𝟎 𝟔 𝟓

Die Musik dröhnte aus den Lautsprechern der Surroundanlage, ließ die Wände des hölzernen Ferienhauses vibrieren. Es wurde gelacht, gesungen und getanzt. Die Menschenmenge hatte den größten Spaß ihres Lebens, der innerhalb der wenigen Stunden ausartete. Taehyung und Sehun hatten alle dazu animiert, bescheuerte Partyspiele wie Wahrheit, Wahl oder Plicht, oder auch Bier-Ping Pong zu spielen. Natürlich ließen sich so gut wie alle drauf ein und ehe man sich versah, wurden auch schon die ersten Deckel von den Alkoholflaschen entfernt.

Yoongi gab sich mit zwei anderen Typen die komplette Ölung, während Hoseok Oberkörperfrei zum König der errichteten Tanzfläche wurde. Der Rotschopf war mittlerweile genauso hackedicht wie Taehyung, der mit Sehun und drei anderen lautstark zu der dröhnenden Musik mitsang. Jimin hielt sich fein aus der Sache raus und stand mit Mahiro, die aufgrund der Schwangerschaft natürlich keinen Alkohol anfasste, in der Gegend herum.

Jimins linke Hand glitt in seine hintere Hosentasche und reflexartig schluckte er schwer, als seine Fingerspitzen die Schachtel des Armbandes berührten. Er musste Jeongguk irgendwie dazu überreden, mal mit ihm unter vier Augen zu sprechen. Es war endlich an der Zeit, sein Geständnis zu machen. Mittlerweile war er sich sicher, dass Jeongguk die richtige Wahl war.

Jimin konnte sich ein Leben mit Jeongguk vorstellen, er wollte den Jüngeren nicht verlieren. Die Gefühle, die Jeongguk in ihm auslöste, waren unbeschreiblich. Sie unterschieden sich komplett von dem Gefühl, das Jimin bei Hyuk verspürte. Lag es vielleicht daran, dass Jeongguk und Hyuk verschiedene Menschen waren? Vielleicht. Es war eine von vielen Fragen, auf die Jimin keine Antwort parat hatte.

Jimins mandelförmige Augen orteten Jeongguk, der sich prächtig mit einem rothaarigen Typen unterhielt. Ein ungutes Gefühl rauschte wie Blut durch Jimins Körper und schnaubend verengte er die Augen. War er gerade eifersüchtig? Eventuell. Schadenfroh zuckten seine Mundwinkel, als sich der Rothaarige entschuldigte und schnell aus dem Haus stürmte. Wahrscheinlich musste er sich übergeben.

Froh darüber, dass dieser Keimling Jeongguk zurückließ, stolzierte Jimin mit erhobenem Haupt zu seinem Rothaarigen und tippte ihm auf die linke Schulter. Mit dem Drink in der Hand drehte sich Jeongguk um und fragte etwas benebelt, was Jimin von ihm wollte. Leicht genervt rümpfte Jimin die Nase, zupfte an Jeongguks blauem T-Shirt herum und murmelte
»Ich muss mal mit dir reden... Alleine.«

Irritiert veränderte sich Jeongguks Miene, die wortwörtlich Was willst du sprach, ließ sich aber ohne großartige Beschwerden aus den Terrassentüren des Wohnzimmers zerren. Draußen angekommen genoss Jimin die kühle und erfrischende Luft. Drinnen war es mittlerweile einfach nur noch drückend warm und stickig, weshalb er die schöne Meeresluft, die ihm eine Gänsehaut auf die Unterarme zauberte, mehr als nur begrüßte.

Jimin führte seine Begleitung Richtung Strand. Dort angekommen setzte er sich wohlig seufzend im kühlen Sand nieder. Er genoss die Sandkörner unter den Handflächen und schweigend sah er zu Jeongguk rauf, der im Stehen Wurzeln geschlagen hatte. Verwirrt folgte der Schwarzhaarige seinem starren Blick und musterte den Vollmond, der am tiefschwarzen und wolkenlosen Himmel strahlte, den Strand und die schlagenden Wellen des Meeres in ein eisiges Licht tränkte.

»Woah...«, hauchte Jeongguk, sichtlich fasziniert von der Schönheit der Natur.
Sein Flüstern hob sich kaum von den Geräuschen der Wellen hervor, weshalb Jimin Mühen hatte seinen Freund überhaupt zu verstehen. Nach einigen, schweigsamen Minuten entschied sich Jeongguk dazu, sich endlich neben Jimin hinzusetzen. In einer lässigen Sitzposition beobachtete er weiterhin das Meer, fragte aber wieder, was Jimin denn jetzt von ihm wollte.

»Ich wollte mich bei dir entschuldigen.«
Die Stärke und Selbstsicherheit in Jimins sonst so schwacher Stimme erschreckte ihn selbst etwas und auch Jeongguk schien überrascht. Seine tiefbraunen Augen analysierten Jimins Mimik, seinen Gesichtsausdruck.
»Warum?«, fragte der Hellhaarige.
»Wegen unserem Streit... Eigentlich wegen allem...«, murmelte Jimin und wandte seinen Blick ab, fokussierte seine Augen auf seine Oberschenkel.

