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»Also, über was wolltest du mit mir reden?« Ich zog eine Augenbraue in die Höhe und sah zu ihm und er fuhr sich seufzend durch die Haare.


»Wir sollten den Rückweg nach Hause nicht unbedingt für dieses Gespräch nutzen«, meinte er nachdenklich und schüttelte etwas den Kopf und meine Braue stieg wieder in die Höhe.

»Wieso? Dann weiß ich zumindest noch, wo ich eigentlich hin muss.« Nicht begeistert von meiner Antwort sah er wieder zu mir und schüttelte erneut den Kopf.

»Trotzdem. Lass uns das lieber Zuhause klären«, meinte er lediglich, ehe er seine Tempo beschleunigte, damit ich ihm das nicht weiter ausreden konnte, was ich als kindisches Verhalten abstempelte. Wieso sagte er's mir nicht einfach?

»Wieso? Wovor hast du Angst?«, rief ich ihm fragend hinterher, doch er drehte sich nicht noch einmal zu mir um. Stattdessen ignorierte er mich, dabei wusste ich ganz genau, dass er mich gehört hatte.

»Idiot«, murmelte ich sauer und rollte mit den Augen. Was war sein scheiß Problem?

*****

Ich versuchte möglichst unentdeckt in mein Zimmer zu schleichen und ausnahmsweise stand das Glück mal auf meiner Seite, weshalb ich erleichtert auf seufzen konnte, als ich mich endlich in meinem Zimmer wieder fand — wohlgemerkt auch ganz alleine.

Was mit Melodias war, wusste ich weder, noch interessierte es mich und Zeldris war dann wohl bei seiner tollen Freundin Chiyo, die seit gestern auch hier wohnte.

Beinahe hätte sich Elli ein Zimmer mit ihr teilen müssen, doch blieb ihr das erspart, auch wenn das Gezeter gleich wieder kam, wieso ich bei den beiden Brüdern sein durfte, wo ich doch ein Mädchen war. Diese schrille Stimme trieb mich jetzt schon in den Wahnsinn, ich verglich sie jedes Mal mit einem Zahnborer, wobei seine Geräusche, die er absondern, weitaus angenehmer waren. Mag fies klingen, war aber lediglich die Wahrheit.

Dieses gesamte Mädchen trieb mich jetzt schon in den Wahnsinn!

Ich schmiss mich auf mein Bett und zeitgleich ging die Tür auf und ich seufzte genervt. Nicht mal fünf Minuten hatte man seine Ruhe.

Als ich zum Übeltäter sah, stellte es sich schnell heraus, dass es sich um einen der Betreuer handelte. Wortlos kam er rein und schritt durch den Raum durch bis zum Fenster, aus welchem er hinaus sah, die Hände hinter dem Rücken verbunden und leicht vorgebeugt.

Verwirrt setzte ich mich auf und sah ihm dabei zu, wie er still aus dem Fenster sah.

Die Stille nutzte ich aus und krammte in meinen Erinnerungen nach seinem Namen, aber schon wieder wollte ich einfach nicht darauf kommen. Er hatte sich ja auch nie vorgestellt, ich kannte lediglich seinen Vornamen, aber bei dem durfte ich ihn nicht nennen.

Ich wollte gerade zur Frage ansetzen, wie er denn eigentlich heißt, als er sich schon wieder umdrehte und dann aus meinem Zimmer verschwand. Zumindest hatte er die Tür dabei gleich zugemacht, nicht so wie mein Dad immer. Der hat die Tür immer aufgelassen, das hatte mich jedes Mal so sauer gemacht aber sobald ich einmal die Tür von seinem Arbeitszimmer auf ließ, bekam ich gleich Ärger. Das nervte so.

Rubin war hier öfter auch nie besser, egal wie oft ich nett drum bittete, dass sie die Tür bitte schließen soll. Aber ich wette, wenn ich die Tür bei ihr auf lassen würde, würde sie mich auch vollmotzen.

Kaum nachdem ich mich wieder ins Bett gelegt hatte und die Augen zu machte, einfach die Ruhe genoss und mich vom Tag erholte, wurde die Tür stürmisch aufgerissen und deswegen gegen die Wand geknallt, dabei drang ein lautes Lachen zu mir durch und meine Augen gingen schlagartig auf. Meine Augen zuckten und ich setzte mich langsam auf, drehte mein Kopf in Richtung Störfaktor und sah Melodias, der die Tür in rasender Schnelle wieder zu machte und sich dagegen stemmte.

