𝐖𝐡𝐚𝐭𝐞𝐯𝐞𝐫 𝐢𝐭 𝐭𝐚𝐤𝐞𝐬
Ich lag auf der Couch und starrte an die Decke. Mal wieder.
Auf dem kleinen Beistelltischchen stand mein Teller, ein angebissenes Erdnussbutter-Sandwich darauf.
Es war einsam im Avengers-Headquarters, seit sich die einzelnen Teammitglieder vor fünf Jahren in alle Winde zerstreut hatten.
Ab und an erhielt ich E-Mails von einem gewissen Waschbären.
Steve war der einzige, der von Zeit zu Zeit aufkreuzte, um nach mir zu sehen. Doch selbst er hatte sich hier nun schon seit einigen Tagen nicht mehr blicken lassen. Das konnte ich ihm nicht übelnehmen, immerhin hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, anderen Menschen über ihre Verluste hinwegzuhelfen. In seiner Selbsthilfegruppe hatte er schon so vielen ihren Lebensmut zurückgegeben. Ich lächelte schwach. Das war mein Steve. Ich war so stolz auf ihn. Trotz allem, was er verloren hatte, fand er immer noch die Kraft dazu, sich ganz dem Wohl seiner Mitmenschen zu verschreiben.
Ich konnte aber nicht umhin, mir zu wünschen, dass er hier wäre, um mir Trost zu spenden. Bei Steve konnte ich mein Herz ausschütten wie bei keinem anderen. Ja, manchmal brauchte sogar die knallharte Natasha Romanoff eine Schulter, an der sie sich ausweinen konnte.
Die letzten Jahre waren für niemanden einfach gewesen. Wir hatten so viele verloren.
Fury.
Hill.
Sam.
Bucky.
Wanda.
Vision.
Peter.
Strange.
Scott.
Wasp.
T'Challa.
Shuri.
Gamora.
Quill.
Groot.
Drax.
Mantis.
Heimdall.
Selbst Loki, der seine Seite letztendlich gewählt hatte.
Laura.
Cooper.
Lila.
Den kleinen Nathaniel.
Die Hälfte allen Lebens auf diesem Planeten.
Thanos hatte gesiegt.
Die Steine waren fort.
Die Avengers waren auseinandergebrochen.
Jeder versuchte auf seine Weise mit unserem Versagen fertig zu werden.
Thor schien seine Trauer in Alkohol versenken zu wollen. Das Volk von Asgard brauchte seinen Herrscher mehr denn je, doch dieser benötigte meiner Meinung nach noch viel dringender Hilfe.
Tony hatte sich mit seiner Familie zurückgezogen. Er war schon immer gut darin gewesen, Dinge zu verdrängen, indem er sich in seiner eigenen kleinen Welt verschanzte. Nicht, dass ich ihm sein Glück nicht gönnte. In gewisser Weise beneidete ich ihn um seine Utopie von einer heilen Welt.
Von Bruce wusste ich nur, dass er des öfteren ein Gamma-Labor aufsuchte. Es hatte den Anschein, als wolle er in dieser zerstörten Welt wenigstens sich selbst reparieren.
Dann war da Steve, der alle lehrte, nach vorne, auf die helle Seite des Lebens zu blicken. Manchmal hätte ich ihn wirklich schlagen können für seinen Optimismus. Und zugleich wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass er recht behielt und wir eines Tages wieder mit einem Lächeln auf den Lippen aufwachen konnten.
Und schließlich Clint.
Gott, Clint. Komm nach Hause.
Dieser Ronin war nicht der Clint, den ich damals in Budapest kennengelernt hatte. Ich war eine Attentäterin, eine Killerin gewesen und er hatte mich verschont, weil er an das Gute in mir geglaubt hatte. Und jetzt tötete er Unschuldige, um für seine Familie Rache zu nehmen. Er tötete Menschen, die einfach nur das große Glück - oder Pech, wie man es nahm - gehabt hatten, zu der Hälfte der Menschheit zu gehören, die überlebt hatte.
