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Ich seufzte schwer. Es tat mir Leid; er tat mir Leid.

Nachdem Melodias mich auf sich aufmerksam gemacht hatte, war ich zunächst erstmal geschockt. Er sah schlimm aus; so gebrochen. Der Anblick schmerzte, auch wenn ich es vor anderen ungern zugegeben hätte. Als ich ihn musterte, entfiel mir auch nicht die Tüte in seiner Hand. Sie war weiß und einfach, eher klein. Als er meinen Blick bemerkte, hob er sie hoch.

»Ich hab dir Essen mitgebracht. Das Essen hier muss bestimmt grässlich schmecken.« Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen. Himmel, ich hatte ihn echt nicht verdient. 

Ich seufzte etwas. »Es tut mir so leid«, brachte ich murmelnd über meine trockenen Lippen, die immer noch etwas angeschwollen waren.

»Was meinst du?« Er legte den Kopf schief, dabei müsste er doch wissen, was ich meinte. »Ich hab's nicht geschafft. Lou wollte von der ganzen Sache nichts hören. Kein einziges Wort und deswegen musste ich es dabei belassen. Sie will einfach nicht verstehen, dass du nicht der Grund bist, wieso ich hier liege.«

Nun war es Melodias, der seufzte. Sein Mund blieb regungslos und es schien mir ganz danach, als suche er gerade nach den richtigen Worten, doch fand er sie einfach nicht. 

»Du siehst schlimm aus, Mel«, gestand ich leise, konnte das einfach nicht unausgesprochen lassen. Seine müden Augen, die jede Sekunde zu schließen drohten, wurden mit dicken Augenringen verziert und ließen ihn durch seine bleiche Haut fast schon wie ein hirnfressender Zombie aussehen. Er sah so erschöpft aus und als könnte er jede Sekunde zusammen brechen. Das bereitete mir Angst. Er sollte sich am besten setzen und sich ausruhen. 

»Ich weiß«, seufzte er leise, konnte sich zum vorherigen Thema immer noch nicht äußern, da seine innere Blockade das nicht zu zulassen schien. Vielleicht war das auch besser so. »Die Betreuer wollten mich alle erst nicht gehen lassen, da ich so krank aussehe. Aber ich hab mich für dich raus gekämpft.« Er lächelte schwach und wie von selbst bewegte sich mein Kopf und schüttelte sich leicht. »Du hättest zuhause bleiben sollen, Mel. Du hättest dich ausruhen sollen, du brichst mir hier doch jede Sekunde zusammen!« Vorwurfsvoll sah ich zu meinem Bruder, der nur abwinkte. 

»Hör auf dir solche Sorgen zu machen. Das sollte eher anders rum sein. Wieso kannst du nicht einfach mein Geschenk annehmen?« Mein Blick glitt wieder zur Tüte und ich wollte schon wieder Seufzen und ihm lieber eine Predigt halten, aber ich konnte mich gerade noch so von beidem abhalten.

»Gut. Aber nur wenn du mir versprichst, dich bis ich wieder Zuhause bin gut auszuruhen, okay?« Vielsagend sah ich ihn an und er wusste, dass ich kein Nein duldete.

»Du bist zu gütig.« Er grinste etwas, dabei war mir nicht sonderlich nach solchen Scherzen zu Mute. 

»Dann zeig mir mal, was du so schönes für mich mit gebracht hast.« Neugierig streckte ich die Arme aus und wartete, bis ich die schlichte Tüte, die sich übrigens schwerer als erwartete heraus gestellt hat, in den Händen halten konnte. Ich lugte herein. Eine Bento-box. Was mich da drin wohl erwartet?

*****

POV. L E N A.
»Hast du das gehört? Nicht mehr lange und er ist wieder bei mi- bei uns, meine ich.« Grinsend und auch etwas belustigt schüttelte Elizabeth etwas den Kopf, während sie nebenbei von mir durch geschüttelt wurde, einfach weil ich mich so sehr freute.

»Wenn du so weiter machst, endet das Nerven deiner Freude in einen Krankenhausbesuch. Bloß bist du dann die Jenige, die sich dort zu Tode langweilen darf, während dein geliebter Zeldris bereits wieder hier ist.« Ein leises Kichern konnte sie sich nicht verkneifen und ich verdrehte bloß grinsend die Augen. Die Freude, die ich gerade spürte, konnte mit absolut keiner kaputt machen. Keiner.

»Weißt du denn schon genaues?« Ich schüttelte meinen Kopf. Leider nicht.

Seit meinem Besuch bei Zeldris ist schon ungefähr eine Woche vergangen und mit jedem Tag stieg die Sehnsucht. Irgendwer hatte mich verpetzt und ich musste hier in diesem Heim festsitzen. Zusätzlich wurden mir sämtliche elektronische Geräte gestrichen. Ich war so ein Pechvogel. Umso glücklicher machte mich die Nachricht, dass Zeldris schon bald wieder hier wäre. Ich hatte ihn unglaublich vermisst.

Melodias hingegen ging ich weiter aus dem Weg. Ich wollte genauso viel mit ihm zu tun haben, wie eine Maus mit einer Schlange. Genau, Schlange. Das traf es perfekt! Er war schließlich auch eine. Schon allein bei dem Gedanken an ihn wurde ich wieder wütend und meine gute Laune ließ zu wünschen übrig. Von der einen auf die anderen Sekunde war sie einfach weg, sowie Wasser wenn man es versuchte, in beiden Händen aufzubewahren. Es ging nicht. Für kurze Zeit blieb es an Ort an Stelle, fing aber von der ersten Sekunde an, sich zu verdünnisieren. So eben wie meine gute Laune, die ich bis eben noch ganz gut oben erhalten konnte. 

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