Ich wusste genau was hier vorging. Er hatte wieder irgendwas angestellt und versteckte sich jetzt hier, fand das ganze amüsant und war auch teilweise stolz auf sich, es mal wieder geschafft zu haben.

»Oh, hey Lou«, meinte er erfreut, als er zu mir hoch sah, aber ich antwortete nicht, sondern mein Auge zuckte einfach weiter. War das sein ernst? War das alles? Nicht mal eine Entschuldigung? Dabei wusste er, dass ich mich nach der Schule immer hinlegte und trotzdem nahm er da selten Rücksicht drauf.

Aber diesmal war bei mir die Bombe geplatzt. Jedes Mal ist er davon gekommen oder ich war mit anderen Dingen zu sehr beschäftigt, aber dem setzte ich jetzt ein Ende! 

So kam es dazu, dass ich ihn mal wirklich anschnauzte, sodass er selbst kurz zusammen zuckte und sich kleinlaut entschuldigte, bevor er sich seufzend durch die Haare fuhr, ehe dann noch etwas in seinen Augen auf  funkelte. Es machte mich zwar stutzig, doch sprach ich ihn nicht darauf an und ließ ihn wortlos wieder verschwunden.

Hoffend, jetzt endlich meine Ruhe haben zu können, legte ich mich wieder zurück und genoss die Stille — es war einfach nichts zuhören und das war das, was ich brauchte. 

Ich wurde immer müder und konnte es auch nicht verhindern, weg zu nicken.

•••

Nach einiger zeit wurde ich wach, da etwas sanft meine Wange berührte und zärtlich rüber stricht. Reflexartig schlug ich die Augen auf und sah Zeldris Gesicht, der sich sofort eine einfing von mir. 

Erschrocken hielt er sich seine gerötete Wange. Seine Augen waren geweitet und der Schreck in sein Gesicht eingemeißelt. damit hatte er vermutlich nicht gerechnet. 

Ich beruhigte mich selbst auch wieder. Was fasste der mich auch überhaupt einfach an? Nicht, dass es mir nicht gefallen hätte, denn das tat es! Aber das würde ich doch niemals zugeben und ich wollte kein Stress mit seiner Freundin, nur weil er sich nicht entscheiden konnte.

»Gut, du bist wach«, murmelte er nach wenigen Minuten, in denen wir uns einfach nur angestarrt hatten. Er war manchmal aber auch ein Blitzmerker.

»Und was war jetzt so nötig, dass du mich aus meinem äußerst erholsamen Schlaf geholt hast?« Ich konnte es mir schon denken, wollte es aber nochmal von ihm hören, zumal ich auch falsch liegen könnte. 

»Es geht um das Gespräch. Das ist mir wirklich wichtig.« Er sah mich ernst an und fuhr sich leicht durch die Haare, kratzte sich etwas am Nacken — zwei deutliche Anzeichen dafür, dass er nervös war. Ich konnte mir noch nicht ganz zusammen reimen woran das lag. Aber eins war klar: sein Verhalten war wieso oft die letzten Tage komisch.

»Ach, jetzt geht's nicht schnell genug, aber auf dem Weg hier hin als wir Zeit hatten, war es nicht okay? Aber es war okay mich und meine Frage zu ignorieren? Was ist eigentlich falsch bei dir, Zeldris?! Momentan regt mich dein Verhalten ehrlich auf. Wenn was ist, komm doch einfach zu mir und sag's mir, aber zieh das nicht alles in die länge und versuch es mysteriös zu gestalten. Dein Verhalten kotzt mich wirklich an, das vor zwei Wochen hat mich wirklich verletzt. Mal sehen, wann es deiner Freundin genauso ergehen wird.«

»Meine Freundin? Wovon redest du?«

Ein Knall ertönte. 

Da es mir langsam immer mehr reichte, stand ich auf und krabbelte von meinem Bett runter, bewegte mich in Richtung Tür.

»Du weißt, wovon ich rede. Jetzt steh deinen Mann und sei einmal ehrlich. Wer weiß, wen du noch alles verarscht. Und wenn das was ich so gehört habe stimmt, dann.. dann hab ich mich mehr als zuvor in dich getäuscht.«

»Lou, bitte sieh mich an und-«, ich hörte ihm gar nicht weiter zu, sondern schnitt ihm schon das Wort ab: »Tut mir Leid, aber ich kann dir nicht mehr in die Augen sehen. Wir können das nachher nochmal versuchen zu klären, aber gerade möchte ich einfach nur meine Ruhe von dir haben. Ich hoffe, du verstehst das.«


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