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Jimin konnte noch immer nicht glauben, wie schnell die Zeit verging. Es fühlte sich so an, als hätte Mahiro ihm erst gestern erzählt, dass sie schwanger war und nun? Jetzt saß er alleine im Wartezimmer des Frauenarztes, inmitten von wildfremden Frauen, die ihn anstarrten. Jimin fühlte sich überaus unwohl in seiner Haut und betete, dass Taehyung und Mahiro bald fertig waren.

Da ihm ziemlich schnell langweilig wurde, beschäftigte er sich mit seinem Handy. Entweder sah er sich lustige Bilder und Videos an, oder spielte irgendwelche Spiele. Langsam hob er seinen Blick, als sich eine ältere Dame neben ihm niederließ. Wow, es war genügend Platz im Wartebereich und sie musste sich natürlich genau neben ihn setzen. Innerlich verdrehte er die Augen und verkniff sich ein genervtes Schnauben, als die Frau ihn anquatschte.

»Was macht denn so ein junger Bursche wie Sie beim Frauenarzt?«, krächzte sie neugierig.
Jimin sah nach rechts, direkt in ihr Gesicht. Er schätzte sie auf ungefähr Anfang 50 und in diesem Moment war Jimin froh, dass er kein Gynäkologe wurde. Wenn er sich vorstellte wie die Frau- Stopp. Er wollte sich nicht noch mehr in dieses Kopfkino vertiefen.

Da die Dame das Wort Frauenarzt auch eher lauter und auffälliger betonte, wurde der einzige Mann im Raum wieder schräg angestarrt. Gott, mussten die so dämlich glotzen? Wenn eine Frau beim Urologen war, starrte sie doch auch kein Mensch so dämlich an.
»Sie sind doch ein Mann, oder?«

Empört verengte Jimin die Augen und hoffte, sich nur verhört zu haben. Die runde Brille auf dem Nasenbein der Frau verpasste ihr riesige Augen, die dadurch noch größer und neugieriger wirkten. Jimin sah sie noch immer verstört an, sodass sie sich kurz räusperte und
»Entschuldigung, aber man kann sich ja nie sicher sein« murmelte.

»Vor allem heutzutage! Ich habe gehört, dass man mittlerweile sein Geschlecht ändern kann! Ist das nicht unfassbar?«, quatschte sie weiter.
Genervt legte Jimin den Kopf in den Nacken, schloss die Augen dabei.
»Also zu meiner Zeit war das ja noch ganz anders...«, fügte sie murmelnd hinzu und zupfte an ihren Taschentüchern herum.

Jimin sprang wortwörtlich auf seine Beine, als er Mahiro und Taehyung sah, die gerade das Arztzimmer verließen. Schnurstraks ging er auf das Paar zu, packte Taehyungs Hand und zerrte ihn aus der Ordination. Draußen löste sich Taehyung aus Jimins Griff und verlangte zu wissen, was das gerade sollte. Kurz und knapp erläuterte Jimin seine Peinigung, erhielt von seinen zwei Freunden aber nur ein schadenfrohes Gelächter.

Als sie sich wieder halbwegs einkriegten und zu Mahiros Auto spazierten, fragte Jimin sie natürlich aus. Er hoffte eher auf einen Jungen, mit dem er dann Spiele spielen konnte. Ein Mädchen wäre auch Ok. Warum mischte er sich überhaupt ein? Gute Frage. Mahiro, die sich über den gewölbten Bauch strich, strahlte ihn breit grinsend an und hielt Jimin das Ultraschallbild vor die Nase.

Verständnislos sah er sich das Foto an und erkannte bis auf ein paar schwarz-weiße Pixel rein gar nichts. Er gab der Blonden mit entschuldigendem Blick das Bild zurück und wäre beinahe in Ohnmacht gefallen, als er ihre Worte hörte.

»Wir bekommen Zwillinge!«

─────

Jimin folgte Mahiro und Taehyung in dessen Wohnung, in der sie schon von Taehyungs Mutter und Jeonggyu erwartet wurden. Wie es sich Taehyung gewünscht hatte, besorgten sie ein paar Sachen für die Verkündigung, die er bei zahlreichen Videos auf YouTube gesehen hatte. Einmal einen blauen Ballon mit der Aufschrift It's a Boy! und einen pinken mit der Aufschrift It's a girl!.

Dazu noch blaues und pinkes Konfetti, eine schwarze Box, die alles versteckte und einen kleinen Kuchen, den sie dann gemeinsam anschneiden wollten. Im richtigen Stockwerk angekommen, trafen die drei auch schon auf Jeongguk, Yoongi und Hoseok, die ebenfalls eingeladen waren. Taehyung wollte dieses Mal nur seine engsten Freunde bei sich haben, weshalb kein Yugyeom oder dergleichen anwesend war.

Jimin begrüßte Jeongguk mit einem liebevollen Kuss auf die trockenen Lippen und schob sich als erster in die Wohnung, krachte aber beinahe in Jeonggyu, der unmittelbar hinter der Eingangstür stand.
»Ah, Jeonggyu! Weißt du denn nicht, dass man nicht hinter Türen stehen soll?«, schimpfte er vorwurfsvoll, jedoch beunruhigte ihn der gestresste, fast schon panische Blick des Schülers.

»Jimin, ich glaube ihr solltet erst später kommen«, flüsterte er nervös, was Jimin verwirrt die Stirn runzeln ließ.
Bevor er antworten konnte, schob sich das Pärchen, gefolgt von den drei Freunden in das Innere der Wohnung. Jimin wollte gerade Jeonggyu weiter ausfragen, jedoch folgte er dem Schüler schnell, da der seinem großen Bruder hinterherlief.

