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"Weißt du nach welchem Mal sie suchen?", frage ich meine Mama, in der Hoffnung, Antworten zu finden.

"Nein, ich konnte es damals leider nicht erkennen. Vielleicht ändert es sich auch alle paar Jahre."

Enttäuscht lasse ich meinen Kopf sinken. Im Prinzip weiß ich nichts Neues, außer dass mein Makeup nichts bringt. So ein Mist aber auch!

"Wir haben 19 Uhr, Mäuschen. Vielleicht solltest du nach oben gehen und zur Sicherheit eine kleine Tasche packen. Mach das Geschminke lieber auch gleich weg.", wendet sich mein Papa an mich und beginnt damit, die Teller wegzuräumen.

Mit einem Nicken schiebe ich meinen Stuhl von Quietschen begleitet an den Tisch und verlasse wortlos den Raum. Was ein Tag aber auch.

Nachdenklich gehe ich ins Bad, um mir den Makeup-Entferner und ein Stück Klopapier zu schnappen. Vorsichtig wische ich mir damit die Farbe vom Hals und schaue mir meinen Mal nochmal genauer an.

Das werden sie schon nicht suchen! Die brauchen bestimmt irgendwelche zwei Einstechmale eines Vampirbisses oder Ähnliches. Nein, ich komme nicht infrage.

Doch trotz dessen, dass ich mir so sicher bin, packe ich Unterwäsche und Kleidung gemeinsam mit Trinken, Pflastern und einem Druckverband in meinen Rucksack. Man kann nie wissen, was passiert, wenn so viele Leute auf einem Haufen rumlungern.

Gestresst schaue ich auf die Uhr und schultere anschließend meinen Rucksack auf. Wenn ich jetzt schon losgehe, muss ich immerhin nicht hetzen. Probehalber straffe ich noch einmal meine Schultern und trete dann selbstbewusst in den Flur ein.

"Ich gehe jetzt los, Mama, Papa!"

Sofort höre ich sie aus dem Wohnzimmer kommen und schon einige Sekunden später finde ich mich in einer innigen Umarmung wieder.

"Ist gut, Maus. Du weißt, ich würde mitkommen, wenn ich dürfte?", fragt mich meine Mutter besorgt. Sind das Tränen in ihren Augen? Hilflos ziehe ich mich aus der Umarmung zurück. "Ich weiß, Mama", versichere ich ihr bedrückt.

Wenn meine Mama weint, dann weiß ich nie, was ich machen soll. Sie sollte doch eigentlich die Starke sein und ich die Schwache, oder nicht? Um der Situation schnell zu entkommen, zwinge ich mir noch einmal mein übliches Lächeln auf und verschwinde dann durch die Haustür.

Der blutrote Sonnenuntergang draußen erinnert mich, wie jeden Tag, an die herrschenden Geschöpfe und so senke ich meinen Kopf, um stattdessen das Pflaster zu beobachten.
Die dunklen Oberflächen der Steine sind wie glattgeschliffen und spiegeln ein kleines bisschen das Sonnenlicht.

Dutzende von ihnen lasse ich hinter mir zurück, bis ich endlich die Innenstadt erreiche. Der Marktplatz ist nun nicht mehr allzu weit entfernt, weshalb ich mein Kinn stolz anhebe und erst dann weitergehe.

Ich bin zwar ein Mensch, aber meine Würde können die Vampire mir, wie bei vielen anderen, die nur so vor ihnen erzittern, nicht nehmen. Denn ich bin nicht schwach!

Gerade biege ich um die letzte Ecke und kann nun auch endlich das Geschehen auf dem Marktplatz erkennen. Schon um die 100 Mädchen in meinem Alter haben sich dort in einer Reihe aufgestellt.
Die meisten von ihnen tragen wie ich einfache Pullover und Hosen, doch einige wenige haben sich in ihr schönstes Kleid gezwängt. Widerlich!

Außerdem erblicke ich auch ein paar andere, die genau wie ich einen Rucksack mit dabeihaben. Mit meinen Augen verfolge ich die Schlange von Mädchen bis zum Ende. Allerdings kann ich dieses nicht gut erkennen, weil es schon zu dunkel ist.

Da ich eh keine andere Wahl habe, reihe ich mich hinten ein und beobachte das Mädchen vor mir. Sie trägt einen schwarzen Overall und hat auch einen Rucksack auf ihrem Rücken. Immer wieder verlagert sie ihr Gewicht von der einen zur anderen Seite, wodurch ich ihre Nervosität leicht erkennen kann.
Auch ihre Hände hat sie zu Fäusten geballt.

Die Zeit vergeht langsam, obwohl wir jede Minute einige Schritte nach vorne treten können. Auch durch die anstecken Nervosität des Mädchens kommt es mir nochmal länger vor. Meine Gedanken verselbstständigen sich einige Minuten später mal wieder und so frage ich mich irgendwann, warum sie so aufgeregt ist.

Wahrscheinlich wird sie ein Mal am Hals haben, oder? Aber das kann nicht alles sein, schließlich wippelt niemand sonst so auffällig herum, wie sie. Alle von uns versuchen möglichst ruhig zu sein und keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Nur sie benimmt sich eben wie ein Blutbeutel für Vampire. Merkwürdig...

Meine Neugierde steigert sich von Minute zu Minute und siegt schließlich. Deshalb tippe ich sie an der Schulter an.
Schwungvoll dreht sie sich zu mir um und guckt mir aus ihren aufgerissenen Augen entgegen.

"Hi", gebe ich lahm von mir und haue mir innerlich auf die Stirn. Ich hätte mir vorher überlegen sollen, was ich sage. Aber nein, mein Körper war mal wieder schneller als mein Verstand!

"Hi. Was ist?"

Ihre Stimme ist trotz der Direktheit sehr angenehm und weich, wie ich feststelle. Und trotzdem habe ich noch keine Ahnung, was ich ihr sagen will.

"Tja ... ich weiß nicht. Du sahst so unruhig aus und da dachte ich, spreche ich dich mal an."

"Okay. Das hast du dann ja jetzt gemacht. Noch irgendwas?"

Wow, die kann kontern, ist das erste was mir dazu einfällt. Dass mir jemand so die Tür vor der Nase zuschlägt, ist schon lange nicht mehr passiert. Dementsprechend sprachlos stehe ich also erst einmal da und betrachte sie nur.

Sie hat kurze, hellbraune Haare, die ihr gerade so bis zum Schlüsselbein reichen. Grüne Augen stechen aus ihrem Gesicht hervor und eine Stupsnase rundet das ganze perfekt ab. Auch ihre Haut ist absolut porenfrei. Im Allgemeinen: Sie sieht aus wie ein Model.

Mein Blick richtet sich allerdings erstaunt auf ihren Hals, an dem ich eindeutig ein Mal entdecke. Und es sieht aus wie meins!
Überrascht ziehe ich die Luft ein und blicke in ihre smaragdfarbenen Augen, die mich daraufhin anfunkeln.

"Wehe dir, du schreist jetzt rum!"

"Nein. Nein, mach ich nicht. Ich habe es auch", versuche ich sie zu beschwichtigen und deute auf meinen Hals.
Sofort folgt ihr Blick meiner Hand und auch sie zieht scharf die Luft ein, als sie mein Mal erkennt.

"Was weißt du?", fragt sie sofort eindringlich flüsternd.
Ungläubig blicke ich wieder auf ihr Mal. Sie weiß etwas?


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