11
»Was willst du dir holen?, fragte ich ihn, als wir durch den Landen schlenderten. »Hm..«, brummte er nur mit seiner angenehm tiefen Stimme und sah sich immer wieder um. „Das entscheide ich spontan«, kam es letztlich von ihm und ich nickte verstehend.
„Willst du denn irgendwas bestimmtes?“ Er beäugte mich aus dem Augenwinkel und ich schüttelte den Kopf. »Ich hab ja nicht mal Geld, um mir was kaufen zu können«, erklärte ich diese vorherige Geste. »Nunja, das ist schon echt mies.« Ich habe ja eher mit einem »Oh.. Ich kann dir ja auch Geld leihen« gerechnet, aber nein. Der werte Herr scherte sich nicht darum. Danke.
Ohne weiter auf mich zu achten, setzte er seinen Weg fort, schaute sich um und ließ mich stehen. Ich seufzte, ehe ich mich dazu bewegte, ihm nachzugehen.
Die meisten Jungen aus meinem Klassen hätten anders gehandelt. Aber Zeldris ist eben nichts wie diese Jungs. Er ist anders. Und genau das macht ihn besonsers und interessant. Vielleicht war es das, was mich reizte. Dass er eben anders war. Man sagte zwar, anders sei nicht immer besser, aber in diesem Falle schon.
Ich machte mir noch ein paar Gedanken darüber und holte den Schwarzhaarigen Riesen ein. »Dachte schon, du kommst nicht mehr nach«, kommentierte er meine späte Ankunft und ich zuckte gleichgültig die Schultern.
Plötzlich griff er in meine Richtung und instinktiv machte ich einen Schritt zu Seite. Er holte seine Hand inklusive Chipstüte wieder zu sich zurück und hielt sie gut bei sich.
»Chips?«, hinterfragte ich seine Auswahl und er nickte emotionslos, ging weiter.
Als nächstes schnappte er sich zwei Flaschen Cola, schien dann nochmal nach zu rechnen, wie viel Geld er danach noch hätte, da er in die Luft schaute und mit seinen Finger seine paar Sachen aufzählten und er was vor sich hin murmelte.
Danach schnappte er sich noch ein paar andere Lebensmittel, schaute mich dann plötzlich ernst an.
»Kannst dir noch was aussuchen, hab noch ein paar Yen übrig für dich, die ausreichen sollten. Solange du nichts zu teueres aussuchst.« Meine Auge weiteten sich. Das war ein Scherz oder?
Ich war so überrascht und überrumpelt, dass ich meinen Mund nicht schließen konnte. Trotzdem schaffte ich es nicht, eine Antwort zu liefern, was ihn ein tiefes Kichern entlockte und mir eine angenehme Gänsehaut verpasste.
»Also?« »Ich nehme das Angebot an!«, gab ich schnell von mir. Zu schnell. Innerlich verdrehte ich meine Augen über meine plötzlich komisch aufkommende Art. Und dass ich anfing zu starren, merkte ich auch leider erst zu spät. Nämlich erst dann, als Zeldris mich darauf aufmerksam machte. Das war wirklich peinlich. Zudem kam auch die Befürchtung hinzu, dass er schnell hinter die Gefühle, die von mir für ihn ausgingen, kam. Das musste es nicht sein. Vielleicht machte ich mir auch einfach viel zu sehr Gedanken darüber und er checkte es nicht mal ansatzweise.
Ich schaute mich um. Was konnte ich denn nehmen? Ich schaffte es dank Zeldris nicht, klar zu denken. Deshalb dauerte es, bis ich endlich das fand, was meinem geradigen Verlangen entsprach.
Mit einer Cola Flasche unter dem Arm geklemmt und Essen in den Händen, marschierte ich zu Zeldris zurück, der mich leicht auf lachend begrüßte.
»Dann lass uns zur Kasse vorrücken«, meinte er zu mir, nachdem ich sagte, ich wäre soweit.
Nachdem wir alles bezahlt hatten und sogar von der Kassiererin als Paar gehalten wurden, machten wir uns aus den Weg zurück. Die Stille, die zwischen uns aufgekommen war, ertrug ich aber nicht. Ich wollte einfach nur seiner schönen von was auch immer erzählenden Stimme lauschen. Deswegen wagte ich den ersten Schritt und fing das Gespräch an.
»Ist Elizabeth eigentlich immer so?« Er schaute mich nicht an. »Hm?« Ich wusste, dass er es akustisch verstanden hatte, nur meine Frage war einfach nicht ganz ausformuliert.
»Sowie sie drauf ist. So anhänglich und manchmal auch schüchtern«, erklärte ich meine Frage für ihn.
»Nein, nur in Meliodas Nähe. Aber das auch nicht seit immer. Früher war sie selbst in seiner Nähe cool, gelassen und ihr war es auch egal, ob sie alleine war oder sonst wer bei ihr. Aber Liebe verändert dich. Bei ihr ist es auch noch so richtig offensichtlich.«
Ich hörte ihm aufmerksam zu und nickte. Also war sie nur so wegen Meliodas darauf, der aber offensichtlich nichts von ihr wollte. So kam es zumindest bei mir an, wie er mit ihr umging. Er sah sie wahrscheinlich nur als gute Freundin an, nicht mehr und nicht weniger. Aber sie schien es wohl nicht verstehen zu wollen. Die Akzeptanz unerwiderte Liebe ist sowieso ein heikles Thema und war schwer zu überwinden, manchmal sogar ein Prozess von Jahren. Gerade wenn man so viel miteinander zu tun hatte und sich jede Sekunde mehr verliebte, jedoch mit dem Wissen, dass daraus nie was werden könnte und in ein dunkles Loch von Liebeskummer gezogen wird, der innerlich dein Herz Stück für Stück immer mehr zerbricht und nur ein Haufen Scherben zurück lässt. Und dieser Scherbenhaufen würde nur schwer wieder zusammen setzbar sein und trotzdem nie wieder das ganze Herz ergeben, denn die Narben blieben, egal wie gut der Kleber wirkte und die Wunde am Heilen war.
