59
»Ich will nicht in die Schule.« Jammernd stopfe ich weiter die Sachen in meinen Rucksack und nehme ein Seufzen von Zeldris wahr. Aufgefunden habe ich den Schwarzhaarigen in unserem Zimmer, wo er sich unter seine Bettdecke verkrümelt hatte. Nachdem ich ihm die Sache mit Melodias erzählt hatte, dass ich mir endlich die richtige Wahrheit angehört habe und dieser auch Glauben schenkte, war er wirklich erfreut darüber und hatte mir einmal kräftig über den Kopf gewuschelt. Viel konnte mir das zwar nicht anhören, da meine Haare immer noch zu einem Zopf zusammen gebunden waren, aber naja.
»Ich auch nicht, glaub mir Lou. Aber da müssen wir jetzt nun mal durch. Zusammen schaffen wir das schon.« Er lächelte mir aufmunternd zu, was ich jedoch nur mit einem Seufzen quittierte. »Du sagst das alles so einfach.«
»Denk nicht immer so negativ, Lou.« Zeldris stand von dem kleinen Drehstuhl auf und kam auf mich zu. Ich musste alles in meinen Rucksack rein quetschen, sodass schon wieder etwas draußen bleiben musste, da es einfach nicht mehr rein passte. Dabei war dieses Buch wichtig. Genau eben wie das ganze andere Zeugs.
Er nahm mir das Buch sowie meinem gesamten Rucksack aus der Hand und legte das Buch zunächst auf mein Bett. Ich beobachtete ihn dabei wie er auch die anderen Sachen alle raus holte und sie ihren Platz vorzeitig auf meinem weichen Bett fanden, das ich mir zum Glück mit niemanden teilen musste — im Sinne von Doppelstockbett.
»Das sagst du auch so leicht. Ich weiß doch gar nicht, wie ich das morgen überstehen soll.« Ein Seufzen entfloh meiner Kehle. Dachte er etwas ich freute mich schon, in die Schule zu gehen? Oh nein, auf keinen Fall. In welchem Parallel Universum bitte?
»Mit der Einstellung erst recht nicht.« Geordnet und vor allem nicht gequetscht packte er alle Sachen wieder zurück in die Tasche, sodass alles rein passte, aber der schwarze Rucksack dennoch weiteren Platz aufwies. Oh man, wieso hätte ich das nicht gleich so von Anfang an machen können?
Er stellte sich wieder ordentlich hin, sodass er mich genau angucken konnte. »Ich bin schließlich morgen auch wieder da, also geht das schon klar, okay?« Wieder wuschelte er mir etwas über den Kopf und ich entschied mich dazu, darauf einzugehen. Anstatt weiterhin negative Energie zu versprühen, nickte ich lächelnd. »Okay, ich vertrau dir da. Wehe der Tag wird nicht gut!« Er lachte leise, was mich irgendwie zum Grinsen brachte. Sein Lachen war aber auch schön..
»Wollen wir dann langsam in Erwägung ziehen, schlafen zu gehen?« Ich zog fragend eine Braue hoch und wartete auf meine Antwort. Eigentlich war ich noch gar nicht richtig müde und wollte erst recht noch nicht ins Bett, aber andernfalls würde ich morgen sicherlich verschlafen. Oder einfach unausgeschlafen sein, was wiederum zu Folge hatte, das meine Konzentration miserabel wäre. Das konnte ich mir nur schlecht leisten. Dieses Schuljahr war voraussichtlich mein letztes und ich wollte es erfolgreich abschließen, deswegen musste ich mich auch was die Noten anging, echt ins Zeug legen, um das Beste draus zu machen. Ob mir das gelingen wird?
»Naja, ich dachte wir könnten uns noch 30 Minuten Zeit für uns beide nehmen, wenn es dir Recht ist?« Er kratzte sich unbeholfen am Nacken und es bildete sich auch tatsächlich eine kleine Röte, als er das fragte. Wie süß.