Er spürte Jeongguks Finger, die vorsichtig sein Kinn umschlossen und seinen Kopf somit wieder nach rechts drehten, sodass Jimin erst recht wieder in die Augen seines Nebenmannes sehen musste. Jimin sagte nichts, seufzte stattdessen nur leise.
»Ich bin derjenige, der sich entschuldigen muss«, sprach Jeongguk vorsichtig und ließ seine rechte Hand an Jimins linke Wange wandern.
Sein Daumen strich in kreisförmigen Bewegungen über die weiche Haut, die von der Meeresluft gekühlt wurde.

»Ich... hab' falsch reagiert... Ich wollte, dass du ihn...«
Jeongguk sprach nicht weiter und biss sich nur auf die Unterlippe. Jimin wollte es ehrlich gesagt auch nicht hören. Das Ereignis quälte ihn sowieso schon seit dem Vorfall, also war er auch froh darüber, es nicht ausgesprochen zu hören.
»Letztendlich bin ich froh, dass du es nicht gemacht hast... Auch wenn die Waffe sowieso gesichert war«, fügte Jeongguk mit zittriger Stimme hinzu.

»Mein Verhalten war wirklich... falsch. Ich war viel zu selbstsüchtig... Verzeih' mir bitte...«, flüsterte Jeongguk, nahm seine zweite Hand hoch und umrahmte sanft Jimins weiche Gesichtszüge.
Wie in Trance rutschte Jimin ein Stückchen näher an ihn und schloss wohlig seufzend die Augen, als er die federleichten Berührungen seiner großen Hände spürte.
»Ich verzeihe dir«, meinte der Schwarzhaarige leise, öffnete wieder die Augen und erwiderte Jeongguks undeutbaren Blick.

»Ich hatte Angst, dass du ihn noch immer liebst...«, flüsterte Jeongguk, der Jimins Antlitz näher heranzog.
Die Zwei verloren sich in den Augen des anderen. Für sie fühlte es sich so an, als wäre gerade die Welt stehen geblieben. Jimin hörte nicht mehr das Rauschen des Meeres, oder die laute Musik der Feier, die bis zu ihnen herdrang. Seufzend schloss er die Augen für wenige Sekunden, als Jeongguks Daumen die Kanten seiner Unterlippe entlangfuhr.

Jimins linke Hand glitt in seine Hosentasche und mit zittrigen, schweißgebadeten Händen brachte er die kleine Schachtel zum Vorschein, hielt sie seinem Gegenüber direkt unter die Nase. Verwundert löste Jeongguk seinen Blick von Jimins schönem Gesicht und hob fragend die Augenbrauen. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, übergab Jimin dem Jüngeren die Schachtel, der sie zaghaft öffnete.

»Oh mein...«, flüsterte er mit bebender Unterlippe, nahm das Armband heraus und betrachtete die silberne Kette, die im Schein des Mondes funkelte.
Jimin nahm es ihm weg und legte es Jeongguk um das linke Handgelenk. Jeongguk beobachtete gebannt jede seiner Bewegungen und wirkte nach dem Anliegen für wenige Sekunden wie eingefroren.

Bevor Jimin überhaupt reagieren konnte, hatte Jeongguk auch schon seine Lippen auf den Mund des Älteren gepresst. Es dauerte auch nicht lange, ehe Jimin den trockenen Kuss erwiderte und die sanften Bewegungen genoss. Ohne sich von den Lippen des Hellhaarigen zu lösen, kroch Jimin auf Jeongguks Schoß und umrahmte dessen Genick. Wollend vertiefte sich Jimin immer weiter in den Kuss, blendete das Geschehen um sich völlig aus.

Schüchtern löste er sich von Jeongguks leicht angeschwollenen Lippen und schnappte nach Luft. Der Rothaarige lachte amüsiert auf, lehnte sich vor und drückte sein Gesicht an Jimins Brust. Das Herz des Schwarzkopfes raste und klopfte wie verrückt. Jimin setzte sein Kinn am Kopfscheitel von Jeongguk ab und glitt mit seinen zierlichen Händen durch das rote, glänzende Haar.

»Ich liebe dich so sehr... Bitte verlass mich nie...«, raunte Jeongguk in den weichen Stoff von Jimins T-Shirt, was ihn warm lächeln ließ.
Nach all den Sachen, die sie in den Monaten erlebt hatten, würde Jimin Jeongguk nicht mehr hergeben. Mit einem müden Zucken des linken Mundwinkels schob Jimin Jeongguk von sich, platzierte die Hände auf der Brust des Größeren und spürte den gleichmäßigen Herzschlag an der rechten Handfläche.

Sanft drückte er Jeongguk rückwärts in den Sand, saß aber weiterhin auf ihm. Mit durchgestreckten Rücken und zitternden Lippen sammelte Jimin all seinen Mut, holte nochmal tief Luft und beugte sich zu Jeongguk hinab. Mit glänzenden Augen sprach er die nächsten Worte aus, die Jeongguk völlig den Verstand raubten.

»Ich werde dich nie wieder hergeben... Sei bitte mein fester Freund und mach mich in dieser Nacht endgültig zu Deinem... Ich liebe dich, Jeongguk.«

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