»Aber ich find das ehrlich gesagt nervig.«
»Huh?« Ich sperrte meine Lauscher weit auf.
»Die Liebe. Ich meine, was bringt sie dir? In 95% ist die Liebe doch sowieso einseitig und hält dich nur auf, weil du eben nur an besagte Person denken musst. Und auch finde ich, steht dir die Liebe nur im Weg, ich mein, du bist manchmal komplett eingeschränkt, wenn der andere bis auf dem Tod eifersüchtig ist oder du musst Sachen teilen, hast ständig noch auf eine weitere Person aufzupassen und musst dich noch mehr um sie sorgen als um einen Freund. Und wenn sie dich verlässt, war alles umsonst und du sitzt nur da, nicht fähig für den normalen Alltag, weil du mit Trauern beschäftigt bist.«
Ich musste eben von ihm Gesagtes erstmal verdauen. Er hält also von der Liebe nicht viel. Meine Chancen bei ihm sanken ja dramatisch...
Das betrübte mich wirklich, wollte mir aber nichts anmerken lassen. Es sollte nicht offensichtlich sein. Und so wie Elizabeth wollte ich auch nicht sein. Keiner sollte wissen, was ich schon mit meinem erst kurzen Aufenthalt hier für Zeldris empfand. Keiner sollte mich damit aufziehen können. Keiner sollte etwas darüber wissen. Und vor allem sollte mir keiner Zeldris weg nehmen, wobei das wahrscheinlich sowie so eher unwahrscheinlich war. Ich meine, so wie er über die Liebe redet, wird da nicht viel passieren können. Das gleiche gielt aber auch für mich... Das war der einzige Haken an der Sache.
»Warum so still?«, hinterfragte er mein plötzliches Schweigen und das aufgekommende Nachdenken.
»Mir ist nicht gut.« Stimmte ja auch. Zwar nicht so, wie er wahrscheinlich glaubte, aber im großen und Ganzen stimmte es. Konnte mir also keiner vorwerfen, ich würde lügen, aber das würde ja sowieso nicht passieren. Wer konnte schon in meinen Kopf rein gucken können und sehen, ob alles was ich sagte, stimmt?
»Dann ist die Cola später aber nicht so gut, was?«, lachte er, dachte wohl ich steig mit ein. Doch das tat ich nicht. Ich konnte nicht lachen. Dieses Wissen wie er über die Liebe dachte, es war wir ein eiskalter skrupelloser Schlag in den Magen. Ich war gerade einfach nicht fähig dazu, zu lachen.
Früher hatte ich nie geglaubt, dass man durch Liebe verletzt werden könnte. Früher hätte ich aber auch vieles nicht geglaubt, hielt es mehr für lächerlich.
Langsam kamen wir an und das erste was ich tat, als ich meinen Zimmer war, war mich auf mein Bett zu schmeißen. Zeldris war so nett und hatte mir meine Sachen abgenommen. Leider kam er nicht selbständig und fragte, ob er mir behilflich sein konnte, sondern ich hatte gefragt, ob er so lieb sein, mir meine Sachen abzunehmen. Er bejahte einfach.
»Ach, auch wieder zurück?«, fragte Meliodas grinsend, als er von seinem Block aufschaute.
»Machst du gerade Hausaufgaben?«, fragte ich mit zusammen gezogenen Augenbrauen, lenkte vom eigentlichen Thema ab. War vielleicht besser so.
»Ähm..«, er schaute sich sein aufgeschrieben an, während ich mich ein Stückchen reckte und Zahlen erkennen konnte.
»Mathe?« Er nickte und ich seufzte erleichtert auf, als ich in meine Gedanken ging und mich erinnerte, das schon in der Stunde erledigt zu haben.
»Aber ich bin schon fast fertig«, hängte er noch auf seinen Block schauend an. Ich nickte nur verstehend und starrte meine Bettdecke an, als würden die Muster gleich allesamt abgehen und mir mit meinem Problem bei Zeldris helfen. Doch mal davon abgesehen, dass das sowieso nicht gehen würde, war es mein eigenes Problem. Ich selbst musste wohl oder übel damit fertig werden, sollte mich nicht auf Hilfe von anderen verlassen. Zumindest nicht zu sehr.
Eben genannte Person betrat dann auch den Raum, schaute sofort in meine Richtung und reichte mir alle meine Sachen, die ich neben mir legte.
»Am Samstag läuft wohl im Kino 'n Film«, teilte er uns mit und setzte sich an den Schreibtisch, machte dort aber nichts weiter.
»Woher weißt du das?«, wollte der Blondschopf gegenüber von mir sofort wissen und ich selbst war auch recht neugierig, woher er diese Information kurzzeitig bekommen hatte.
»Rubin hat's mir gesagt. Und mich außerdem auf das ganze Zeug angequatscht.« Ich wusste, dass er insbesondere mich mit dem letzten Teil anquatschte.
»Hat sie doll gemeckert?«, fragte ich scherzhaft und vernahm ein »Nein« aus seiner Richtung.
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