgesprochen hatte, was mich so sehr belastete.
Er gab mir einfach das Gefühl, er könnte mich verstehen.
Fest stand, ich genoss es, endlich einmal nicht lügen zu müssen.
Jemanden zu haben, der genau das verstand, was ich nicht einmal in Worte fassen konnte.
...
Das nächste Kapitel wird auch gleich hochgeladen. (;
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