Allein beim Gedanken an das, was Thanos diesem Mann angetan hatte, was er ihm durch seine Ideologie einer Welt im Gleichgewicht genommen hatte, ballte ich meine Fäuste. Clint hatte das nicht verdient. Wie sehr musste er leiden, dass er zu solchen Dingen fähig war.
Und ich war als einzige noch hier, zuhause, und hielt die Stellung.
An manchen Tagen wusste ich selbst nicht, warum. Vielleicht war es naiv. Vielleicht musste auch ich endlich akzeptieren, dass wir nichts mehr tun konnten. Aber ich war noch lange nicht bereit, aufzugeben. Dafür schuldete ich dieser Organisation - dieser Familie - zu viel.
Die Avengers waren meine Chance gewesen, ein neues Leben anzufangen, meine Fehler wiedergutzumachen. Diese Aufgabe hatte mich Tag für Tag zu einem besseren Menschen gemacht.
Ich würde jetzt nicht einfach aufhören, ein Avenger zu sein. Das war kein Beruf, es war eine Bestimmung.
Ich würde niemals den Glauben an unser Team, an die Avengers und alles, wofür sie standen, verlieren. Und wenn ich nicht hier bliebe und unser Zuhause behütete, wer dann?
Ich wusste, wir hatten getan, was wir konnten, aber es war nicht genug gewesen. Ich hatte das Gefühl, versagt zu haben. Doch ich würde das nicht auf mir sitzen lassen. Ich musste einen Weg finden, all das ungeschehen zu machen. Ich hatte Archive durchforstet, Nachforschungen angestellt, mit überlebenden Wissenschaftlern kommuniziert - nichts. Aber ich wollte, durfte nicht aufgeben. Ich schuldete es allen, die nicht mehr unter uns waren.
Irgendetwas musste ich einfach übersehen haben, irgendein kleines Detail, das vielleicht die Lösung für all unsere Probleme bedeutete. Ich musste einfach weiterhin daran glauben, dass wir noch eine Chance hatten. Denn wenn nicht ich, wer dann?
Dieser Kampf war noch nicht verloren, das hatte ich soeben beschlossen.
Und wenn ich dabei draufgehen würde. Ich war bereit, den Preis zu zahlen. Wenn mein Tod Milliarden von Menschen zurückbringen konnte, dann würde ich nicht zögern, mich zu opfern. Die Avengers hatten mir so viel geschenkt. Ich hatte nichts, bis ich diese Familie fand. Und ich würde für diese bis aufs letzte kämpfen.
Was immer es kostet.
Ich wollte die Menschen, die ich liebte, wieder lächeln sehen.
Was immer es kostet.
Ich würde alles geben, um meinen Freunden, meiner Familie, allen Menschen auf dieser Welt wieder Hoffnung zu geben.
Was immer es kostet.
Ich konnte hier verzweifeln und aufgeben, wie alle anderen. Oder ich würde weiter nach einer Chance für uns suchen, und war sie noch so gering.
Was immer es kostet.
Und wenn ich noch einmal das ganze Archiv durchwälzen musste.
Was immer es kostet.
Ich musste an Steve denken.
Damals, als Ultron noch unser größtes Problem gewesen war, hatte Tony ihn gefragt, wie er vorhatte, zu siegen.
"Gemeinsam", hatte er gesagt.
Ja, gemeinsam.
Irgendjemand musste diese ungleiche Familie wieder zusammenbringen.
"Avengers -"
Es war an der Zeit. Was immer es kostete.
"- sammeln!", murmelte ich entschlossen.
Mit grimmiger Miene setzte ich mich auf. Ich nahm einen herzhaften Bissen von meinem Erdnussbutter-Sandwich.
Dann griff ich nach dem Telefon und wählte Steves Nummer.
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