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Nachdem es mir gelungen war, in einem fast leeren Bus mitzufahren, der gar nicht mal so gruselig rüber kam wie erwartet, musste ich nur noch einen 10 Minuten Marsch zurück legen und dann wäre ich schon fast bei Zeldris.
Er lag im Krankenhaus. Ich wollte gar nicht wissen, was Melodias mit ihm angestellt haben muss, dass es so weit kam. Es machte mich unfassbar wütend, wenn ich weiter drüber nach machte und der Blondschopf war auch nach dieser Aktion unten durch bei mir. Das hätte er sich alles vorher überlegen sollen, nun hatte er eben Pech gehabt.
Ich betrat das Krankenhaus und musste mich erst einmal umsehen, um mich zu recht zu finden. Nachdem ich dann die Rezeption ausfindig machen konnte, bewegte ich mich in einem hohen Tempo auf sie zu. Die Frau, die da hinter saß, sah verwundert auf. Sie schob ihre Brille zurecht und musterte mich kurz.
»Ich möchte zu Zeldris«, fiel ich sofort mit der Tür ins Haus. Erst dann fiel mir auf, dass ich noch nicht mal seinen Nachnamen kannte. Aber es wird ja wohl kaum einen anderen Zeldris geben, erst recht keinen, der hier auch ins Krankenhaus eingeliefert wurde.
Die Frau mittleren Alters lächelte etwas unsicher. »Das geht nicht. Die Besucherzeiten sind schon vorbei und Zeldris braucht jetzt erstmal Ruhe.« Oh nein, so leicht würde ich nicht aufgeben und mich abschütteln lassen.
»Bitte, es ist wirklich wichtig. Ich muss unbedingt zu ihm!« Bittend sah ich in ihre Rehbraunen Augen, die sie so unschuldig schienen ließen. Die bereits etwas faltige Haut unterstrichen ihr Alter nochmal, sowie der bereits graue Haaransatz.
Ein Seufzen verließ ihre Lippen und sie schüttelte den Kopf. »Nun hören Sie mal. Es tut mir wirklich Leid, aber wie eben schon mal gesagt, geht das nun mal nicht.« Sie beharrte weiter darauf. Also musste ich wohl einen drauf setzen.
»Bitte, ich bin seine Freundin und man hat mich nicht eher gehen gelassen. Es ist mir wirklich wichtig zu wissen, dass es ihm gut gehen. Und ich will mich selbst davon überzeugen, sonst werde ich die Nacht kein Auge zu bekommen. Bitte!«
Ich konnte der Frau ihr Mitleid ansehen. Sie tat mir schon Leid, schließlich hielt sie sich ja nur an die Regeln. Wieder stieß sie einen Seufzer aus, bevor sie sich unauffällig umsah.
»Raum 43, auf der zweiten Etage. Aber lass dich möglichst von keinem Chefarzt sehen und wenn sie ins Zimmer kommen sollten, sag ihnen, dass dir nicht Bescheid gegeben wurde, dass die Besucher-Zeit schon um ist. Ist ja erst seit 30 Minuten so und die Zeit vergeht ja sowieso immer bekanntlicherweise im Flug, also wird das schon nichts machen.«
Mit einem breiten und dankbaren Lächeln blicke ich ihr entgegen, nicke auch anerkennend, da das nicht selbstverständlich ist, ehe ich mich auch schon auf den Weg zu Zeldris mache.
Ich erblickte einen Fahrstuhl und bewegte mich mit schnellen Schritten auf ihn zu. So konnte ich mir die Treppen — und vor allem die Zeit, die ich gebraucht hätte, die ganzen Stufen zu erklimmen — sparen.
Ich drückte einen kleinen Knopf und die automatischen Schiebetüren bewegten sich augenblicklich zur Seite hin weg, verschwanden für kurze Zeit in der Wand, sodass ich einsteigen konnte. Danach wurden durch meine Finger die nächsten Knöpfe betätigt, sodass ich ins zweite Stockwerk hoch fuhr.
Es dauerte keine fünf Minuten, da war ich auch schon oben und die Türen schoben sich wieder in die Wand ein. Ich verließ den Fahrstuhl und sah mich um. In welche Richtung musste ich denn jetzt gehen? Um mich zu orientieren besah ich die mit Zahlen beschrifteten Schilder, die jeweils neben der Tür aufgehängt wurden. So ließ sich relativ schnell ausmachen, dass ich nach rechts musste.
Während ich den Gang hoch marschierte, machten sich wieder die ganzen Sorgen in mir breit. Was ist, wenn Zeldris vielleicht nicht durch kam? Allein der Gedanke, dass ich ihn vielleicht sogar ernsthaft verlieren konnte, schmerzte tierisch und eine kleine Träne bannt sich augenblicklich den Weg über meine Wange, jedoch wische ich sie hastig mit dem Ärmel meines Pullovers Weg. Ich darf jetzt nicht weinen. Wenn ich Zeldris gegenüber trete, muss ich schließlich stark sein.
Wein jetzt bloß nicht, Lou!
Zimmer 39, Zimmer 40, Zimmer 41, Zimmer 42..
Und dann stand ich da. Vor dem Zimmer 43, in dem sich Zeldris gerade auch befand, nachdem er wohl ziemlich zusammen gerichtet wurde. So wollte ich ihn gar nicht sehen, doch es blieb mir nichts anderes übrig, um mich selbst davon überzeugen zu können, dass es ihm zumindest einigermaßen gut ging. Dass ich jedoch angst davor hatte, sah mir bestimmt selbst jeder Blinde an. Aber ich musste jetzt nun mal auch für Zeldris da sein. Er würde das gleiche tun, wenn es mir so ginge.
Würde er sicherlich doch, oder?
Ich wusste keine Antwort auf die Frage und vielleicht wollte ich sie gar nicht wissen. Doch etwas in mir brauchte eine Antwort auf die Frage. Wohlmöglich als indirekte Bestätigung, dass er mich auch mochte. Nein, nicht mochte — liebte. Er hatte mir bezüglich dessen schon mehr als ein Signal gesendet, doch nie direkt ausgesprochen. Eine Tatsache, die mich verunsicherte. Egal wie sehr ich mir einzureden versuchte, er wäre diesbezüglich nur schüchtern; denn das glaubte ich nicht. Oder war er sich nur einfach Unsicher? Unsicher gegenüber seinen Gefühlen?
Fragen über Fragen, die mir allmählich immer mehr Kopfschmerzen bereiteten, sodass ich versuchte diese Gedankengänge aus meinen Kopf zu verbannen. Doch es wollte mir nicht recht gelingen. Stattdessen wurden sie nur etwas nach hinten verschoben, was zumindest besser als nichts war.
Ich holte tief Luft. Sollte ich klopfen?
Meine Händen wurde feucht und ich merkte, wie sich vor Nervosität Schweiß auf meiner Stirn bildete, den ich mithilfe meines Pullover Ärmels versuchte weg zu schwitzen.
Und dann tat ich es. Ich klopfte an der Tür an, hinter der Zeldris sich verborg und wartete auf eine Reaktion; eine Antwort, dass ich rein dürfte.
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