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Seit dem Vorfall waren ein paar Tage vergangen, die Jimin ziemlich mitnahmen. Es war nicht unbedingt das schlechte Gewissen Hyuk gegenüber. Nein, er hatte sich mit Jeongguk zerstritten. Nun, besser gesagt redete der Jüngere nicht mehr mit ihm, da es für ihn unverständlich war, warum Jimin nicht wenigstens auf den Abzug gedrückt hatte. Dass Jimin ihm aber immer wieder klarmachen wollte, dass wenn die Pistole nicht gesichert gewesen wäre, er ein Mörder hätte sein können, war Jeongguk nicht bewusst. Wahrscheinlich wollte er es einfach nicht wahrhaben.

Frustriert legte Jimin sein Kinn auf seinen Unterarmen ab, die er auf der kleinen Tischplatte platziert hatte. Der heutigen Vorlesung widmete er nicht wirklich Aufmerksamkeit. Seine Gedanken schwirrten durchgehend wie ein aufgebrachter Bienenschwarm um Jeongguk und seine Worte, die er ihm Streit raushaute. Dass das alles Jimin seelisch ziemlich zusetzte, schien Jeongguk nicht zu realisieren. Sie schliefen nicht mehr gemeinsam im selben Bett und sie redeten nicht mehr miteinander. Jeongguk würdigte Jimin nicht einmal mehr einen einzigen Blick, was mehr weh tat, als er erwartet hatte.

Jeongguk wurde für ihn der Fels in der Brandung. Sein rettender Anker, an den er sich mit allen möglichen Problemen, die auf seinen Schultern lasteten, klammern konnte. Doch in den letzten Tagen fühlte es sich so, als wäre sein Fels von einer Flut mitgerissen worden. Eine Gefühlswelle, in der Jimin trieb und die alles um ihn herum hinter sich ließ. Rücksichtlos schwemmte sie Jimin an einen einsamen Strand, an den er sich völlig abgekapselt fühlte. Dabei saßen seine Freunde doch direkt neben ihm. Warum fühlte er sich trotzdem so?

Nur weil Jeongguk ihn nicht mehr beachtete? War die Aufmerksamkeit des Jüngeren wirklich so wichtig für Jimin, dass er sich in nur wenigen Tagen hundselend fühlte? Anscheinend. Sonst würde er nicht wie eine leere Hülle rumlaufen, oder sich in Junghyuns Wohnung verbarrikadieren. Vielleicht sollte er sich mit Jeongguk versöhnen? Die Frage war aber natürlich nur wie. Vielleicht könnte er es endlich schaffen, seine Anziehung zu gestehen?

Jimin hob seufzend den Kopf und rieb sich über die ermüdeten Augen, die mit tiefen Augenringen geschmückt waren. In letzter Zeit hatte er kaum geschlafen. Alles belastete ihn viel zu sehr, sodass er keine einzige Nacht mehr durchschlief. Wenn es mal gut lief, konnte er wenigstens für zwei Stunden ruhen, aber mehr kam nicht rum. Jede Nacht in einem leeren Bett zu liegen, machte es auch nicht besser.
»Jimin, was ist denn in letzter Zeit mit dir los?«

Taehyungs tiefe Stimme holte Jimin aus seinen Gedanken und etwas benebelt sah er seinen Nebenmann an, der bereits seine Sachen zusammenpackte. Er hatte nicht einmal gehört, dass der Professor die letzte Vorlesung für heute beendet hatte. Hoseok, der auf Jimins anderer Seite saß, sah genauso besorgt drein. Nur Yoongi, der Kopfhörer in den Ohren stecken hatte, bekam nichts von den tausenden Fragen der anderen mit.

»Nichts«, beantwortete Jimin Taehyungs Frage, der ungeduldig mit dem Fuß auf- und ab wippte.
Gähnend hob Jimin seine Tasche auf den Tisch, räumte sein ganzes Zeug rein und verließ als erster den Saal, gefolgt von seinen drei Freunden. Jimin verspürte ein wenig Hunger und da er in seinem neuen Zuhause nichts kochen wollte, beschloss er, sich noch bei der Kantine was mitzunehmen. Taehyung folgte ihm unaufgefordert und bestellte sich ein belegtes Brötchen.

Hoseok und Yoongi warteten währenddessen schon am Ausgang.
»Hey, du kannst mir nichts vormachen. Irgendwas ist doch passiert«, begann Taehyung und stieß Jimin mit dem Ellenbogen auffordernd in die Rippen, sodass der Schwarzhaarige innerlich die Augen verdrehte.
»Ich hab' dir doch schon gesagt, dass nichts ist«, zischte Jimin etwas entnervt zurück, nahm sein Brot und drückte der Kantinendame das Geld in die zierlichen Hände.

Natürlich wollte Jimin nicht komplett abweisend wirken, weshalb er auch noch auf Taehyung und seine fertige Bestellung wartete.
»Dann sag mir, warum du nicht mehr mit Jeongguk redest«, forderte der Grauhaarige Jimin auf, der ihn mehr als nur überrascht anstarrte.
Hatte Jeongguk etwa schon wieder herum geplappert? Und dann noch ausgerechnet Taehyung gewählt?
Tolle Wurst..., dachte er sich genervt und beobachtete Taehyung, der grinsend sein Brot annahm.