»30 Minuten gehen noch klar. Also, was schwebt dir da so vor?«
Er grinste wieder etwas. »Lass uns zusammen Fernsehen gucken gehen.« Er sprach es zwar nicht aus, aber ich wusste, dass dann auch Kuscheln anstand. Das machten wir eigentlich mehr unbewusst und am Ende wurden wir beide immer etwas rot, wenn wir es bemerkten.
*****
»Sieh mal einer an, die beiden Turteltäubchen haben's auch hier her geschafft. Habt ihr meine Brot Spur etwa gefunden?« Grinsend musterte uns Ban, bekam aber gleich daraufhin Ärger vom Lehrer.
»Ban, reiß dich am Riemen! Wir sind doch nicht in Hänsel und Gretel! Dabei würde dir die Rolle der Hexe manchmal echt gut stehen..« Herr Kadan seufzte genervt. »Ihr seid so anstrengend.«
Ich verdrehte bloß meine Augen und nahm Platz, der leider genau hinter Ban war. Nicht der geeignetste Ort, wenn man seine Ruhe wollte. Denn prompt saß ich, drehte sich der Schwachkopf auch gleich um und ließ mich nicht in Ruhe auspacken.
»Wieso kommt ihr erst jetzt? Was habt ihr denn noch solange gemacht?«
Genervt verdrehte ich meine Augen. Wieso war der so neugierig? »Das geht dich nichts an!« Ja, zu Ban konnte ich immer noch kein gutes Verhältnis aufbauen, egal wie sehr ich mich in dem Bereich bemühte, es wollte mir einfach nicht gelingen. Leider. Es würde sicher viele gute Vorteile mit sich bringen, wenn wir eine gute Freundschaft führen würden. Aber ob das jemals passieren würde? Das stand wohl noch in den Sternen und war unlesbar für Leute, die kein weitreichendes Teleskop hatten. Wie ich. Ich konnte die Situation nicht wirklich gut abschätzen.
»Sag mal Lou, warum sind deine Haare eigentlich so durcheinander?"«
»Das kommt vom Sport.« Der daraus bestand, dass wir zur Schule hetzen mussten und Zeldris fast ein Auto erwischt hatte... Ja, Sport war wahrlich Mord. Dadurch wurde mir ordentlich warm und leider war der Nebeneffekt dieses ekelhafte Schwitzen, was sich jedoch glücklicherweise auch wieder schnell unter Kontrolle brachte.
»Zeldris Haare sind ja ziemlich durcheinander.. Große Güte, was habt ihr denn für einen Sport getrieben?« Sein Grinsen wurde breiter und sein Ton provozierender. Ich wusste genau worauf er da anspielte und es passte mir nicht.
»Dreh dich einfach um, Holzkopf.«
»Wie war das gerade?« Mit seinem Stuhl kippte er nach hinten und stützte sich mit seinem Arm etwas an meinem Tisch ab. Er sah ganz und gar nicht erfreut aus. Scheinbar fand er das nicht so lustig wie ich.
»Du hast schon richtig gehört. Du bist eben ein Holzkopf. Wobei Stroh auch ganz zutreffend wäre, meinst du nicht? Aber ich bezweifle, dass da überhaupt etwas in deinem Kopf drinnen ist... Luftkopf hört sich aber voll bescheuert an.« Ich musste mir ein Grinsen unterdrücken. Es war echt amüsant ihn zu ärgern, vor allem da er auch so schnell darauf einging.
»Warts ab, ich—«, schon wurde er vom Lehrer unterbrochen. »Ich hab echt keine Lust mehr, mich jede Stunde aufs Neue wiederholen zu müssen! Dreh dich um und hör auf mit Lou zu flirten! Die Matherechnung vor deiner Nase verlangt viel mehr Aufmerksamt und quengelt schon endlich gelöst zu werden. Also los, tue dem leeren Blatt was Gutes und beschreibe es — aber bitte sinnvoll! Ich hab echt keine Nerven mehr für dich.« Seufzend schüttelte Herr Kadan den Kopf und die ganze Klasse musste lachen, während ich dummerweise etwas Farbe im Gesicht annahm. Wie peinlich.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top