Verwirrt blieb Jimin stehen, als Taehyungs Bewegungen vollkommen einfroren. Seine angespannte Statur blieb inmitten des Wohnzimmers stehen. Jimins braune Augen entdeckten Taehyungs Mutter, die am kleinen Küchentisch saß. Gegenüber von ihr ein etwas älterer Herr, mit einer brühenden Kaffeetasse in der Hand.

»Was...«, brachte Taehyung hervor.
Sofort erhob der schwarzhaarige Mann seinen Kopf und weitete geschockt die dunklen Augen.
»Taehyung?«, fragte er und angespannt versteifte sich der Grauhaarige, umklammerte instinktiv Jeonggyus zitternde Hand. Hilfesuchend sah Jimin zu Jeongguk, der schweigend das Szenario beobachtete.

Was sollte er tun? Zusehen? Was sagen? Jimin entschied sich dazu, einfach ruhig zu bleiben und sich nicht einzumischen.
»Was will er hier, Mum?«, fauchte Taehyung eiskalt an seine Mutter gerichtet, die entschuldigend die Schultern sinken ließ.
Der Mann erhob sich vom Tisch und ging auf Taehyung zu, der instinktiv rückwärts schritt.

»Ich hab'... gehört, dass ich endlich eine Schwiegertochter habe und dass mein Sohn Vater wird...«
Jetzt ging Jimin ein Licht auf. Das war Taehyungs Vater. Der Mann, den sein bester Freund so sehr hasste und verachtete. Unaufällig schielte Jimin zu Jeongguk, der genauso sauer wie Taehyung war. Jeonggyu versteckte sich mit glasigen Augen hinter seinem großen Bruder, der nun auch seine Freundin an die Hand nahm.

Vorsichtig näherte sich Taehyungs Vater und blieb wieder stehen, als sich sein Sohn vor seine Freunde stellte.
»Taehyung?«, fragte er ungläubig.
»Verschwinde...«, knurrte Taehyung tief und aufgrund seiner spielenden Kiefer erkannte Jimin, dass er wütend mit den Zähnen knirschte.
»Ich... will doch nur helfen.«

»Helfen? Helfen?! Wie willst du uns helfen?! Verschwinde aus meiner Wohnung und aus meinem Leben! Ich hasse dich, verdammt nochmal!«, zischte Taehyung aufgebracht.
Kurz sah sein Vater hilfesuchend zu seiner ehemaligen Gemahlin, die nur schweigend den Kopf abwandte. Niedergeschlagen setzte sich der Mann in Bewegung und schenkte seinen Söhnen beim Vorgehen einen verbitterten Blick.

Der jüngere der Kim-Brüder brach in Tränen aus, während Taehyungs Aura nur in erbittertem Hass getränkt war. Erst als die Tür ins Schloss fiel, entspannte er sich etwas.
»Was wollte er hier?«, wiederholte er.
Seine Mutter seufzte kraftlos und besorgt ging Mahiro auf ihre Schwiegermutter zu, leistete ihr seelische Unterstützung, da sie einen halben Nervenzusammenbruch erlitt.

Yoongi und Hoseok, die ja noch immer anwesend waren, sahen hilfesuchend zu Jimin, der selbst nicht wusste, was er jetzt tun sollte.
»Hoseok, Yoongi... Bitte kommt ein anderes Mal«, raunte Taehyung, der leer auf seine geballten Hände starrte.
Die Zwei nickten sofort und verabschiedeten sich flüchtig.
Wehmütig sah Jimin seinen Freunden hinterher.

Mit großen Augen sah er nun zu Jeongguk neben sich hoch, der schweigend einen Arm um Jimins schmale Schultern legte. Ein wohliges Seufzen entglitt Jimins vollen Lippen. Jeongguks Wärme konnte ihn wahrlich beruhigen.
»Warum war er hier?«, knurrte Taehyung an seine Mutter gewandt, die kraftlos ihren Kopf stützte.

Ihr sonst so schönes, gepflegtes Haar stand in alle Richtungen und tiefe Augenringe zierten ihr eigentlich jung gebliebenes Gesicht.
»Er wollte euch finanziell unterstützen...«, murmelte die Frau, was Taehyung verächtlich lachen ließ.
»Unterstützen... Natürlich«, keifte der Grauhaarige, spazierte zur Wohnzimmercouch und legte die Utensilien der ursprünglich geplanten Überraschung darauf.

»Inwiefern will er mir helfen?! Ich brauche sein verficktes Geld nicht!«
Letztendlich brannte beim werdenden Vater die Sicherung durch, da er in völlige Rage verfiel.
»Ich hab' den Großteil meines Lebens ohne ihn gelebt, also braucht er jetzt gar nicht mehr ankommen! Ich hatte 14 großartige Geburtstage ohne ihn! Will er mir etwa beibringen, wie man seine Kinder liebt?! Zur Hölle mit ihm!«

Jeonggyu zuckte ängstlich zusammen. Er schien von der Wut seines eigenen Bruders verängstigt zu sein. Mahiro hob ihren Kopf und schenkte ihrem Partner einen warnenden Blick, dass er sich zügeln sollte und auch Jimin wollte sich schon einmischen, jedoch kam Jeongguk ihm zuvor. Mit monotoner Miene packte er Taehyung an den Schultern und nahm ihn schweigend in die Arme.

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