»Ich werde nicht genauer nachfragen...«, setzte der Grauhaarige wieder zum Reden an, als die Zwei zu Yoongi und Hoseok spazierten und nebenbei das Brot aus der Frischhaltefolie schälte.
»Aber ich will nur wissen, ob ihr echt gestritten habt«, sprach er.
Seufzend gab Jimin nach und nuschelte
»Ja, haben wir.«
Taehyung nickte verstehend und gesellte sich zu Hoseok, während Jimin bei Yoongi blieb.

Zu Viert schritten sie über den großen Campus. Gerade als Jimin wieder in seinen Gedanken versinken wollte, holte Hoseoks lautes
»Oh mein Gott!« ihn wieder in die Gegenwart zurück.
Sein Ausruf war sogar so laut, dass Yoongi zusammenzuckte und schnaubend die Kopfhörer aus den Ohren nahm, zu einem wirren Ball aus Kabeln zusammenknotete und in der Hosentasche verschwinden ließ.

»Schrei' nicht so rum. Die ganzen Leute schauen schon«, knurrte der Mintgrünhaarige an Hoseok gerichtet, der nur mit den Achseln zuckte.
»Die haben wohl keinen Fernseher daheim, dass sie so blöd gaffen müssen«, meinte er gelassen, blieb stehen und drehte sich zu Jimin und Yoongi um.
Taehyung folgte seinem Beispiel und grinste über beide Ohren.
»Was habt ihr denn schon wieder ohne uns beschlossen?«, fragte Yoongi seufzend und steckte die Hände in die Jackentasche.

»Noch nichts«, meinte Hoseok und hob entschuldigend die Hände hoch.
»Aber wir haben eine geile Idee.«
Jimin wechselte einen verwirrten Blick mit Yoongi, der genauso ratlos war wie der Schwarzhaarige. Jimin machte eine Handgeste und bedeutete den beiden somit, endlich Klartext zu sprechen.
»Wir wollen am Samstag eine Überraschungsgeburtstagsparty für Gguk machen!«, platzte es erfreut aus Taehyung heraus.
Yoongi fasste sich grübelnd ans Kinn und Jimin blieb recht unbegeistert. Eine Party mit Jeongguk? Das konnte doch nur in die Hose gehen.

»Und was ist daran so geil, dass man Oh mein Gott schreien muss?«, murrte Yoongi, was Jimin schadenfroh mit den Mundwinkeln zucken ließ.
Hoseok zog einen Schmollmund und verschränkte beleidigt die Arme.
»Also, ich hab' mich ja wieder mit Mahiro vertragen-«, begann Taehyung, wurde aber sofort wieder von Jimin unterbrochen.
»Was? Das hast du mir gar nicht erzählt«, zischte er vorwurfsvoll und entlockte Taehyung somit ein beschämtes Kratzen am Hinterkopf.

Wow., dachte sich Jimin beleidigt.
»Also... Ich hab' auch ihre Eltern kennengelernt...«, erzählte Taehyung weiter und warf Jimin kurz einen vorsichtigen Blick zu.
Der jedoch hatte Hoseoks Position nachgeahmt und die Arme vor der Brust verschränkt. Es war wirklich schön, alles erst im Nachhinein herauszufinden – nicht.
»Mahiros Eltern haben einfach ein Ferienhaus am Strand! Ist das nicht geil?«, quietschte Taehyung begeistert und auch Hoseok grinste breit.

Während Yoongi die Augenbrauen anhob, wanderte Jimins Kopf in die Schräglage.
»Ihr versteht nicht, was das Coole daran ist, oder?«, meinte Taehyung schnippisch und die zwei Angesprochenen nickten im Takt.
Taehyung lehnte sich näher an die beiden und nahm eine Hand hoch, als wenn jemand sie belauschen könnte.
»Wir sind ganz alleine am Strand! Das heißt, dass wir so lange feiern und so laut sein können, wie wir wollen!«, zischte er und langsam ging Jimin ein Licht auf.

»Außerdem kennt Jeongguk so viele Leute, das glaubt ihr gar nicht!«, fügte er grinsend hinzu, was Yoongi mit einem ernüchternden
»Das wissen wir schon« entgegnete.
»Ich kann mir gut vorstellen, dass wir die Hundert knacken würden!«, quietschte Hoseok voller Euphorie, doch Yoongi schüttelte hastig den Kopf.
»Bleib' mal am Boden. Wenn wir Glück haben, kommt gerade mal ein Drittel«, schnaubte er missbilligend.
Hoseok schenkte der Aussage aber keine Beachtung, klatschte breit lächelnd in die Hände und fragte
»Und? Seid ihr dabei?«

»Jo«, meinte Yoongi trocken, während Jimin überlegte.
Vielleicht war die Idee nicht ganz so schlecht, wie erwartet. Es war eine tolle Chance für eine Versöhnung – also, warum nicht?
»Bin dabei«, meinte der Schwarzkopf und schmunzelte etwas, als Taehyung und Hoseok erfreut jubelten. 

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